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Landgewinnung

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Landgewinnung bei Hedwigenkoog, Dithmarschen
Landgewinnung auf Eiderstedt
Landgewinnung auf Eiderstedt
Landgewinnung auf Eiderstedt

Landgewinnung oder Neulandgewinnung ist die künstliche Beschleunigung des Verlandungsvorgangs an geeigneten Stellen von Küsten im Wattenmeer.

In Einzelfällen wird Land aber auch durch massive Aufschüttung von Sand und/oder Steinen gewonnen, z.B. zur Küstensicherung oder um Baugrund zu gewinnen. Siehe z.B. Palm Islands.

Durch ein System aus Buhnen und Lahnungen wird das Wasser beruhigt und ein Abfließen bei Ebbe verzögert. Im ruhigen Wasser setzen sich mehr Schwebteilchen (Sedimente) auf dem Meeresboden ab. Dies geschieht dadurch, dass planmäßig im Watt Buhnen, Lahnungen, Flecht- und Gestrüppzäune sowie dazu gehörige Abflüsse angelegt werden. Bei herannahender Flut werden Sand und Schwebstoffe (Schluff, Ton, organisches Material) antransportiert. Während der Ruhephase des Wassers (bei Hochwasser während des Gezeitenwechsels) setzt sich dieses Material als Schlick zwischen den Buhnen und Zäunen sowie in den damit umgrenzten Becken ab, das Land wird allmählich erhöht. So genannte Pionierpflanzen wie zum Beispiel der Queller oder der Strandhafer können sich ansiedeln.

Erreicht der Meeresboden die Fluthöhe, werden Gräben ausgehoben und der Schlick zur weiteren Erhöhung auf dem Land verteilt. In den Gräben können sich jetzt wieder neue Sedimente ablagern. Das auf diese Weise gewonnene Land liegt regelmäßig vor dem schützenden Deich und wird daher als Vorland bezeichnet. Als solches dient es auch dem Schutz des Deiches.

Ist das Vorland groß genug und soll es dauerhaft genutzt werden, wird es mit Deichen vor Sturmfluten geschützt. Das eingedeichte Land nennt man je nach Region Koog, Groden oder Polder. Voraussetzung für die Eindeichung ist aber regelmäßig auch die ausreichende Entsalzung des Bodens. Diese geschieht kontinuierlich durch Niederschläge (Regen spült das Salz aus). Üblicherweise gilt Vorland erst als reif für die Eindeichung, wenn dort der Weißklee blüht, da dann die landwirtschaftliche Nutzung möglich ist.

In den Niederlanden hat man - in Verbindung mit dem Küstenschutz - nach der Eindeichung des IJsselmeeres eine andere Form der Landgewinnung betrieben, in dem man in den vom Meer abgedämmten Bereich zunächst die Deiche baute und dann die so neu umgrenzten Polder leer pumpte. Die klassische, zeit- und kostenintensive Neulandgewinnung durch Sedimentablagerung wurde hier nicht angewandt, der Boden liegt also auch heute noch durchgängig unter dem Meeresspiegel.

Der Sinn der Landgewinnung ist umstritten. Einerseits soll sie dem Küstenschutz dienen, indem besiedelten Gebieten Köge vorgelagert werden, andererseits werden durch Landgewinnung wertvolle Ökosysteme wie das Watt und Salzwiesen zerstört.

In Deutschland wurde zuletzt 1923/24 der Neufelder Koog aus rein kommerziellen Gründen angelegt (finanziert aus privater Hand). Die letzte große Eindeichung Deutschlands war der Bau des Beltringharder Kooges (Deichschluss 1987) mit einer Fläche von 3350 ha, der heute das größte Naturschutzgebiet des schleswig-holsteinischen Festlandes darstellt.

Als Neulandgewinnung bezeichnet man ebenfalls die Gewinnung von Ackerland, also die Urbarmachung von wirtschaftlich ungenutzten Flächen. Am bekanntesten sind die Kampagnen zur Gewinnung von Neuland (russisch: "zelina") in der ehemaligen Sowjetunion in Schwarzerdegebieten von Südsibirien, Kasachstan, Usbekistan und Turkmenistan in den 1920er, 1930er und auch 1950er Jahren. Diese großflächige Neulandgewinnung ging meist mit der Anlage von Schutzwaldstreifen gegen die Winderosion und zum Teil mit der Schaffung von großen Bewässerungssystemen einher. Die erhoffte Ertragssteigerung bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Weizen, Baumwolle) blieb auf Dauer meist aus, und es ergaben sich massive ökologische Probleme wie zum Beispiel am Aralsee.

Literarisch wurde dieses Thema durch den Roman von Michail Scholochow "Neuland unterm Pflug" verarbeitet.

Aber auch die Gewinnung von Land in der Ukraine, Südrussland, dem Mittleren Westen der USA, Argentinien oder Australien zwischen dem 18. Jahrhundert und 20. Jahrhundert folgte ähnlichen Prinzipien.

siehe auch: Umetate chi