Zum Inhalt springen

Pufferüberlauf

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 29. Oktober 2004 um 23:50 Uhr durch Sig11 (Diskussion | Beiträge) (Unterstützung durch Compiler: link). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Pufferüberläufe (englisch buffer overflow) gehören zu den häufigsten Sicherheitslücken in aktueller Software, welche sich über das Internet ausnutzen lassen. Im wesentlichen können bei einem Buffer Overflow durch Fehler im Programm zu große Datenmengen in einen unterdimensionierten Speicherbereich geschrieben werden, wodurch ungewollt nachfolgende Informationen im Speicher überschrieben werden. Dadurch kann die Rücksprungadresse eines Unterprogramms mit beliebigen Daten überschrieben werden, wodurch dann auch übermittelter Maschinencode des Angreifers ausgeführt werden kann. Dieser Code ist in der Regel so genannter Shellcode und hat als Ziel das Öffnen einer Shell mit den Privilegien des Prozesses, welcher für den Buffer Overflow anfällig ist. Besonders begehrtes Ziel ist bei Unix-Systemen der Root-Zugang. Buffer Overflows in verbreiteter Server- und Clientsoftware werden auch von Internetwürmern ausgenutzt.

Buffer-Overflow-Attacken sind ein wichtiges Thema in der Computersicherheit und Netzwerksicherheit. Sie können nicht nur über jegliche Art von Netzwerken, sondern auch lokal auf dem System versucht werden. Behoben werden sie in der Regel nur durch kurzfristig gelieferte Fehlerkorrekturen (Patches) der Hersteller.

Neben Nachlässigkeiten bei der Programmierung werden Buffer Overflows vor allem durch auf der Von-Neumann-Architektur basierende Computersysteme ermöglicht, gemäß welcher Daten und Programm im gleichen Speicher liegen. Durch diese Hardwarenähe sind sie auch nur unter assemblierten oder compilierten Programmiersprachen ein Problem. Interpretierte Sprachen sind, abgesehen von dem Interpreter selber, nicht anfällig, da die Speicherbereiche für Daten unter vollständiger Kontrolle des Interpreters sind.

Programmiersprachen

Die wesentliche Ursache für Buffer Overflows sind aber Programmiersprachen, die nicht die Möglichkeit bieten, Grenzen von Speicherbereichen automatisch zu überwachen, um eine Überschreitung von Speicherbereichen zu verhindern. Hierzu gehört besonders die Sprache C, die das Hauptgewicht auf Performance (und ursprünglich Einfachheit des Compilers) legt und auf eine Überwachung verzichtet, sowie die C-Weiterentwicklung C++. Hier ist ein Programmierer gezwungen, von Hand den entsprechenden Code zu generieren, wobei oft entweder absichtlich oder aus Nachlässigkeit darauf verzichtet wird. Die Überprüfung ist häufig auch fehlerhaft codiert, da während der Programmtests diese Programmteile meist nicht oder ungenügend getestet werden. Daneben bieten Sprachumfang und Standardbibliothek sehr viele fehleranfällige Konstrukte an, zu denen es in vielen Fällen kaum eine Alternative gibt.

Die häufig im professionellen Bereich verwendete Programmiersprache C++ bietet zwar theoretisch (eingeschränkte) Möglichkeiten zur automatischen Überprüfung von Feldgrenzen. Sie ist aber ursprünglich als C-Aufsatz entwickelt worden. Aus Gewohnheit, Kompatibilitätsgründen zu vorhandenem C-Code und Systemaufrufen in C-Konvention sowie aus Bequemlichkeits- und Performancegründen (die Laufzeitüberprüfungen sind im Gegensatz zu strukturell moderneren Sprachen wie z. B. Pascal oder Ada nicht Bestandteil der Sprache, sondern meist in der Sprache selbst geschriebener Bibliotheken oder müssen gar vom Programmierer selbst erstellt werden, sodass sie ihrerseits aufwändig, fehleranfällig und laufzeitmäßig sehr "teuer" sind) wird von diesen Möglichkeiten aber kaum Gebrauch gemacht.

Prozessoren und Programmierstil

Weitere Eigentümlichkeiten sowohl der Sprachen C und C++ sowie die Eigentümlichkeiten der am häufigsten eingesetzten Prozessoren machen das Auftreten von Buffer Overflows wahrscheinlich. Die Programme in diesen Sprachen bestehen ausschließlich aus Unterprogrammen. Diese Programme besitzen lokale Variablen.

Bei modernen Prozessoren ist es üblich, die Rücksprungadresse eines Unterprogramms und die lokalen Variablen auf einen als Stack bezeichneten Bereich zu legen. Dabei werden beim Unterprogrammaufruf zunächst die Rückkehradresse und danach die lokalen Variablen auf den Stack gelegt. Bei modernen Prozessoren wie dem Intel Pentium wird der Stack durch eingebaute Prozessorbefehle verwaltet und wächst zwingend nach unten. Werden Felder oder Zeichenketten in den lokalen Variablen verwendet, werden diese meist nach oben beschrieben. Wird die Feldgrenze nicht geprüft, kann man damit durch Überschreiten des Feldes die Rückkehradresse auf dem Stack erreichen und gegegenfalls absichtlich modifizieren.

Das folgende Programmstück in C, das in ähnlicher Form oft verwendet wird, zeigt einen solchen Buffer Overflow:

input_line()
{   char line[1000];    /* Feld ist eigentlich Zeiger      */
    if (gets(line))    /* gets erhält Zeiger, keine Überprüfung */
       parse_line(line);
}

Bei Prozessoren, die den Stack nach unten beschreiben, sieht der Stack bei Aufruf von gets (Bibliotheksfunktion unter Unix) so aus:

Rücksprungadresse
1000. Zeichen
...
3. Zeichen
2. Zeichen
1. Zeichen Stackpointer
Der Stack wächst nach unten, die Variable wird nach oben überschrieben

gets liest eine Zeile von der Eingabe und schreibt die Zeichen ab line[0] in den Stack. Es überprüft die Länge der Zeile nicht. Unter C erhält gets nur die Speicheradresse als Pointer, jedoch keinerlei Information über die verfügbare Länge. Wenn man jetzt 1004 Zeichen eingibt, überschreiben die letzten 4 Bytes die Rücksprungadresse (unter der Annahme, dass eine Adresse hier 4 Bytes groß ist), die man auf ein Programmstück innerhalb des Stack richten kann. In den ersten 1000 Zeichen kann man gegebenenfalls ein geeignetes Programm eingeben.

00@45eA/%A@4 ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... .. 0A&%
Eingabe, wird von gets in den Stack geschrieben (1004 Zeichen)
modifizierte Rücksprungadresse
line, 1000. Zeichen
... ...
line, 5. Zeichen drittes Byte im Code
line, 4. Zeichen zweites Byte im Code
line, 3. Zeichen Ziel der Rücksprungadresse, Programmcodestart
line, 2. Zeichen
line, 1. Zeichen Stackpointer
Überschreiben der Rücksprungadresse und Programmcode im Stack

Falls das Programm höhere Privilegien besitzt als der Benutzer, kann dieser unter Ausnutzung des Bufferflows durch eine spezielle Eingabe diese Privilegien erlangen.

Gegenmaßnahmen

Programmerstellung

Bei der Erstellung von neuen Programmen sollte unbedingt auf die Überprüfung aller Feldgrenzen geachtet werden. Dadurch werden Buffer Overflows verhindert. Die Verwendung von Programmiersprachen, die automatisch Feldgrenzen überwachen, sollte in Erwägung gezogen werden. Dies ist jedoch nicht immer möglich. Bei Verwendung von C++ sollte die Verwendung von Feldern im C-Stil soweit wie möglich vermieden werden.

input_line()
{   char line[1000];      /* Feld ist eigentlich Zeiger      */
    if (fgets(line,1000,stdin)) /* fgets überprüft die Länge       */
       parse_line(line);
}
Gegenmaßname: fgets überprüft die Eingabelänge

Überprüfung des Programmcodes

Spezielle Überprüfungswerkzeuge erlauben die Analyse des Codes und entdecken gegebenenfalls mögliche Schwachstellen. Allerdings kann der Code zur Feldgrenzenüberprüfung fehlerhaft sein, was oftmals nicht getestet wird.

Unterstützung durch Compiler

In C und C++ steht eine sehr große Auswahl bestehender Programme zur Verfügung. Moderne Compiler wie neue Versionen des GNU C-Compilers erlauben die Aktivierung von Überprüfungscodeerzeugung bei der Übersetzung.

Sprachen wie C erlauben aufgrund ihres Designs nicht immer die Überprüfung der Feldgrenzen (Beispiel: gets). Die Compiler müssen andere Wege gehen: Sie fügen zwischen der Rücksprungadresse und den lokalen Variablen Platz für eine Zufallszahl ein. Beim Programmstart wird diese Zahl ermittelt, wobei sie jedesmal unterschiedliche Werte annimmt. Bei jedem Unterprogrammaufruf wird in den dafür vorgesehen Bereich die Zufallszahl geschrieben. Der erforderliche Code wird vom Compiler automatisch generiert. Vor dem Verlassen des Programms über die Rücksprungadresse fügt der Compiler Code ein, der die Zufallszahl auf den vorgesehenen Wert überprüft. Wurde sie geändert, ist auch der Rücksprungadresse nicht zu trauen. Das Programm wird mit einer entsprechenden Meldung abgebrochen.

Rücksprungadresse
Zufallszahlbarriere
line, 1000. Zeichen
...
line, 3. Zeichen
line, 2. Zeichen
line, 1. Zeichen Stackpointer
Gegemaßnahme: Zufallszahlbarriere

Daneben kann man manche Compiler auch veranlassen, beim Unterprogrammaufruf eine Kopie der Rücksprungadresse unterhalb der lokalen Felder zu erzeugen. Diese Kopie wird beim Rücksprung verwendet, die Ausnutzung von Buffer Overflows ist dann wesentlich erschwert:

Rücksprungadresse
line, 1000. Zeichen
...
line, 3. Zeichen
line, 2. Zeichen
line, 1. Zeichen
Kopie der Rücksprungadresse Stackpointer
Gegenmaßnahme: Kopie der Rücksprungadresse

Literatur

Compiler und Compilererweiterungen

Siehe auch: