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Oberkieferfraktur

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Klassifikation nach ICD-10
S02.4 Jochbeinfraktur und Oberkieferfraktur
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Eine Oberkieferfraktur (lat. Maxillafraktur oder Kieferfraktur des Oberkiefers, engl. maxillary fracture) ist ein Knochenbruch des Oberkiefers. Die Oberkieferfraktur hat typische Verläufe der Knochenbruchlinien, die entlang von Schwachstellen im Oberkiefer verlaufen. Diese Fraktur kann außerhalb oder innerhalb der Zahnreihe auftreten. Die Klassifikation der Oberkieferfrakturen, die nicht die obere Zahnreihe mit einbezieht, erfolgt nach Le Fort (Le-Fort-Frakturen Typ I bis III).

Anatomische Grundlagen

Hauptartikel: Maxilla Der Oberkiefer (Maxilla) ist ein paariger Knochen mit der Form einer Pyramide, der der Grundpfeiler für das Gesichtsskelett ist. In vertikaler Richtung verbindet der Oberkiefer den oberhalb gelegenen cranio-fronto-ethmoidalen Komplex (Schädel, Stirn, Siebbein) mit dem unten gelegenen "Kaukomplex" (Gaumen, Alveolarfortsatz, Zähne, Unterkiefer). In transversaler Richtung verbindet der Oberkiefer die beiden zygomaticoorbitalen Komplexe. Die Form des Oberkiefers entspricht entfernt einer 5-seitigen Pyramide, deren Basis die laterale Nasenwand ist. Die übrigen vier Seiten sind der Orbitaboden (oben), der Alveolarkamm (unten), die Vorderwand der Kieferhöhle (vorne) und die Vorderfläche der Fossa pterygopalatina (hinten).

Ursachen

Häufige Ursache für Oberkieferfrakturen sind Verkehrsunfälle (Auto, Motorrad, Fahrrad), Sportunfälle, Stürze und tätliche Auseinandersetzungen. Seltener sind sie Folge einer Schussverletzung oder von Huftritten.

Oberkieferfrakturen resultieren oft von stumpfer Gewalteinwirkung, die mit hoher Energie auf das Gesichtsskelett einwirkt. Typische Ursachen für dieses Traume sind Verkehrsunfälle, tätliche Auseinandersetzungen, Stürze und Fall aus größerer Höhe.

Häufigkeit

wegen der geringen Fallzahlen und der unterschiedlichen Zählungen bei den Fallzahlen (je nachdem, ob Erhebung in der Unfallchirurgie, Zahnklinik oder Kieferklinik) weichen die Verteilungshäufigkeiten der verschiedenen Quellen stark voneinander ab. Von den Gesichtsfrakturen sind ca. 6- 25 % Oberkieferfrakturen.

Klassifikation

Die Oberkieferfraktur zählt zu den Mittelgesichtsfrakturen. Diese werden in zentrale und laterale Mittelgesichtsfrakturen unterteilt. Zu den lateralten Mittelgesichtsfrakturen zählen die Jochbeinfraktur, die Jochbogenfraktur und die Orbitafraktur. Zu den zentralen Mittelgesichtsfrakturen zählen die drei Typen der Le Fort-Fraktur. Bei den Le-Fort-Frakturen handelt es sich um verschiedene Transversalbrüche des Oberkiefers außerhalb der Zahnreihe.

Le-Fort-Frakturen

Die Le-Fort-Frakturen sind benannt nach René Le Fort (1869-1951), einem französischen Chirurgen aus Lille, der die heute am meisten verbreitete Klassifikation der Oberkieferfrakturen mit den typischen Knochenbruchlinien in transversaler Richtung oberhalb der Zahnreichen einführte.

Während die Le-Fort-I-Fraktur und die Le-Fort-II-Fraktur streng auf das zentrale Mittelgesicht beschränkt ist, erstreckt sich die Le-Fort-III-Fraktur sowohl über das zentrale als auch über das laterale Mittelgesicht.

Le Fort veröffentlichte 1901 sein Arbeit mit der Klassifikation der Oberkieferfrakturen. Er hatte Leichenschädel einer stumpfen Gewalteinwirkung ausgesetzt (Eisenkugel an einem langen Pendel), die aus verschiedenen Richtungen wirkte und dabei die Verletzungen und typischen Verläufe der Bruchlinien untersucht. Obwohl die Le-Fort-Klassifikation noch heute als Grundlage zur Einteilung der Oberkieferfrakturen gilt, bemängeln Fachleute, dass sie zu einfach ist und einige Brüche nicht mit berücksichtigt ([Sagittalebene|sagittale]] Frakturen, Jochbeinfrakturen, Jochbogenfrakturen).

Bei seinen Studien setzte Le Fort Leichenschädel verschiedenen stumpfen Gewalteinwirkungen aus verschiedenen Richtungen und unterschiedlicher Intensität aus. Er fand drei Standardmuster für die Oberkieferfraktur, die den größten Teil der Brüche ausmachten.

  • die horizontale Le-Fort-I-Fraktur - die Bruchlinie reicht vom Septum nasale, zur lateralen Kante der Apertura piriformis , horizontal oberhalb der Wurzelspitzen der Oberkieferzähne, sie kreuzt dann unterhalb der Sutura zygomaticomaxillaris, überquert die Sutura pterygomaxillaris und Processi pterygoidei lateralis und medialis.
  • die pyramidale Le-Fort-II-Fraktur
  • die transvesale Le-Fort-III-Fraktur

Guérin-Frakturen

Eine weniger bekannte, ältere Einteilung der Oberkieferfraktur geht auf den Pariser Chirurgen Alphonse Guérin (1801-1866) zurück (1866 publiziert). Diese Fraktur wird als Guérin-Fraktur (Oberkieferquerbruch, horizontal durch die Apertura pirifomis verlaufend) bezeichnet. Es besteht eine weitgehende Übereinstimmung mit der Le-Fort-I-Fraktur.

Wassmund-Frakturen

Überschneidungen bei der Klassifikation gibt es auch zwischen den Wassmund-Frakturen (Martin Wassmund, deutscher Kieferchirurg, 1892-1956) und den Le-Fort-Frakturen. Beide sind Mittelgesichtsfrakturen. Die Wassmund-Frakturen vom Typ II entspricht der Le-Fort-Frakturen vom Typ II. Die Wassmund-Frakturen vom Typ IV entspricht der Le-Fort-Frakturen vom Typ III. Die Wassmund-Frakturen vom Typ III ähnelt der Le-Fort-Frakturen vom Typ III.

Le Fort / Guérin / Wassmund

Le-Fort-I Maxilla ohne Orbita Guérin-Fraktur
Le-Fort-II Maxilla mit Orbitabeteiligung;
durch den Infraorbitalrand
Wassmund-Frakturen Typ II
Le-Fort-III Orbita und Jochbein;
komplette Trennung des Mittelgesicht in
Höhe der Sutura zygomaticofrontalis
vom restlichen Schädel
Wassmund-Frakturen Typ III, IV

Kritik der Le-Fort-Klassifikation

In der heutigen klinischen Praxis erweist sich die Le-Fort-Klassifikation als eine zu stark Vereinfachung der Oberkieferfrakturen. Die idealisierten Krafteinwikungen, die Le Fort bei seinen Versuchen auf die Schädel einwirken ließ, entsprechen oft nicht den tatsächlichen, komplexen Krafteinwirkungen. Die Energie, die während eines Verkehrsunfalls auf das Mittelgesicht einwirkt ist wesentlich stärker, als die Kräfte, die Le Fort 1901 bei seinen Versuchen an Leichenschädeln aufwandte. Heute sind Oberkieferfrakturen meist eine Kombination von verschiedenen Le-Fort-Typen (Mischtypen), einseitige Frakturen und atypische Frakturen. Die Bruchlinien weichen oft von den beschriebenen klassischen Verläufen ab. Bei sehr starker Gewalteinwirkung auf den Gesichtsschädel können zusätzlich zu den Oberkieferfrakturen Unterkieferfrakturen und/oder Schädelfrakturen auftreten.

Moderne Klassifikation der Mittelgesichtsfrakturen

Die heutige Klassifikation der Mittelgesichtsfrakturen unterscheidet laterale (Jochbeinfrakturen), zentrolaterale (Le-Fort-III-Fraktur) und zentrale Mittelgesichtsfrakturen (Le-Fort-I-Fraktur, Le-Fort-II-Fraktur, Nasenbeinfraktur und sagittale Oberkieferfraktur). Diese neuere Klassifikation hat jedoch die ältere Le-Fort-Klassifikation nicht völlig verdrängt.

Zwei wichtige Typen von Oberkieferfrakturen werden nicht von der Le-Fort-Klassifikation erfasst.

Das sind erstens kleine Oberkieferfrakturen, bei denen nur ein kleines, isoliertes Fragment abgesprengt wird. Diese Frakturen werden verursacht durch schwächere Gewalteinwirkungen, die auf ein kleine Fläche begrenzt sind - beispielsweise druch einen Hammerschlag. Insbesondere der Alveolarfortsatz, die vordere Kieferhöhlenwand oder die Sutura nasomaxillaris sind typische Lokalisationen für diesen Frakturtyp.

Zweitens können submentale Kräfte ("Schlag auf das Kinn"), die nach oben gerichtet sind, zu schweren, isolierten, vertikale Frakturen durch einen der horizontalen Stützstrukturen des Oberkiefers (z.B. Alveolarkamm, infraorbitale Knochenkante = Rima infraorbitalis, Jochbogen) führen.

Le-Fort-I-Fraktur

Le-Fort-ILe Fort-ILe-Fort-I

Die zentrale Mittelgesichtsfraktur des Typs Le-Fort-I (kurz als Le-Fort-I bezeichnet) ist ein horizontaler Oberkieferbruch (siehe Bild: rote Linie). Der Alveolarfortsatz des Oberkiefers wird vom restlichen Oberkiefer und Schädel abgetrennt. Diese Querfrakturen des Oberkiefers mit horizontaler Absprengung der Alveolarfortsatzer (lat. Processus alveolaris maxillae) verläuft in Höhe des Nasen- und Kieferhöhlenbodens. Der Verlauf der Bruchlinie erinnert entfernt an eine abnehmbare Oberkiefer-Totalprothese. Die Bruchlinie läuft durch die Nasenapertur, nicht jedoch durch den inneren oder äußeren Aufenwinkel.

Ursache der Fraktur sind horizontale, leicht nach unten gerichtete Kräfte, die auf den Alveolarfortsatz des Oberkiefers einwirken.

Die Bruchlinie geht durch das Nasenseptum, dann horizontal knapp oberhalb der Zähne. Sie verläuft weiter unterhalb der Sutura zygomaticomaxillaris (der Knochennaht zwischen Oberkiefer und Jochbein), quert die Sutura pterygomaxillaris und weiter der Processus pterygoideus (jeweils linke und rechte Gesichtshälfte).

Le-Fort-II-Fraktur

Le-Fort-IILe-Fort-IILe-Fort-II

Die Le-Fort-II-Fraktur ist ein zentraler Mittelgesichtsbruch mit einer pyramidenförmige Oberkieferabsprengung (Pyramidalfraktur) des Oberkiefermassives. Die Bruchlinie verläuft entlang oder unterhalb der Sutura nasomaxillaris (mit oder ohne Beteiligung des Nasenskeletts), durch den Processus frontalis maxillae, an der medialen Wand der Orbita (mediale Augenwinkel), durch das Os lacrimale, durch den Orbitaoden, die untere Orbitakante, durch das Foramen infraorbitale oder nahe daran vorbei, schräg nach unten durch die vordere Wand der Kieferhöhle. Weiter zieht die Bruchlinie unter dem Jochbein, entlang der Fissura pterygomaxillaris und durch die Lamina pterygoidea medialis und lateralis.

Die Le-Fort-II-Fraktur trennt den nasoethmoidalen Block vom übrigen Schädel ab. Sie kann beidseitig (klassische Form) oder einseitig auftreten.

Ursache dieser Fraktur sind Krafteinwirkungen auf den unteren oder mittleren Teil des Oberkiefers.

Le-Fort-III-Fraktur

Le-Fort-IIILe Fort-IIILe-Fort-III

Die zentrolaterale Mittelgesichtsfraktur des Typs Le-Fort-III ist ein vollständiger Abriss des Mittelgesichts von der Schädelbasis. Diese hohe Absprengung der Maxilla liegt im oberen teil des Mittelgesichts.

Der gesamte Oberkiefer, manchmal auch noch weitere Knochen, also das gesamte Mittelgesicht, sind bei der Le-Fort-III-Fraktur vom vom kraniofazialen Skelett abgesprengt. Deshalb wird diese transversale Le For Fraktur auch als kraniofazialer Abtrennung (Abriss des Gesichtes vom Cranium) bezeichnet.

Die Frakturrändern verlaufen durch das Nasenskelett (sutura nasofrontalis und Sutura frontomaxillaris), entlang der medialen Wand der Orbita (mediale Augenwinkel), durch das Os ethmoidale (Siebbein). Das dicke Os sphenoidale (Keilbein) verhindert eine Fortsetzung der Bruchlinie nach hinten in den Canalis opticus. Die Bruchlinie setzt sich fort entland des Orbitaboden, weiter superior-lateral zur lateralen Wand der Orbita (distaler Augenwinkel), durch die Sutura zygomaticfrontalis und den Arcus zygomaticus.

Bei Beteiligung des Jochbeins und/oder des Jochbogens spricht man von einer zygomatico-maxillären Fraktur. Es sind auch einseitige Le-Fort-III-Frakturen möglich.

Innerhalb der Nase verläuft die Fraktur durch die Basis des Os ethmoidale, durch den Vomer und durch die Verbindung der Lamina lateralis und der Lamina medialis des Proc. pterygoideus des Keilbeins mit der Basis ossis sphenoidalis.

Ursache dieser Fraktur sind Krafteinwirkungen auf den Oberkiefer oder den Nasenrücken.

Sagittalbruch des Oberkiefers

Neben den Le-Fort-Frakturen gibt es, wesentlich seltener, isolierte Sagittalbrüche des Oberkiefers. Diese Fraktur verläuft sagittal (von vorne nach hinten durch den Oberkiefer). Die Bruchlinie verläuft meist dicht neben der Gaumennaht.

Alveolarfortsatzfrakturen

Frakturen innerhalb der Zahnreihe sind oft mit Alveolarfrakturen und/oder Zahnfrakturen kombiniert.

Diagnose

Der Oberkiefer stellt die Verbindung zwischen der Schädelbasis und der oberen Zahnreihe dar, die wiederum die Okklusion und die lage der unteren Zahnreihe und des Unterkiefers beeinflußt. Die anatomischen Strukturen des Oberkiefers sind eng verbunden mit der Mundhöhle, der Nasenhöhle und der Augenhöhle.

Untersuchung

Die äußerliche Erkennung von Gesichtsfrakturen wird meist dadurch erschwert, dass die Knochenarchitektur wegen Schwellungen, Prellungen, ausgedehneten Blutungen und Blutergüssen oft nur zu erahnen ist.

Periobitale Schwellungen können auf eine Le-Fort-II-Fraktur oder Le-Fort-III-Fraktur hindeuten.

Für die erste Untersuchung sind einfache Röntgenaufnahmen indiziert. Dazu gehört auch eine submentale Aufnahme mit vertikalem Strahlengang und laterale Aufnahmen, ebenso eine Kontrollaufnahme der Halswirbelsäule. Aufnahmen der Kieferhöhlen stellen gleichzeitig mit den Jochbogen und die Nasenknochen dar. Um eine klare Vorstellung von der dreidimensionalen Anatomie und Ausdehnung der Fraktur zu bekommen, müssen die Röntgenaufnahmen der verschiedenen Projektionen miteinander verglichen werden.

Mit dem Aufkommen der Computertomographie (CT) haben sich die Möglichkeiten zur bilgebenden Diagnostik der Oberkieferfrakturen erheblich verbessert. Das CT stellt oft den Bruchverlauf genauer dar und hilft bei der OP-Planung.

Die Mobilität des Mittelgesichtes kann geprüft weden, indem der vordere Alveolarfortsatz (oder die oberen, mittleren Schneidezähne) fest umgriffen wird und nach vorne gezogen wird, während die Stirn des Patienten mit der anderen Hand festgehalten wird, um den Kopf zu stabilisieren. Die Größe und Lage des mobilen Knochenfragmentes kann dem Arzt zeigen, um welchen Typ einer Le-Fort-Fraktur es sich handelt. Es kann allerdings auch zu Irrtümern kommen, wenn das Knochenfragment wegen der hohen Krafteinwirkung in seiner dislozierten Lage fest impaktiert ist und scheinbar keine Knochenmobilität vorliegt.

Es sollte eine gründliche nasale und intraorale Untersuchung durchgeführt werden. Bei Le-Fort-II-Frakturen sind die Nasenknochen typischerweise sehr mobil, zusammen mit dem restlichen pyramidenförmigen Oberkieferfragment. Bei der intranasalen Inspektion können frische oder alte Blutungen, Septumhämatome oder Rhinorrhoe aus cerebrospinaler Flüssigkeit beobachtet werden.

Bei der intraoralen Untersuchung wird die intakte Okklusion kontrolliert, der Zustand der einzelnen Zähne, die Stabilität des Alveolarfortsatzes, des harten Gaumens. Es ist auch auf Verletzungen des weichen Gaumens zu achten. Außerdem wird intraoral mit den Fingern die Kontur des Oberkiefers abgetastet, um mögliche knöcherne Schäden an der vorderen Kieferhöhlenwand oder am zygomaticomaxillären oder nasomaxillären Stützpfeiler aufzuspüren.

Klinische Diagnose

Die enormen Gesichtsschwellungen nach schweren Traumen können diese klassische klinische Befunderhebung oft unmöglich machen.

Mögliche Symptome der Oberkieferfraktur sind abnorme Beweglichkeit des ansonsten starren Oberkiefers, Dislokation des Knochenfragmentes, Knochenknirschen (Krepitation) bei der Bewegung des Knochenfragmentes, Blutergüsse, Schwellungen, Sensibilitätsstörungen (besonders [[Nervus maxillaris#Nervus infraorbitalis|N. infraorbitalis), Stauchungsschmerz, Blutungen, Okklusionsstörungen. Bei der Perkussion der Zähne ist ein dumpfer Klopfschall hörbar.

Klinisch erfolgt die Diagnose durch Schmerzauslösung und Kontrolle der Mobilität bei der leichten Bewegung des Oberkieferfragmentes. Dazu wird leicht an den oberen Frontzähnen (die beiden großen Schneidezähne - im bild: grauer Punkt) gerüttelt - mit Dauem nund Zeigefinger. Die andere Hand tastet mit Daumen und Zeigefinger nach einer möglichen Bewegung an den typischen Verlaufsstellen der Bruchlinien.

Bei schweren Begleitverletzungen mit Verlegung der Atemwege oder Schädel-Hirn-Trauma muss die Untersuchung des Oberkiefers und deer Gesichtsknochen zurückgestellt werden, bis die schwerwiegenderen Verletzugnen beherrscht werden.

Die Gesichtsform und die Stellung der Gesichtsknochen wird oft durch die begleitende, massive Schwellung der Gesichtsweichteile, Abschürfungen, Blutungen und Blutergüsse behindert.

Lokal begrenzte Schwellungen oder Hämatome können lin Beziehung zur Frakturlinie stehen. Eine periorbitale Schwellung kann auf eine Le-Fort-II oder -III-Fraktur hindeuten.

Eine Rückverlagerung des frakturierten Mittelgesichtes bedingt eine abgeflachte Gesichtsform, die in der angelsächsischen Fachliteratur als dish-face (auch pan-face, ungebräuchliche Übersetzung: Tellergesicht) bezeichnet wird. Diese Gesichtsdeformierung tritt nach großen Le-Fort-II- oder Le-Fort-III-Frakturen auf, ist aber anfangs durch die Gesichtsschwellung maskiert. Das frakturierte Oberkiefersegment ist nach hinten und unten verlagert. Das kann zu Frühkontakten im Molarenbereich führen, die von einem anterior offenem Biss begleitet sind. In schweren Fällen können die oberen Atemwege behindert und/oder teilweise verlegt sein. In diesen Fällen kann es notwendig sein den Nasenboden und den harten Gaumen zu dekomprimieren, um das dislozierte Knochenfragment wieder nach vorne zu verschieben und so die Atemwege weider frei zu machen.

Nach der Inspektion des Gesichtes wird das Gesicht und der Schädel palpiert, um unregelmäßige Knochenformne, Stufen, Krepitationen oder sensible Ausfälle zu finden. Der Mund und die Nase wird untersucht. In der Nase können frische oder alte Blutkoagula sein, es kann ein Septumhämatom vorliegen oder Ausfluß von Liquor cerebrospinalis aus der Nase. Der Mund wird auf eine korrekte Okklusion untersucht, auf den Zustand der Zähne, auf die Stabilität des Alveolarfortsatzes und des knöchernen Gaumens und auf den zustand der Weichteilgewebe.

Bei Le-Fort-II-Frakturen sind die Ossa nasalia typischerweise sehr mobil, sie bewegen sich zusammen mit dem frei flottierenden, pyramidenförmigen Knochenfragment des Oberkiefers.

Bei Le-Fort-III-Frakturen verläuft die Bruchlinie auch durch den lateralen Orbitarand und das Jochbein.

An der Augenhöhle wird die die Festigkeit des Randes der Augenhöhle und des Orbitabodens untersucht, sowie der Visus geprüft, die extraokuläre Bewegung, die Lage des Augapfels und die interkanthale Distanz. Beeinträchtigungen des Visus könen auf Schädigungen am Canalis opticus, Schädigungen im Augapfel oder an der Retina hinweisen, bzw. auf weitere neurologische Probleme. Eine Beeinträchtigung der Beweglichkeit der Augen oder ein Enophtalmus können Zeichen einer Fraktur des Orbitabodens (Blowout-Fraktur) sein. Bei einer vergrößerten interkanthalen Distanz ist an eine Verschiebung des Knochens im Bereich der Sutura frontomaxillaris oder des Tränenbeins zu denken, bzw. an einen Abriss des Ligamentum canthale mediale.

Hilfreich für die OP-Planung und die Beratung des Patienten können eventuell vorhandene Fotos vom Patienten sein, die noch vor dem Unfall angefertigt wurden.

Gelegentlich gibt der Patient auf Nachfrage an, dass entsprechende Schmerzen im Oberkiefer (an der Nasenwurzel; äußerer Augenwinkel) bereits durch eigenen Druck des Unterkiefers auf den Oberkiefer beim Zubeißen ausgelöst werden.

Röntgendiagnose

Die Röntgenuntersuchung erfolgt mit einer Orthopantomographie und mit einer Oberkiefer-Übersichtsaufnahme (Film intraoral, horizontal, Aufbissaufnahme, Röntgenstrahl 90° oder 65° (zur Bissebene) von oben - extraoral). Auch die occipito-nasale Schädelaufnahme (halbaxiale Einstellung) stellt das gesamtes Mittelgesicht gut dar (Orbitaränder, Sutura frontozygomatica, Jochbein, Jochbogen, Nasennebenhöhlen).

Differentialdiagnose

Differentialdiagnostisch ist immer an eine Schädelfraktur zu denken, die röntgenologisch ausgeschlossen werden muß. Eine Schädelfraktur ist viel schwerwiegender, als ein Oberkieferbruch. Oft treten auch beide gemeinsam auf. Brillenhämatome können ein Zeichen für Schädelbasisfrakturen sein, ebenso Blutungen aus Nase und Ohr. Dabei ist abzuklären, ob dem blut Hirnwasser beigemischt ist.

Die Behandlung der Schädelfraktur hat Vorrang, während die Behandlung der Oberkieferfraktur bei schwer verletzten Polytraumen oft noch 1-2 Wochen warten muss.

Nach der Stabilisierung des Allgemeinzustandes erfolgt meist ein CT-Scan des Gesichtsschädels, um eine Mittelgesichtsfraktur zu diagnostizieren.

Begleitverletzungen

Oberkieferfrakturen treten oft bei schweren Traumen auf. Deshalb ist nach weiteren Schädigungen des Patienten zu forschen. Akut lebensbedrohlich können mögliche Verlegungen der Atemwege werden. Wegen der Beteiligung der Orbita ist auf Schädigungen der Augen zu untersuchen (Enophthalmus - eingesunkenes Auge; Diplopie - Doppelbilder - insbesondere mit aufwärts gerichtetem Blick). Gestörte Hautsensibilität unter dem Auge deutet auf eine Schädigung des Nervus infraorbitalis hin. Auch das Gehör und die Zahnokklusion sind zu untersuchen.

Funktionsaufälle könenn Anhaltspunkte für die Lokalisation der Fraktur geben - z.B. Atemstörungen, reduzierte Visus, Hirnnerven, Okklusion, Gehör.

Bewußtseinsveränderungen bzw. eine anamnestische Angaben ein Bewußtlosigkeit könnne Zeichen einer intrakranielen Verletzung sein.

Therapie

Die Therapie der Oberkieferfraktur erfolgt durch Reposition, Fixation, Retention und Immobilisation. Mittelgesichtsfrakturen erfordern meist eine operative Versorgung. Diese wird von einem Kieferchirurgen, HNO-Arzt oder plastischem Chirurgen durchgeführt.

Das dislozierte Fragment wird reponiert und mittels Miniplattenosteosynthese (Osteosynthese) fixiert. vor dem Aufkommen der Plattenosteosynthese erfolgte die Fixation mittels Drahtosteosynthese, die ebenfalls gute Ergebnisse brachte.

Erstbehandlung

Die Unfallversorgung muss zuerst die Freihaltung der Atemwege (und der Vitalfuntionen) sicherstellen. Falls die Atemwege nicht freigelegt werden können, muss das dislozierte, impaktierte Oberkieferfragment notfallmäßig reponiert werden. Falls dies nicht möglich ist, muss eventuell eine Tracheostomie durchgeführt werden. Die notfallmäßige Schienung für einen längeren Transport kann mit einem Linealerfolgen, auf dass der Patient mit seinen Molaren aufbeißt und dessen Enden auf beiden Seiten an denMundwinkeln überstehen. Diese Linealenden können provisorisch nach oben fixiert werden - mit einer Bind, die über der Schädelkalotte zusammengebunden ist.

Da Oberkieferfrakturen sehr oft durch Verkehrsunfälle verursacht werden, werden sie oft von weiteren, potentiell lebensbedohlichen Verletzungen begleitet. Die Diagnostik der Oberkieferfraktur ist dann während der Anfangsphase der Behandlung nicht im Vordergrund. Wegen der Schwere der Oberkieferfrakturen und der übrigen Verletzungen müssen diese Patienten sehr oft intubiert werden, um die Atmung sicherzustellen. Eine Mittelgesichtsfraktur wird immer stationär behandelt - zumindest in der Anfangphase.

Bei einer Rückverlagerung des Unterkiefers und damit verbundenen Atemproblemen muss eine schnelle, provisorische Dekompression des Oberkiefers erfolgen, insbesondere des Gaumens. Dazu wird das komprimierte Fragment mittels Zangen und Haken nach vorne gezogen, während der komprimierte Bereich im harten Gaumen wieder dekomprimiert wird.

Operation

Bei der chirurgischen Behandlung wird versucht die Defekte zu beseitigen und eine ästhetische Rekonstruktion des Gesichtes zu erreichen. Dazu werden instabile Knochenfragment an stabilen Teilen des Schädels zu befestigen. Ein wichtiges Therapieziel ist die Wiederherstellung einer normalen Zahnokklusion, der Kaufunktion und der Sprachfunktion.

Intubation

Da intraoperativ die Okklusion überprüft werden muss, kommt eine normale Intubation über den Mund nicht in Frage. Stattdessen wird auf die nasale Intubaton ausgewichen. Eine seltene Intubationstechnik ist die submandibuläre Intubation. Dabei wird nach der Intubation über den Mund, der Tubus über eine operativ angelegte Öffnung im vorderen Mundbodenbereich im submentalen Bereich aus der Mundhöhle herausgeführt.

Reposion

Fragmentverschiebungen durch Muskelzug, wie sie besonders bei Frakturen im Extremitätenbereich auftreten, sind bei Oberkieferfrakturen nicht zu beobachten, da die Muskeln, die am Oberkiefer ansetzen, mit ihrem anderen Ende überwiegend an der Haut befestigt sind. So kommt es nicht zu Fragmentverschiebungden durch Muskelzug und auch die Reposition wird nicht druch Muskelzug erschwert. Allerdings tritt oft eine Fragmentverschiebung durch die große Gewalteinwirkung während des Bruchs auf und die Frakturränder stehen einer Reposition oft im Weg, da sie stark gezackt sind und einen komplizierten dreidimensionalen Verlauf haben.

Technik der operativen Fixation

Miniplatten, Drahtaufhängung operativer Zugang:

  • für Le-Fort-I: Mundvorhof
  • für Le-Fort-II: mediale Augenbrauen, Mundvorhof
  • für Le-Fort-III: mediale und laterale Augenbrauen

Angestrebt wird eine stabile Schienung (Plattenosteosynthese) des Fragmentes.

Die besten kosmetischen Resultate hinsichtlich der Narben erzielt man durch zweischichtigen Nahtverschluss, um den Zug auf der Haut zu reduzieren und so eine kleinere narbe zu erreichen.

Die Nähte werden nach ca. 5 Tagen entfernt.

Maxillo-mandibuläre Fixation

Die maxillo-mandibuläre Fixation (MMF, Verschnürung der Zahnreihen von Unterkiefers und Oberkiefer) kann bei der Behandlung der Oberkieferfraktur erforderlich sein. Diese Fixation erfolgt meist intraoperativ nach der Reposition und Fixierung der Fragmente. Zur Narkose-Ausleitung werden die zwischen Oberkiefer und Unterkiefer gespannten Gummiringe aber entfernt, um dem Anästhesisten bei Komplikationen einen Zugang zum Rachen des Patienten zu geben - z.B. Erbrechen, erneute Intubation erforderlich oder Absdaugen von Sekret.

Für die Zeit in der die maxillo-mandibuläre Fixation getragen wird (ca. 3 - 8 Wochen) ist die Ernährung über eine transnasale Ernährungssonde sicherzustellen.

Ein manibulo-maxilläre Fixation (Verschnürung) ist besonders dann erforderlich, wenn das Oberkieferfragment nicht stabil am Schädel fixiert werden kann.

Ein manibulo-maxilläre Fixation ist aber auch nur dann möglich, wenn eine korrekte Reponierung und Ausrichtung des Fragmentes gelingt. Sollte die vollständige Reponierung des Oberkieferfragmentes operativ nicht gelingen, kann mittels einer zusätzlichen Le-Fort-I-Osteotomie die regelrechte Okklusion des Patienten wieder eingestellt werden.

Komplikationen

Als Komplikationen nach Oberkieferfrakturen können bleibende Deformierungen bleiben.

Trotz regelrechter Ausheilung „auf dem Röntgenbild“ kann es zu Schädigungen von neurovaskulären Bündeln kommen - der N. supraorbitalis, N. infraorbitalis, N. facialis (r. frontalis). Es besteht die Möglichkeit von nachfolgenden Infektionen, die durch ausgedehnte Weichgewebsdefekte, Hämatome, offene Frakturen und Trümmerfrakturen begünstigt werden. Häufiger als eine Nichtverwachsung der Knochenfragmente kommt es zu einer Fehlverwachsung. Um das zu verhindern sind eventuell Knochentransplantate erforderlich.

Die besten Aussichten auf gute funktionelle und ästhetische Ergebnisse haben frühzeitige operative Eingriffe.

Umstellungsosteotomien

Bei Osteotomien zur Umstellung der Okklusion oder des Gesichtsschädels bei maxillären Gesichtsdeformierungen (orthognathe Chirurgie) wird die Durchtrennung des Knochens analog den Bruchlinien nach Le-Fort-I (Le-Fort-I Osteotomie - zur Retroposition des Oberkiefers, z.B. nach Deformierungen in Folge einer operierten LKG-Spalte; evtl. in Kombination mit einer Velopharyngoplastik) bzw. Le-Fort-III ausgeführt.

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