Berlin-Charlottenburg
Charlottenburg ist ein Ortsteil im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin. Bis 1920 war Charlottenburg eine selbständige Großstadt. Von der Eingemeindung 1920 nach Groß-Berlin bis zur Fusion mit Wilmersdorf im Jahre 2001 war Charlottenburg ein eigenständiger Bezirk im Westteil Berlins.
Geschichte
Frühe Ansiedlungen
Im ausgehenden Mittelalter sind auf Charlottenburger Grund drei Ansiedlungen nachgewiesen: die Höfe Lietzow, Casow und eine Ansiedlung namens Glienicke. Obwohl alle drei Namen slawischen Ursprungs sind ist für diese Zeit von einer gemischten slawisch deutschen Besiedelung auszugehen.
Lietzow (auch Lietze, Lutze, Lutzen, Lützow, Lusze und Lucene genannt) wird zuerst 1239 urkundlich erwähnt. Es befindet sich im Bereich der heute Alt-Lietzow genannten Straße an der Rückseite vom Rathaus Charlottenburg, Casow lag gegenüber auf der anderen Spreeseite. 1315 werden Lietzow und Casow dem Nonnenkloster St. Marien in Spandau zugesprochen. Dabei wird möglicherweise der große Hof Lietzow zu einem Dorf erweitert. Im Zuge der Reformation wird das Nonnenkloster geschlossen. Während der Bereich von Lietzow bis zum heutigen Tag durchgehend besiedelt war, wurde Casow, ebenso wie die dritte Ansiedlung Glienicke, irgendwann aufgegeben. Aufgrund alter Flurnamen vermutet man Glienicke im heute von Kantstraße, Fasanenstraße, Kurfürstendamm und Uhlandstraße eingeschlossenen Gebiet, an einem heute verlandeten See, der Glinker Lake, gelegen.
Die Entwicklung Lietzows ist gut dokumentiert. Über 400 Jahre hinweg hatte die Familie Berend das Dorfschulzenamt inne und musste als Ausgleich für diese Tätigkeit geringere Abgaben leisten. Kirchlich wurde Lietzow vom Wilmersdorfer Pfarrer mitversorgt, der über den Priesterweg, heute die Achse Wilmersdorfer Straße, Brandenburgische Straße, Blissestraße, zwischen Wilmersdorf und Lietzow pendelte.
Residenzstadt
Zu Ehren seiner kurz zuvor verstorbenen Frau Sophie Charlotte erhielt die Siedlung gegenüber dem Schloss Lützenburg am 5. April 1705 von König Friedrich I. den Namen Charlottenburg und gleichzeitig das Stadtrecht. Das Schloss Lützenburg wurde ebenfalls in Schloss Charlottenburg umbenannt. Bis 1720 war der König zugleich Bürgermeister der Stadt. Im dem Jahr wurde auch das Dorf Lütze (auch Lietzow, Lützow, Lucene genannt), die älteste Siedlung auf Charlottenburger Grund im Bereich der heutigen Straße Alt-Lietzow gelegen, nach Charlottenburg eingemeindet.
Friedrichs Nachfolger Friedrich Wilhelm I., bekannt als Soldatenkönig, hielt sich nur selten im Charlottenburger Schloss auf, was sich negativ auf die Entwicklung der noch sehr kleinen Residenzstadt auswirkte. Er versuchte sogar – erfolglos – Charlottenburg das Stadtrecht wieder zu entziehen. Erst mit dem Regierungsantritt seines Nachfolgers Friedrichs des Großen 1740, der im Schloss zumindest regelmäßig Hoffeste abhielt, rückte auch die Stadt Charlottenburg mehr ins Rampenlicht. Im Laufe seiner Regierungszeit bevorzugte er jedoch das teilweise von ihm selbst geplante Schloss Sanssouci nahe Potsdam als Sommersitz. Als jedoch nach seinem Tod im Jahre 1786 sein Neffe Friedrich Wilhelm II. die Regierungsgeschäfte übernahm, wurde das Schloss Charlottenburg zu dessen bevorzugtem Wohnsitz. Bereits 1769 hatte Friedrich Wilhelm seiner Geliebten und vielleicht einzigen Vertrauten Wilhelmine Enke, der späteren Gräfin von Lichtenau, einen Palast mit dazugehörigem Park im Dreieck zwischen Berliner Straße (heute Otto-Suhr-Allee), Spreestraße (heute Wintersteinstraße) und der Spree geschenkt. Das Areal schloss sich direkt an den Schlosspark an. Auch sein Sohn und Nachfolger Friedrich Wilhelm III. erkor das Schloss Charlottenburg zu seinem Lieblingswohnsitz.
Nach der Niederlage Preußens in der Schlacht bei Jena und Auerstedt 1806 wurde Charlottenburg für zwei Jahre von den Franzosen besetzt. Napoleon residierte selbst im Schloss Charlottenburg während seine Truppen ein großes Heerlager jenseits der heutigen Ringbahn im Bereich der Königin-Elisabeth-Straße errichteten.
Sommerfrische
Nicht nur die persönlichen Vorlieben der Regenten förderten die Entwicklung Charlottenburgs im ausgehenden 18. Jahrhundert. Die auf wenig fruchtbarem Grund errichtete kleine Stadt wurde auch als Naherholungsgebiet der aufstrebenden Stadt Berlin entdeckt. Nachdem in den 1770er Jahren der erste richtige Gasthof in der Berliner Straße (Otto-Suhr-Allee) eröffnet wurde, folgten viele weitere Gaststätten und Biergärten, die vor allem am Wochenende gut frequentiert waren. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts blieb Charlottenburg Ausflugsgebiet und Sommerfrische für die Berliner. Wer nicht mit dem Schiff über die Spree gefahren kam, konnte sich vom Brandenburger Tor nach Charlottenburg und zurück fahren lassen: zunächst mit so genannten Torwagen, wenig komfortablen und unregelmäßig verkehrenden offenen Gefährten, ab 1865 auch mit der Pferdestraßenbahn. Westlich Charlottenburgs wurde 1866 die Villenkolonie Westend gegründet. Das Gelände des Palastes der Gräfin Lichtenau erwarb 1869 der Lichterfelder Immobilienspekulant Carstenn, um dort eine großformatige Vergnügungsstätte mit Palmenhaus, die Flora, zu errichten. Die Flora existierte nur kurze Zeit. Nach der Pleite wurde sie 1904 gesprengt und das Gelände mit Wohnbebauung bebaut.
Bürgerliche Großstadt
Die zunehmende Attraktivität zog mehr und mehr wohlhabende Berliner Bürger an, die sich vorzugsweise an der repräsentativen Verbindungsstraße zwischen dem Schloss und Berlin ansiedelten. So ließ sich etwa Werner von Siemens 1862 an der Berliner Straße (heute Otto-Suhr-Allee) nahe dem Knie eine Villa errichten. Auch ließen sich wichtige Industriebetriebe wie Siemens und Schering in den 1870er Jahren im Nordosten Charlottenburgs nieder. Damit begann ein rasantes Wachstum der Stadt. Die Stadt Charlottenburg wurde 1877 aus dem Kreis Teltow ausgegliedert und zum eigenständigen Stadtkreis erhoben. Die heutige Technische Universität wurde 1878-84 als Technische Hochschule erbaut. Im Jahre 1893 hatte Charlottenburg erstmals mehr als 100.000 Einwohner und wurde somit zur Großstadt und gleichzeitig zur größten Stadt in der Provinz Brandenburg. Damit war das alte Rathaus mit seinem kleinstädtischen Zuschnitt viel zu klein geworden. Der zur 200-Jahr-Feier fertiggestellte repräsentative Rathausneubau mit dem die Kuppel des Schlosses überragenden Turm zeugt von dem gewachsenen bürgerlichen Selbstbewusstsein. Bei der Volkszählung 1910 wohnten in Charlottenburg bereits 306.000 Einwohner. In den Jahren 1911-12 wurde die Deutsche Oper in der Bismarckstraße errichtet. Durch das 1920 verabschiedete Groß-Berlin-Gesetz wurde Charlottenburg am 1. Oktober 1920 als 7. Stadtbezirk in das neugeschaffene Groß-Berlin eingegliedert.
Stadtteil Berlins
Um der nach dem Ersten Weltkrieg entstehenden Massenarbeitslosigkeit zu begegnen, wurden Vorkriegsplanungen der Charlottenburger Stadtgartendirektors Erwin Barth wieder aufgegriffen und der Lietzenseepark, sowie der Jungfernheidepark als großer Volkspark angelegt.
Die sich rasch entwickelnde Automobilindustrie hatte Interesse an einer nur für Autos zugelassenen Teststrecke. Zu diesem Zweck wurde die AVUS (Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße) zwischen Charlottenburg und Nikolassee angelegt. Der Bau wurde 1913 begonnen, jedoch erst nach dem Krieg 1921 fertiggestellt.
Bereits 1905-07 wurden am Zoo Ausstellungshallen errichtet, die jedoch ihren Zweck nie so recht erfüllen konnten. Insbesondere die Autoindustrie benötigte geräumigere Hallen. Für sie wurde 1914 die Automobil-Ausstellungshalle am Nordende der AVUS errichtet. Zur Verkehrsanbindung wurde der S-Bahnhof Witzleben an der Ringbahn errichtet und 1916 eröffnet. Kriegsbedingt fanden die ersten Ausstellungen in der Automobil-Ausstellungshalle erst 1919 statt. Damit war der Anfang für das heutige Messegelände gemacht. Bald reichte die eine große Ausstellungshalle nicht mehr aus. So wurde 1924 eine zweite Automobil-Ausstellungshalle auf dem Gelände des heutigen Omnibusbahnhofs errichtet. Für die sich rasch entwickelnde Funkindustrie wurde eine dritte Ausstellungshalle südlich der neuen Automobil-Ausstellungshalle ganz aus Holz errichtet, um den Funkempfang nicht zu stören. Gleichzeitig wurde mit dem Bau des Berliner Funkturms begonnen, der 1927 fertiggestellt wurde.
Weblink: Stadtchronik von Charlottenburg
Sehenswürdigkeiten
- Schloss Charlottenburg
- Rathaus Charlottenburg
- Funkturm
- Messegelände und ICC Berlin
- Deutsche Oper Berlin
- Theater des Westens
- Schiller-Theater
- Ägyptisches Museum Berlin
- Berliner Olympiastadion und das Olympiagelände
- Breitscheidplatz mit Gedächtniskirche, Europa-Center und Wasserklops
Regionen von Charlottenburg
- Jungfernheide
- Paul-Hertz-Siedlung
- Pichelsberg
- Plötzensee
- Ruhleben
- Siedlung Charlottenburg-Nord
- Siedlung Eichkamp
- Siedlung Heerstraße
- Westend
- Witzleben
Straßen und Plätze in Charlottenburg
- Ernst-Reuter-Platz
- Klausenerplatz
- Kurfürstendamm (Spitzname: "Kudamm")
- Stuttgarter Platz (Spitzname: "Stutti")
- Theodor-Heuss-Platz (Spitzname: "Theo")
- Scholzplatz: Platz im Westen des Stadtbezirkes. Dort betreibt der ORB seit 1963 einen Rundfunksender für UKW und TV, welche die Sendeanlagen auf dem Berliner Funkturm ersetzte. Als Antennenträger kommt ein 230 Meter hoher, abgespannter Stahlrohrmast zum Einsatz.
Weblinks
- http://www.charlottenburg-wilmersdorf.de die offizielle Website des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf mit vielen aktuellen und historischen Informationen zum Bezirk
- http://www.klausenerplatz-kiez.de mit vielen Informationen und Photos aus diesem Kiez
- Sendemast am Scholzplatz
Ortsteile in Charlottenburg-Wilmersdorf:
Charlottenburg | Berlin-Wilmersdorf | Berlin-Schmargendorf | Grunewald