Fischkrankheit
Fischkrankheiten sind Gegenstand der Fischheilkunde und spielen eine Rolle in der Fischzucht und Aquakultur, in der Aquaristik und in wildlebenden Fischpopulationen.
Dabei sind verschiedene Krankheitstypen zu unterscheiden, wie Erbkrankheiten, Missbildungen, Tumoren, Infektions- und Parasitenkrankheiten, Verletzungen, wasserbedingten Schäden und Schäden durch Stressfaktoren in den Haltungsbedingungen. Zwischen den Abwehrfähigkeiten, den Krankheitserregern und den Lebensbedingungen herrscht ein komplexer Wirkungszusammenhang, der letztlich über den Ausbruch von Infektionskrankheiten entscheidet.
Manche Infektionskrankheiten können in der Fischzucht zu Massenverlusten führen. Sie werden dann als Fischseuchen bezeichnet und unterliegen gesetzlichen Maßnahmen nach dem Tierseuchengesetz bzw. der EU-Tierseuchenverordnung.
Stressfaktoren
unter aquaristischen oder limnischen Gesichtspunkten betrachtet, sind Stressfaktoren als Hauptauslöser für Krankheiten zu sehen. Unterschiedlichste Faktoren können Stress auslösen. Dazu gehört alles, was Fische in Unruhe versetzt und ihren Lebensrhythmus stört, etwa dauerndes Hantieren im Wasser, aber auch dauernder Wechsel der Hell-Dunkel-Phasen. Als Stressfaktor gelten auch verschlechterte Wasserparameter, wie ein Mangel oder Überangebot z.B. an Sauerstoff, zu hoher Gehalt an Ammonium, Nitrit oder CO2, sowie ungünstige pH-Werte, falsche Wassertemperatur, fehlende Versteckmöglichkeiten, falsche Artenwahl, oder zu starke Strömung.
Stress schwächt die Abwehrfähigkeit der Tiere. Dadurch können sie kein Immungleichgewicht mit den meist allgegenwärtigen Krankheitserregern aufrecht erhalten. Erst dadurch wird aus einer Infektion eine ausbrechende "Krankheit".
Bekannte Krankheiten
Bei den hier angegebenen Krankheiten handelt es sich um solche, die entweder bei Nutzfischen, Zierfischen oder bei allen Fischarten auftreten können.
Parasitäre Erkrankungen
Prinzipiell gibt es - außer direkt nach einer medizinischen Behandlung - keine Fische ohne Parasiten. Sie besiedeln Haut, Kiemen, Rachen und innere Organe wie Darm, Leber, Nieren, Gehirn und in einigen Fällen auch die Körperhöhlen.
Parasitäre Erkrankungen entstehen, wenn sich diese Parasiten, durch eine Schwächung der Fische ("Schwächeparasit") ausbreiten. Schwächeparasiten können sich dann durchsetzen, wenn die körpereigene Abwehr ihrer Wirte durch suboptimale Hälterungsbedingungen geschwächt wird. Parasiten werden zwar als "Krankheit" beschrieben, sind es aber nicht im klassischen Sinne sondern lösen Krankheiten durch ihre schmarotzende Lebensweise am Wirt aus.
Man unterscheidet Ekto-Parasiten (von griech. ektos = außen) auf der Außenhaut und den Kiemen, und Endo (von griech. endo = innen, innerhalb) -Parasiten im Darm und im Körperinneren.
Auslöser für parasitisch bedingte Krankheiten sind;
- Pilze (z.B. Saprolegnia)
- Ichthvosporidium hoferi (Algenpilz)
- Geiseltierchen (Hauttrüber)
- Costia necatrix
- Piscinoodinium, (ehemals Oodinium pillularis)
- Cryptobia
- Trypanosoma
- Sporentierchen (Coccidia)
- Wimpertierchen (Ciliata) (z.B.Ichthyophthirius)
Würmer aus der Familie der Plattwürmer (Plathelminthes);
- Fadenwürmer (Nematoda)
- Kiemenwurm (Dactylogyrus)
- Hautwurm (Gyrodactylus)
- Bandwürmer (Cestoda)
- Fischegel (Hirudinea)
Kleinkrebse
- Kleinkrebse (Copepoden) z.B. Karpfenlaus (Argulus foliaceus)
Weißpünktchenkrankheit
Die als "Weißpünktchenkrankheit" oder "Grieskörnchenkrankheit" bezeichnete Ichthyophthiriose geht auf das Wimpertierchen Ichthyophthirius multifiliis als Erreger zurück und kann vollkommen unerwartet auch bei guter Wasserqualität und abwechslungsreichem Futter im Süßwasseraquarium auftreten. Erste Anzeichen sind Bewegungsunlust und Nahrungsverweigerung. Nach wenigen Tagen zeigen sich die namengebenden weissen Pünktchen der herangewachsenen Parasiten in der Haut. In der Regel sind alle Fische eines Bestands betroffen. Die wirksamste Bekämpfung erfolgt mit Malachitgrün oder Methylenblau, die aber in der Speisefischproduktion nicht mehr zulässig sind. Alternative Behandlungsversuche mit Branntkalk, Oxiper (Natriumpercarbonat) oder Chlorkalk waren bisher wenig erfolgreich, die Mittel besitzen darüber hinaus ebenfalls keine arzneimittekrechtliche Zulassung und dürfen deshalb offiziell nur zur Behandlung des Wassers, nicht aber der (Speise-)Fische (jeglicher Altersstufe) verwendet werden.
Drehkrankheit der Fische
Sie geht auf einen endoparasitischen Wurm (Myxobolus cerebralis) zurück, dessen Larven (Metacerkarien) in das Gehirn und in das Gleichgewichtsorgan eindringen und kreiselnde Bewegungsstörungen auslösen. Der Parasit benötig den Schlammröhrenwurm - Tubifex tubifex - als Zwischenwirt. Die Krankheit ist nicht behandelbar, nur vermeidbar durch eine Teichdesinfektion gegen Tubifex mit Branntkalk oder Kalkstickstoff.
Bakterielle Erkrankungen
Bakterielle Infektionen sind zurückzuführen auf mangelnde Hygiene sowie organischen Belastungen und Überbesatz. In Heimatbiotopen der Fische kommt es nur in wenigen Fällen zu einer Infektion durch Bakterien aufgrund des vorherrschenden Milieus und des nicht vorhandenen Massenauftretens der Fischpopulation auf kleinstem Raum.
Die in der Fischzucht bedeutendsten bakteriellen Erkrankungen sind die
- Furunkulose der Forellen bzw. die
- Carp Erythrodermatitis (CE) der Karpfen, beide verursacht durch das Bakterium Aeromonas salmonicida
- Sie wurde früher als "Geschwürform der infektiösen Bauchwassersucht" der Karpfen bezeichnet und galt als eine Ausprägung der Bauchwassersucht, in die auch die heutige Frühlingsvirämie (SVC = Spring Virämia of Carp) mit einbezogen war, die vom (Rhabdovirus carpio) verursacht wird.
- Rotmaulseuche, verursacht meistens durch Yersinia ruckeri.
- Fischtuberkulose, verursacht durch Mykobakterium marinium
- Flossenfäule oder Maulfäule, ausgelöst durch Aeromonas- , Pseudomonas- und Vibrio-Bakterien
Maul oder Flossenfäule
Die Weissmaulkrankheit wird auch als Maulschimmel oder Maulfäule bezeichnet. Im englischsprachigen Raum spricht man von der Baumwollkrankheit (Cotton-Wool Disease). Eine weitere Bezeichnung ist Sattelrückenkrankheit (Saddlepatch Disease). Bevorzugt befallen werden lebendgebährende Fische. Es handelt sich um eine bakterielle Krankheit, die durch das Bakterium Flavobacterium columnare ausgelöst wird. Der Fachbegriff für die Krankheit lautet entsprechend Columnaris. Wie die deutsche Krankheitsbezeichnung aussagt, bilden sich bevorzugt im Maulbereich und an den Schuppenrändern sowie den Flossen weiße Stellen die wie Schimmel aussehen. Häufig breitet sich der Befall vom Maul oder den Flossen über den ganzen Körper aus, bis die Haut von zahlreichen weißgrauen Geschwüren befallen ist. Bei starkem Befall werden die Fischlippen komplett zerstört, die Flossen zersetzen sich bis nur noch die Flossenstrahlen vorhanden sind. Unterschieden wird bei Columnarisbefall zwischen einer akuten und einer chronischen Form. Bei der chronischen Form ist der Krankheitsverlauf langsam, die weißen Stellen werden langsam größer, bevor die befallenen Fischen unbehandelt nach längerer Zeit sterben. Bei der akuten Form breiten sich die weißen Stellen sehr schnell aus und die Fische sterben innerhalb küzester Zeit.
Viruskrankheiten
Bei den Nutzfischen gibt es verschiedene Formen, die wirtspezifisch sind;
Forellen
- Virale Hämorrhagische Septikämie (VHS) und
- Infektiöse Hämatopoetische Nekrose (IHN), nach der Fischseuchenverordnung meldepflichtige Seuche, von Rhabdo-Viren verursacht.
- Infektiöse Pankreas-Nekrose (IPN), eine Krankheit der Jungfische
Karpfen
- Frühlingsvirämie der Karpfen (SVC oder spring viremia of carp, früher als Bauchwassersucht bekannt), verursacht durch ein Rhabdovirus, und
- Koi-Herpes (KHV), neuerdings auch bei normalen Karpfen bedeutsam und rechtlich als anzeigepflichtige Fischseuche geführt.
Aale
Physikalisch-Chemisch bedingte Schädigungen
Stoffwechselstörungen durch ungünstige Parameterkombinationen im Wasser:
- Kiemennekrose (KN) der Karpfen, eine Zerstörung der Kiemen durch eine Ammoniak-Selbstvergiftung in Teichwasser mit hohem pH-Wert (ca. ab pH 9,0).
- Analog dazu eine Kiemenschwellung der Forellen, die vor allem bei einer Kombination von knappen Sauerstoff mit wenig CO2 auftritt und im Anfangsstadium durch viel CO2 und/oder viel Sauerstoff verschwindet, aber ohne diese Maßnahmen, sich positiv rückkoppelnd, bis hin zu dauerhaften Nekrosen aufschaukelt. Physiologisch handelt es sich dabei um eine Alkalose, also um eine pH-Übersteigerung des Blutes, speziell im Kiemenbereich.
- Als Gegenstück dazu eine Azidose (Blutübersäuerung), die bei dauerhaft zu hohem CO2 und/oder zu hohem Sauerstoff auftritt. Die Krankheit konkretisiert sich als Nephrokalzinose (Nierenverkalkung).
Folgen einer Übersättigung des Wassers mit gelösten Gasen:
- Gasblasenkrankheit, vor allem durch die technische Wasserbehandlung (Pumpen, verrohrte Wasserführung, Belüftung) in Forellenzuchten ausgesprochen allgegenwärtige und oft verlustreiche "Technopathie".
Pilzerkrankungen
Die durch Pilze verursachten Erkrankungen nennt man Mykosen.
Mykosen treten immer als Sekundärinfektionen auf, d.h. die Pilze befallen das zuvor durch Verletzungen oder andere Krankheiten geschädigte Hautgewebe. Sehr häufig treten flächige Verpilzungen nach einer Gasblasenkrankheit aus, von der die Schuppentaschen der Fische betroffen waren. Pilzerkrankungen sind nur dann möglich, wenn die Schleimhaut des Fisches beschädigt ist und somit der "Schutzmantel" des Fisches eine Angrffsfläche für Pilze bietet. Die verbreiteste Pilzgattung bei Fischen ist Saprolegnia, der zu den Wasserschimmelpilzen gehört. Deutliches Merkmal sind im fortgesetzten Stadium wattebauschartige Wucherungen auf der Haut. Eine Nichtbehandlung führt zum Tode der Tiere. Pilzerkrankungen sind nicht infektiös wie z.B. Würmer, sondern nutzen die Schwächung des Fisches zur Ausbreitung am Fischkörper.
Pilzabtötende, frei verkäufliche, Medikamente enthalten zum Teil Kupfer oder Kupfersulfat bzw. Kupferchlorid als wirksame Bestandteile. Diese Stoffe sind für Wirbellose wie Schnecken, Krebse oder Garnelen, selbst in geringen Dosen, tödlich. Gleiches gilt für eine große Bandbreite an Welsen oder Welsähnliche. Andere Arten vertragen hier mehr. Jodfreie Salztherapien sind in ihrer Wirkung bedeutend moderater und für Fische wesentlich besser verträglich, sofern es sich "nur" um eine Pilzerkrankung handelt. Veränderungen der Salinität sind allerdings auch für Fische ab einer bestimmten Konzentration und der damit verbundenen pH-Wert Anhebung ebenfalls nur bis zu einem gewissen Grad verträglich. Hier hilft im Zweifel der Tierarzt weiter.
Ernährungsschäden
Ernährungsschäden wie Wirbelsäulenverkrümmungen, eingefallene Bäuche, blasse Farben, Apathie und Anfälligkeit für Krankheiten sind die häufigsten Resultate, die aus falscher Ernährung resultieren. Nicht alle Fische sind Omnivor (Allesfresser), Herbivor (Pflanzenfresser), oder Carnivor (Fleichfresser), sondern je nach Art, durchaus sehr spezialisiert in ihrer Ernährung. Wird auf die speziellen Belange der Ernährung nicht die notwendige Rücksicht genommen, kommt es auf lange Sicht zu Mangelerscheinungen, die dann den Fisch schwächen und so empfänglich für weitere Erkrankungen machen.
- Nahrungsverweigerung (Anorexie)
eine Nahrungsverweigerung bei Fischen ist nicht krankheitsbedingt. Anorexie steht immer in direkten Zusammenhang zu den Lebensbedingungen. Eine Verschlechterung der allgemeinen Wasserparameter (Sauerstoff, Ammonium/Ammoniak, Nitrit, pH) ist häufigste Ursache.
Ernährungsfehler sind Ursache für folgende Erscheinungen:
- Laichdegeneration und -verhalten
- Lipoide Leberdegneration
Entsteht durch einseitiges oder Überfüttern minderwertigen Futters, welches dann zu einer Leberschädigung führt. Häufigste und unerkannte Ursache für Fischsterben im aquaristischen Bereich.
- Magen- Darmentzündung
- Mangelerkrankung / Fehlen an Eiweiss oder Vitaminen
- Nephrocalcinose
Es handelt sich um eine Calziumablagerung im Nierengewebe. Entsteht entweder durch eine bereits geschädigte Niere, oder durch einen gestörten Claziumstoffwechsel. Hieraus entwickelt sich oft ein Nierenversagen beim Fisch.
- Steatosis (Verfettung)
Erbschäden
Erbschäden die sich als Deformation oder Farbverlust bei Fischen zeigen sind entweder ernährungs- oder erblich bedingt. Speziell bei Zuchtformen (Goldfische, Schleierschwänze, Guppys usw.) treten häufig Erbschäden auf. Verpaarungen von Geschwistern oder Elterntieren mit den Nachkommen führt zwangsläufig zu Erbschäden. Dies lässt sich nur vermeiden, wenn Elterntiere aus verschiedenen Zuchtlinien verwendet werden. Erblich bedingte Schäden können auch bei optimalen Haltungsbedingungen nicht mehr korrigiert werden und vererben sich auf die nächste Generation weiter.
Vorbeugung
Grundsätzlich ist auf ein, je nach Art, entsprechendes Wassermilieu zu achten. Das Beachten der Wasserhygiene ist immer noch der wichtigste Faktor zum Schutz vor einem Ausbrechen diverser Fischkrankheiten. Vor einem Einbringen in Altbestände ist eine Quarantäne angeraten. Unter Quarantänebedingungen sind mögliche Infektionen besser zu behandeln und der Fisch genauer zu beobachten. Bei Nutzfischhaltung ist eine Quarantäne unabdingbar, da bei einem Ausbruch einer Krankheit auch gesetzliche Grundlagen eine Rolle spielen wie z.B. das Tierseuchengesetz.
Bei einer Auswahl an neuen Zierfischen für das heimische Aquarium, sollte man die Tiere beim Händler einige Zeit beobachten. Die Fische sollen sich agil bewegen und keine Anzeichen von Trägheit oder Apathie zeigen sowie gut ans Futter gehen. Auch sollte die Färbung kräftig erscheinen und natürlich keine der oben genannten Symptome erkennbar sein. Verantwortungsvolle Händler verfügen ebenso über eine Quarantäneanlage in denen kranke Fische gesondert behandelt werden.
Bei manchen Erkrankungen, etwa der Weißpünktchenkrankheit, ist es ratsam, die Tiere im angestammten Becken zu belassen und dieses mit spezieller Medizin zu behandeln. Es empfiehlt sich außerdem, die Wassertemperatur für einige Tage um mehrere Grad zu erhöhen und für gute Durchlüftung zu sorgen, da dies den Lebenszyklus des Parasiten verkürzt und die Wirkung des Heilmittels fördert.
Mögliche Gefahren für den Menschen
Da man innerhalb der Fischpflege natürlich immer wieder mit Wasser in Berührung kommen kann, ist eine Übertragung verschiedener Erreger auf den Menschen durchaus möglich, jedoch meist unwahrscheinlich. Krankheiten, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden können, nennt man Zoonose. Mit Ausnahme einer einzigen Wurmerkrankung ist z.B. noch die Fischtuberkulose auf den Menschen übertragbar. Diese Infektionen verursachen beim Menschen das sogenannte Schwimmbad- oder Aquariengranulom.
Literatur
- Bassleer, G : Bildatlas der Fischkrankheiten im Süßwasseraquarium - Naturbuch Verlag, Augsburg, 1996 ISBN 3-7888-0372-X
- Wilhelm Schäperclaus, Hugo Kulow, Kurt Schreckenbach:Lehrbuch der Fischkrankheiten 5.Auflage Akademie-Verlag 1990 ISBN 3-055-00190-7
- Reichenbach-Klinke, Heinz-Hermann: Krankheiten und Schädigungen der Fische - 2., völlig neubearb. Aufl.. - Stuttgart : Fischer, 1980 ISBN 3-437-30300-7
- Amlacher, Erwin: Taschenbuch der Fischkrankheiten : Grundlagen der Fischpathologie; mit 19 Tab. 6., überarb. Aufl. Jena;Stuttgart : Fischer, 1992 ISBN 3-334-00350-7
- Gesundheit für Zierfische. ISBN 3-540-55535-8
- Gesunde Fische. Aquarium Live, 03/2006