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Alte Maße und Gewichte (römische Antike)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das römische Maßsystem, das zu Teilen auf den älteren griechischen und ägyptischen Systemen basiert, galt im ganzen römischen Imperium und wirkt in vielen späteren Einheiten fort, z.B. noch heute in einigen englischen.

Längenmaße

Römische Flächenmaße
 
 Fuß
digitus     Fingerbreit    =    ¼    palmus    =    18, 525   mm  
  16-1
palmus     Handbreit    =    ¼    pes    =    74, 1   mm  
  4-1
pes     Fuß    =    4/7   Nippur-Elle    =    296, 4   mm  
1
cubitus     Elle    =      pes    =    44, 46   cm  
  1½
gradus     Einzelschritt    =      pes    =    0, 741    
  2½
passus     Doppelschritt    =      gradi    =    1, 482    
5
pertica     Rute    =      passus    =    2, 964    
10
actus     Arpent    =    12    perticae    =    35, 568    
120
stadium     Stadion    =    1/8    mille passus    =    185, 25    
625
mille passus     Meile    =    1000    passus    =    1, 482   km  
5000
leuga     Leuge    =      milia passuum    =    2, 223   km  
7500

Man beachte, dass der Plural der römischen Meile korrekt milia passuum lautet. Alternativ kann die Meile auch mit "Meilenstein", milliarium (Plural milliaria) bezeichnet werden.
Statistisch ist der römischen Fuß 296,2 ±0,5 mm. Der 7-glatte Wert der Nippur-Elle ist genau 518,616 Millimeter; daher ein römischer Fuß von 296,352 mm, also rund 29,64 cm.
In der römischen Antike wurde der Fuß nicht durch zwölf, d.h. in Zoll geteilt, sondern praktisch ausschließlich in digiti, ein sechzehntel Fuß.

Flächenmaße

Römische Flächenmaße
 
 Acker
pes quadratus Quadratfuß   =  
 1
Quadratfuß   =   878
 cm²
 
  14400-1
scripulum Quadratrute   =  
100 
Quadratfuß   =   8,78
  m²
 
  144-1
actus minimus Ulne Furchen*   =  
1/30 
Acker   =   42
  m²
 
  30-1
clima Stück   =  
1/4 
Acker   =   316
  m²
 
  4-1
actus quadratus    Acker   =  
 1
Quadratarpent    =   1 265
  m²
 
1
iugerum Joch   =  
 2
Acker   =   2 529
  m²
 
2
heredium Morgen   =  
 2
Joch   =   5 059
  m²
 
4
centuria Großhufe   =  
100 
Morgen   =   50,59
 ha
 
400
saltus Quadruplex   =  
 4
Großhufe   =   2,023
 km²
 
1600 

 *  Gleich Breite: 4 Fuß, mal eine Ackerlänge.

Der Acker ist das Quadratarpent (1 Arpent = 12 Zehn-Fuß-Ruten). Das entspricht 14 400 Quadratfuß oder 144 Quadratruten, also etwa einem Achtel Hektar.

Volumen

Flüssigmaße

Römische Flüssigmaße
 
  Sester
ligula Löffelvoll   =  
1/4 
Dose   =   11  ml  
  48-1
cyathus Dose   =  
1/2 
Sechstelsester   =   45  ml  
  12-1
sextans Sechstelsester     =  
1/6 
Sester   =   90  ml  
  6-1
triens Drittelsester   =  
1/3 
Sester   =   181  ml  
  3-1
hemina Hemine   =  
1/2 
Sester   =   271  ml  
  2-1
cheonix Cheonix   =  
 2
Drittelsester   =   361  ml  
 ⅔
sextarius   Sester   =  
1/6 
Kanne   =   542  ml  
1
congius Kanne   =  
1/4 
Urne   =   3,253   l  
6
urna Urne   =  
1/2 
Amphore   =   13,013   l  
24
amphora Amphore   =  
 1
Kubikfuß   =   26,027   l  
48
culleus Schlauch   =  
20 
Amphoren   =   520,539   l  
960

Die Amphore („amphora quadrantal“) entspricht dem Kubikfuß. Die Kanne ist zwei Handbreit im Kubik, sie enthält genau sechs Sestern. Daher ihr Name: Sester, ein sechstel Congius.

Getreidemaße

Römische Getreidemaße
 
  Metze
acetabulum   Schöpflöffel   =  
1/2 
Viertelsester     =   68  ml  
  128-1
quartarius Viertelsester   =  
1/2 
Hemine   =   136  ml  
  64-1
hemina Hemine   =  
1/2 
Sester   =   271  ml  
  32-1
sextarius Sester   =  
1/8 
Gallone   =   542  ml  
  16-1
semodius Gallone*   =  
1/2 
Metze   =   4,338   l  
  2-1
modius Metze   =  
1/3 
Scheffel   =   8,676   l  
1
quadrantal Scheffel   =  
 1
Kubikfuß   =   26,027   l  
3

* wörtlich:  halbe Metze

Der römische Scheffel misst einen Kubikfuß; wie die Amphore fast 26,027 Liter. Der Drittelscheffel ist die römische Metze, das „Maß“.
Die besonders in Ägypten für Getreide verwendete Artabe entsprach wohl 4½ römischen Metzen, d.h. 1½ römischen Kubikfuß, ca. 39 l.

Gewichte

Die folgende Tabelle bezieht sich auf einen arbiträren, sieben-glatten Wert zu genau 47,04000 Milligramm für das römische Gerstenkorn:

Römische Gewichte
  7-glatter Wert
 
Gran
Chalkus
Obulus
Drachme
Unze
Pfund  
Mina  
granum Gran   =   1/3  Chalkus   =   47,04000  mg   1   12-1   72-1   576-1 6912-1 9216-1
chalcus Chalkus   =   1/8  Obolus   =   70,56000  mg       1   8-1   48-1   384-1 4608-1 6144-1
siliqua Siliqua   =   1/3  Obolus   =   188,16000  mg   4    2⅔   3-1   18-1   144-1 1728-1 2304-1
obolus Obolus   =   1/2  Skrupel   =   564,48000  mg   12 8 1   6-1   48-1 576-1 768-1
scrupulum   Skrupel   =   1/3  Drachme   =   1,12896  g   24 16 2   3-1   24-1 288-1 384-1
drachma Drachme    =   1/2  Schelkel   =   3,38688  g   72 48 6 1   8-1 96-1 128-1
sicilicus Schekel   =   Drachmen   =   6,77376  g   144 96 12 2   4-1 48-1 64-1
uncia Unze   =   Schekel   =   27,09504  g   576 384 48 8 1 12-1 16-1
libra Pfund   =   12  Unzen   =   325,14048  g   6912 4608 576 96 12 1 3/4
mina Mine   =   16  Unzen   =   433,52064  g   9216 6144 768 128 16 4/3 1

Das Gewicht der Libra

Schon seit der Renaissance bis in die Gegenwart wurden unzählige Versuche unternommen den historischen Wert der römischen Libra genauer zu bestimmen.

Die schwere Libra

Schon der „Altvordere“ der neueren historischen Metrologie, der Arzt und Apotheker Georgius Agricola erging sich Mitte des 16. Jahrhunderts in manigfaltigen Spekulationen über mit Wasser, Wein, Öl oder Honig gefüllte „Libralhörner“ und kam dabei  – laut Harald Witthöft –  auf ein römisches Pfund, das praktisch dem Böckhschen entspricht. Im Jahr 1838 schlug eben August Böckh vor, dass das römische Pfund 6165 französischen Grän entspricht. Das ergibt einen Wert von (1/18.82715) × 6165 gleich ca. 327,453 g. Dieser Wert wurde im Jahr 1856 von Theodor Mommsen in seinem Ersten Buch zur Römischen Geschichte übernommen und gilt seither als quasi-unumstößlicher Standardwert für das römische Pfund.

Heute werden so komplizierte Betrachtungen wie „mit Honig gefüllte Libralhörner“ freilich zu Recht abgelehnt. Dennoch läuft die Hypothesis der schweren Libra letztlich auf die Existenz eines  – nicht ganz ausgeschlossenen, eben 1024 Tausendstel römische Fuß betragenden –  „griechisch-römischen Gewichtsfußes“ hinaus.  Da folgendes gilt:

                          Dies ist ein hervorragend exakter römischer Fuß.

Belegbar tritt aber ein solches, 128/125 römische Fuß betragendes Maß erst im 19. Jahrhundert als amerikanischer Typographenfuß in Erscheinung.

Die leichte Libra

Im Jahr 1920 behauptete Edouard Naville eine sehr viel geringere römische Libra von nur 322,56 Gramm, wobei er von einem Solidus (= 1/72 Libra) von genau 4,48 Gramm ausging. Allerdings impliziert dieser Wert, die Griechen hätten das ägyptisch-römische Talent von recht genau 26 Kilogramm zuerst durch 63 geteilt, um dann erst über 16/12 zu ihrer eigenen Mine zu kommen. Ein höchst umständlicher, sehr unwahrscheinlicher Weg. Ein so niedriger Wert für die römische Libra wird auch sonst durch weiter nichts gestützt. Deshalb wird heute eine so leichte römische Libra auch von niemandem mehr vertreten.

Die mittlere Libra

Dennoch sind sich die zeitgenössischen, historischen Metrologen weitgehend darin einig, dass der Böckhsche Wert wohl zu hoch ist. Schon Grierson schrieb 1960:
„Die meisten Nachschlagewerke unterstellen [weiterhin] die Richtigkeit des Wertes 327,45 Gramm für das römische Pfund. Dazu sind die Gelehrten gewöhnlich aus Bequemlichkeitsgründen bereit, obwohl sie gleichzeitig zugeben, dass dieser Wert wahrscheinlich zu hoch ist.“

Auch der 1963 in Ungarn gefundene Schatz von Szikáncs, der fast 1500 aus der Spätantike stammende, römische Solidi beinhaltet, stützt einen geringeren Wert als ca. 327½ Gramm.

Alle Werte für das zwischen etwa 323,2 und 326,4 Gramm, also etwa 324,8 ± 1,6 Gramm können als mittlere römische Libra bezeichnet werden.

Bereits 1690 vertrat François Le Blanc einen solchen mittleren Wert. Auch Soetbeer, 1858 und Guilhiermoz, 1906 kamen zum selben Ergebnis. Alle drei gingen dabei allerdings von dem  – ihrer Meinung nach wohl idealen –  Wert von genau 6144 französischen Grain aus, also von 6144 × (1/18,82715) gleich ca. 326,337 Gramm. In den letzten Jahrzehnten wurden vor allem drei weitere mittlere Werte vertreten: Genau 324 Gramm von Crawford (1974) mit dem expliziten Hinweis auf die gute Teilbarkeit dieser Zahl. Jüngst, in 2004, hat der belgische Münzhändler Elsen in einer wohldokumentierten Arbeit den Wert 326 Gramm vorgeschlagen. Bereits 1973 hatte Wolfgang Hahn den Wert 325 Gramm berechnet.

Der letztere, Hahnsche Wert erscheint angemessen, weil dieser Wert den Weg der einfachsten, vernünftigen Herleitung der griechischen Mine beschreitet. Die Griechen haben demnach das ägyptisch-römische Talent zu recht genau 26 Kilogramm einfach durch 60 geteilt, um zu ihrer Mine zu kommen. Die römische Libra ist bekanntlich 12/16 der griechischen Mine.
Oder anders herum:  Aus dem Hahnschen Wert zu 325 Gramm ergibt sich:
                    Auch dies ist zweifelsohne ein sehr guter römischer Fuß.

Die griechische Mine steht demnach zum Karlspfund im Verhältnis 60 : 64 bzw. 15 : 16; so wie die römische Libra mit dem Karlspfund die einfache Ratio 125 : 100 bzw. 5 : 4 unterhält.

Die obige Tabelle übernimmt prinzipiell den Hahnschen Wert. Da sich aber aus dem die Primzahl 13 enthaltenden, dezimal gerundeten Wert 325 g ein rechnerisches römisches Gran zu genau 47,01967592 Gramm ergibt, wurde der vereinfachte, 7-glatte Wert zu genau 47,04 mg für das römische Korngewicht bevorzugt. Wobei der eigentliche Hahnsche Wert nur 0,0432% unter dem sieben-glatten liegt. Sieben-glatte Werte behaupten allerdings nicht, die römischen Metrologen hätten ihr Korngewicht auf ein Hundertstel Milligramm genau bestimmt, noch, dass die moderne historische Metrologie heute diesen Wert mit derselben Präzision feststellen könnte. Sieben-glatte Werte stellen nur eine praktische  – aber auch klar innerhalb des für das jeweilige Maß ermittelten Variationskoeffizienten liegende –  Over-all-Rundung aller, auch der abgeleiteten Maße dar.

Griechische vs. römische Drachme

Die griechische Drachme ist der 100. Teil der Mina; die römische der 96. Teil der Libra. So beträgt die Ratio zwischen römischer und griechischer Drachme genau 32 : 25.

Die Vielfachen der Unze

Alle einfachen Vielfache der römischen Unze haben eigene Namen.

1 Unze:  uncia
2 Unzen:  sextans   =   1/6 as
3 Unzen:  quadrans   =   1/4 as
4 Unzen:  trians   =   1/3 as
5 Unzen:  quincunx
6 Unzen:  semis   =   1/2 as
7 Unzen:  septunx
8 Unzen:  bes   =   2/3 as
9 Unzen:  dodrans   =   3/4 as
10 Unzen:  dextans   =   5/6 as
11 Unzen:  deunx
12 Unzen:  as   =   1 libra

Eineinhalb Unzen wurde bei den Römern sescuncia genannt.

Literatur

  • O.A.W.Dilke:Mathematik, Maße und Gewichte in der Antike. Stuttgart 1991.
  • Friedrich Hultsch: Griechische und römische Metrologie. (2. Auflage) Berlin 1882.