Worms-Ibersheim

Ibersheim [Aussprache Worms in Rheinland-Pfalz.
, im Dialekt ] ist ein Stadtteil von
1. Geografie
Ibersheim grenzt an die Gemarkungen Worms-Rheindürkheim, Osthofen, Eich (Rheinhessen) und Hamm am Rhein. Im Osten bildet der Rhein auf ca. 5 km eine natürliche Grenze. Das Gebiet befindet sich in einem ehemaligen Überschwemmungsgebiet des Rheines innerhalb der oberrheinischen Tiefebene. Mit einer Gemarkungsfläche von 972,1 ha ist Ibersheim der fünftgrößte von 13 Wormser Stadtteilen oder hat 8,9 % der städtischen Gesamtfläche. Der niedrigste Punkt von Worms liegt bei 86,5 m auf dem Ibersheimer Wert (Wörth). Mit Hoch- und Niedrigwasser muss in dem dortigen Teil des Landschaftsschutzgebietes Rheinhessisches Rheinland gerechnet werden. Als Naturdenkmal gilt seit 1966 das Ibersheimer Wäldchen. Weitere schützenswerte Gebiete mit Vegetation für stehende Gewässer und Vogelschutz sind noch vorhanden.
Die geografische Lage ist bei 49 Grad 43 Min. nördlicher Breite und 8 Grad 24 Min. östlicher Länge.
Die Gemarkung ist durch die Rheinaue und Rheinaltläufe geprägt. Die Ackerböden sind von unterschiedlicher Güte. Das Grundwasser ist gut und reichlich vorhanden (Wasserschutzgebiet III B), jedoch schwankt der Wasserstand. Die Stadt Mainz holt ihr Wasser mit einem eigenen Wasserwerk aus diesem Gebiet bei Eich. Das Ibersheimer und Hammer Wasser kommt seit 1960 aus dem Wasserwerk Eich an der Ibersheimer Straße. Die Abwasser gehen seit 1984 zur Kläranlage nach Worms. Am 1. Juli 2005 wurde eine neue Transportleitung zwischen dem Wasserwerk Osthofen und Eich eingeweiht und damit auch Ibersheim mit Wasser niedriger Härte versorgt.
Der Ort liegt, wie der Großteil Rheinhessens, in einer der trockensten Zonen Deutschlands. Von Juli bis September muss mit Schwüle bei Windstille gerechnet werden. Die Jahresniederschläge betragen meistens unter 500 mm. Die Landwirtschaft ist auf künstliche Bewässerung aus mehr als 70 Brunnen angewiesen.
3. Politik
Seit der Kommunalreform von Rheinland-Pfalz 1969 gehört die ehemals selbständige Gemeinde Ibersheim zur Stadt Worms. Sie ist damit der nördlichste und mit Abstand kleinste Vorort geworden. 1986 waren dort 542 Einwohner, 2005 692 oder 0,8 % der gesamten Einwohnerzahl.
Ibersheim liegt auch im äußersten Norden der 2005 gegründeten europäischen Metropolregion Rhein-Neckar.
3.1 Ortsvorstände
Bürgermeister seit der eigenen Gemeindeverwaltung 1822
1822-oooo ::: Johann Forrer
oooo-oooo ::: Rudolf Forrer
oooo-oooo ::: Rudolf Forrer III.
oooo-oooo ::: Rudolf Laisé
oooo-oooo ::: Abraham Hiestand
1874-oooo ::: Abraham Stauffer
oooo-oooo ::: Jakob Forrer
1896-oooo ::: Rudolf Heinrich Forrer
1905-1925 ::: Heinrich Jakob Forrer
1925-oooo ::: Jakob Rudolf Forrer
1933-oooo ::: Johann Heinrich Schäfer II.
oooo-1945 ::: Heinrich Käge
1946-1949 ::: Johann Heinrich Schäfer I.
1949-1954 ::: Rudolf Knies
1954-1969 ::: Otto Feldmann
Ortsvorsteher seit der Eingemeindung zur Stadt Worms 1969
1969-1974 ::: Karl Maier (SPD)
1974-1989 ::: Rudolf Forrer (FWG)
1989-1990 ::: Richard Brehm (SPD)
1990-1997 ::: Richard Sobottka (SPD)
1997-oooo ::: Karin Sobottka (parteilos)
3.2 Ortswappen und Ortsflagge
Das Ibersheimer Wappen, von Fritz Kehr entworfen, wurde am 24.07.1958 vom Ministerium genehmigt. In einem viergeteilten Schild sind die Wappen von zwei kirchlichen und zwei weltlichen Würdenträger, die in Ibersheim lange begütert waren, angeordnet worden:
oben: Kloster Lorsch mit rotem Nagelkreuz, Kurpfalz mit goldenem Löwen
unten: Grafschaft Leiningen mit silbernem Adler, Deutscher Orden mit schwarzem Tatzenkreuz
Zur 1225-Jahr-Feier 1992 wurde eine Ortsfahne gestaltet und genehmigt. Eine gespaltene bzw. geteilte Bannerfahne in den Farben weiss-rot trägt das Ortswappen. Die Fahnenfarben sind die gleichen wie die von Worms und Rheinhessen bzw. Hessen.
2. Geschichte
Die erste Besiedlung durch Franken ist mit einem kleinen Gräberfeld in der heutigen Adolf-Trieb-Straße ab ca. 500 n. Chr. belegt. Am 10. Februar 767 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Lorsch. Damit ist Ibersheim der viertälteste Vorort des uralten Worms, nach Pfeddersheim, Horchheim und Heppenheim. Insgesamt schenkten 27 Personen in 27 Urkunden dem Benediktiner-Kloster.
Ab ca. 1020 kam Ibersheim als Stifts- oder Fronhof an das 1002 gegründete St. Paulsstift zu Worms. Auch der Minnesänger Friedrich von Hausen (ca. 1150 - 1190) hatte Besitz in Ibersheim. Der Deutsche Orden mit seiner Ballei in Koblenz am Deutschen Eck unterhielt eine Kommende (kleinste Einheit der Ordensverwaltung) von 1261 bis 1465 mit beträchtlichem Viehbestand. 1270 wird eine Kirche erstmals erwähnt. Das St. Paulsstift gestattete 1417 dem Pfalzgrafen Ludwig III. ein Schloß (kurfürstliches Amtshaus) zu bauen. Nach Umbauten ist dies heute im Wesentlichen noch erhalten. Von 1285 bis 1468 hatten die Leininger Grafen Besitz und von 1513 bis 1522 die Grafen von Sickingen. Weistümer des Hubgerichts von Ibersheim von 1358 und 1486 sind noch im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt vorhanden. 1604 tauschte das St. Paulsstift seinen letzten Besitz ein.
Mit der anderen Rheinseite gab es im Laufe der Jahrhunderte vielfältige Kontakte. Dort war ein Teil der Ibersheimer Gemarkung: 40 Morgen verkaufte der Deutsche Orden bereits 1463 an Nordheimer Bürger. 130 Morgen Wiesen und sumpfige Lachen waren "Am Herrenfeld" (Stromkilometer 456,5) und 187 Morgen "Am kleinen Rosengarten" (bei km 460). Der Dechant der Burg Stein war maßgeblich am Ibersheimer Weistum von 1486 beteiligt. In kriegerischen bzw. unruhigen Zeiten kam es vor, dass auf dem Hauptverkehrsweg Rhein zusätzlich "Zölle" abkassiert wurden. Auch die Steiner und Ibersheimer sollen sich gemeinsam daran beteiligt haben. In Ibersheim in der Nähe des Schlosses sind heute noch Fundamentreste eines ehemaligen Wach- und Flaggenturms erhalten, von dem aus über die Baumwipfel Signale zur anderen Rheinseite (2 km) gegeben wurden. Die Burg Stein ist bei einer Erdölbohrung (Wattenheim 6) 1957 zufällig wieder entdeckt worden.
Neuzeit
Nach dem 30-jährigen Krieg hat der pfälzische Kurfürst Karl-Ludwig, Mennoniten aus der Schweiz, die Niederlassung ermöglicht. Deren Ansiedlung ist seit mindestens 1661 belegt. (Zu dieser Zeit hatte Worms wegen der langen Kriegszeit nur 3000 Einwohner gehabt.) Die Mitglieder dieser Religionsgemeinschaft (Evang. Freikirche) haben sich mit großem Erfolg auf die Landwirtschaft spezialisiert. Die Realerbteilung, wie sonst hier allgemein üblich, wurde nicht vorgenommen, sodass Ibersheim heute große Dreiecks- bzw. Viereckshöfe vorweisen kann.
Das 'Ammeheisje', heute Heimatmuseum, wurde 1788 errichtet. Hohe Abgaben mussten in den französischen Revolutionskriegen 1792 - 1801 erbracht werden. Bis dahin gehörte Ibersheim ganz zur Kurpfalz und wurde vom Heidelberger und später Mannheimer Schloß aus verwaltet.
1903 ist die ländliche Genossenschaft gegründet worden. Seit 7. März 1936 existiert offiziell die Freiwillige Feuerwehr. Eine Pflichtfeuerwehr bestand bereits seit 1928 mit dem Kommandanten Ernst Forrer. 1937/38 errichete man ein Reichsarbeitsdienstlager (RAD). Am 21. März 1945, 12 Uhr war der Zweite Weltkrieg für Ibersheim, durch den Einmarsch der Amerikaner, zu Ende. Unmittelbar danach überquerte ein Teil der 7. US-Armee, die 45. Division mit den Infanterie-Regimentern 179 und 180 über mehrere Pontonbrücken den Rhein. Innerhalb von drei Tagen erlebte Ibersheim die größte Heerschau aller Zeiten. Dieser Krieg forderte von dem kleinen Ort 22 Gefallene oder Vermisste und hinterließ viele Witwen und Waisen.
1946 wurde eine SPD-Ortsgruppe gründet, 1953 der Sport-Club (SCI) und 1988 eine Gruppe der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Ein Bauernverein ist vorhanden. In den 1970er bis 1990er Jahren konnten viele Ortswettbewerbe gewonnen werden.
Verschiedene christliche Glaubensrichtungen beeinflussten das dörfliche Leben im Laufe der Jahrhunderte:
ab 8. Jahrh.::katholische Kirche bis zur Reformation
ab 1556::::::::lutherisch-reformierte Kirche (Kurfürst Ottheinrich)
ab ca. 1640:::reformierte Niederländer und andere Glaubensflüchtlinge
ab 1661::::::::mennonitische schweizer Glaubensflüchtlinge
ab 1900::::::::evangelische Kirche (überwiegender Bevölkerungsanteil)
Verteilung der Religionszugehörigkeiten:
Jahr::::::::::::Evangelisch::Katholisch::Mennonitisch :Jüdisch :Freiprotest.::gesamt
1816:::::::::::108 :::::::::::: 33 :::::::::::::211 ::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::352
1824:::::::::::116 :::::::::::: 32 :::::::::::::208 ::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::356
1834:::::::::::::92::::::::::::: 57 :::::::::::::206 ::::::::::::::::60:::::::::::::::::::::::::::415
1900:::::::::::134 :::::::::::: 25 :::::::::::::102 ::::::::::::::::::::::::::::2:::::::::::::::::263
1910:::::::::::164 :::::::::::: 13 :::::::::::::::78 ::::::::::::::::::::::::::::3:::::::::::::::::258
4. Kultur und Sehenswürdigkeiten
Kirchweih ist an Maria Himmelfahrt (15. August) oder am darauf folgenden Wochenende. Die Stadt bietet ein vielfältiges und überregionales Angebot.
Die Ibersheimer Evangelische Kirchengemeinde ist mit Hamm zusammengeschlossen. Zur hiesigen Mennonitengemeinde, mit eigener Kirche von 1836, gehören noch einige Orte der Umgebung. Die Katholiken werden von der Eicher Gemeinde betreut.
1958/59 wurde die neue Schule mit Kindergarten und Übungsraum für den Sportclub errichtet. Ab 1971 werden die Schüler mit dem Schulbus nach Eich gefahren. Dort ist die Grundschule. Weiterführende Schulen sind in Eich, Osthofen und Worms.
Die Ortsfahne ist weiß-rot geteilt und enthält das Ortswappen der vier Grundherren Kloster Lorsch, Kurpfalz, Grafschaft Leiningen und Deutscher Orden.
Freundschaftliche Beziehungen gibt es seit den 1980er Jahren zu dem französischen Ort Chemellier, südl. Angers in der Nähe der Loire.
Bauwerke
- Alte Ortsbefestigung mit ursprünglich zwei Toren und einer Pforte
- Schloß mit "Baugenehmigung" von 1417
- Mennonitenkirche von 1836, die einzige Mennonitenkirche in Deutschland mit einem Glockenturm
- Heimatmuseum "Ammeheisje" von 1788 mit dem "Geldschisser" und einer Deichschleuse
- Schafscheuern (vor 1835) mit Feuerwehrhalle
- Friedhofshalle (1973-75) mit Totentanz-Gemälde
- Ortstypische stattliche Hofanlagen im alten Ortskern und an der Rheindürkheimer Str. (um 1830-40)
5. Wirtschaft und Infrastruktur
In der Landwirtschaft gab es um 1900 noch ca. 10 Vollerwerbsbetriebe mit zum Teil sehr großen Anbauflächen bis ca. 80 ha. Ein Drittel liegt im Überflutungsbereich.
Die Bevölkerung hat überwiegend Eigenheime und pendelt zur Arbeit in die nahen Städte.
Der Reisezugverkehr, bestehend seit 1900, wurde 1969 durch Busse nach Worms und Guntersblum ersetzt.
Eine ländliche Genossenschaft sorgt, wie seit 100 Jahren, für den Geld- und Warenverkehr.
Der Rhein kann in Gernsheim mit einer Fähre und in Worms über die Straßen-Brücke überquert werden.
Die Poststelle wurde 1994 geschlossen.
6. Persönlichkeiten
- Adeltrud, geb. um 730, schenkte viermal Ibersheimer Güter dem Kloster Lorsch
- Werinhere, geb. um 760/65, ermordet 814, Schwiegersohn von Adeltrut, schenkte als erster in Rheindürkheim
- Eburin bzw. Iburin, schenkte zweimal dem Kloster und ist der Namensgeber von Ibersheim
- Friedrich von Hausen, um 1150-06.05.1190 3. Kreuzzug, Minnesänger, hatte Besitz in Ibersheim
- Henricius von Mauderich, Edelmann und "Raubritter" aus dem Gelderland (Niederland), ca. 1640-1661 in Ibersheim
- Bertha Laisé, 27.09.1854 Ibersheim-22.03.1962 Weinheim, Ehefrau des Arztes und Dichters Adam Karrillon
- Adolf Trieb, 27.05.1874 Landstuhl-04.12.1950 Eppelsheim, Lehrer in Ibersheim 1902-03, Verfasser der Ortsgeschichte
- Johann Heinrich Schäfer II., 01.12.1909-08.06.1976 Ibersheim, Landwirt und Politiker für Ibersheim und die Region
- Fritz Kehr, 21.04.1908-10.09.1985 Ibersheim, Holzbildhauer, Landwirt und Jäger, regionaler Kulturschaffender
- Otto Feldmann, 1905-1979 Ibersheim, Landwirt und Händler, 16 Jahre Ortsbürgermeister in der Wiederaufbauphase
7. Quellen (Auswahl)
- Lorscher Kodex, Folio 78' - Urkunde 859
- Lorscher Kodex, Folio 110' - Urkunden 1404,1478,1402
- Lorscher Kodex, Folio 114 - Urkunden 1482,1485,1403,1483,1489,1486,1484,1480,1479,1490,1481,1488,1487
- Lorscher Kodex, Folio 114' - Urkunden 1496,1494,1493,1500,1491,1495,1497,1499,1498,1492
- Edmund Ritscher, Familien- und Heimatforscher, Worms-Ibersheim/Mannheim - verschiedene Veröffentlichungen
- Gerhard Ritscher, Dipl.-Ing., Stadt- und Regionalplaner, Stadtrat, Worms-Ibersheim/Dresden
- Stadtverwaltung Worms, Stadtplanungsamt - Ortsentwicklung und Ortserneuerung in Worms-Ibersheim, Erläuterungsbericht, Sept. 1987
8. Literatur (Auswahl)
- Adolf Trieb, Geschichte des Dorfes Ibersheim, "Luginsland" (Beilage Wormser Zeitung) 06. und 20.02.1904
- Adolf Trieb, Ibersheim am Rhein, Geschichte des Ortes, mit bes. Berücksichtigung der Mennonitengemeinde, Worms/Eppelsheim, 1911, 155 S.
- Adolf Trieb, Ibersheim als Wohnsitz von Niederländern, "Vom Rhein" (Wormser Altertumsverein), 11. Jahrgang, April und Mai 1912
- Adolf Trieb (in der Arbeitsgemeinschaft für Geschichte), Aus der Geschichte der Stadt Worms, Worms, 1932
- Edmund Kunz, Sportclub Ibersheim 1953, Jubiläumsschrift für die Festwoche 3. - 9. Juni 1963, 107 Seiten
- Walter Ellenberger, Mennonitengemeinde Ibersheim, 325 Jahre Mennonitengemeinde 1661-1986, 150 Jahre Mennonitenkirche 1836-1986, 69 S.
- Johanna Peik, Kindergarten Worms-Ibersheim, 50 Jahre Kindergarten, 11. Juni 1989, 35 Seiten
- Irene Spille, Worms-Ibersheim, Köln 1. Auflage 1994, ISBN 3-88094-758-9, 19 Seiten (reich bebildert)