Zum Inhalt springen

Bolesław Bierut

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. November 2004 um 15:36 Uhr durch Alexvonf (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Bolesław Bierut (* am 18. April 1892 in Rury Brigidkowskie bei Lublin, † am 12. März 1956 in Moskau), war ein kommunistischer polnischer Politiker in der ersten Hälte des 20. Jahrhunderts.

Leben

Bierut wurde als Sohn eines Dorflehrers geboren und trat schon als Zwanzigjähriger in die weit nach links orientierte Partei "PPS-Lewica" ein, die sich später zur polnischen KP entwickelte. Schon 1927 wurde er Mitglied des Zentralkomitee s der Kommunistischen Partei Polens. In der Zwischenzeit übte er mehrere Funktionen im linksgerichteten Konsumverein aus und verweilte 1925 - 1926 und 1928 - 1930 in Moskau, wo der die Partei-Hochschule besuchte. In den Jahren 1930 - 1932 war er als Funktionär der Kommunistischen Internationale in Bulgarien, der Tschechoslowakei und Österreich tätig. Im Jahre 1933 wurde er von polnischen Gerichten zu zehnjähriger Haftstrafe verurteilt, 1938 jedoch begnadigt und entlassen. Ironisch genug rettete der Gefängnisaufentalt sein Leben, denn er entgang dadurch den Stalin -"Säuberungen" , durch die die ganze Spitze der polnischen KP um 1937 liquidiert wurde. Bis zum Kriegsausbruch im Jahre 1939 arbeitete er dann als Büroangestellter in einer Warschauer Konsumgesellschaft.

Um sich dem Dienst in der polnischen Armee nach dem Kriegsausbruch zu entziehen, floh er aus Warschau nach Ostpolen, das nach dem 17. September 1939 von der Roten Armee okkupiert wurde. Von dort begab er sich nach Kiew, wo er 1940 in die KPdSU, damals noch Bolschewiken - Partei genannt, eintrat. Im Jahre 1941 zog er nach Minsk, das von den Deutschen okkupiert war, und arbeitete dort beinahe zwei Jahre, wahrscheinlich als Agent des sowjetischen Geheimdienstes, in der Stadtverwaltung. Auf Stalins Befehl begab er sich 1943 nach dem okkupierten Warschau und übernahm bald wichtige Funktionen im Zentralkomitee und Generalsekretariat der neu entstehenden polnischen KP. Von Stalin zum polnischen Schattenpräsidenten ausersehen, war er ab Dezember 1944 Vorsitzender der kommunistischen Marionettenregierung "Vaterländischer Nationalrat". Um von den Westalliierten akzeptiert zu werden, trat er zum Schein aus der KP aus und galt nun als "Parteiloser", während er in Wirklichkeit die ganze Zeit ein geheimes Mitglied des ZK war. Nach der Senkung des Eisernen Vorhangs wurde er dann zum Staatspräsidenten "gewählt" und hatte diese Funktion bis 1952 inne. Nach der Umbildung des Staates in eine "Volksrepublik", wodurch das Präsidentenamt abgeschafft wurde, war er zuerst Vorsitzender des Staatsrat s und danach Ministerpräsident; die ganze Zeit blieb er Generalsekretär bzw. Erster Sekretär des ZK.

Im März 1956 fuhr Bierut nach Moskau, um an den Beratungen des 20. Kongresses der KPdSU teilzunehmen. Nachdem er Nikita Chruschtschow s berühmte Rede über den Personenkult und Stalins Verbrechen hatte hören müssen, erkrankte er plötzlich und verstarb in Moskau. Es gab Gerüchte über Selbstmord oder Mord.

Vom polnischen Volke verachtet, verhaßt und verlacht und nur von einigen Stalinisten beweint, erhielt er ein pompöses Staatsbegräbnis und ein Mausoleum auf dem Militärfriedhof in Warschau.

Beurteilung

Als Vorsitzender der Zentralkommission für Öffentliche Sicherheit des ZK war Bierut hauptverantwortlich für die Terrorpolitik der späten 40er und frühen 50er Jahre. Als Staatsoberhaupt und Parteichef trug er die Verwantwortung für die Sowjetisierung der Kultur, der Wissenschaft und der Wirtschaft Polens und für die Entnationalisierung der Streitkräfte. Lediglich Warschau verdankt ihm etwas Positives: es verblieb Polens Hauptstadt (die KP wollte ursprüglich die Hauptstadt nach Łódź verlegen, tat es aber nicht vor Angst vor Aufständen in dieser Arbeiterstadt) und er ließ die Warschauer Altstadt wiederaufbauen, während sein DDR-Kollege Ulbricht das Berliner Schloss zu derselben Zeit in die Luft sprengen ließ.