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Filmgeschichte Thiersee

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Thiersee war 1946 bis 1952 Zentrum des österreichischen Nachkriegsfilms. Eingerichtet wurde das bis heute einzige Filmatelier Tirols im damals leer stehenden Passionsspielhaus. Im genannten Zeitraum wurden 18 Spielfilme produziert. Produktionsländer waren Österreich, Deutschland, Frankreich, die Schweiz und England. Ende 1952 wurde das Filmatelier in Thiersee von der ÖFA aufgegeben.

Wie der Film nach Thiersee kam

1946 beginnt der Innsbrucker Regisseur und Produzent Eduard Wieser mit den Dreharbeiten für den ersten österreichischen Nachkriegsfilm „Wintermelodie“. In den Hauptrollen spielen neben dem berühmten Skirennfahrer Rudi Matt die Schauspieler Franz Eichberger, Rudolf Brix, Ilse Peternell und der junge Dietmar Schönherr die Hauptrollen. HInter der Kamera steht der erfahrene Walter Riml, ein erfahrener Berfilmspezialist. Er erlente die Kameratechnik bei Dr. Arnold Fanck und gehörte zur sogenannten "Freiburger Schule".

Die Außenaufnahmen werden in der Umgebung von Innsbruck, Kitzbühel, Seefeld, St. Anton und Zürs a. Arlberg abgedreht. Für die Innenaufnahmen steht jedoch kein geeignetes Studio zur Verfügung. Durch den Kufsteiner Hubert Koffou, für den Film als Skifahrer und Träger engagiert, wird das Filmteam auf leer stehende Passionsspielhaus in Thiersee aufmerksam gemacht. Regisseur Wieser, Kameramann Walter Riml und Hubert Koffou besichtigen das Gebäude, welches durch seine Größe für Studioaufnahmen hervorragend geeignet ist. Das das Haus während des Krieges zunächst als Gefangenenlager für ukrainische Zwangsarbeiter und in den letzten Kriegswochen als Materiallager der SS für den Aufbau der „Alpenfestung“ diente, befindet es 1946 in einem desolaten und maroden Zustand.

Unter der Voraussetzung, dass es Hubert Koffou, inzwischen lokaler Verbindungsmann des Filmteams, gelingen wird das Haus rasch instand zu setzen und filmreif auszustatten, entschließt sich Eduard Wieser das Gebäude für die Innenaufnahmen des Films anzumieten.

Der damalige Thierseer Bürgermeister Maierhöfer erkennt die Möglichkeiten und Chancen für die Gemeinde, verspricht doch ein ortsansässiges Filmatelier Arbeit und Brot für viele Menschen. Mit herausragendem Engagement dieses Bürgermeisters, des Thierseer Zimmermanns und früheren Christusdarstellers bei den Passionsspielen, Alois Kaindl, den Kufsteiner Firmen Jäger und Eder und der Wörgler Faserplattenfabrik wird in kürzester Zeit aus dem Passionsspielhaus ein vollwertiges Filmstudio. Die beteiligten Firmen stellen das benötigte Holz, Nägel, Schrauben und Faserplatten für den Innenausbau auf Bezugsscheinen zur Verfügung und auch ein Geldvorschuss wird gewährt. Durch die Unterstützung des französischen Generals Emile Bethouart und des damaligen Landeshauptmanns Weißgatterer kann der Vorschuss zurückgezahlt werden.

Später erzählt Regisseur Eduard Wieser, dass nur der grenzenlose Optimismus und fanatische Arbeitswille aller seiner Mitarbeiter, sowie die große Unterstützung und das Vertrauen der einheimischen Firmen und der Bevölkerung Thiersees die Realisierung des ersten Films überhaupt erst möglich gemacht haben.

Am 14. August 1947 feiert die erste österreichische Nachkriegsproduktion „Wintermelodie“ ihre Weltpremiere in Wien.