Potential (Physik)
Das Potential oder auch Potenzial (lat.: potentialis, von potentia Macht, Kraft, Leistung) ist in der Physik die Fähigkeit eines konservativen Kraftfeldes, eine Arbeit zu verrichten. Es beschreibt die Wirkung eines konservativen Feldes auf Massen und Ladungen unabhängig von diesen selbst.
Definition
Da es sich bei den Grundkräften der Physik um konservative Kraftfelder handelt, gilt für sie (nach einem bekannten Satz der Vektoranalysis) der Zusammenhang
- ,
wobei das Gradientenfeld (hier das Beschleunigungsfeld) repräsentiert und ein bestimmtes Skalarfeld ist. Das Skalarfeld, welches den obigen Zusammenhang erfüllt, nennt man das Potential.
Die Kraft auf eine Masse im Gravitationsfeld ergibt sich dann zu
- ,
bzw. ergibt sich für eine Ladung q im elektrischen Feld die Coulombkraft zu
Berechnung
Das Potential eines konservativen Kraftfeldes ergibt sich durch Lösung der Poisson-Gleichung, einer partiellen Differentialgleichung zweiter Ordnung.
In der Elektrostatik lautet sie
- ,
wohingegen sie in der klassischen Gravitationstheorie die Form
besitzt. Hierbei sind der Laplace-Operator und das Potential. Weiter ist die Permittivität, G die Gravitationskonstante und die Ladungs- bzw. Massendichte.
In der Elektrostatik ist die elektrische Spannung definiert als eine Potentialdifferenz
- .
Vorzeichenkonvention
Das Minuszeichen in
ist Konvention und hat eine tiefere Bedeutung, die aber erst im Variationsprinzip der Lagrange-Mechanik offensichtlich wird und somit vorerst willkürlich wirkt. Den Grund für diese Konvention kann man sich an folgendem Beispiel klar machen: In der Nähe der Erdoberfläche ist das Potential eines Körpers in einer Höhe h=y unter der Erdbeschleunigung g > 0 näherungsweise . Da Koordinatensysteme auf der Erdoberfläche nach oben positiv gezählt werden (denn einen Körper höher zu heben, heißt auch größeres Potential), muss die nach unten gerichtete Erdbeschleunigung negativ sein. Berechnet man anschließend das Beschleunigungsfeld, erhält man:
Die Kraft wirkt also wie erwartet in Richtung Erdmittelpunkt.
Potentielle Energie und Potential
Potentielle Energie und Potential unterscheiden sich darin, dass Potentielle Energie sich beispielsweise im Gravitationsfeld auf eine Masse und im elektrischen Feld auf eine Ladung bezieht und von der Größe dieser Masse oder Ladung abhängt, während das Potential ein Kraftfeld unabhängig von einer Massen- oder Ladungsgröße beschreibt.
Das Potential ist eine dem Kraftfeld äquivalente Felddarstellung.
Der oben erwähnte Zusammenhang ermöglicht es, ein im Allgemeinen dreidimensionales Kraft-Vektorfeld mit Hilfe von skalaren Feldern darzustellen, ohne dass dabei Informationen über das Feld verloren gehen. Das führt zur Vereinfachung vieler Rechnungen. Allerdings ist der Rückschluss auf den das Feld verursachenden Körper nicht mehr eindeutig. So ist etwa das äußere Gravitationspotential einer homogenen Vollkugel dem Potential einer Punktmasse äquivalent.
Die Energie ist aus physikalischer Sicht die Fähigkeit eines Körpers, Arbeit zu verrichten.
Das Potential dient zur Beschreibung der Fähigkeit eines Feldes, einen Körper Arbeit verrichten zu lassen.
Eine Potentialdifferenz ist also ein körperunabhängiges Maß für die Stärke eines Feldes.
Der Zusammenhang zwischen potentieller Energie und dem Potential lautet
- .
Der erste Ausdruck bezieht sich auf ein Gravitationsfeld (m: Masse), der zweite auf ein elektrisches Feld (q: Ladung).
Beispiel: Gravitationspotential einer homogenen Kugel
Da die Berechnung der Poisson-Gleichung bereits in einfachen Fällen relativ aufwendig ist, soll hier ein ausführliches Beispiel vorgeführt werden. Dazu betrachten wir einen idealisierten Himmelskörper als perfekte Kugel mit homogener Dichte und einem Radius .
Äußere Lösung
Im Außenraum um die Kugel herum ist und , sodass die Poisson-Gleichung in die Laplace-Gleichung übergeht, mit
- .
Mit dem Laplace-Operator in Kugelkoordinaten lautet die Gleichung
- .
Das Feld kann aber offensichtlich nicht von den Winkeln abhängen, da die Kugel symmetrisch ist. Das bedeutet aber, dass die Ableitungen von nach den Winkelkoordinaten verschwinden und nur der radiale Teil übrig bleibt.
- ,
wobei sich das noch herauskürzt.
Integration nach r liefert
- ,
wobei eine Integrationskonstante ist. Weitere Integration nach r liefert
- ,
wobei , damit das Minuszeichen verschwindet und wieder eine Integrationskonstante ist.
Da das Potential in unendlicher Entfernung gegen Null gehen sollte, muss sein. Für die äußere Lösung gilt also zunächst
- .
Um die Konstante zu berechnen, müssen wir jedoch zuerst die innere Lösung bestimmen.
Innere Lösung
Im Innern der Kugel ist und , sodass die Poisson-Gleichung gilt, mit
- .
- .
Zweimalige Integration nach r liefert auf dieselbe Weise wie zuvor
- ,
wobei hier A,B wieder Integrationskonstanten sind. Da das Potential im Mittelpunkt der Kugel (r=0) einen endlichen Wert annehmen sollte, muss A=0 sein, da das Potential sonst unendlich groß würde. Wir haben also
- .
und somit
- .
Bestimmung der Konstanten
Wir unterscheiden zunächst
für die äußere Lösung und
für die innere Lösung. Am Rand der Kugel muss das innere Potential stetig in das Äußere übergehen. Das bedeutet, dass die ersten Ableitungen bei r=R übereinstimmen müssen.
- ,
wobei wir hier benutzen, dass die Masse das Produkt aus Volumen und Dichte ist, mit
- .
Hieraus ergibt sich
- ,
sodass sich die bekannte äußere Lösung
ergibt. Um die Konstante der inneren Lösung zu bestimmen, benutzen wir die Tatsache, dass die beiden Lösungen bei r=R identisch sein müssen. D.h. es gilt

- .
Und damit
- .
Damit ergibt sich für die innere Lösung schließlich
- ,
wobei der erste Summand wieder über das Volumen umgeschrieben wurde.
Die innere Lösung entspricht einem Oszillatorpotential. Das bedeutet, dass wenn man ein Loch durch die Erde bohren und einen Gegenstand hineinfallen ließe, dieser durch den Mittelpunkt hin und her schwingen (fallen) würde.
Schwerkraft in einer Hohlkugel
Wie die Situation im Innern einer hohlen Kugel aussieht, lässt sich nun auch direkt aus unserer Lösung für ablesen. Allgemein hatten wir
- ,
da wir uns nun im Innern der Kugel befinden, können wir nicht ins unendliche hinausgehen, wodurch vorher verschwunden ist. Allerdings muss das Potential im Mittelpunkt wieder einen endlichen Wert annehmen, sodass dieses mal wird. Dann ist das Potential
- ,
also konstant. Die Ableitung des Potentials nach dem Radius ergibt die Beschleunigung - die Ableitung einer Konstanten ist jedoch Null. Also ist man im Innern einer hohlen Kugel schwerelos. Dies ist dadurch zu verstehen, dass gegenüberliegende Teilchen in den Wänden ihre Gravitation gerade gegenseitig aufheben. Handelt es sich nicht um eine perfekte Kugel, so wäre dies nicht der Fall und man würde kleine Beschleunigungen erfahren.
Anschauliche Erklärung
Wie auf der obigen Grafik zu sehen ist, lässt sich das Gravitations- und das elektrische Potential gut mit einem Wasserlauf vergleichen. Zwischen der Quelle des Wassers auf einem Berg (Punkt mit höherem Potential) und der Mündung im Meer (Punkt mit niedrigerem Potential) gibt es einen Höhenunterschied (Potentialdifferenz, Spannung). Das Wasser fließt bergab (vom Berg zum Meer) - es folgt dem Gefälle und damit der Schwerkraft.
Zentralpotential
Unter einem Zentralpotential versteht man ein Potential welches nur vom Abstand r zum Kraftzentrum abhängt. Es gilt also .
Die Bewegung in einem Zentralpotential führt zu einer Zentralkraft.
Siehe auch
- Geopotential
- Vektorpotential des Magnetfelds
- elektrochemisches Potential
- thermodynamisches Potential
- Elektrodenpotential
- Schnellepotential (Akustik)
- Strömungspotential
- Potentialtheorie
- Coulombwall
- Yukawa-Potential
- Potential eines Harmonischen Oszillators
- Lennard-Jones-Potential
- Plummer-Potential
- Potentialfeld