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Wilfried Hiller

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Wilfried Hiller (* 15. März 1941 in Weißenhorn) ist ein deutscher Komponist.

Wilfried Hiller wurde im schwäbischen Weißenhorn als Sohn des Lehrers August Hiller und seiner Frau Josepha Hiller, geb. Hauser, geboren. Im Kriegsjahr 1944 fiel sein Vater in Russland und Wilfried wurde mit drei Jahren Halbwaise. [vgl. 1]

Dazu ein Zitat von Wilfried Hiller selbst:

“ […] Als mein Vater während des 2.Weltkriegs in Rußland weilte, sah er jeden Abend um 10 Uhr zum Alkor, jenem ‘Reiterlein’ hinauf, das auf der Deichsel des großen Wagens sitzt. Zur gleichen Zeit blickte meine Mutter in unserem schwäbischen Dorf nach dem Stern und obwohl er viele Lichtjahre von uns entfernt strahlt, fanden die beiden mit diesem Blick in die Vergangenheit für Minuten eine gemeinsame Heimat. Jeden Tag schrieb mein Vater einen Brief nach Hause. Meine Mutter wollte ein Zeichen setzen: ‘Wir wollen Frieden und das Kind soll Wilfried heißen!’. Jener Alkor im Großen Wagen ist somit meine ganz persönliche Geschichte. Mein Vater kam nicht aus Russland zurück." [2]''

Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums St. Stephan in Augsburg, nahm er 1956 ein Klavierstudium bei Wilhelm Heckmann am Augsburger Leopold-Mozart-Konservatorium auf. Von 1958 bis 1961 entwarf Wilfried Hiller sein erstes Theaterstück mit Musik. „Die Räuber von Hiller“ ist ein Werk aus Klavier-Kompositionen und Kammermusik. Anschließend arbeitete er zunächst als Organist und Ballett-Repetitor, bevor er die Darmstädter Ferienkurse besuchte. Dort war er Hospitant bei Pierre Boulez, Bruno Maderna und Karlheinz Stockhausen und schloss mit Peter Hanser-Strecker (sein späterer Verleger) und Karl Amadeus Hartmann Bekanntschaft, der ihn nach München holte, wo er 1963 ein Musikstudium an der Münchner Musikhochschule begann. Hier studierte er Komposition bei Günter Bialas, Opernregie bei Heinz Arnold, Schlagzeug und Pauken bei Ludwig Porth und Hanns Hölzl sowie Musiktheorie bei Hermann Pfrogner. Ab 1967 arbeitete Wilfried Hiller als Schlagzeuger in verschiedenen Orchestern, so zum Beispiel beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und an der Bayerischen Staatsoper und am Staatstheater am Gärtnerplatz. 1968 gründete er die Konzert-Reihe „musik unserer zeit“. Die folgenden Jahre waren durch den Kontakt mit Carl Orff beeinflusst, den er 1968 kennen lernte und mit dem er als sein Schüler bis zu dessen Tod 1982 eng zusammenarbeitete. Eine besondere Beziehung hat Wilfried Hiller zu Kompositionen für Kinder und Jugendliche. In einem Interview der GEMA-Nachrichten anlässlich seines 60. Geburtstags antwortet er auf die Frage, wie er es als Komponist schafft, Kinder und Erwachsene gleichermaßen anzusprechen: „Indem man einfach für das Kind schreibt, das man selber geblieben ist… Ausschlaggebend für den Erfolg ist, dass man musikalisch auf den Punkt kommt, und wie die Kinder reagieren, ob sie begeistert mitgehen – oder ob sie sich langweilen. Kinder können gnadenlose Richter sein.“ Hillers Werke für das Musiktheater wurden entscheidend durch die Zusammenarbeit mit seiner Frau, der Schauspielerin Elisabeth Woska (seit 1971) geprägt („An diesem heutigen Tage“ 1973, „Niobe“ 1977, „Der Josa mit der Zauberfiedel“ 1985, „Der Geigenseppel“ 1999). Die Begegnung mit Michael Ende 1978 bedeutete den Beginn einer fruchtbaren künstlerischen Partnerschaft und engen Freundschaft, die bis zu Endes Tod im Jahr 1995 andauerte und zu einer ganzen Reihe erfolgreicher Werke führte, wie „Die zerstreute Brillenschlange“, „Vier musikalische Fabeln“, „Der Goggolori“, „Die Jagd nach dem Schark“, „Das Traumfresserchen“ und „Der Rattenfänger“ sowie „Trödelmarkt der Träumer“. Nach Endes Tod arbeitete Wilfried Hiller zunächst mit Herbert Asmodi („Die Geschichte vom kleinen blauen Bergsee und dem alten Adler“), seit 1997 dann mit Rudolf Herfurtner zusammen („Die Waldkinder, „Eduard auf dem Seil“, „Pinocchio“). Außerdem griff er auf literarische Vorlagen von Theodor StormDer Schimmelreiter“, Libretto Andreas K.W. Meyer), Christian Morgenstern („Heinenröslein“), Wilhelm Busch (Schauspielmusik zu dem Marionettenspiel „Der Geigenseppel“, ein Auftragswerk des Kulturprogramms im deutschen Pavillon der Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover, entstanden in Zusammenarbeit mit Elisabeth Woska) zurück. Neben den zahlreichen Bühnenwerken gibt es auch eine Vielzahl von kammermusikalischen Arbeiten, Solokonzerten, Chor- und Orchesterwerken.

Seit November 1971 ist Wilfried Hiller als Musikredakteur und Tonmeister beim Bayerischen Rundfunk tätig. Zuerst standen gehobene Unterhaltungsmusik und ab 1974 Symphonische Musik auf dem Programm. Später war er Redakteur für Sondersendungen (Reihen: „Münchner Musikgeschichte in Straßennamen“, „Dirigenten bei der Probe“, „Musik meiner Wahl“, „Komponisten machen Programm“, „außereuropäische Musik“, „musik unserer zeit“, „Nachtakzente“, „Concerto bavarese“, Festival traditioneller Musik). Zudem komponierte Wilfried Hiller Musik für die 30teilige Sendereihe „Klangbaustelle Klimperton“ des Schulfunks und war Organisator der Musica-Viva-Studio-Konzerte unter Wolfgang Fortner. Daneben gründete er die Reihe „musik unserer zeit“, aus der später die „Münchner Musiknächte“ hervorgingen, sowie das Festival „Orff in Andechs“. Wilfried Hiller ist im Vorstand der Jean-Sibelius-Gesellschaft und des Kulturkreises Gasteig. 1989 wurde er Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und 1993 wurde er als Kompositionslehrer an das Richard-Strauss-Konservatorium München berufen. Unter seinen zahlreichen Auszeichnungen sind folgende hervorzuheben: 1968 der Richard-Strauss-Preis der Stadt München, 1971 der Förderpreis für Musik der Stadt München, 1977 der Brünner Preis, der Anerkennungspreis der Stadt Salzburg für sein Werk „Niobe“ und das Stipendium der Villa Massimo, 1978 der Schwabinger Kunstpreis für Musik, 1988 der Raiffeisen Förderpreis und 1997 der Werner Egk-Preis, der Kunstpreis der Stadt Donauwörth. Wilfried Hiller ist momentan der meistgespielte lebende deutsche Bühnenkomponist. [vgl. 3, 4 und 5]


Das Werk: Tranquilla Trampeltreu, die beharrliche Schildkröte

Wort zum Werk

Vormerkung: „Tranquilla Trampeltreu, die beharrliche Schildkröte“ wurde mit der zweiten Fabel „Der Lindwurm und der Schmetterling oder Der seltsame Tausch“ kombiniert. ’„die musikalische Fabel „Tranquilla Trampeltreu“ weist auf dem Gebiet des Theaters für Kinder neue Wege.“ So urteilte Carl Orff über das erste Musiktheaterstück für Kinder, das der bekannte Jugendbuchautor Michael Ende und der Komponist Wilfried Hiller gemeinsam erarbeiteten. Die Fabel ist so konzipiert, dass sie sich sowohl für szenischen als auch für konzertante Realisation eignet. Die vorliegende Version hat den Vorteil, dass die durch Musik und Sprache angeregte bildliche Phantasie des Kindes sich ungehindert entfalten kann. Michael Ende (geb. 1929) zählt zu den meistgelesenen Kinderbuchautoren deutscher Sprache. Wilfried Hiller […] befasst sich schon seit Jahren mit Möglichkeiten und Formen Neuer Musik für Kinder. „Tranquilla Trampeltreu“ […] hat er für seinen Sohn Amadeus geschrieben. […]’ [vgl. 6] – Abb. 1


Uraufführung

Die musikalische Fabel „Tranquilla Trampeltreu, die beharrliche Schildkröte“ wurde erstmals am 9. Juli 1981 in München im Stadtmuseum aufgeführt. Dirigent war Wilfried Hiller höchstpersönlich. Die Inszenierung übernahmen seine Frau Elisabeth Woska, Michael Stralek und Wilfried Hiller selbst. Für Marionetten, Puppen und sonstiger Ausstattung waren Michael Stralek, Max Glas und Erika Gerdis zuständig. [vgl. 7]


Handlung

Wie der Titel schon verrät, ist die Hauptperson eine Schildkröte namens Tranquilla Trampeltreu. Sie ist, wie alle anderen Schildkröten, sehr langsam im Gehen und Denken. Da sie aber enorm stur ist, bekommt sie den Beinamen „die beharrliche Schildkröte“. Anlässlich der Hochzeit der großmähnigen Majestät, des Löwen Leo des Achtundzwanzigsten, wird das gesamte Tierreich zum Feste eingeladen. Tranquilla Trampeltreu will auch dabei sein und macht sich auf den Weg. Argwöhnisch wird sie durch ihre Langsamkeit von vielen reisenden Tieren betrachtet. Doch um noch rechtzeitig zur Feier zu erscheinen, bleibt sie stur und lässt sich von niemanden ihres Weges abbringen. Dafür und nur so kommt sie ans Ziel… [vgl. 8]


Musikalische Besetzung

Wilfried Hiller gibt nicht nur jedem der Tiere bestimmte Instrumente, sondern ordnet sie auch jeweils einer typischen musikalischen Gattung zu. Somit begibt sich Tranquilla Trampeltreu auf einen bunten Weg der Musik: Die Heuschrecke (Michael Hoffmann) tanzt einen Tango, die Schnecke (Elisabeth Woska) kriecht in einem langsamen Blues, während die piekfeine, überhebliche Eidechse (Hanno Blaschke), wie in einer Oper, sich singend mit Tranquilla unterhält. Tranquilla Trampeltreu dagegen, schreitet im „Schildkröten-Marsch“ dahin. [vgl. 9]

Erzählt wird die Geschichte von Michael Ende. Weitere Tiere und ihre Interpreten sind: der erste Rabe (Hubert Mulzer), der zweite Rabe (Sonja Winkler), das Äffchen (Klaus Froboese), Farnfarenbläser Seiner Großmähigen Majestät (Paul Lachenmeir – Trompete), Schildkröten-Märsche (Dankward Schmidt – Posaune und Robert Tucci – Baß-Tuba), Heuschrecken-Tango (Ildiko Moog-Ban – 1. Violine, Katharina Lindenbaum – 2. Violine), Schnecken-Blues (Joseph Niederhammer – Kontrabaß, Rik Demeuricy – Kleine Trommel), Raben-Gesang (Klaus Kosbahn – Viola, Kai Moser – Violoncello), Vogel-Gezwitscher (Andras Adorjan – Flöte, Rainer Wehle – Klarinette), Löwen-Gebrüll (Karl Peinkofer – Löwengebrüll), Hochzeit-Choral (Wilfried Hiller an der Höhlenorgel Seiner Großmähnigen Majestät), Musik am Königshof, Schildkröten-Boogie (das königliche Hoforchester) [10]


Über das Werk

Wilfried Hiller und Michael Ende

„Tranquilla Trampeltreu“ gehört mit zu den zahlreichen Stücken, die einen Höhepunkt der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Wilfried Hiller und Michael Ende markiert. Beide Autoren legen viel Wert auf ein Theater, das Verstand und Herz anregt. Die Musik von Wilfried Hiller drängt sich dabei nie in den Vordergrund. Sie kommentiert, unterstreicht, erläutert, markiert dabei lediglich die einzelnen Figuren und deren Charakter und Bewegungen. Die Fabelwesen werden lebendig und für Kinder zu wahren Lebewesen. [vgl. 11] Der Jugendkultur-Forscher Gunter Reiß hat sich in einem Essay für die Opernwelt über die "Vernachlässigung des Librettos im Kindermusiktheater" beklagt. Beide Künstler hatten aber bereits mit einer Reihe von musikalischen Fabeln erfolgreich gegengesteuert. Ursprünglich haben beide ihre Fabeln für die Schallplatte und daher hörspielartig angelegt. Doch mit der Zeit wurde daraus ein Theaterstück entwickelt. Ihr erstes Musiktheater für Kinder „Traumfresserchen“ wurde 1991 in Bremen uraufgeführt. [vgl.12]


Wilfried Hiller und seine jungen Zuhörer

Thematische Aspekte

Wilfried Hiller nimmt die jungen Hörer und Zuschauer ernst. Er weiß, dass sie selbstbewusst und intelligent sind, daher will er sie durch Vereinfachung nicht langweilen. Demnach sind weder die Geschichten Michael Endes noch die musikalische Umsetzung Wilfried Hillers nicht „einfach“. In Endes höchst vielschichtigen, dichten und doch so leicht nachvollziehbaren Texten werden komplexe Themen behandelt. So auch in „Tranquilla Trampeltreu“: Auch wenn die Schildkröte „de jure“ zu spät zur Hochzeit der großmähnigen Majestät, dem Löwen Leo den Achtundzwanzigsten und dafür aber rechtzeitig zur Hochzeit des Nachfolgers, des König Leo des 29. erscheint, kann sie auf sich stolz sein: Ihre Sturheit, Beharrlichkeit und Selbstdisziplin – trotzt aller Einflüsse anderer – wird belohnt. [vgl. 13]

Hundertprozentiges Textverständnis und eine klare Aussage sind Voraussetzung dafür, wenn man für Kinder komponiert. Zudem sollte die Aufführungsdauer einer Kinderoper, erfahrungsgemäß beider Künstler, 80 bis 85 Minuten nicht überschreiten. [vgl. 14]

Musikalische Aspekte

Nach Meinung Wilfried Hiller sollen für Kinder schon Passagen vorkommen, die nachsingbar sind. „Ohrwurm-Qualitäten dürfen ruhig sein, obwohl das ja eigentlich tabu ist und man dann schief angeschaut wird. Aber an dem folgenden Satz von Darius Milhaud ist durchaus noch was dran: "Wer keine Melodie zum Nachsingen schreiben kann, kann nicht als Komponist bezeichnet werden.“, so Wilfried Hiller in einem Interview der GEMA Nachrichten. [vgl. 15]


Wilfried Hillers Zukunftspläne

Auf die Frage, welche Pläne er als nächstes hat, antwortet Wilfried Hiller im Interview des Bayerischen Rundfunks: „Es gibt wahnsinnig viele Pläne. Das Schwierigste besteht für mich darin, aus diesen vielen, vielen Plänen auszusortieren. Wahrscheinlich wird es aber eine Kirchenoper über den Heiligen Augustinus geben. Das ist etwas, das gerade schmort.“ [16]


Quellenverzeichnis

[1] http://www.pegasus51.de/vitatab.htm

[2] http://www.wilfried-hiller.de/page-4.html

[3] http://www.pegasus51.de/vitatab.htm

[4] http://www.phantastische-gesellschaft.de/vita_hiller.htm

[5] http://www.gema.de/cgi-bin/printview.pl?p=/kommunikation/news/n163/hiller.shtml

[6] Schallplattencover „Tranquilla Trampeltreu“; Deutsche Grammophon Junior Stereo 2546 058; (1981) – Einführungstext

[7] http://www.pegasus51.de/pdf/tranquilla.pdf

[8] Schallplattencover „Tranquilla Trampeltreu“; Deutsche Grammophon Junior Stereo 2546 058; (1981) – Inhaltsangabe (Zeile 1-18)

[9] Schallplattencover „Tranquilla Trampeltreu“; Deutsche Grammophon Junior Stereo 2546 058; (1981) – Text zur Inhaltsangabe (Zeile 19-30)

[10] Schallplattencover „Tranquilla Trampeltreu“; Deutsche Grammophon Junior Stereo 2546 058; (1981) – Besetzung (zweiter Teil)

[11] http://www.schott-music.com/shop/products/show,192659.html

[12] http://www.gema.de/cgi-bin/printview.pl?p=/kommunikation/news/n163/hiller.shtml

[13] http://www.schott-music.com/shop/products/show,192659.html

[14] http://www.gema.de/cgi-bin/printview.pl?p=/kommunikation/news/n163/hiller.shtml

[15] http://www.gema.de/cgi-bin/printview.pl?p=/kommunikation/news/n163/hiller.shtml

[16] http://www.br-online.de/alpha/forum/vor0407/20040702_i.shtml

Bildnachweis

Abb. 1 Schallplattencover „Tranquilla Trampeltreu“; Deutsche Grammophon Junior Stereo 2546 058; (1981)

Literaturverzeichnis

Schallplattencover „Tranquilla Trampeltreu“; Deutsche Grammophon Junior Stereo 2546 058; (1981)

Gunter Reiß (Hrsg.): Theater und Musik für Kinder; Band 12; Peter Lang Verlag (2001)

Harenberg Komponistenlexikon; Seite 426 f; Harenberg Lexikon Verlag