Krematorium


Ein Krematorium (zu lat. cremare „verbrennen“) ist eine Anlage zur Kremation, der Verbrennung von Leichen (Feuerbestattung) anstatt einer Erdbestattung.
In Mitteleuropa war mit der Ausbreitung des Christentums der Brauch der Leichenverbrennung sukzessiv verschwunden. Mit dem Anwachsen der Großstädte wurde vielerorts der Platz auf den Friedhöfen knapp. Die technische Entwicklung erlaubte es im 19. Jahrhundert erstmals, die Einäscherung quasi technisch abzuwickeln.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden Feuerbestattungsvereine. Kremation wurde öffentlich, zwar kontrovers, aber eben als eine Bestattungsform diskutiert.
Das erste deutsche Krematorium wurde 1878 in Gotha in Thüringen gebaut. In der Schweiz wurde 1889 auf dem Friedhof Sihlfeld in Zürich erstmals ein Krematorium in Betrieb genommen. Dabei wurde auf bauliche Ausschmückungen geachtet, um den Toten Respekt zu erweisen. Im katholischen Österreich wurde das erste Krematorium dagegen erst 1922 am Wiener Zentralfriedhof gegen den Widerstand der Kirche eröffnet.
Wird die Asche nach der Verbrennung in einer Urne beigesetzt, spricht man von einer Feuerbestattung. Bei einer Seebestattung wird die Asche dem Meer übergeben.
In umwelttechnischer Hinsicht unterliegen Krematorien in Deutschland einheitlich der 27. BImSchV (Bundes-Immissionsschutz-Verordnung) und sind mit modernen Abgasfilteranlagen ausgerüstet.
Es gibt etwa 140 Krematorien in Deutschland.
Die Krematorien in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten
Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden 1940 bis 1944 in einer Vielzahl von Konzentrationslagern Krematorien erbaut oder erweitert, um die Leichen der Häftlinge zu beseitigen. Sie waren ein wichtiger Bestandteil des im Rückblick vielfach „industriell“ genannten Massenmords der Nazi-Opfer aus ganz Europa, insbesondere des Holocausts an den europäischen Juden, Sinti und Roma, Behinderten, Zeugen Jehovas und vielen anderen Opfergruppen. So konnten die „Leichenberge“ der Opfer in den Lagern innerhalb relativ kurzer Zeit beseitigt werden.
In den deutschen Konzentrationslagern sind mindestens 25 Öfen mit 76 Muffeln von der Fa. Topf und Söhne, und 39 Einmuffelöfen der Firma Kori in Betrieb genommen worden. Die größte Krematoriumskapazität hatte das Konzentrationslager Auschwitz mit 3 Doppelmuffelöfen im Stammlager und zehn Dreimuffelöfen sowie zwei Achtmuffelöfen in Birkenau.[1] In Auschwitz hat die Zentralbauleitung der SS die im Betrieb festgestellte Leistungsfähigkeit mit 340 Leichen für Krematorium I (3 Doppelmuffelöfen), 1440 Leichen für Krematorium II+III (je 5 Dreimuffelöfen) und 768 Leichen für Krematorium IV+V (je ein Achtmuffelofen) in einer 24 Stunden Schicht beziffert. Dies ergibt rechnerich 4.756 Leichen innerhalb von 24 Stunden. Laut mehrerer Zeugenaussagen wurden teilweise auch noch höhere Werte erreicht.[2] Um diese hohen Leistungen zu erreichen wurden mehrere Leichen gleichzeitig verbrannt, die Knochen der Leichen nicht komplett verbrannt und technische Einrichtungen wie z.B. Saugzuggebläse verwendet. Die Topf-Krematorien hatten zur Energierückgewinnung einen sogenannten Rekupator, der die Abwärme für die zugeführte Luft nutzte. Damit war der Koksverbrauch im Dauerbetrieb minimiert worden.
Der Betriebsweise und der Einsatz dieser technischer Geräte ist bei Friedhofskrematorien bereits mit dem Feuerbestattungsgesetz von 1934 nicht zulässig gewesen, da Einzelverbrennung und getrennte Aschesammlung vorgeschrieben waren und sind. Es dürfen auch keine beschleunigenden Maßnahmen wie Saugzuggebläse eingesetzt werden. Deshalb sind Vergleiche mit heutigen Krematorien bezüglich der Leistungsfähigkeit nicht möglich.
Die Kremierungskapazitäten der KZ´s waren über dies hinaus kein wesentlich begrenzender Faktor, da Leichen z.B. auch zusätzlich in Verbrennungsgruben beseitigt wurden. [3]
Quellen
- Die Krematorien von Auschwitz : die Technik des Massenmordes. - München : Piper, 1994. - ISBN 3-492-12193-4
- ↑ Volkhard Knigge: Techniker der Endlösung Topf&Söhne - Die Ofenbauer von Auschwitz, Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, 2005
- ↑ Francisek Piper: Rezension Fridjof Meyers Artikel in der Zeitschrift Osteuropa
- ↑ Francisek Piper: Die Zahl der Opfer von Auschwitz, Verlag Staatliches Museum Auschwitz, 1993, ISBN 83-85047-17-4