Wikingerschiff
Wikingerschiff ist die gemeinsame Bezeichnung für Schiffe , die während der Wikingerzeit (800-1100) in Nordeuropa benutzt wurden. Die Schiffe werden nach ihrer Größe und Funktion unterschieden in Langschiff, Knorr und kleinere Schiffe.
Siehe auch: Entwicklungsgeschichte des Segelschiffs und Wikingerschiffbau.
Die folgenden Ausführungen orientieren sich im Wesentlichen an dem im Literaturverzeichnis angeführten Werk von Hjalmar Falk von 1912.
Das Schiff

Der Schiffbau hat während der Wikingerzeit eine große Entwicklung durchgemacht. Zwei Haupttypen lassen sich unterscheiden: Das Langschiff und das Lastschiff, Knorr genannt. Langschiff und Knorr waren in dieser Zeit bereits mit Segeln ausgestattet. Das Schiff hatte ein Deck. Der Platz zwischen den Spanten hieß rúm und war der Aufenthaltsort des Mannes, auf Deck zum Rudern, unter Deck als sein Stauraum und während der Fahrt seine Schlafstätte. Manche Schiffe hatten auch Kajüten.[1] Frauen hielten sich bei Gefahr und Regen im Allgemeinen unter Deck auf. Eine Toilette gab es nicht. Man hockte sich auf die Reling. Der Klogang hieß daher ganga til borðs.
Die Schiffe waren alle unterschiedlich, wenn auch ihre Größe bestimmten Regeln folgte. Daher konnten sie von weitem identifiziert werden. In der Egils saga heißt es: „Kveidulf und sein Sohn Skallagrim spähten im Sommer immer gut aus auf ihrer Fahrt an der Küste. Kein Mann sah so scharf wie Skallagrim. Er erblickte Hallvard und Sigtrygg auf ihrer Segelfahrt und erkannte ihr Schiff wieder, da er es früher, als Þorgils darauf fuhr, gesehen hatte.“[2] Die Schiffe des Königs waren besonders eindrucksvoll. Sie dienten nicht nur der Repräsentation, sondern wurden auch im Kampf eingesetzt. Berühmt ist die Szene vor der Schlacht bei Svolder:
„Da gingen nun die Herrscher alle auf den Holm mit großem Gefolge, und sie sahen, wie eine Menge Schiffe zusammen auf die See hinaussegelten. Und jetzt entdeckten sie darunter ein besonders großes und glänzendes Schiff. Da sagten beide Könige: ‚Dort drüben ist ein besonders glänzendes Schiff. Das mag der Ormurin langi sein.‘ Darauf erwiderte Jarl Erich und sprach: ‚Nein, das ist der Ormurin langi nicht.‘ Und es war, wie er sagte, denn es war das Schiff Eindridis von Gjemse. Kurz darauf sahen sie ein Schiff heransegeln, das war noch viel größer als das erste. Da sagte König Svend: ‚Jetzt ängstigt sich Olav Tryggvason. Er wagt nicht, mit dem Drachenhaupte auf seinem Schiff zu segeln.‘ Da versetzte Jarl Erich: ‚Das ist auch nicht das Königsschiff. Ich kenne dieses Schiff und das Segel. Denn das Segel ist bunt gestreift. Das gehört Erling Skjalgsson. Lasst es nur segeln. Denn besser ist für uns eine Lücke und ein Loch in König Olavs Flotte, als dieses wohlausgerüstete Schiff da ist.‘ Eine Weile darauf sahen sie und erkannten die Schiffe Jarl Sigvaldis, die auf sie zu nach dem Holm steuerten. Weiter sahen sie drei Schiffe heransegeln, und eins war besonders groß. Da rief König Svend, seine Mannen sollten auf die Schiffe gehen, denn ‚dort‘ meinte er ‚kommt der Ormurin langi gefahren.‘ Da sagte Jarl Erich: ‚Sie haben viele andere große und prächtige Schiffe außer dem Ormurin langi. Gedulden wir uns noch.‘ Nun sprachen gar manche Männer: ‚Jarl Erich will sich nicht schlagen und seinen Vater nicht rächen. Es wird eine große Schande für uns werden, und man wird es in allen Ländern erzählen, wenn wir hier mit einer solchen Kriegsmacht liegen, während König Olav hier vor unser aller Augen auf das hohe Meer fährt.‘ Als sie so eine Weile untereinander geredet hatten, da sahen sie, wie vier Schiffe heransegelten. Eines von ihnen aber war ein gewaltiges Drachenschiff und ganz vergoldet.“
Ormurin langi war das größte Schiff, das bis dahin in Norwegen gebaut worden war, aber nicht das größte Drachenschiff schlechthin. Ob das Schiff tatsächlich ganz vergoldet war, darf bezweifelt werden. Die Schilderung dürfte eher der spannungsgeladenen Steigerung in der Erzählung geschuldet sein. Aber Vergoldungen sind sicher bezeugt. Der Dichter Þorbjörn Hornklofi sagt in seinem Gedicht über die Schlacht am Hafsfjord: „Von Ost kamen Kiele / Kampflüstern / mit gähnenden Häuptern / und goldenem Bildwerk“[3] und der Dichter Guþorm Sindri nennt sie in einem Gedicht „Goldschmuck-Gäule“ und nennt die Schiffe der dänischen Gegner „Drachen“.[4] Aber man konnte sie offenbar gut unterscheiden. Jedenfalls waren sie zum Teil bemalt.[5] Der Skalde Sigvat, ein Augenzeuge der Schlacht bei Nesjar, sagt in einem Gedicht, dass Jarl Sveinn die Köpfe am „schwarzen Steven“ habe abhauen lassen, um sich von den Enterhaken des Königsschiffes zu befreien.[6] Auch die Schiffe Knuts des Großen, auf denen die Flottenführer fuhren waren über der Wasserlinie ganz bemalt, sein eigenes Schiff hatte dazu noch einen vergoldeten Drachenkopf,[7] desgleichen war der Drachenkopf auf dem Schiff seines Mitstreiters Håkon Jarl vergoldet.
Der Mast war ein besonderer Ort. Dort teilte der Schiffsführer der Mannschaft seine Beschlüsse mit.[8]
Da die Segel aus gewebten Bahnen zusammengenäht waren, konnte man sie mit verschiedenen Farben ausstatten, was offenbar auch ein Unterscheidungsmerkmal war. Das spricht gegen die landläufige Vorstellung, alle Segel seien rot-weiß gestreift gewesen. Das Drachenschiff Hákon Jarls hatte ein Segel, das war blau, rot und grün gestreift.[9] Das Segel von Hareks Schiff „war weiß wie frisch gefallener Schnee und rot und blau gestreift“.[10]
Schiffstypen
Boote
Die Boote wurden nach der Anzahl der Riemen benannt. Die Riemenpaare wurden von jeweils einem Mann gerudert. Die Boote, die von einem Mann gerudert wurden, hatten keine eigene Bezeichnung. Sie hießen einheitlich bátr. Allerdings kommt in altschwedischen Gesetzen die Bezeichnung þvæaraþer bater für Zweiruderer vor.
- An zwei Stellen wird ein zum Seehundfang verwendetes Boot mit zwei Riemenpaaren Ferærðr bátr genannt.[11]
- Als sexæringr[12] wurde wurde ein Boot mit drei Riemenpaaren bezeichnet. Dieses Boot wurde zwar meistens gerudert, konnte aber offenbar auch Segel benutzen, wie aus einer Quelle hervorgeht.[13] Wenn man das sexært in der Inventarliste von Skarð aus dem Jahre 1259[14] mit dem selabatur in der Inventarliste von 1327[15] gleichsetzt, wurde auch ein solches Boot zum Seehundfang benutzt.
- Ein Boot mit vier Riemenpaaren hieß áttæringr oder skip áttært.
- Ein Boot mit fünf Riemenpaaren hieß teinsæringr oder skip teinært. Es wurden aber nicht immer alle fünf benutzt. Aber oft war auch die Bemannung größer. In der Grettis saga Kap. 9 werden sechs Mann auf einem teinsæringr erwähnt. Der sechte Mann dürfte das Steiuer geführt haben. An anderer Stelle der Saga werden gar 12 Mann erwähnt. In anderen Sagas werden 15 und 20 Mann, in der Laxdœla saga Kap. 68 sogar 25 Mann auf einem solchen Boot berichtet. In der Sturlungenzeit wurden diese Boote auf Island auch bei Seekämpfen eingesetzt.[16]
- In einigen Sagas wird auch ein tolfæringr (mit 6 Riemenpaaren) erwähnt. Nach der nicht historischen Króka-Refs saga sollen auf einem solchen Boot 60 Mann von Dänemark nach Norwegen gefahren sien.[17]
- Jedes größere Schiff führte mindestens ein, meist aber zwei Boote mit sich. Eines wurde im Schlepp gezogen, eines hinter dem Mast quer auf dem Deck oder über der Ladung. Wie das Schiff aus dem Wasser auf Deck gebrach oder herabgelassen wurde, ist nicht bekannt. Die zum Rudern wenig geeigneten Handelsschiffe wurden auch mittels eines Ruderbootes eine gewisse Strecke geschleppt.
- Daneben gab es auch kleine Fähren zum Übersetzen an Flüssen und Meerengen. Die kleinsten hießen eikjur, was „flachbodiges Boot“ bedeutet. Nach dem Landslov VII 45 sollten über kleine Flüsse, über die eine Landstraße führte, ein Tau gespannt sein, an dem ein Floß oder eine eikja befestigt war. Hier war kein Fährmann erforderlich. Aber es gab auch Fähren (farskip) mit einem Fährmann, insbesondere bei Meerengen und größeren Flüssen, auf denen gegen Entgelt Menschen, Vieh und Fracht transportiert werden konnte. In Island hieß das Fahrzeug ferja.[18] Diese ferjur waren größer als die eikjur.[19]
Kleine Schiffe
Schiffe, die größer als die tolfæringr, aber kleiner als die Langsichiffe waren, wurden nicht nach der Anzahl der Riemen oder der Ruderbänke, sondern nach der Anzahl der Ruderer auf einer Schiffsseite bezeichnet. Im übrigen waren die Bezeichnungen nicht immer eindeutig festgelegt. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Riemenpaare nicht von einem Mann gehandhabt wurden und es auch keine beonderen Rudersitze gab, sondern die Ruderer auf den Decksbalken saßen, indem für jeden Ruderer eine Decksdiele weggenommen wurde. Im übrigen gab es zwei Grundtypen:
- Der Schiffstyp karfi überschneidet sich in den Quellen hin und wieder sowohl mit den größten Booten als auch mit den kleinsten Langschiffen mit 13 Ruderern auf jeder Seite. Einmal wird ein tolfæringr „karfi“ genannt, ein anders Mal auch ein Fünfzehnruderer. Diese Schiffe führten meist auch Segel. Sie waren wohl leicher und von geringerer Tragfähigkeit als die Langschiffe gleicher Größe.
- Daneben gab es noch die skúta. Das Wort entspricht dem Wort „Schute“. Auch sie überschneidet sich mit den Booten und den Langschiffen. Mal wird ein Achtruderer (áttæringr), mal auch ein Fünfzehnruderer (fimtánsessa) als „skúta“ bezeichnet.[20] In der Regel werden aber skútur und langskip unterschieden.[21] Die skútur werden nach den Rudersitzen einer Seite benannt. Sie führten meist Segel. Gesegelt wurden auch die léttiskútur und die hleypiskútur, die als Paketboote oder Späherschiffe (njósnarskútur) eingesetzt wurden oder als Botenschiffe. Sie waren leicht und schnell. Sie waren deshalb häufig Begleitschiffe von Flotten. In der Seeschlacht von Svold Jarl Eirik seine smáskútur im Halbkreis um die Flotte von König Olav den Heiligen, um das Entkommen der Feinde durch Schwimmen zu verhindern.[22] Sie dienten auch als Transportschiffe füpr die Flotte. Wie die karfar wurden sie auch über Land gezogen. Privatschiffe waren meist skútur mit 30 Mann Besatzung. In der Regel waren sie nur für den praktischen Gebrauch ausgestattet und schmucklos.
Langschiff
Siehe Artikel Langschiff
Langschiffe (langskip) waren Kriegsschiffe (herskip). Sie wurden nach der Zahl der Rudersitze (sessa) oder der Räume (rúm) einer Seite bezeichnet.[23] Ein Schiff mit 30 Rudersitzen auf einer Seite war ein „þritugsessa“, eines mit 25 Sitzen halfþritugt skip, eins von 35 Sitzen halffertugt skip. Dass der Dreißigsitzer 60, der Fünfunddreißigsitzer 70 Riemen hatte, ergibt sich aus den Angaben über Ormurin skammi Dreißigsitzer) und das große Drachenschiff des Königs Harald Hardråde (Fünfunddreißigsitzer).[24] Größere Schiffe waren selten. Håkon Jarl wird ein Vierzigsitzer, dem dänischen König Knut dem Großen ein Sechzigsitzer zugeschrieben. Herzog Skúli (1239) hatte einen Sechsunddreißigsitzer und Bischof Håkon Erlingsson einen Fünfundvierzigsitzer. Dagegen hatte der berühmte Ormurin langi nur 34 Sitze. Die Zahl der Sitze gibt aber keinen sichewren Hinweis auf die Größe des Schiffes. Die „Mariussúð“ des Königs Sverre hatte 32 Sitze und war doch das größte Schiff im Lande.[25] Im Jahre 1206 sollen drei Langschiffe mit zwei Riemenreihen gebaut worden sein.[26]
Sowohl das Osebergschiff als auch das Gokstad-Schiff hatten nur 16 Ruderbänke.
Die Langschiffe waren in ihrer Seetüchtigkeit beschränkt. Es handelte sich überspitzt formuliert um Schönwetterschiffe.[27]
Schiffsnamen
Besonders repräsentative Schiffe erhielten auch einen Namen. So hieß das erste große Kriegsschiff Olav Tryggvasons „Kranich“.[28] Dann brachte er noch ein Schiff aus Helgeland mit, das „Wurm“ hieß. Dann ließ er ein noch größeres Schiff bauen mit 34 Rudersitzen auf jeder Seite. Das war der Lange Wurm. Das Vorgängerschiff hieß seitdem „Der kurze Wurm“. Das Schiff Olavs des Heiligen hieß „Karlhöfði“ (Mannshaupt), weil es statt des Drachenkopfes einen geschnitzten Königskopf trug. Er hatte auch ein Schiff namens „Vísundur“ (Wisent), weil es am Steven ein Wisenthaupt trug. Auch dieses soll vergoldet gewesen sein.[29] Ein anderes Schiff ist unter dem Namen „Tranan“ überliefert. König Håkon Håkonsson nannte sein Schiff „Krosssúðina“. Man nannte auch Schiffe nach dem, der es geschenkt hatte. So hieß die von König Sveinn geschenkte Knorr „Sveinsnautr“. Oder es hieß nach dem, dem man es geraubt hatte, wie das Schiff „Halfdanarnautr“.[30] Später wurden Schiffsnamen vom gegenwärtigen Besitzer abgeleitet: „Reimarssúð“ (1370) und „Álfsbúza“ (1392). In der christlichen Zeit kamen auch oft christliche Namen in Gebrauch: „Postolasúð“, „Krosssúð“, „Ólafssúð“, „Katrínarsúð“, „Sunnifasuð“ u.s.w. Erst im 15. Jahrhundert enthalten die Schiffe Heiligennamen ohne Zusatz, z.B. „Pétr sanctus“.
Die Mannschaft

Die Besatzung wurde in norrøn „skipssögn“[31], „skipshöfn“[32], „sveit“[33], „skipverjar“[34], oder „skiparar“ genannt. Das lässt darauf schließen, dass es keinen Berufsstand eines seefahrenden Volks gab, der einen terminus technicus hätte ausbilden können.
Über die Besatzung gibt das Gulathingslov in §§ 299 ff. Auskunft. Danach gab es einen Schiffsführer („stýrimaður“, „skipstjórnamaðr“, „skipdróttinn“, „skipherra“) (beim Kriegsschiff nach Möglichkeit unverheiratet und ohne eigenen Hausstand). Er wurde auf Kriegsschiffen in der Regel vom König ernannt und hatte unbeschränkte Befehlsgewalt.[35] Außerdem gab es einen Schiffskoch (matsveinn, matgerðarmaðr) und die vom Schiffsführer ausgesuchte Rudermannschaft („hásetar“, auf Kriegsschiffen auch „hömlumenn“).[36] Da es an Bord keine Feuerstätte gab, trat der Schiffskoch nur beim Landgang in Funktion. Nach dem bylov des Magnus Håkonsson sollte er täglich dreimal an Land gebracht werden: Einmal, um Wasser zu holen, die beiden anderen Male um zu kochen.[37] Die hásetar hatten abwechselnd die Segel und das Steuerruder zu bedienen, das Schiff zu lenzen und Wache zu halten. Für den Ausguck für das Fahrwasser sorgten die stafnbúar, für den Feind sjónarvörðr. Es gab auch weitere spezielle Wachaufgaben: Für die Schären den bergvörðr und den rávörðr für das Segel. An Land gab es den bryggjusporð für die Landungsbrücke und den strengvörðr für das Ankertau. Über die Nachtwache entschied das Los. Der Schiffsführer hatte eine beschränkte Befehlsgewalt. Es sind auch Fälle überliefert, wo in gefährlicher Lage die Mannschaft am Mast zusammengerufen über das weitere Vorgehen abstimmte.[38]
Bei Handelsschiffen war die Befehlsgewalt des Schiffsführers nicht unbeschränkt. Das hängt damit zusammen, dass Handelsschiffe oft mehreren Personen als Teileigentümern gehörten. Hinzu kamen die Eigentümer der Ladung und Passagiere. So konnten die übrigen Beteiligten Einspruch gegen das Auslaufen erheben, wenn sie das Schiff für nicht seetüchtig oder überladen hielten. Auch konnte der Kurs des Schiffes diskutiert werden.[39] Nur für die Islandfahrt waren mehrere Steuerleute an Bord erlaubt. Die Mannschaftsstärke lag hier bei 12 bis 20 Mann.[40]

Das Lenzen wurde als Schwerarbeit gleichmäßig über die Mannschaft verteilt. Wenn auf einem Zwanzigruderer (mit 40 Ruderbänken) fünf Plätze oder mehr unbesetzt waren, konnte nicht ausgelaufen werden. Die Untergrenze eines Kriegsschiffes war ein Schiff mit 13 Ruderbänken. Die Langschiffe hatten vorne ein Schanzdeck, auf dem die besten Kämpfer standen. Denn man kämpfte zu Wasser Steven gegen Steven.
Wie viele Männer auf einem Schiff zu sein hatten, wird nicht gesagt. Für ein leiðangrskip (das von der Bevölkerung im Zuge der allgemeinen Wehrpflicht zu stellen war) war vorgeschrieben, dass jede Ruderbank mit zwei Mann zu besetzen war.[41] Das ergibt sich auch aus der Anordnung im Gulathingslov, dass auf einem Schiff Nahrungsmittelknappheit festzustellen ist, wenn nicht mehr Proviant als für einen Monat von Mehl und Butter für zwei Abteilungen („tvennom sveitum“) vorhanden ist. Der Bauer Harek erhielt von König Olav Tryggvason ein Boot, „auf dem 10 oder 12 Männer rudern konnten. ... Der König gab Harek auch 30 Männer mit, tüchtige und wohlbewaffnete Burschen.“[42] Auf einem Boot mit sechs Ruderbänken konnten also neben Harek 30 Männer mit Ausrüstung transportiert werden. Über den „Langen Wurm“ wird berichtet, dass am Steven der königliche Bannerträger und bei ihm zwei Mann, auf dem vordersten Deck etwas mehr als zwölf Männer, im Vorraum vor dem Hauptdeck 30 Männer gestanden hätten. Hinzukommt noch die Rudermannschaft. Das waren 68 Mann für eine Schicht. Bei Ablösung ist mit 136 Mann zu rechnen. „Jarl Erling hatte ein Schiff mit 32 Ruderbänken und dementsprechenden Schiffsraum. Auf diesem fuhr er auf Víking oder wenn er den Heerbann aufbot. An Bord waren dann 240 Mann oder mehr.“[43]
Die Männer schliefen im rúm zwischen den Spanten unter Deck. Durchschnittlich kann mit einer Besetzung von drei bis vier Mann in einem rúm gerechnet werden. Vereinzelte Angaben über acht Mann werden bezweifelt.[44]
Auf einem Schiff gab es auch ein Schiffsgericht („mót“), das von den „reiðumenn“ auf See am Mast, an Land an der Landungsbrücke zusammengerufen wurde.[45]
Die Ausrüstung
Nach § 300 des Gulathingslov bestand die Ausrüstung des Ruderers aus Mehl und Butter für zwei Monate für jede Riemenschlinge und einem Zelt und einem Riemen. Dabei wird allerdings erwähnt, dass diese die Bonden zu stellen hätten. Aber wenn die Nahrungsmittel auf der Heimfahrt knapp wurden, dann durfte man an Land gehen und gegen Entgelt zwei Rinder eines Bauern schlachten. Daraus kann man schließen, dass auch Fleisch zum Vorrat gehörte. Außerdem gehörten getrocknete Heilbuttstreifen (riklingr)[46] und Stockfisch (skreið) wohl auch Brot dazu. Es gab Vorratsgemeinschaften, die mötunautar.[47] Für die Islandfahrt waren für zwei Mann 3 Bierfässer mit Wasser vorgeschrieben. Aber man nahm auch drykkr mit, was ohne nähere Bezeichnung Bier zu sein pflegte, möglicherweise aber war es aber Molke.[48]
Nachts wurde, wenn man vor Anker lag, der Mast umgelegt und das Schiffsdeck überzeltet.[49] Die Zelte standen offenbar quer zum Schiffsdeck, denn die Zeltöffnung war der Schiffswand zugekehrt.[50] Es handelte sich dabei um zwei Zelte, eines auf dem Vorder- (stafntjald) und eines auf dem Hinterdeck (lyptingartjald), das auf dem Königsschiff dem König zugewiesen war. Die Zelte bestanden aus mehreren Einzelstücken, die beim Zelten zusammengeknüpft wurden. Dabei überlappten sie sich wie die Schiffsplanken. An den Enden der Zelte standen zwei Giebelbretter, die unten innerhalb der Reling aufstanden, oben sich kreuzten und durch die eine lange horizontale Stange hindurchgesteckt wurde, über die die Zeltdecke geworfen wurde. Diese Firststange ruhte auf Zeltstützen. Im Zelt konnte auch Licht angezündet werden,. Man hatte sogar Tische.
Man schlief in Doppelschlafsäcken (húðfat). Die beiden, die darin schliefen, waren Schlafgenossen (húðfatfélagar), eine besonders enge Beziehung. In den Schiffen von Gokstad und Oseberg sind zwar Betten gefunden worden, sie dürften aber nicht zur normalen Ausrüstung gehört haben.[51] Unter Deck war auf jeder Seite zwischen einem Spant auch eine Kiste, die zwei Männern zur Aufbewahrung ihrer Ausrüstung diente. Die Kleidung auf See bestand in der Regel aus zusammengenähten Häuten (skinnklæði.), die aber beim Rudern ausgezogen wurde.[52]

Außerdem war ein Kochkessel (búðarketill) an an Bord. Das Frostathingslov präzisiert noch die Taue: Taue zum Hissen und Streichen der Ra, zwei Brassen, zwei Stütztaue, Haupttaue, zwei Schottaue, Hebetaue und über sechs Reffbänder. Besonderer Wert wird auf das Segel gelegt. Es wurde aus mehreren Webebahnen zusammengenäht. Zum Mast gehörte auch ein „ás“,[53] Die Taue wurden aus Seehundshaut gefertigt. Außerdem waren Schöpfgefäße (bei niedrigen Schiffen eine Schöpfkelle „austr“, bei hochbordigen ein Kübel „austrbytta“) beizubringen. Dazu gehörte auch eine Rinne (dælea) quer über das Schiff, in die das Lenzwasser gekippt wurde und durch die es dann außenbords lief.[54] Kleine Boote hatten ein kleines Loch im Rumpf mit einem Zapfen (farnagli), aus dem man das Wasser ablaufen lassen konnte, wenn das Boot am Ufer hochgezogen war. Der Königsspiegel aus dem 13. Jahrhundert dürfte ebenfalls die seit langem überkommenen Regeln ordnungsgemäßer Schiffsausrüstung wiedergeben, wenn er mahnt: „Nimm zwei- bis dreihundert Ellen Vadmel (Stoff) mit dir an Bord, die zur Ausbesserung des Segels dienen mögen, wenn es notwendig wird, viele Nadeln und genügend Fäden oder Segelbänder; wenn es auch nebensächlich erscheint, so etwas zu erwähnen, so tritt doch oft der Bedarf dafür ein. Viele Nägel musst du auch immer mit dir an Bord haben, und zwar so große, wie für das Schiff passend sind, das du gerade hast, sowohl Spieker als auch Nietnägel. Gute Lotleinen[55], Zimmermannsbeile, Hohlmeißel und Bohrer und alle anderen Werkzeuge, die zur Schiffsarbeit nötig sind.“[56] Die Liste ist offensichtlich unvollständig, da zum Beispiel der Hammer nicht genannt wird. Dazu gehörte offenbar auch ein Amboss. Denn den warf in der Schlacht Jarl Håkons mit den Jomswikingern auf einem Schiff ein Mann gegen seinen Gegner. Vorher hatte ein Kämpfer auf ihm die Parierstange seines Schwertes repariert.[57] Auf Kriegsschiffen wurden auch mehrere Enterhaken mitgeführt. Deren Einsatz wird in der Seeschlacht bei Svolder erwähnt.
Die Schiffe hatten auch Beiboote, ein kleines, das hinter dem Mast verstaut war, und ein größeres in Schlepptau. Unter dem kleineren konnte man auch schlafen.
Die Kampfausrüstung bestand neben dem Schwert und dem Schild aus dem Bogen mit mindestens zwei Dutzend Pfeilen und einem Speer. Es wurden aber in Wirklichkeit viel mehr mit geführt. Denn in den Schlachtschilderungen werden sehr lange Zeit Speere geworfen, und von König Olav Tryggvason heißt es in der Seeschlacht von Svolder, er habe während des Kampfes immer mit beiden Händen Speere geworfen. Dem zeitgenössischen Leser muss es als einleuchtend erschienen sein, dass genügend Speere auf einem Schiff vorrätig waren, um einen längeren Kampf zu bestreiten.[58]
Schiffsschäden
Der Mast, die Ra, die Riemen, das Steuerruder, die Taue und die Segel waren auf See besonders gefährdet und wurden oft beschädigt und mussten unterwegs repariert werden. Dazu hatte man die oben genannte Ausrüstung an Bord. Aber auch beim Einlaufen in den hafen oder in engen Gewässern konnte es zu Zusammenstößen kommen. Für das Ansegeln gibt das Bylov bestimmte Schadenstarife.[59]
Wenn Sturm drohte, wurden auf den niedrigeren Handelsschiffen Seitenspanten („vígi“) aufgesetzt. Sie waren lose aufgesetzt und den auf Kriegsschiffen als Brustwehr dienenden Borderhöhungen („víggyr dill“) ähnlich. Durch heftiges Schlingern konnten sich die Planken lockern. Dagegen wurde unter dem Kiel ein Tau als Quergurt („þergyrðingar“) durchgezogen und auf Deck mit Stäben festgeschnürt.[60] Außerdem wurden schadhafte Taue durch neue ersetzt.
Die Nautik
Küstenschifffahrt
Die Schiffahrt zur Wikingerzeit war im wesentlichen Küstenschiffahrt, auch im Fernverkehr. Bei der Reise an der norwegischen Küste wurde zwischen dem außerhalb der Schären befindliche þjóðleið hit ytra, útleið oder hafleið und dem innerhalb der Schären befindliche Fahrwasser þjóðleið hit innra oder innleið unterschieden. Auf entfernteren Meeren (Friesland, Mittelmeer) übernahm man die einheimischen Küstenschiffahrtsrouten. Man segelte in der Regel tagsüber und suchte gegen abend eine geschützte Bucht auf.
Seemarken
Schon immer waren für die Küstenschifffahrt Landmarken und Seezeichen von Bedeutung. Es handelte sich um charakteristische Landschaftsformationen, Inseln, Berge und Gewässermündungen. Auch bronzezeitliche Grabhügel dienten als Landmarken.[61] Außerdem wurden viele Seezeichen künstlich errichtet, Warten, Kreuze, Türme, besondere Bäume.[62] 1432 reiste der venezianische Kaufmann Pietro Querini von den Lofoten nach Süden und berichtete darüber, dass dabei die ganze Zeit nach Warten gesteuert worden sei.[63]
Lotsenwesen
Da niemand den gesamtzen Fahrtbereich kennen konnte, wurden bei Fahrten außerhalb des näheren Heimatbereichs Lotsen (norrøn: leiðsögumaðr, altschwedisch: lédhsagari) angeheuert, die die Lage der tückischen Felsen unter Wasser kannten. Der Steuermann war für die Bestellung des Lotsen verantwortlich.[64] In Bergen gab es so viele Lotsen, dass sie eine Innung bildeten.
Tiefenmessung
Merkwürdigerweise wird nirgends das Lot zur Messung der Wassertiefe erwähnt.[65] Es gibt auch kein altnordisches Wort dafür. Dies ist umso auffallender, als die Angelsachsen das Lot und den Peilstock kannten und archäologische Funde dessen Existenz auch für den skandinavischen Raum belegen.[66] Erst Olaus Magnus (16. Jh.) setzt den Gebrauch des Lots in seiner Schrift Historia de gentibus septentrionalibus als selbstverständlich voraus.[67] Als Peilstock dürfte der forkr gedient haben, eine Stange zum Abstoßen des Schiffes vom Lande oder von anderen Schiffen.
Hochseeschifffahrt
Himmelsrichtungen

Die vier Ecken des Himmels waren Norðri, Suðri, Austri, Vestri. Der Gesichtskreis war durch die vier Hauptachsen („höfuðætt“)geteilt. Dazwischen werden weitere vier Achsen gelegt so dass acht ættir entstehen. Bei deren Benennung ging man von der Nord-Süd-Achse aus und benannte die Richtungen nach ihrem Verhältnis zum Festland. Nordosten war also landnorðr, Südosten landsuðr, Nordwesten útnorðr und Südwesten útsuðr. Diese Bezeichnung wurde überall, auch in Island beibehalten. Auch die Winde wurden danach benannt: landnyrðingr, landnorðingr, útsynningr und úrnorðingr.
Navigationshilfen
Es gab noch keinen Kompass,[68] und so musste man Standort und Richtung nach der Sonne und den Sternen bestimmen. Er wurde zwar bereits im 12. Jahrhundert von Alexander Neckam beschrieben[69] und war wohl auf dem Festland bekannt, aber das Wort leiðarstein wird erst Anfang des 14. Jahrhunderts[70] in Anlehnung an das Wort leiðarstjarn („Wegstern“) gebildet. Auch der Ausdruck leiðarstjarn für den Polarstern tritt erst relativ spät auf. Da der leiðarstein zur Landnahmezeit um 870 sicher noch nicht vorhanden war, kurz nach 1300 als bekannt vorausgesetzt wird, muss er irgenwann dazwischen eingeführt worden sein. Eine geneuere Aussage lassen die schriftlichen Quellen nicht zu. Die außernordischen Berichte über den Kompass ab 1187 lassen aber den Zeitpunkt in der Nähe von 1300 als wahrscheinlich erscheinen.[71]
Im Jahre 1948 wurde in Grönland eine halbkreisförmige Holzscheibe (Bruchstück) aus der Zeit um 1200 mit einem Durchmesser von sieben Zentimetern gefunden, die an ihrem Außenrand Kerben und in der Mitte den Teil eines Loches aufweist. C. V. Sølver hat dieses Holzfragment als Peilscheibe gedeutet.[72] und eine Reihe von Publikationen sind ihm darin gefolgt. In der Mitte habe sich ein Schattenstift befunden, und aus dem Azimut der Sonne und dem Schatten des Stiftes habe man die Nordrichtung bestimmen können. Dem wird entgegengehalten, dass die Kerben am Rand unregelmäßig geschnitzt sind, obwohl man präzises Schnitzen längst beherrscht habe, also der eine Quadrant acht, der andere neun Kerben aufweist, so dass auf dem Vollkreis mehr als die vorausgesetzten 32 Kerben zu finden gewesen wären. Außerdem sei die Scheibe für diesen Zweck viel zu klein. Darüber hinaus hätte man zusätzlich Amplitudentabellen und Kalender benötigt. Man könne diesem Brettchen keine Funktion zuordnen, und so seien der Phantasie keine Grenzen gesetzt.[73] Die Argumente gegen die Deutung als Peilscheibe dürften überwiegen.
Des weiteren wird hin und wieder von einem Sonnenschattenbrett (sólskuggafjöl) geschrieben, ein Brett mit einer Nadel. Die Länge des Schattens der Nadel habe einen Rückschluss auf den Breitenkreis zugelassen. Diese Information stammt aus Niels Christopher Winthers Buch Færøernes Oldtidshistorie (Färöische Alte Geschichte). Winther gibt zwar keine Quelle an, hat diese Information aber offenbar aus den handschriftlichen Aufzeichnungen des färöischen Pastors Johan Henrik Schrøter (1771–1851). Dieser wiederum hat ältere Manuskripte ausgewertet, die aber nicht überliefert sind. Seine historische Zuverlässigkeit wird in Fachkreisen bezweifelt.[74]
1267 wird eine durchaus ungewöhnliche Beschreibung darüber geliefert, wie die nörliche Breite abgeschätzt wurde.
„… dann fuhren sie am Tage der Jakobsmesse eine große Tages-Ruderstrecke nach Süden auf Króksfjarðarheiði zu; dort fror es zu der Zeit nachts. Die Sonne schien jedoch Tag und Nacht, und sie war nicht höher, wenn sie im Süden stand, als dass sie einem Manne, der sich in einem Sechsruderer von der Bordwand an quer legte, den Schatten von der Bordwand, der der Sonne zugewandt war, ins Gesicht warf.“
Daraus ergibt sich, dass dieses Schiff keine bessere Möglichkeit an Bord hatte, den Sonnenstand zu bestimmen.
Im Sommer konnte man nur die Sonne beobachten, da die Nächte jedenfalls im höheren Norden zu hell waren. Bedeckte sich der Himmel, konnte man über einige Zeit den Winkel zum Seegang als Richtschnur verwenden. Blieb der Himmel bedeckt, so musste man aufs Geratewohl segeln.[75] Diese Situation, nicht zu wissen, wo man auf See war, hieß havilla (= Richtungloses umhertreiben auf See). Man segelte so lange als möglich in Sichtweite vom Land. Die Entfernungen wurden sehr allgemein angegeben, z. B. dass die Berge bis zur Mitte unter dem Horizont lagen. Das Entfernungsmaß war sonst „vika sjáfar“ (Seemeile)[76] Die Zeiteinheit auf See war das døgr zu 12 Stunden, das dann auch als Segelentfernung verwendet wurde. Die „Rimbegla“, eine isländische komputistische Abhandlung aus dem 12. Jahrhundert, lehrt, dass zwei Breitengrade ein døgr sigling ausmachen. Hieraus ergibt sich eine dort zugrunde gelegte Durchschnittsgeschwindigkeit von zweieinhalb geographischen Meilen pro Stunde, was etwa 10 Knoten entspräche. Da in den Quelle für größere Entfernungen über See die Strecken in døgr recht oft angegeben werden, lässt sich daraus die Durchschnittsgeschwindigkeit der damaligen Schiffe berechnen. Die Berechnungen bestätigen diese Geschwindigkeit bei optimalen Verhältnissen in etwa. Die Berechnung der Entfernung war auf hoher See eine reine Schätzung. Vor der Erfindung des Logs konnte die gefahrene Strecke nur ungefähr bestimmt werden. Mit der Zeit war es nicht besser bestellt. Der Tag wurde in eyktir eingeteilt, was dem vierten Teil des Tages entsprach - angesichts der stark variierenden Tageslängen ein sehr variables Maß. Aus Kurs und Distanz musste der Steuermann nun seinen Ort auf See abschätzen. Man versuchte auch die Höhe der Sonne zu bestimmen. Eine Nachricht über eine 1267 durchgeführte Reise in die Baffinbucht enthält folgende Höhenbestimmung für die Sonne: „Die Sonne war, wenn sie im Süden stand, nicht höher, als dass der Schatten des der Sonne zugewandten Schiffsbords einen querschiffs auf dem Deck liegenden Mann ins Gesicht traf.“[77] Diese Art der Höhenbestimmung der Sonne scheint üblich gewesen zu sein, da die oberste Planke des Schiffes „sólborð“ (Sonnenbord) genannt wurde.
Eine Wichtige Hilfe waren die Segelanweisungen. Eine frühe Küstenbeschreibung findet sich bei Ottar und Wulfstan in seinem Bericht an König Alfred den Großen über die Fahrt ins Weiße Meer. Der Bericht ist allerdings sehr ungenau, sowohl für die Entfernungen, die als Segeldauer angeben werden, ohne die Geschwindigkeit des Schiffes anzugeben, als auch die Richtungen, die nur sehr grob als Haupthimmelsrichtungen beschrieben werden. Die Segelbeschreibungen bei Adam von Bremen in seinen Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum IV, 1 müssen außer Betracht bleiben, da es sich um nachwikingerzeitliche Zusätze handelt.[78] Dagegen ist seine grobe Reisebeschreibung über die Fahrt von Frisen an den Orkneys vorbei nach Island in IV, 40 seines Werkes bis dorthin durchaus glaubwürdig zeitgenössisch.
Die Schifffahrt war in hohem Grade abhängig von der Windrichtung. Als günstiger Fahrtwind konnte nur der von hinten einfallende Wind betrachtet werden, der „byrr“ genannt wurde. Am Winde zu kreuzen war nicht möglich, da der dazu erforderliche Kiel fehlte. Es gab nicht einmal ein Wort dafür. Bei ungünstiger Windrichtung musste man halsen, wodurch das Schiff einen Kreis nach rückwärts fährt und an Weg verliert. Am Winde zu segeln nannte man „beita“, das von bíta (beißen) abgeleitet ist. Die Norweger verstanden schon recht früh am Winde zu segeln, während Ottar nur vor dem Winde segeln konnte und bei Kursänderung auf die Änderung der Windrichtung warten musste. Nicht alle Schiffe konnten also am Winde segeln. Die Alten warteten lieber tage- ja wochenlang auf günstigen Wind und klaren Himmel, als dass sie ins Ungewisse hinaussegelten. Im Königsspiegel wird daher geraten, nicht nach dem Anfang Oktober[79] und nicht vor April[80] auf große Seefahrten zu gehen. Für Island galt das Verbot für Handelsschiffe, nach dem 8. September (Jónsmessa) abzusegeln.[81] Manchmal musste das Segel vollständig geborgen und der Mast umgelegt werden. Das wurde auch bei Windstille praktiziert, wo das Schiff dem Steuer nicht gehorcht, oder bei Gegenwind. Man ließ dann das Schiff treiben („leggja í rétt“). Dabei entstand die Gefahr, dass das Schiff den Wellen die Breitseite zuwandte. Dem musste entweder durch Rudern oder durch erneutes Setzen des Segels begegnet werden, damit man dem Wind dann wenigstens das Heck zuwendete. Treibanker oder gleichwertige Vorrichtungen, ein Schiff rechtwinklich zu den Wellen zu halten, gab es nicht.
Auf Sturm reagierte man zunächt mir Verkleinern des Segels. Dies geschah durch durch Heben des unteren Teils des Segels mit Tauen vom Schiffsdeck aus. Dazu waren im Segel an den verstärkten Rändern Löcher angebracht, durch die ein Tau aufwärts abwechselnd von vorn nach hinten und von hinten nach vorn durchgezogen und dann zum Deck hin umgelenkt wurde. Wenn man am Tau zog, wurde das Segel von unten hinauf in Falten gelegt. Wenn der Wins aber dafür zu stark war, indem der Druck des Windes auf das Masttop zu stark wurde, wurde stattdessen die Rahe abgesenkt und das Segel unten gerefft. Durch Verknüpfung der Reffbänder, von denen ein Leidangsschiff mindestens sechs haben sollte,[82] konnte das Segel auf ein Minimum von einem Reff reduziert werden. Wenn man auch mit einem einzigen Reff nicht mehr segeln konnte, wurde das Segel geborgen. Da ein schwankender Mast den Mastschuh stark belastet und den Kiel beschädigen kann, wurde der Mast umgelegt.[83] Wenn man das nicht mehr konnte, dann kappte man ihn. Man verringerte den Tiefgang, indem man Ladung über Bord warf.[84]
Dass Land hinterm Horizont in der Nähe war, erkannte man an den Vögeln. So gab es eine Segelanweisung für die Fahrt von Norwegen nach Grönland, dass man so weit südlich von Island segeln solle, dass man Vögel vom Land sehe („hafa fugl of landi“).[85] Auch hatte man zu diesem Zwecke selbst Vögel an Bord. Flóki ließ auf der Fahrt von den Shetlands nach Island Raben aufsteigen, um festzustellen, in welcher Richtung das Land liege.[86] Diese Methode ist sehr alt und wird schon von Plinius erwähnt.[87] Es gab auch an Land natürliche Kennzeichen, aber auch künstliche Wahrzeichen („viti“). Auf den Orkneys wurden bei Annäherung eines Schiffes Feuer entzündet („slá eldi í vita“). Aber auch Baken und Bäume, die auf Untiefen gestellt wurden, waren in Gebrauch. Auch diese Methode war schon früh in Gebrauch. Im Eddalied „Helgakviða Hjörvarðssonar“ heißt es: Vorlage:Spalten
Wichtig war auch die Kenntnis der Meeresströmungen und -gezeiten („fløðar“), da man nicht gegen die Strömung segelte.
Fußnoten
- ↑ Vita Anskarii Kap. 7.
- ↑ Egils saga Kap. 27.
- ↑ Þorbjörn Hornklofi in Heimskringla, Haralds saga hárfagra. Kap. 18.
- ↑ Heimskringla. Magnúss saga góða. Kap. 7.
- ↑ Heimskringla. Ólafs saga helga. Kap. 123: „Da kam ein Lastschiff gerade auf sie zugefahren. Und leicht war das Schiff kenntlich: Am Vorderteil war es auf beiden Seiten bemalt und mit weißer und roter Farbe bestrichen, außerdem trug es ein gestreiftes Segel.“
- ↑ Heimskringla. Ólafs saga helga. Kap. 50.
- ↑ Heimskringla. Ólafs saga helga. Kap. 147.
- ↑ Landnámabók Kap. 164.
- ↑ Heimskringla. Ólafs saga helga. Kap. 147.
- ↑ Heimskringla. Ólafs saga helga. Kap. 158.
- ↑ Falk S. 90.
- ↑ Auch sexærr bátr, skip sexært. Altdänisch siæxæring, norwegisch seksæring oder seksring.
- ↑ Falk S. 90. Heute bezeichnet das Wort sexæringr auf den Färöern ein von 12 Mann gerdudertes Fahrzeug, also mit 6 Riemen auf jeder Seite. (Falk a. a. O. Fn. 1).
- ↑ Diplomatarium Islandicum Bd. I S. 597.
- ↑ Diplomatarium Islandicum Bd. II S. 635.
- ↑ Falk S. 91.
- ↑ Falk S. 91; Johan Fritzner: Ordbog over Det gamle norske Sprog. Oslo 1954. III S. 711.
- ↑ Jónsbók, landsleigubálkr 45.
- ↑ Zum vorigen Falk S. 92.
- ↑ Falk S. 95.
- ↑ Falk S. 95 zitiert: með margar skútur og eitt langskip. (Mit vielen skútur und einem Langschiff) und weitere Beispiele.
- ↑ Falk S. 95 mit Fundstellen.
- ↑ In Schweden scheint die Gesamtzahl der Rudersitze maßgeblich gewesen zu sein. Die altschwedische fiæþærtiugh sæssa (Vierzigsitzer) entsprach der altnordischen tuttusessa (Zwanzigsitzer). Falk S. 97.
- ↑ Falk S. 97 mit Zitaten aus den Quellen.
- ↑ Falk S. 97 mit weiteren Beispielen.
- ↑ Falk S. 97 f.
- ↑ Falk S. 12.
- ↑ Heimskringla. Ólafs saga Tryggvasonar. Kap. 72.
- ↑ Heimskringla. Ólafs saga helga. Kap. 144.
- ↑ Falk S. 32.
- ↑ „... en að lyktum tóku menn Magnúss konungs hann með skipsögn sína ...“() Magnúss saga berfætts (Die Geschichte von Magnus Barfuß). Kap. 9.
- ↑ var Eindriði drepinn og öll hans skipshöfn (wurde Eindriði getötet und seine ganze Schiffsmannschaft) Flateyarbók I, 448.
- ↑ „Þá gekk sjálfur Magnús konungur með sína sveit upp á skipið“ Magnúss saga góða. (Die Geschichte von Magnus dem Guten) Kap. 30.
- ↑ „Vóru þá skipverjar engir sjálfbjarga nema Skald-Helgi“ (Da war von der Mannschaft keiner, der sich hatte retten können außer Skald-Helgi) Skáld-Helga saga. Kap. 7.
- ↑ Gulathingslov § 299; Frostathingslov VII, 7.
- ↑ Falk S. 5.
- ↑ bylov IX, 16.
- ↑ Falk S. 5.
- ↑ Schnall S. 10.
- ↑ Schnall S. 11.
- ↑ Frostathingslov VII, 13; Landslov III, 10; Bylov III, 11.
- ↑ Heimskringla. Ólafs saga Tryggvasonar. Kap.75.
- ↑ Heimskringla. Ólafs saga helga. Kap. 22.
- ↑ Falk S. 97 f.
- ↑ Falk S. 5.
- ↑ Frostathingslov II 37.
- ↑ Davon leitet sich der Matrose ab. Falk S. 8.
- ↑ Falk S. 8.
- ↑ Egils saga Kap. 27: „Hallvard und Sigtrygg hatten ihr Schiff überzeltet und sich zum Schlaf niedergelegt.“
- ↑ Nur so bekommt der Text: „Þá hljóp konungr ór lyptingunni, ok varð hann svá reiðr, at hann hljóp út um skarirnar.“ (Da lief der König aus seinem Zelt, und er war so wütend, dass er durch die Zelttür außenbords lief) einen Sinn. (spretta skörum = die Bänder, mit denen das Zelt verschlossen ist, lösen). Falk S. 12.
- ↑ Falk S. 9.
- ↑ Falk S. 9.
- ↑ Frostathingslov VII, 5. Ein sonst nicht bekanntes Wort, das Meißner mit „Stenge (zum Ausbreiten des Segels)“ übersetzt.
- ↑ Falk S. 6.
- ↑ Wohl falsche Übersetzung. „sókn“ sind Suchhaken, um Gegenstände aus dem Wasser an Bord zu holen.
- ↑ Königsspiegel Kap. 4. Ausgabe von Meißner (1944) S. 39.
- ↑ Heimskringla. Ólafs saga Tryggvasonar. Kap. 41.
- ↑ Heimskringla. Ólafs saga Tryggvasonar. Kap. 109.
- ↑ Bylov des Königs Magnus IX, 18.
- ↑ Örvar-Odds saga Kap. 9. Dass die Saga selbst unhistorisch ist, ist für die Glaubwürdigkeit dieses Details bedeutungslos.
- ↑ Beowulf3156–3158: „Es errichteten dann die Leute der Wettern einen Hügel auf dem Kap. Der war hoch und breit, den Wogenfahrenden weithin sichtbar.“
- ↑ Schnall S. 58.
- ↑ Schnall S. 59. Querini schreibt: „So segelten wir von da 15 Tage beinahe ständig mit gutem Wind, und immer steuerten wir nach Warten ganz oben auf den Inseln, die das beste und tiefste Fahrwasser anzeigten.“
- ↑ Falk S. 21.
- ↑ Einige Übersetzer haben gemeint, es dennoch gefunden zu haben. Falk übersetzt das Wort „pendulas“ in der Historia Norwegiae mit Lot. Aber zum einen heißt Lot „pendulum“ und ein feminines Substantiv ist nicht nachweisbar, zum anderen handelt es sich an der Stelle um ein Geschehen auf hoher See, wo ein Lot nicht zum Einsatz kommt. Schnall S. 52 hält es für ein Adjektiv, das an dieser Stelle zu „undas“ gehört und mit „ungewissen Wogen des Meeres“ zu übersetzen ist. Rudolf Meßner meint in dem Wort „sókn“ im Königsspiegel das Senkblei erwähnt zu finden. Aber alle Belegstellen für „sókn“ bezeichnen damit einen Suchhaken, mit dem Gegenstände aus dem Wasser an Bord geholt werden können. Das Lexicon Poeticum von Finnur Jónsson meint, das Wort blývarða im Gedicht Lilja von Eysteinn Ásgrímsson (14. Jh.) bedeute Bleilot. Aber dieses Wort kommt sonst nirgends vor (Hapax legomenon), steht in einem Binnenreim und dürfte eine Neubildung aus Gründen der Formgesetze sein und das Hauptgewicht an dieser Stelle, die den blitzartiken Sturz der aufsässigen Engel wie Blei in die Tiefe schildert, liegt auf dem Bleigewicht und nicht auf Tiefenmessung.
- ↑ Schnall S. 49.
- ↑ Liber II , cap. 12 und Liber XII cap. 19.
- ↑ In der Landnámabók wird von Flóki Vilgerðarson gesagt, er habe Raben mitgenommen, „því at þá hoðu hafsiglingearmenn engir leiðarstein í ðann tíma í Norðrlöndum.“ (weil zu jener Zeit die Seefahrer in den Nordländern keinen „leiðarstein“ [Wegstein] besaßen). Landnámabók Kap. 2.
- ↑ Erstmals in der Schrift De utensilibus von 1187; allerdings ist die Stelle nur korrupt überliefert, dann aber auch in seiner Schrift De naturis rerum Buch 2 Kap. 98. Es gibt noch weitere Erwähnungen aus späterer Zeit, darunter die Beschreibung des Franzosen Guiot de Provins (um 1206), wonach eine Eisennadel mit Hilfe eines Magnetsteins magnetisiert und der Länge nach durch einen Halm gesteckt wurde, der dann auf dem Wasser schwamm. In allen Quellen wird aber betont, dass er nur dann verwendet wurde, wenn auf Grund des Wetters die astronomische Navigation unmöglich war. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass der Kompass um das Jahr 1000 eine schwere Missweisung aufwies. Der magnetische Nordpol lag zu der Zeit etwa bei Sewernaja Semlja, so dass die Nadel z.B. in Trondheim nach N-O zeigte (Schnall S. 82).
- ↑ Landnámabók in der Fassung der Hauksbók (um 1307 geschrieben). Dort wird zwar der Kompass in der Geschichte von Flóki erwähnt, aber gleichzeitig gesagt, dass er zur Landnahmezeit nicht vorhanden war. Ab wann er eingesetzt wurde, lässt sich daraus nicht ermitteln.
- ↑ Schnall S. 83.
- ↑ Carl V. Sølver: The Discovery of an Early Bearing-Dial. In: Journal of the Institute of Navigation, 6, (1953) 294-196.
- ↑ Im einzelnen zu dem Für und Wider siehe Schnall S. 87 f.
- ↑ Schnall S. 91. In Dansk Biografisk Leksikon von 1941 wurde ihm sogar Verfälschung der färöischen Tradition bescheinigt.
- ↑ „en þá tók af byrina ok lagði á norrænur ok þokur, ok vissu þeir eigi, hvert at þeir fóru, ok skipti þat mörgum dægrum. “ (Da ließ der Fahrtwind nach und sie gerieten in Nordwind und Nebel. Sie wussten nicht, wo sie sich befanden, und das währte mehrere Tage.) Grænlendinga saga Kap. 2.
- ↑ Vika bedeutet eigentlich regelmäßiger Wechsel, später die Woche. Es handelt sich um die regelmäßige Ablösung beim Rudern und in diesem Zusammenhang die Strecke, nach der die Ruderer abgelöst werden. Alexander Johannesson, Isländisches etymologisches Lexikon S. 115. Die Strecke wird heute auf vier bis fünf nautische Seemeilen angesetzt. „Rimbegla“, eine gelehrte altisländische Abhandlung aus dem 12. Jahrhundert, sagt, dass die „tylft“ (= 12 vikur) einen Breitengrad ausmache. In anderen Quellen wird die Umsegelung Islands mit 12 tyftir angegeben, was 210 geographische Meilen entspricht und der Wirklichkeit sehr nahe kommt.
- ↑ Grönlands historiske Mindesmærker III, S. 238 ff.
- ↑ Quellen des 9. und 11. Jahrhunderts zur Geschichte der Hamburgischen Kirche und der Reiches. Darmstadt 1978. S. 155, 437.
- ↑ Kap 22.
- ↑ Kap 23.
- ↑ Jónsbók § 4.
- ↑ Frostathingslov VII, 4.
- ↑ Falk S. 14 mit weiteren Nachweisen.
- ↑ Das Bylov trifft dazu in Kap. IX 9 nähere Bestimmungen.
- ↑ Landnámabók Kap. 2.
- ↑ Landnámabók Kap. 5.
- ↑ Naturalis historia VI, 22.
Literatur
- Hjalmar Falk: Altnordisches Seewesen. Sonderdruck aus Wörter und Sachen Bd. 4. Heidelberg 1912.
- Uwe Schnall: Navigation der Wikinger. Schriften des Deutschen Schiffahrtsmuseums 6. Hamburg 1975.
Siehe auch
Wikingerschiffbau · Wikingerlangschiff · Geschichte des Wikingerschiffbaus · Schiffsfriedhof von Skuldelev