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Fallibilismus

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Der Fallibilismus ist eine Grundsatzposition in der Erkenntnistheorie. Fallibilisten behaupten, dass es (in einem bestimmten Erkenntnisbereich oder überhaupt) keine absolute Gewissheit geben könne. Es lasse sich nie ausschließen, dass das, was wir soeben als wahr akzeptiert haben, falsch sein könnte: Wir können uns stets irren.

Anders gesagt: Eine Rechtfertigungsstrategie mit dem Ziel, eine Letztbegründung zu erreichen, kann nie zum endgültigen Erfolg führen; also bleibt uns nur, ständig unsere Überzeugungen auf Irrtümer hin zu prüfen und ggf. zu revidieren.

Fallibilisten sind keine Relativisten, die vertreten, dass es keine absolute Wahrheit gäbe. Die fallibilistische Position setzt vielmehr voraus, dass es eine absolute Wahrheit gibt, die unsere Überzeugungen verfehlen könnten. Fallibilisten sind auch keine Nihilisten, die vertreten, dass wir uns immer irren würden. Sie sagen lediglich, dass wir uns immer irren könnten. Fallibilisten brauchen auch keine Skeptiker zu sein, die vertreten, dass wir immer Grund zu Zweifel an unseren Überzeugungen hätten. Die fallibilistische Position besagt also an sich nicht, dass es keine gerechtfertigten Überzeugungen gäbe, sondern nur, dass auch die beste Rechtfertigung einen möglichen Irrtum niemals ausschließen kann. Fallibilistische Positionen implizieren demnach nicht, dass unsere Überzeugungen niemals Wissen sein könnten; sondern nur, dass wir niemals sicher sein können, ob sie wahres Wissen sind.

Als Vertreter fallibilistischer Positionen in der Antike sind unter anderen Arkesilaos und Karneades bekannt. In der modernen Philosophie sind beispielsweise Fries und Peirce zu nennen.

Das bekannteste Beispiel für eine fallibilistische Position ist Poppers Kritischer Rationalismus.[1]

Poppers fallibilistische Position wurde von seinem Schüler Bartley zu einem pankrititischen Rationalismus erweitert.[2]

Hans Albert bezog den Fallibilismus als Methode der kritischen Prüfung (unter Verzicht auf die Suche nach Letzbegründungen) auch auf das Gebiet rationaler Praxis (Methodologie, Ethik, Politik, Wirtschaft, ...). Zudem verwies er auf verschiedene Ansätze, den Fallibilismus auch auf dem Gebiet der Grundlagen der Mathematik anzuwenden. [3]

Poppers Falsifikationismus bezieht sich auf Aussagen im Rahmen der empirischen Wissenschaft bezieht, wofür er das Problem einer logischen Induktion (d.h. der Schluss von einer Einzelaussage auf eine Allgemeinaussage) für unlösbar hält. Demgegenüber wurden andere Aussageklassen ins Feld geführt, bezüglich derer die Frage: Fallibilismus oder Letztbegründung neu gestellt wurde. Dazu gehören etwa die Performativa ("Hiermit taufe ich Dich 'Hans'"), bestimmte psychologische Selbstauskünfte ("Etwas tut mir jetzt weh"), Aussagen der Logik ("p ↔ nicht nicht p") und der Mathematik ("1+1=2"), sowie Tautologien oder analytische Aussagen ("Der Satz: 'Schnee ist weiß', ist genau dann wahr, wenn Schnee weiß ist."). Viele vertreten, in einem oder mehreren dieser Fälle sei absolute Gewissheit sehr wohl zu erreichen. Manche sind auch der Auffassung, bestimmte Aussagen seien weder wahr noch falsch, weshalb hier von Irrtum nicht gesprochen werden könne. In dem von ihm so genannten Münchhausen-Trilemma vertritt Hans Albert indes die These, dass der Fallibilismus universell anwendbar sei, ungeachtet der gewählten Erkenntnisform sowie der benutzten Art und Weise, diese auf ein sicheres Fundament zurückzuführen. Da man selbst die Grundlagen von Logik und Mathematik in Frage stellen kann, gelangt man schlussendlich zur Frage nach einer Minimallogik, d.h. einem Minimum an Regeln, das erforderlich sei, um überhaupt noch miteinander argumentieren zu können.

Anmerkungen

  1. "Später habe ich diese Idee der Unsicherheit oder der Fehlbarkeit aller menschlicher Theorien, auch der am besten bewährten, 'Fallibilismus' genannt. (Dieser Ausdruck kommt meines Wissens zuerst bei Charles Sanders Peirce vor.) Aber natürlich ist der Fallibilismus kaum etwas anderes als das sokratische Nichtwissen." (Karl R. Popper, Die beiden Grundprobleme der Erkenntnistheorie. Aufgrund von Manuskripten aus den Jahren 1930-1933, 2. verbess. Auflage Tübingen 1994, S. XXI)
  2. "Nichts wird begründet, alles wird kritisiert." (W. W. Bartley, III, Flucht ins Engagement, Tübingen 1987 (zuerst: La Salle, Ill. 1962), S. 122).
  3. Imre Lakatos: Infinite Regress and Foundations of Mathematics. In: The Aristotelian Society. Suppl. Vol. XXXVI, 1962; Alexander Israel Wittenberg: Vom Denken in Begriffen. Mathematik als Experiment des reinen Denkens. Basel Stuttgart 1957