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Verlorener Zug

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Als der Verlorene Zug oder Zug der Verlorenen wird der letzte von drei Todestransporten bezeichnet, mit denen während der Zeit des Nationalsozialismus in der Endphase des Zweiten Weltkrieges Häftlinge vom Konzentrationslager Bergen-Belsen abtransportiert wurden, als sich die britischen Truppen dem Lager näherten. Dazu wurden Anfang April 1945 drei Transportzüge mit je 2.500 jüdischen Häftlingen zusammengestellt und eingesetzt; ihr Ziel war das Konzentrationslager Theresienstadt im Sudetenland.

Der letzte dieser drei Züge strandete schließlich nach einer Irrfahrt durch ganz Deutschland in der Nähe der brandenburgischen Gemeinde Tröbitz. Am 23. April 1945 fanden vorrückende Truppen der Roten Armee den Zug und befreiten die Häftlinge, von denen 198 die Fahrt nicht überlebt hatten. In den nachfolgenden Wochen starben weitere 320 Menschen unter den Nachwirkungen des Todestransportes infolge einer Epidemie.

Datei:Deportation to Chelmno.JPG
In solchen Zügen wurden die Gefangenen transportiert. (Dieses Bild stammt aus dem polnischen Chełmno)

Chronologie

Überlieferte Fahrtstrecke des Zuges[1][2][3]
10. April 1945 Bergen-Belsen
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Soltau
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Munster
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Uelzen
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
14. April 1945 Lüneburg
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Lauenburg
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Ludwigslust
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Wittenberge
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
18. April 1945 Berlin
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Luckenwalde
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Königs Wusterhausen
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Lübben
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Lübbenau
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Senftenberg
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
19./20.April 1945 Schipkau
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Finsterwalde
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
Doberlug-Kirchhain
U-Bahn-Haltepunkt / Haltestelle
20.-22. April 1945 Langennaundorf
23. April 1945 Tröbitz

Nachdem der Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, angewiesen hatte, kein Konzentrationslager (KZ) sowie keinen der darin internierten Häftlinge in die Hände des Feindes fallen zu lassen, wurden KZ-Häftlinge von der SS zu Todesmärschen gezwungen oder mit Zügen zu den eingerichteten Vernichtungslagern abtransportiert.

Als die britischen Truppen sich dem Konzentrationslager Bergen-Belsen im Landkreis Celle näherten, wurden vom 6. bis 11. April 1945 drei Züge mit je 2.500 sogenannten Austauschjuden in ca. 45 Viehwaggons zusammengestellt, um diese in das Konzentrationslager Theresienstadt zu bringen. Einer dieser Todestransporte erreichte sein Ziel; ein zweiter wurde in Farsleben[4] bei Magdeburg von amerikanischen Truppen befreit.[5]

Der letzte dieser drei Züge verließ in der Nacht zum 11. April 1945 das typhus-verseuchte KZ Bergen-Belsen, nur fünf Tage vor dessen Befreiung. Die Insassen des Zuges, bestehend aus jüdischen Männern, Frauen und Kindern aus mehr als zwölf Nationen, wurden in die Viehwaggons gepfercht. Es begann eine qualvolle Fahrt durch ganz Deutschland. Der Transport setzte sich zuerst über Soltau, Lüneburg und Lauenburg in Bewegung, dann in Richtung Berlin, wo er schließlich am 19. April 1945 eintraf. Von hier aus fuhr er weiter südwärts über Königs Wusterhausen, Lübben, Lübbenau und Schipkau in Richtung Falkenberg/Elster.

Wie ein „Geisterzug“ rollte er in den letzten Kriegstagen durch den immer enger werdenden Korridor im noch nicht befreiten Teil Mitteldeutschlands. Während seiner Fahrt wurde er durch tieffliegende Flugzeuge mit Maschinengewehrfeuer und Bomben angegriffen, was auch zu Todesopfern im Zug führte. Daraufhin befahl der Zugführer, die Waggons mit allen auffindbaren weißen Laken und Tüchern zu bespannen. Durch die katastrophalen sanitären und hygienischen Verhältnisse kam es schließlich zu einer Flecktyphus-Epidemie unter den geschwächten und teils schwerkranken Häftlingen. Viele starben während der Fahrt an Krankheit, Hunger und Erschöpfung. Wenn der Zug hielt, wurden durch die SS die Waggontüren geöffnet, die Toten ausgeladen und einfach neben den Gleisen verscharrt.

Am 20. oder 21. April 1945 rollte der Zug, an dem weiße Fahnen flatterten, in Richtung Falkenberg/Elster durch Tröbitz und blieb vor der inzwischen gesprengten Elsterbrücke nahe des Dorfes Langennaundorf am Kilometer 101,6 stehen. Am 22. April 1945 wurden hier 16 Tote in einem Massengrab beerdigt, an dessen Stelle im Jahre 1989 eine Gedenkstätte errichtet wurde. Am folgenden Morgen fanden die vorrückenden Truppen der Roten Armee am Kilometer 106,7 unweit von Tröbitz den Transport. Hierhin war der Zug am Vortag mit einer Lok der Beutersitzer Braunkohlenwerke noch gebracht worden. Den russischen Soldaten bot sich ein Bild des Schreckens; in vielen Waggons lagen noch die Toten des vorhergehenden Tages inmitten der Überlebenden. Am Ende waren es 198 Menschen, die während der Fahrt starben.[6]

Die Bergarbeitergemeinde Tröbitz mit ihren damals etwa 700 Einwohnern sah sich plötzlich rund 2000 ausgehungerten und todkranken jüdischen Menschen gegenüber, denen schnell geholfen werden musste. Viele Tröbitzer leisteten Hilfe; und Angehörige der Roten Armee leiteten Maßnahmen ein, die Not der Menschen zu lindern sowie ein Ausbreiten der Typhus-Epidemie zu verhindern und diese zum Stillstand zu bringen.

„Gedenkstätte des Holocaust“ in Tröbitz (Nahaufnahme einer Tafel)

Die Stärkeren des Transports bildeten eine Art Selbstverwaltung, welche die Verteilung der von den Russen gelieferten Lebensmittel und die Unterbringung in einem ehemaligen Barackenlager für Zwangsarbeiter, dem Nordfeld, sowie die Beerdigungen an verschiedenen Grabstätten organisierte. Jüdische Ärzte – bis dato selbst Gefangene – halfen bei der Pflege und Behandlung der Kranken. Einige erkrankten selbst und starben, wie die Namenstafeln auf dem jüdischen Friedhof in Tröbitz beweisen.

Es folgte eine angsterfüllte Zeit, denn der Typhus beherrschte den Ort. Bis die Epidemie zum Stillstand kam, starben innerhalb von acht Wochen 320 Männer, Frauen und Kinder.[7] Unter ihnen befanden sich auch 26 Tröbitzer, die sich angesteckt hatten. Die letzte Tote des Transportes, die Niederländerin Klara Miller, wurde am 21. Juni 1945 auf dem jüdischen Friedhof beerdigt.

Am 13. Mai 1945 fuhren Menachem und Miriam Pinkhof mit Fahrrädern in Tröbitz los, um in ihre niederländische Heimat zurückzukehren. Am 9. Juni 1945 passierten sie die niederländische Grenze mit einem Memorandum für das Auswärtige Amt in Den Haag, in dem sie über den dritten Zug und den Zustand der Geretteten berichteten. Durch sie erfuhren die westlichen Alliierten von dem verlorenen Transport aus Bergen-Belsen. Daraufhin nahmen amerikanische Verbindungsoffiziere Kontakt zu sowjetischen Armeestellen auf und fuhren nach Tröbitz, um den Wahrheitsgehalt zu prüfen und die Repatriierung einzuleiten. Bereits vor Ablauf der vierwöchigen Quarantäne begann am 16. Juni 1945 die Rückführung der Überlebenden. Bis Ende August 1945 hatten dann, bis auf eine Familie, alle den Ort wieder verlassen.[8][9]

Einige Überlebende

Die Überlebenden des Transportes hatten auch nach der Befreiung weiter zu leiden. Die im Zug ausgebrochene Flecktyphus-Epidemie forderte auch noch in Tröbitz ihre Opfer. Einige der Überlebenden berichteten später über ihre Erlebnisse oder kamen an den Ort der Befreiung zurück. Ansprechpartner war hier meistens Erika Arlt, die den Weitgereisten oft Gastfreundschaft bot. Innerhalb vieler Jahre hat sie die Schicksale der Menschen aus dem Todeszug erforscht und darüber Mitte der 1990er Jahre eine informative Schrift publiziert. Am 2. Juni 1997 wurde ihr durch den Bundespräsidenten Roman Herzog das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

  • Menachem und Mirjam Pinkhof – Sie übergaben dem Auswärtigen Amt in Den Haag das Memorandum.
  • Die Schwestern Hannah (eine Schulfreundin von Anne Frank) und "Gabi" Rachel Goslar – Sie gelangten mit Hilfe von Otto Heinrich Frank später in die Schweiz.
  • Renata Laqueur – Die Tochter von Ernst Laqueur ist heute Sprach- und Literaturwissenschaftlerin.
  • Richard Bleiweiß – Dieser besuchte die Gedenkstätte Langennaundorf 1993.
  • Judy Morton – Sie war damals 13 Jahre alt.
  • Naomi Rifka Tal – Sie stammt aus Amsterdam. [10]
  • Marion Blumenthal-Lazan – Sie war damals 10 Jahre alt und befand sich mit ihrer Mutter, ihrem damals 12-jährigen Bruder und ihrem Vater, der sechs Wochen später an Typhus starb, im Zug. Die Familie stammte aus Hoya an der Weser. Heute lebt Marion Blumenthal in New York und erzählt in Schulen ihre Geschichte.
  • Abel J. Herzberg – Der niederländische Anwalt und Schriftsteller veröffentlichte 1950 das Buch "Zweistromland", in dem er über seine Erlebnisse in Bergen-Belsen berichtete. Er starb 1989 in Amsterdam. [11]
  • Jupp Weiss – Der Judenälteste von Bergen-Belsen schmuggelte die vielen Namenslisten aus dem Lager Bergen-Belsen, über die das Schicksal von Anne Frank und ihrer Schwester Margot bekannt wurde. Seine Frau Erna verstarb wenige Wochen nach der Befreiung am Fleckfieber. [12]

Tote

Am Ende forderte der Transport über 500 Tote. Sie stammten aus Albanien, Frankreich, Jugoslawien, Polen, Paraguay, Montenegro, Ecuador, Griechenland, den Niederlanden, Peru, El Salvador, Ungarn und Deutschland. Einige waren staatenlos. Beerdigt wurden sie an den Plätzen der heutigen Gedenkstätten oder einfach in der Nähe der Bahngleise. Später sind einige der Toten umgebettet worden. Die genaue Anzahl der Opfer wird wahrscheinlich nie geklärt werden können.

Gedenkstätten

Bereits im Sommer 1945 gab es Vorschläge und erste Aktivitäten, um ein Denkmal für die Opfer des Verlorenen Zuges zu errichten. Die jüdischen Überlebenden machten Vorschläge für die Inschriften auf den Tafeln der Massengräber, welche jedoch nicht die Zustimmung der sowjetischen Komandanten bekamen.

Gedenkstätten in Tröbitz

Der jüdische Friedhof

Dieser befindet sich unmittelbar hinter der rechten Mauer des christlichen Friedhofs von Tröbitz. Hier fanden 125 Opfer aus dem Verlorenen Zug, welche in den Häusern des Ortes gestorben waren, auf einem 1945 eingerichteten jüdischen Friedhof ihre letzte Ruhe. 1947 wurden im Auftrag der französischen Umbettungsmission 43 der hier beigesetzten Toten exhuminiert und in ihre Heimatländer überführt. Die verbliebenen Gräber erhielten Grabplatten mit den Namen und Daten der Toten und wurden eingefasst. Der jüdische Friedhof wurde am 4. September 1966 zur Mahn- und Gedenkstätte bzw. zum jüdischen Ehrenfriedhof erklärt und von Rabbinern eingeweiht. Zwei Davidsterne kennzeichnen das Eingangstor zum Friedhof in Tröbitz.

Auf einem zu diesem Anlass aus Sandstein angefertigten Gedenkstein steht:

Zum Gedächtnis an die jüdischen Männer und Frauen, die noch 1945 in Tröbitz dem mörderischen Faschismus erlagen, wurde dieser Stein als Mahnung für die Lebenden gesetzt.

In Israel gründete sich die Organisation The Lost Transport, Victims Memorial Society; Bergen Belsen-Tröbitz (1945). Ihr Ziel war es, auf dem jüdischen Friedhof in Tröbitz eine Gedenkwand aufzustellen, an welcher alle bekannten Namen der Toten des Transports aufgezeigt werden sollten. Ein Jerusalemer Steinmetz fertigte schwarze Granitplatten mit insgesamt über 550 bekannten Namen und diese wurden an der in Tröbitz errichteten 10 m langen Mauer angebracht. Zum 50. Jahrestag des Verlorenen Transports wurde sie am 27. April 1995 während einer Gedenkfeier enthüllt, an welcher auch über 200 Angehörige und Überlebenden teilnahmen.

Auf den Schrifttafeln in deutscher und hebräischer Sprache steht:

Zur Mahnung und zum ewigen Gedenken an die Opfer des
"Verlorenen Transportes"
10. April 1945
Beginn der Odyssee an der Rampe des Konzentrationslagers Bergen-Belsen
Fast 2500 Menschen 13 Tage im Zug zusammengedrängt
über 100 Opfer den Bahngleisen entlang begraben
23. April 1945 Befreiung durch die "Rote Armee" in Tröbitz
vielen Geretteten waren Freiheit und Frieden nicht mehr
vergönnt
Letzte Ruhe im Massengrab
Langennaundorf-Mühlberg-Riesa-Schilda-Schipkau
Wildgrube-Zeithain
Ehrenmal Tröbitz
Mögen die Seelen eingebunden sein im Bund des ewigen Lebens
Was wir gehört und erfahren
Was unsere Väter uns erzählten
wollen wir nicht ihren Kindern verhehlen
sondern dem kommenden Geschlecht berichten
Kundzutun ihren Söhnen
auf dass sie erkenne
das kommende Geschlecht
die künftigen Söhne
Psalm 78

Gedenkstätte des Holocaust neben der evangelischen Kirche

Diese wurde am 11. April 1952 als Mahn- und Gedenkstätte eingeweiht. Hier ruhen die Toten aus einem Massengrab am Nordfeld, wo 134 Menschen in einer Grube beerdigt wurden, sowie 26 Menschen, welche an der Blockstelle der Grube Hansa in einem Massengrab lagen. Sie wurden 1951 exhuminiert und umgebettet.

Mittelpunkt der Anlage ist eine Tafel auf einer gemauerten Wand, welche folgende Inschrift trägt:

Wir ehren Euch
Unsere Toten
Die Bannerträger
Namenloser Kameraden

Erst 1995 kamen zwei Tafeln in deutscher und hebräischer Sprache hinzu, die links und rechts eines kleinen Weges stehen, welcher zur Gedenkwand führt und neben dem die Toten ruhen. Auf der deutschsprachigen Gedenktafel der Gedenkstätte des Holocaust ist zu lesen:

Hier ruhen 160 jüdische Opfer des verlorenen Transportes aus Bergen-Belsen von 1945

Weitere Gedenkstätten in Tröbitz

  • Halle des Erinnerns in der Grundschule

Die jüdische Gedenkstätte in Schipkau

Am 25. April 2003 wurde bei Schipkau, am Ort eines zweitägigen Zwischenstopps des Zuges, eine Gräberstätte mit einem Stein zum Gedenken an die jüdischen Opfer eingeweiht. 51 Tote wurden im April 1945 in der Nähe der Gemeinde begraben. Diese Grabanlagen wurden später von einem Holländer, welcher eine Totenliste schrieb, so beschrieben:

  • „Die Toten mit den Nummern 62 bis 85 sind auf dem Bahnabschnitt Senftenberg – Schipkau 300 Meter vor der Eisenbahnbrücke im Dorf Schipkau, an der Südseite der Eisenbahnschienen ungefähr 30 Meter von der Weiche".
  • „Die Toten mit den Nummern 86 bis 102 auf dem selben Platz ungefähr 350 Meter von der Eisenbahnbrücke entfernt. Hier geht es um die Wegkreuzung, liegend an der Reichsautobahn Dresden – Berlin".
  • „Die Toten mit der Nummer 103 bis 112 sind vor Schipkau an der Nordseite der Eisenbahnschienen ungefähr 350 Meter vor dem Tunnel, vier Meter von der Eisenbahnschiene am Rand vom Busch begraben".[13]

Die Gedenkstätte Langennaundorf

Die Gedenkstätte befindet sich im Wald unmittelbar am Bahndamm Kilometerstein 101,6 der Bahnstrecke CottbusFalkenberg/Elster. Hier war der Zug am 20. April 1945 vor der durch einen Luftangriff zerstörten Elsterbrücke stehen geblieben. Neben den Gleisen wurden 16 Tote aus dem Zug in einem Massengrab beigesetzt. Am 23. April 1989 wurde die Gedenkstätte für die jüdischen Opfer des Faschismus eingeweiht.

Auf einem großen Naturstein ist zu lesen:

In ehrendem Gedenken.
Den jüdischen Opfern
Des Faschismus.
22. April 1945

Gedenkstätte Wildgrube

In der Nähe von Wildgrube wurde 1975 ein Gedenkstein am Bahnkilometer 106,7 aufgestellt, wo sich ein Massengrab befindet. Einwohner hatten erst 1974 davon berichtet, dass sie hier Ende April 1945 auf Anweisung der Roten Armee 17 Tote aus dem Zug im Schneewald beerdigt hatten. Die Stelle wurde damals mit Feldsteinen markiert und war dann für Jahrzehnte in Vergessenheit geraten. Nach später aufgefundenen Namenslisten sind es aber 28 Menschen, welche hier begraben liegen. [14]

Auf dem Gedenkstein ist zu lesen:

Zum Gedenken der hier ruhenden 17 jüdischen Bürger die ein Opfer des Faschismus wurden.

Schilda

Im Tröbitzer Nachbarort Schilda wurden 11 Menschen aus dem Verlorenen Zug beigesetzt. 1951 exhuminierte man sechs Hollander, sowie einen Engländer und überführte sie in ihre Heimatländer. Verblieben sind die Gräber von zwei ungarischen Jüdinen, einem ungarischen Juden und einer staatenlosen Jüdin. An ihren Gräbern stehen mit den Namen und Daten versehene Kissensteine.

Riesa

Im sächsischen Riesa befinden sich die Gräber von einigen Überlebenden, welche nach der Befreiung des Zuges in das dortige Krankenhaus verbracht wurden und verstarben.

Mühlberg

Einige der Überlebenden wurden nach der Befreiung in ein Lazarett des ebenfalls befreiten und auf Neuburxdorfer Flur liegendem Kriegsgefangenenlagers Stalag IV B nahe der brandenburgischen Stadt Mühlberg gebracht. Die hier Verstorbenen, deren Namen und Daten ungenau registriert wurden, liegen in einem Sammelgrab mit Kriegsgefangenen und deutschen Kriegsopfern. Ein inzwischen in Israel lebender Mann, welcher als Kind den verlorenen Transport überlebte, besuchte 1998 die Gedenkstätte und ließ seiner hier verstorbenen Mutter eine Gedenktafel aus Sandstein mit der unter einem Davidstern stehenden Inschrift:

Louise Asscher/ Geb. Van Geldern/ Bergen-Belsen-Tröbitz-Stalag IV B

setzen. [15]

Weitere Gedenkstätten

Weitere Opfer wurden im sächsischen Zeithain und entlang der Fahrstrecke des Zuges begraben. In Israel wurde zum Gedenken an die Toten des Zuges und an alle Tröbitzer Bürger, welche mithalfen das Leid zu lindern, 1992 durch eine jüdische Stiftung ein kleiner Wald angepflanzt.[16]

Siehe auch

Veröffentlichungen zum Thema

Literatur (Auswahl)

  • Erika Arlt: Die jüdischen Gedenkstätten Tröbitz, Wildgrube, Langennaundorf und Schilda im Landkreis Elbe-Elster. Hrsg.: Landkreis Elbe-Elster, Herzberg.
  • Regina Scheer: Der Umgang mit den Denkmälern. Eine Recherche in Brandenburg. Hrsg.: Brandenburgische Landeszentrale für Politische Bildung, und: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Potsdam 2003. (Online als PDF-Datei)
  • Todesmärsche 1945 im Gebiet des heutigen Bezirkes Cottbus (Heft) Hrsg.: Bezirkskabinett für außerunterrichtliche Tätigkeit, Cottbus 1985
Tagebücher und Erinnerungen von Überlebenden
  • Renata Laqueur: Bergen-Belsen Tagebuch: 1944, 1945. 3. Aufl., Fackelträger-Verlag, Hannover 1995, ISBN 3-7716-2308-1. (dt. Übers.; niederl. Originaltitel: Dagboek uit Bergen-Belsen maart 1944 à april 1945)
  • Selomo Simsôn: Zwischen Finsternis und Licht: 50 Jahre nach Bergen-Belsen. Erinnerungen eines Leipziger Juden / Schlomo Samson. Verlag Rubin Mass, Jerusalem 1995, ISBN 965-09-0054-3.
  • Lila Perl, Marion Blumenthal-Lazan: Vier kleine Kiesel: die Geschichte der Familie Blumenthal aus Hoya. Hrsg.: Verein Heimatmuseum Grafschaft Hoya (Selbstverlag), Hoya 1996 (= limitierte, nicht kommerzielle dt. Ausg.). (dt. Übers.; engl. Originaltitel: Four perfect pebbles: a Holocaust story)
  • Abel J. Herzberg: Zweistromland. Tagebuch aus Bergen-Belsen. Erev-Rav-Verlag, Wittingen 1997 (= Erev-Rav-Hefte: Gedenken, Nr. 1), ISBN 3-932810-00-7. (dt. Übers.; niederl. Originaltitel: Tweestromenland)
  • Alison Leslie Gold: Erinnerungen an Anne Frank – Nachdenken über eine Kinderfreundschaft. Mit einem Nachw. von Lea Rosh, Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 1998 (= Ravensburger junge Reihe), ISBN 3-473-35185-7. (dt. Übers.; engl. Originaltitel: Memories of Anne Frank)
  • Felix Hermann Oestreicher: Ein jüdischer Arzt-Kalender. Durch Westerbork und Bergen-Belsen nach Tröbitz. Konzentrationslager-Tagebuch 1943-1945. Hrsg.: Maria Goudsblom-Oestreicher und Erhard Roy, 1. Aufl., Hartung-Gorre-Verlag, Konstanz 2000, ISBN 3-89649-411-2.

Dokumentationen (Film)

  • Der verlorene Zug. Auf den Rädern der Reichsbahn durch die Hölle. Dokumentation von Hans-Jürgen Hermel (1999).[17]
  • Hannah Pick: Die Schulfreundin Anne Franks. Dokumentarfilm von Nina Rücker in Zusammenarbeit mit dem Anne-Frank-Zentrum Berlin (2003).[18]

Zeitungsartikel (Auswahl)

  • Hans Arnold: Wie konnte das geschehen?, Liebenwerdaer Kreiszeitung Nr. 11, 18.03.1965 [19]

Fußnoten

  1. http://www.inforiot.de/news.php?article_id=4531
  2. http://www.kz-zuege.de/kapitel_11.htm
  3. Heimatkalender für den Landkreis Bad Liebenwerda, 1995, S. 90
  4. http://www.farsleben.de/content/index.asp
  5. http://www.celle-im-nationalsozialismus.de/Texte/April8.html
  6. http://www.shoa.de/index2.php?option=com_content&do_pdf=1&id=598
  7. http://www.politische-bildung-brandenburg.de/publikationen/pdf/denkmaeler.pdf Seite 115
  8. Heimatkalender für den Landkreis Bad Liebenwerda, 1995, S. 89 bis 94
  9. http://www.geschichtsunterricht-online.de/annefrank/index.php?option=com_content&task=view&id=63&Itemid=135
  10. http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C36009475_L20.pdf
  11. http://www.dbnl.nl/auteurs/auteur.php?id=herz001
  12. http://www.flamersheim.de/html/weissjosef.html
  13. http://www.inforiot.de/news.php?article_id=4531
  14. http://www.politische-bildung-brandenburg.de/publikationen/pdf/denkmaeler.pdf Seite 116
  15. http://www.politische-bildung-brandenburg.de/publikationen/pdf/denkmaeler.pdf Seite 118
  16. Heimatkalender für den Landkreis Bad Liebenwerda, 1995, S. 89 bis 94
  17. http://www.phoenix.de/der_verlorene_zug/2005/04/10/0/14019.1.htm
  18. http://www.hagalil.com/archiv/2003/12/pick.htm
  19. Todesmärsche 1945 im Gebiet des heutigen Bezirkes Cottbus, Bezirkskabinett für außerunterrichtliche Tätigkeit, Cottbus 1985
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