Dordrechter Synode

Die Dordrechter Synode war eine nationale kirchliche Versammlung der niederländischen reformierten Kirche, unter Beteiligung von ausländischen reformierten Kirchen, die vom 13. November 1618 bis 9. Mai 1619 in Dordrecht stattfand. Der an der Spitze der Generalstaaten stehende Statthalter Moritz von Oranien veranlasste eine endgültige Entscheidung zu einem bedeutsamen dogmatischen Streit, der das calvinistische Zentraldogma von der Prädestination zum Gegenstand hatte. Moritz von Oranien selbst stellte sich auf die Seite der Gomaristen, da auch das einfache Vollk diese Partei stützte. So trugen diese zunächst den Sieg davon.
Schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts waren einige Prediger in Delft mit der Behauptung aufgetreten, dass sich die göttliche Vorherbestimmung mit Rücksicht auf den Sündenfall vollziehe. Noch weiter ging der angesehene Theologieprofessor Jakob Arminius in Leyden. Er bestritt die absolute Prädestination und lehrte eine Vorherbestimmung aufgrund des Vorherwissens Gottes; Christus sei für alle Menschen gestorben und die Gnade wirke nicht unwiderstehlich. Er fand zahlreiche Gesinnungsgenossen, die nach ihm als Arminianer bezeichnet wurden; nach dem durch sie an die Stände von Holland und Westfriesland 1610 eingereichten Glaubensbekenntnis Remonstranz heissen sie auch Remonstranten, ihre Gegner nach Arminius' Kollegen und Hauptgegner Franz Gomarus "Gomaristen".
Ziel der Generalsynode war es, dogmatische Streitfragen zu lösen, welche in 154 Sitzungen zur Verhandlung standen. Der in alle reformierten Länder ergangenen Einladung zur Teilnahme leisteten auch wirklich 28 Theologen aus England, Schottland, Deutschland und Schweiz Folge; Brandenburg beteiligte sich jedoch nicht und Frankreich verbot die Beschickung.
Die zur Verantwortung vorgeladenen Remonstranten, mit Simon Episcopius, Professor in Leyden, an der Spitze, überreichten den auswärtigen Theologen eine von letzterem abgefaßte, durch Gründlichkeit und Klarheit ausgezeichnete Apologie, verteidigten sich auch tapfer vor der Synode, wurden aber bei berharrlicher Weigerung, sich den Beschlüssen derselben zu unterwerfen, schon in der 57. Sitzung ausgewiesen. Später wurden diese exkommuniziert und aus all ihren kirchlichen Ämtern entfernt. Der Heidelberger Katechismus und die belgische Konfession wurden einstimmig als rechtgläubige Bekenntnis- und Lehrschriften anerkannt. Während der Erörterung der fünf strittigen Artikel verhinderte jedoch der Widerspruch der anglikanischen und deutschen Abgeordneten jede offene und klare Feststellung supralapsarischer Thesen, also der Auffassung, bereits vor dem Sündenfall habe Gott bestimmt, dass ein Teil der Menschen verworfen wird, so dass schließlich die Synodal-Kanones nur einen wesentlich infralapsarischen Prädestinationsbegriff, d. h. die göttliche Vorbestimmung ist erst nach dem Sündenfall wirksam, aufstellen konnten.
Gesprächsthemen waren somit u. a. die Verurteilung der freisinnigen Lehre der Remonstranten, die neue niederländische Bibelübersetzung (Staatenbibel oder Staatenübersetzung) und die Kirchenordnung der Kirche, die später die Nederlands Hervormde Kerk ([[Niederländisch Reformierte Kirche]]) wurde. Ferner wurden die Confessio Belgica und die [[Confessio Gallicana]] verabschiedet. Die Synodalen akzeptierten im wesentlichen die Prädestinationslehre von Johannes Calvin.
Die Beschlüsse der Synode, die sogenannten Lehrregeln von Dordrecht, sind noch heute von Bedeutung nicht nur für die reformierten Kirchen, sondern für die ganze Kirchengeschichte. Sie stellte sich weit weniger in der Entfaltung eines selbständigen Gemeindelebens als in der Ausbildung einer weit über dieses hinaus greifenden theologischen Richtung dar, die sich immer entschiedener dem Semipelagianismus und anderen rationalisierenden Tendenzen zuwandte.
Literatur
- Johannes Pieter van Dooren: Dordrechter Synode. In: Theologische Realenzyklopädie 9 (1982), S. 140-147 (Überblick mit weiterer Lit.)
- Lehrbuch der Kirchengeschichte für Studierende von Joh. Heinr. Kurtz, Leipzig 1906, § 164, 2.
- Bihlmeyer/Tüchle, Kirchengeschichte, Band III, Paderborn 1996, $ 185, 3.