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Neume

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Das Graduale 'Christus factus est' aus Cantatorium, um 920, Stiftsbibliothek St. Gallen

Mit Neumen werden die Striche und Punkte zur Notation des Gregorianischen Chorals bezeichnet, außerdem auch Tonreihen aus einfachen Vokalen (nicht Worten), die am Schluss der Choräle gesungen wurden. Sie entwickelten sich aus den Zeichen Akut und Gravis, sowie aus Handbewegungen (griechisch νεύμα: Wink), mit denen den Chorsängern der Melodieverlauf angezeigt oder in Erinnerung gerufen werden konnte.

Die sogenannte Chironomie (Finger- und Handbewegungen zum Anzeigen von Melodieabschlüssen) war schon von Sängern im alten Ägypten ausgeübt worden und wurde später auch von den Byzantinern übernommen. In ihrer Bedeutung entsprechen die Neumen weitgehend den Teamim, den Artikulationszeichen, welche zusätzlich zu den Vokalzeichen den musikalischen Vortrag biblischer Texte im jüdischen Gottesdienst festlegen und seit dem sechsten bis achten Jahrhundert nach Christi Geburt schriftlich festgehalten wurden. Auch die Teamim haben sich ursprünglich aus der Chironomie entwickelt.

Die Gregorianische Semiologie beschäftigt sich mit der Entschlüsselung und Interpretation der Neumen.

Punktneumen

Darstellung des Melodieverlaufs durch Zeichen für Einzeltöne.
Aquitanische Neumen (aber auch die Bretonischen, Lothringischen und Metzer Neumen).

Akzent- oder Linienneumen

Darstellung der Melodie durch spezielle Kurvenzüge (Ligaturen).
Jede derartige Ligatur ist einer charakteristischen kurzen Tonfolge zugeordnet (z. B. St. Galler Neumen).

Die meisten Neumen (regionale Neumenfamilien) sind Kombinationen aus Punkt und Akzentneumen.

Psalmvers Jubilate deo universa terra mit adiastematischen Neumen

Adiastematische Neumen

Zu diesen gehören die ältesten Neumenfamilien. Sie vermitteln die Melodie zunächst ohne genaue Intervallangabe. Nur die Richtung der Melodiebewegung wird ausgedrückt. Die Angaben zur Melodielinie sind also oft nur ungefähre Hinweise. Oft sind aber sehr präzise Angaben zu Rhythmus und Artikulation enthalten. Später wurden sie manchmal mit kleinen Buchstaben (Litterae significativae) ergänzt, die zum Beispiel die Intervallgröße oder die Tondauer etwas genauer angaben.

Zu den wichtigsten Neumensammlungen dieses Typs zählen der Kodex Laon in Metz sowie die Kodices aus Einsiedeln und St. Gallen.

Diastematische Neumen

Diese machen die Melodiebewegung intervallisch sichtbar. Rhythmus-Fragen sind aus der Notation her meist nicht zu klären. Tempo und Rhythmus sind textabhängig und wurden ebenso wie die absolute Tonhöhe nicht notiert.

Guido von Arezzo (ca. 991 bis 1050) setzte die Neumenzeichen auf vier Linien im Terzabstand. Die F-Linie war zunächst rot, die c-Linie gelb gefärbt.

Neumenbezeichnungen

Zur Unterscheidung der verschiedenen Neumen werden diese mit eigenen Bezeichnungen benannt (in jeweils alphabetischer Reihenfolge):

Bezeichnung Quadratnotation Notation St. Gallen / Einsiedeln
Einzelneumen
Oriscus Datei:Oriscus.gif
Punctum
Quilisma
Stropha / Apostropha / Strophicus Datei:Stropha.gif
Tractulus Datei:Tractulus.gif
Virga Datei:Virga.gif Datei:Virga.Handschrift.gif
Doppelneumen
Bistropha Datei:Bistropha.gif
Bivirga
Clivis / Flexa
Pes / Podatus
Dreifachneumen
Climacus
Porrectus
Pressus
Salicus
Scandicus
Torculus
Trigon Datei:Trigon.gif
Tristropha Datei:Tristropha.gif
Trivirga

Ferner gibt es weitere Ausführungsanweisungen und zusammengesetzte Neumen. In diesem Zusammenhang sind auch folgende Zusätze und Notationen von Bedeutung:


Zusatzbezeichnungen:

Literatur

  • Eugène Cardine: Gregorianische Semiologie. La Froidfontaine, Solesmes 2003, ISBN 2-85274-049-4
Wiktionary: Neume – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen