Urinal

Ein Urinal, auch Pissoir oder Pinkelbecken genannt, ist eine Vorrichtung in einer Toilette zum Urinieren primär für männliche, in letzter Zeit jedoch auch für weibliche Personen.
Aufbau

Als Weiterentwicklung der Pinkelrinne entstanden, sind die heutigen Urinale meist aus Porzellan, seltener auch aus Edelstahl oder Kunststoff gefertigt und so ausgeformt, dass der Urin möglichst spritzfrei aufgenommen wird.
Hauptsächlich findet man Urinale in öffentlichen Herrentoiletten. Die meisten Urinale haben eine Wasserspülung, die mit einem handbetätigten Spülventil oder über automatische Sensoren betätigt wird. Bei manchen Urinalen wird in regelmäßigen Zeitabständen automatisch gespült. Es gibt seit einigen Jahren auch wasserfreie Urinale (Trockenurinale), die keine Spülung benötigen und somit erhebliche Wassermengen sparen.
Ähnlich den mobilen Toilettenkabinen gibt es auch öffentliche Pissoirs für die Verwendung im Freien.
Zwischen Urinalen sind gelegentlich Sichtschutzwände angebracht. Weiterhin sind zur einfacheren Reinigung meist WC-Steine und ein Auffanggitter für Zigarettenstummel etc. im Urinal vorhanden. Manchmal ist auch ein Urinal in etwas niedrigerer Höhe angebracht, um kleineren Personen die Nutzung zu ermöglichen.
Bisweilen werden in Urinalen „Zielhilfen“ angebracht. Solche Markierungen werden entweder bei der Produktion mit in die Keramik eingebrannt oder es werden nachträglich spezielle oder improvisierte Aufkleber angebracht. Häufig hat die Markierung, die den Reinigungsaufwand verringern soll, das Aussehen einer Fliege. So werden manchmal auch die Spritzschutzmatten mit einem kleinen Tor und einem davon herunter hängenden Ball versehen, um die Zielgenauigkeit unter Ausnutzung des Spieltriebes zu erhöhen.
Da beim Urinieren der Körper keinen Kontakt mit dem Urinal hat, ist es in dieser Hinsicht hygienisch unproblematisch, allerdings ist ein Urinal bei weitem nicht so spritzfrei wie eine im Sitzen verwendete Toilette.
Anstelle von Urinalen werden auch häufig Pinkelrinnen verwendet, die von mehreren Personen gleichzeitig benutzt werden können.
Eine Weiterentwicklung des Urinals ist der sogenannte „Urimat“ einer schweizer Firma, der den Urin durch Ausnutzung des Flüssigkeitsdrucks absaugt und kein Wasser oder Chemikalien verwendet.
Das Urinal bietet sowohl für Benutzer als auch für Betreiber entscheidende Vorteile gegenüber einer herkömmlichen Toilette. Diese sind einerseits ökonomischer Art; so ist ein Urinal bezüglich der Anschaffung und der laufenden Kosten in Form des Wasserverbrauchs gegenüber einer Toilettee günstiger. Ein Urinal nimmt weniger Raum ein, so dass die vorgeschriebene Mindestanzahl an Bedürfnissstättten mit geringerem Platzbedarf realisiert werden kann. In der Benutzung ist es hygienischer da kontaktfrei und durch die höhere Anzahl ist diese in kürzerer Zeit möglich.
Urinal für Frauen


Während Urinale für Männer nahezu flächendeckend in öffentlichen Toiletten zu finden sind, stellen Damenurinale, die speziell für die Benutzung durch Frauen konzipiert sind, bisher noch ein Nischenprodukt dar. Jedoch finden diese eine stetig wachsende Verbreitung, da die Vorteile des Urinals, nämlich die schnelle und hygienische Benutzung sowie der geringere Wasser- und Platzverbrauch genauso für Frauen gelten. In den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden etliche Prototypen für Damenurinale entwickelt, von denen es letztlich nur drei zur Marktreife schafften und heute Verwendung finden: das „Lady P“ von Sphinx Sanitair, das „Lady Loo“ von GBH sowie das "Girly" von Catalano. Letztgenanntes Modell kann auch als Unisex-Urinal z.B. im Heimbereich installiert werden und wurde mit mehreren Designpreisen ausgezeichnet.[1] Die Modelle der jeweiligen Hersteller wurden durchweg als Revolution im Sanitärbereich angekündigt und vermarktet wobei die Tatsache vernachlässigt wird, dass Damenurinale keine Erfindung der letzten Jahre sind. Vielmehr stellt die jüngste Entwicklung eher eine Renaissance dieses Konzepts dar. Zu Beginn des 20 Jahrhunderts, den Anfangstagen der öffentlichen Toiletten, fanden Frauenurinale schon gelegentlich Verwendung. Diese Entwicklung wurde jedoch nicht weiterverfolgt, da zu jener Zeit weiblichen Bedürfnisse diesbezüglich nicht sonderlich ernst genommen wurden. Diese ersten Ansätze gerieten zunehmend in Vergessenheit. Erst in den 80er Jahren wurde die Idee wieder aufgegriffen, zu dieser Zeit jedoch nicht über das Entwurfsstadium hinaus weiterverfolgt. Erst seit der Jahrtausendwende kommen Damenurinale wieder zum Einsatz und werden kommerziell vertrieben.
Die heute angebotenen Modell ähneln sich konzeptuell stark und lehnen sich in Form und Gestaltung an Männerurinale an, sind jedoch auf die weibliche Anatomie zugeschnitten. Gemeinsam ist all den heute eingesetzten Modellen, dass sie in einer leichten, abgewandten Hockposition, der so genannten „Skifahrerhaltung“ benutzt werden. Diese orientiert sich an der Haltung, die Frauen in der Regel oft auf öffentlichen Toiletten einnehmen, sofern diese verschmutzt sind.
Momentan werden in der Praxis zwei unterschiedliche Anordnungen umgesetzt: in Reihenanordnung (in der Regel mit Sichtschutzwand als Trennelement), vergleichbar zu Männerurinalen als auch in Kabinen wie bei klassischen Toiletten. Letztere Lösung stellt jedoch eher einen Kompromiss dar, der wohl nicht zukunftsfähig ist. Ein Hauptvorteil gegenüber der klassischen Toilette, die geringe Baufläche, wird dabei verschenkt. Während bei einer Reihenanordnung die Anzahl der Bedürfnisstätten merklich erhöht und damit eine schnellere Benutzung möglich wird, bleibt diese bei Kabinenanordnung gleich, wobei die klassische Toilette dabei noch in ihrer Funktion eingeschränkt wird. Die Kabinenlösung wird öfters mit dem Argument verwendet, dass die Urinalbenutzung für Frauen ungewohnt und mit Schamgefühlen verbunden ist. Dies jedoch ist auch bei Männern oft der Fall, es bleibt allerdings immer die Möglichkeit, auf eine klassische Sitztoilette auszuweichen, sofern die Urinalbenutzung mit Schamgefühlen (z.B. bei Paruresis) verbunden ist.
Damenurinale eignen sich besonders für den Einsatz in öffentlichen Toiletten, die zu Stosszeiten hoch frequentiert sind und mit einem großen Andrang rechnen müssen, also primär in Einrichtungen wie Diskotheken, Clubs, Veranstaltungsorten und der Gleichen. [2]
Das Kunstobjekt Urinal von Marcel Duchamp

Furore machte ein Urinal 1917 in der Kunstgeschichte, und zwar im Rahmen der von Marcel Duchamp erfundenen Ready-mades - einer Kunstform, bei der vorgefundene, simple, meist von der Industrie als Massenprodukt hergestellte Alltagsgegenstände zu Kunstobjekten erklärt wurden.
Vor allem ist es das von Duchamp mit einem Pseudonym signierte und als „Fountain“ bezeichnete Urinal, das bis heute für Verwirrung in der Kunstgeschichte sorgt.
Marcel Duchamp war einer der Mitbegründer der 1917 entstandenen „Society of Independent Artists Inc.“ (S.I.A.) und als einziger Europäer einer der einundzwanzig Direktoren. Der Vorsitzende war William Glackens, der auch schon bei der Organisation der Armory Show mitgewirkt hatte. Der Künstler zahlte eine Eintrittsgebühr von einem Dollar, um Mitglied der Gesellschaft zu werden. Für die Jahresgebühr von fünf Dollar durfte er dann maximal zwei Werke in der Jahresausstellung zeigen. Nach dem Vorbild der französischen «Société des Indépendants» sollten für die geplanten Ausstellungen keine Zensur und keine Vorauswahl durch eine Jury stattfinden, so dass jeder, „der die Gebühr bezahlte“, auch hätte ausstellen können. Unter diesen Bedingungen schien es für Duchamp möglich zu sein, einen Versuch mit einem Ready-made zu unternehmen. Duchamp besorgte sich bei der New Yorker Firma „J. L. Mott Iron Works“, einem „sanitary equipment manufacturer“, ein Urinal, wie es in öffentlichen Bedürfnisanstalten für Männer als Toilettenbecken Verwendung findet.
Dieses Objekt wurde unter falschem Künstlernamen als Kunstwerk eingereicht. Die Bezeichnung für das Werk ist nicht „Urinal“, „Urinoir“ odergar „pissotière“, sondern es erhält den englischen Titel „Fountain“. Das englische, dem Französischen entlehnte „Fountain“ meint genau wie das französische „Fontaine“ nicht nur (Frisch)-Wasserbehälter, -becken, sondern auch Quelle und Wasserspender, eben Springbrunnen. Im übertragenen Sinne steht das Wort für Wurzel und Ursprung. Das heute verlorene Objekt Fountain ist durch die Photographie in der zweiten Ausgabe von The Blind Man (New York, Mai 1917) auf Seite 4 authentisch überliefert. Die Photographie, die Alfred Stieglitz anfertigte, ist selbst ein weiteres, ein neues Kunstwerk. Die Gruppe um Marcel Duchamp sorgte für Publizität. Fountain wurde „ausgestellt“ – jedoch nicht im konventionellen Sinn. Fountain wurde zum Medienereignis.
Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die von Duchamp verwendete Signatur „R. Mutt“. Der in der Signatur auf dem Becken nicht ausgeschriebene Vorname ist durch unmittelbare Quellen als „Richard“ bekannt (The Blind Man No. 2). Das französische „un richard“ ist die Bezeichnung für einen „stinkreichen Kerl“, für einen „Geldsack“. Der Vorname lässt sich auch teilen. Es entstehen die beiden Worte rich und art, die sowohl als französische wie als englische Begriffe lesbar sind und in beiden Sprachen sogar das Gleiche bedeuten: „reich“ und „Kunst“. Dieser phonetisch, lexikalisch und linguistisch einzigartige Name hat und muss auf den Franzosen Duchamp, der sich in Amerika aufhält und zugleich als wenig begüteter Künstler seinen Lebensunterhalt mit Französischunterricht verdient, eine einzigartige Faszination ausgeübt haben.
Die heutzutage in Ausstellungen gezeigten Urinale stammen aus einer Edition von acht Stück, die im Oktober 1964 in Mailand aufgelegt wurde.
Literatur: Heinz Herbert Mann: Marcel Duchamp: 1917. München: Silke Schreiber, 1999. ISBN 3-88960-043-3
Urinal in der Pflege
In der Pflege von an Harninkontinenz leidenden Männern findet ein Hilfsmittel gleichen Namens Verwendung. Dieses Urinal ist ein Ableitungssystem, das nicht in die Harnröhre eingelegt wird. Wie ein Kondom umschließt es wasserdicht das Glied und leitet den Urin mit einem kleinen Schlauch in einen Sammelbeutel. Dieser Urinbeutel kann gelegentlich, vollkommen unauffällig für die soziale Umgebung entleert werden. Die Harninkontinenz ist damit nicht geheilt, aber in ihren sozialen Folgen kompensiert.
Dieses Urinal hat weniger schädliche körperliche Folgewirkungen als ein Blasenkatheter (aufsteigende Infektionen, Ulcerationen, Schmerzen).
Quellen
- ↑ http://www.matteothun.com/.data/objects/184/doc/Girly.pdf Girly System von Catalano (pdf)
- ↑ http://edocs.tu-berlin.de/diss_udk/2004/moellring_bettina.pdf Toiletten und Urinale für Frauen und Männer (pdf)
Siehe auch
Weblinks
- Kriterien für das Urinal - Aspekte der Nutzung, der Hygiene und des Wasserverbrauchs
- Urinale Urinale, aufgenommen von Mathias Riemann
- Fotosammlung von Urinalen weltweit (z.B. am Südpol) (englisch)