Lilith

Lilith (hebr.: לילית, die Nächtliche) ist im alten Mesopotamien der weibliche Dämon des Kindbettfiebers. Lilith wird meist geflügelt dargestellt. Zahlreiche magische Texte rufen sie an.
Jüdische Legenden um Lilith
Auf hebräisch bedeutet der Name Lilith (לילית) die Nächtliche, im Neuhebräischen auch Nachteule (Vogel) oder i. e. S. Kauz.
Laut traditionellem Midrasch erschuf Gott Adam und Lilith aus dem selben Lehm, um Adam eine Partnerin zu schenken. Gott holte Lilith vor der ersten Nacht noch zu sich und sagte ihr, sie solle Adam untertan sein, was bedeute, dass sie beim Geschlechtsakt unten zu liegen habe. Dies wurde von Lilith nicht akzeptiert, denn der Lehm, aus dem Lilith erschaffen worden war, war durch den Speichel des verstoßenen Samael verunreinigt worden. Lilith stritt sich mit Adam und verschwand dann aus dem Paradies in die Wüste. Dort verkehrte sie jeden Tag mit tausend Dämonen und brachte tausend Kinder pro Tag auf die Welt. Adam beklagte sich bei Gott über seine Einsamkeit, welcher ihm dann Eva aus seiner Rippe erschuf. Die ursprüngliche Übersetzung war „Seite“ statt „Rippe“. Die Rippe ist im Gegensatz zur Seite ein verzichtbarer Teil, woraus in der ursprünglichen Version eine Gleichberechtigung von Adam und Eva, sprich Mann und Frau, abgeleitet werden kann. Manche behaupten auch das die Schlange im Paradies Lilith gewesen sei. Andere meinen es sei der Teufel selbst. Es gibt auch gerede das der Teufel Eva begehrt haben soll und Adam Lilith.
Lilith aber blieb unsterblich, da sie nie die verbotene Frucht vom Baum der Erkenntnis aß, und vereinigte sich in einer Schlucht nahe dem Paradies mit Dämonen, um Dämonenkinder, genannt Lilim, zu gebären. Diese Lilim verführen in der Mythologie, wie ihre Mutter, als Succubi schlafende Männer. Wer einmal von ihnen verführt wurde, konnte nie wieder eine andere Frau lieben. Mit der Zeit soll Lilith selbst ein immer dämonischeres Äußeres angenommen haben.
In einigen jüdischen Sagen wird Lilith als der letzte Engel der zehn unheiligen Sephiroth beschrieben und gefürchtet; denn der Legende nach wurden alle Kinder der Lilith getötet, da sie sich mit der Flucht aus dem Paradies Gottes Willen widersetzte. Man sagt, Lilith raube aus Vergeltung nachts die Kinder der Menschen aus ihren Krippen und töte sie. Um sich davor zu schützen, befestigten die Menschen früher Pentagramme an den Krippen, auf denen die sieben Flüsse des Paradieses, sowie die Namen der Engel Sanvai, Sansanvi und Semangloph, die Lilith einst im Auftrag Gottes jagten und ihre Kinder mordeten, zu sehen waren.
In jüdisch-feministischer Theologie wird Lilith im Midrasch beispielsweise als eine Frau dargestellt, die sich nicht Gottes, sondern Adams Unterordnungswillen entzieht und im Gegensatz zu Eva resistent gegen den Teufel ist. Sie symbolisiert positiv die gelehrte, starke Frau.
Lilith wird auch im jüdischen Talmud wie auch in einigen Textstellen der Bibel erwähnt. Doch die Christen haben Liliths Version nie öffentlich anerkannt.
Lilith in der Bibel
Liliths Rolle in der biblischen Schöpfungsgeschichte ist in heutigen Bibeltexten nicht erkennbar. Die Passage
- „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib.“ (1. Buch Mose 1,27)
kann durchaus auf die primäre Erschaffung einer selbständigen Frau (Lilith) neben einem selbständigen Mann hin interpretiert werden. Diese Passage steht vor der Erwähnung der Schaffung Evas aus der Rippe Adams. Ein zweiter Hinweis mag Gen 2,23 sein, wo es heißt: "Diesmal ist es Fleisch von meinem Fleisch und Bein von meinem Bein." Luther hat dies leider zu flach übersetzt: "Das ist doch Bein von meinem etc..", während es in der lateinischen Vulgata (V) ebenso wie in der griechischen Septuaginta (LXX) heißt: "Hoc nunc" bzw. "Toûto nyn", d.h. "Dieses jetzt..( ist Bein von meinem Bein...etc) und im hebräischen 'Urtext' das Wort steht "happam" d.h. "diesmal".( Selbst in der (katholischen) 'Einheitsübersetzung' heißt es : "Das endlich ist..".) 'Dieses Mal' ist Hinweis auf ein erstes und anderes Mal. Entsprechend jammert Adam, nachdem er feststellt, daß "dies ja aus seinem Fleisch und Blut" sei( und nicht selbständig erschaffen wie er), diese Frau werde man nun 'ischa'(nach isch hebr.= der Mann) also Männin nennen.
Bei der auch in der Bibel namentlich genannten Lilith handelt es sich nicht um die vermutete erste Frau Adams. Es handelt sich da vielmehr wie in der assyrisch-babylonischen Mythologie um einen Geist oder Dämon:
- „Da treffen Wüstentiere mit wilden Hunden zusammen, und Bocksdämonen begegnen einander. Ja, dort rastet die Lilith und findet einen Ruheplatz für sich.“ (Jesaja 34,14) [1]
Siehe auch: Adam und Eva
Bereits in den sumerisch-babylonischen Sagen taucht sie als weiblicher Dämon unter dem Namen Ki-sikil-li-le-ke, Gefährtin des Li-la (oder Lilu) auf. In der Bibel wird sie beim Propheten Jesaja erwähnt, wo sie als Gestalt der Nacht nicht unter Menschen, sondern unter wilden Raubtieren lebt.[2]
Eine Erklärung für diese ungewöhnlichen Lebensumstände findet sich in jüdischen Überlieferungen: Adam will nicht einsehen, dass Lilith ihm ebenbürtig ist und wird von ihr verlassen. Gott soll ihr drei Engel nachgeschickt haben, um sie zur Rückkehr zu bewegen. Davon wollte Lilith jedoch nichts wissen und vermählte sich später mit dem satanischen Engel Samael. Aus dieser Beziehung entstanden jeden Tag hundert Kinder, heißt es. Als Gott sie erneut auffordert, zu Adam zurückzukehren, weil sie sonst jeden Tag hundert ihrer Dämonenkinder verlieren sollte, entschied sie sich für den Tod ihrer Kinder, statt für die Rückkehr zu Adam. Jedoch hat sie dieses Opfer wohl nicht vergessen, denn aus Hass begann Lilith von da an, neugeborene Kinder zu töten und sich an Adam und Eva zu rächen. Samael verwandelte sich in eine Schlange (der Rest ist bekannt), was zur Vertreibung aus dem Paradies führte. Nach der Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies soll Lilith Adam verführt und weitere Kinder mit ihm gezeugt haben – die Plagen der Menschheit.[3]
Lilith als Symbolfigur der Emanzipation
Lilith wurde im Feminismus zum Symbol und die ersten Frauenbuchhandlungen und Frauencafés nannten sich oft Lilith. Auch als weiblicher Vorname wurde Lilith beliebt, siehe Lilith (Vorname). In Lilith sehen einige Menschen die Gegenheldin zu der biblischen Eva, die in der patriarchalen Tradition stehe.
Der Lilithmythos symbolisiert die Selbständigkeit der Frau und den (bereits biblischen) Versuch der Männer, diese mittels einer höheren Autorität zu unterdrücken. In der Psychologie stehen sich hier zwei scheinbar gegensätzliche Eigenschaften der Frauen gegenüber – Sinnlichkeit, Leidenschaft, Sexualität (Lilith) und Mütterlichkeit, Bescheidenheit, Folgsamkeit (Eva). Das Merkwürdige daran ist, dass auch der Adam der heutigen Zeit sich immer noch nicht entscheiden kann, was von beiden er bevorzugt. Und so tobt der Kampf der Geschlechter bis heute weiter.
Interessant ist noch zu erwähnen, dass die mythologische Gestalt der Lilith erst dann vermehrt als Symbol der Emanzipation in Kunst und Literatur auftaucht (nämlich im 19. Jahrhundert), als das Bild der Frau in der Gesellschaft sich zu wandeln beginnt.
Lilith als Symbolfigur der Ambivalenz der Seele
Der Name Lilith leitet sich aus dem semitischen Wort „Laila“ ab, was soviel heißt wie Nacht. Sie steht für dunkle Träume, Unruhe und Unsicherheit und ist verantwortlich für die Ambivalenz der Seele. In talmudischen Quellen (3. bis 5. Jhd. n. Chr.) geistert sie als Nachtdämon umher und wird erst ab dem 9. Jahrhundert n. Chr. zu Adams erster Frau erhoben.
In Goethes Faust erscheint sie in der Walpurgisnacht. Auf Fausts Frage nach ihr erhält er folgende Antwort von Mephisto: „Lilith ist das.“ [Faust: „Wer?“] „Adams erste Frau. Nimm dich in Acht vor Ihren schönen Haaren, vor diesem Schmuck, mit dem sie einzig prangt. Wenn sie damit den jungen Mann erlangt, so lässt sie ihn sobald nicht wieder fahren.“ Lilith ist hier ein dämonisiertes Gretchen, die Männer verführt und Neugeborene tötet.
Im Übrigen sind Lilith-Figuren in der Dichtung häufig ironisch gebrochen z. B. in Ernst Penzoldts Die Powenzbande.
Literatur
- Christow, Swantje: Der Lilith-Mythos in der Literatur. Der Wandel des Frauenbildes im literarischen Schaffen des 19. und 20. Jahrhunderts, Shaker, Essen 1998, ISBN 978-3-8265-3852-0
- Huf, Hans-Christian: Das Bibelrätsel. Geheimnisse der Heiligen Schrift, Econ, Berlin 2005, ISBN 978-3-430-14875-7
- Hurwitz, Siegmund: Lilith – die erste Eva. Eine Studie über dunkle Aspekte des Weiblichen. Mit einem Vorwort von Marie-Louise von Franz, Daimon, Zürich 1980 (5. überarb. A. 2004), ISBN 978-3-85630-633-5
- Maaz, Hans-Joachim: Der Lilith-Komplex. Die dunklen Seiten der Mütterlichkeit, Beck, München 2003, ISBN 3-406493-35-1
- Pielow, Dorothee : Lilith und ihre Schwestern. Zur Dämonie des Weiblichen, Grupello, Düsseldorf 1998, ISBN 3-928234-94-3
- Zingsem, Vera: Lilith, Adams erste Frau, Klöpfer & Meyer, Tübingen 1999 (2. erw. A. 2003), ISBN 978-3-937667-55-3
Quellen
- ↑ Wobei in einigen Übersetzungen Lilith mit „Nachtgespenst“ übersetzt wird.
- ↑ Jes. 34,14 und Huf, Bibelrätsel, S. 58)
- ↑ ebenda, S. 58f