Hängende Gärten der Semiramis

Die Hängenden Gärten der Semiramis in Babylon, auch die Hängenden Gärten der Semiramis, die Hängenden Gärten von Babylon (altgr. Vorlage:Polytonisch (hoi tês Semirámidos Kêpoi Kremastoí Babylônioi), lateinisch Semiramidis Horti Pensiles oder Horti Pensiles Babylonis) waren eine aufwendige Gartenanlage in Babylon am Euphrat (Zweistromland, im heutigen Irak gelegen) und eines der Sieben Weltwunder der Antike.
Schriftquellen
Die älteste Beschreibung der schwebenden Gärten geht auf ein Gedicht von Antipatros von Sidon (Beginn des 2. Jahrhundert v. Chr.) zurück. Dieser nennt jedoch keinen Ort.
Die Beschreibungen, denen wir unsere Vorstellung dieser Gärten verdanken, gehen auf folgende fünf Autoren zurück:
- den Chaldäer Berossos (* etwa 350 v. Chr.), dessen verlorenes Werk Babyloniaka wir unter anderem daher kennen, dass der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus daraus ausführlich zitierte.
- Diodorus Siculus, der seine Beschreibung ungefähr in der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. schrieb.
- den griechischen Mediziner Ktesias von Knidos, der um 400 v. Chr. in persische Kriegsgefangenschaft geriet und als Leibarzt des Königs Artaxerxes tätig war. Er hinterließ ein umfangreiches und streckenweise fantasiereiches Werk mit dem Titel Persika. Was er darin über Babylon schrieb, ist zwar weitgehend verloren, wird aber von Diodor und Quintus Curtius Rufus zitiert.
- Strabon, einen griechischen Gelehrten, der im 1. Jahrhundert v. Chr. seine Geographie schrieb.
- Philon von Byzanz, der vermutlich um 250 v. Chr. eine Art Reiseführer zu den "Sieben Weltwundern" schrieb.
Grabungen
Oft wird die von Robert Koldewey im Nordostteil des Südpalastes ausgegrabene Anlage, deren Fundament aus mehreren überwölbten Räumen bestand, als Überreste der hängenden Gärten gedeutet. Diese wären demnach auf einem Quadrat mit einer Seitenlänge von 100 m angelegt gewesen, die Terrassen erreichten eine Höhe von circa 25 bis 30 m. Die dicken Mauern und Pfeiler des Aufbaugerüstes waren überwiegend aus Brandziegeln hergestellt, und unter den einzelnen Stufenabsätzen sollen sich Gänge befunden haben. Die Etagenböden bestanden aus drei Lagen. Eine Lage aus Rohr mit viel Asphalt, darunter eine doppelte Lage aus gebrannten Ziegeln, die in Gipsmörtel eingebettet waren, und ganz unten dicke Platten aus Blei. So wurde ein Durchdringen von Feuchtigkeit verhindert. Auf diese Konstruktion hätte man Humus aufbringen und verschiedene Baumsorten einpflanzen können. Eine Bewässerung war aus dem nahegelegenen Euphrat möglich.
Die Gartenanlage kann allerdings nicht für Schammuramat gebaut worden sein, da das ausgegrabene Areal Nebukadnezar II. zugewiesen wird, der etwa 200 Jahre später als Schammuramat (Šammuramat) lebte.

Wolfram Nagel lokalisiert die Gärten im Westen der Südburg, wohl im Bereich des Außenwerks, und nimmt dann einen Neubau in persischer Zeit durch Atossa, der Mutter des Xerxes an, die damit an ihre „Großtante Amyitas“, für die Nebukadnezar Gärten hatte einrichten lassen, erinnern wollte (Nagel 1978, 26).
Julian Reade lokalisiert die Gärten im Außenwerk des sogenannten Nordpalastes, nach Osten zum Palast hin orientiert.
Stephanie Dalley schlug vor, dass die Hängenden Gärten nicht in Babylon, sondern in Niniveh lagen und der Palastgarten Sanheribs waren, der sie mittels einer archimedischen Schraube bewässern ließ und für seine Gattin Tāšmetun-Šarrat erbaute.
Andere Deutungen
Professor Kai Broderson hat die These aufgestellt, dass diese berühmten Gärten nie existierten, sondern dass Nebukadnezar II. einen unzugänglichen Palastgarten schaffen ließ, der in der Fantasie der Autoren der nächsten Jahrhunderte immer wunderbarere Formen annahm. Als Beleg dafür führt er an, dass diese Bauten bis heute nicht zufriedenstellend lokalisiert werden konnten, dass man dem Garten Bewässerungsformen unterstellte, die erst in der Zeit nach Nebukadnezar II. erfunden wurden, und dass weder die zeitgenössischen babylonischen Texte noch Herodot von einem solchen Bau zu berichten wussten. Auch andere Autoren (z. B. Jursa 2004, 77) bezweifeln inzwischen die Deutung Koldeweys.
Literatur
- Stephanie Dalley: Ancient Mesopotamian gardens and the identification of the Hanging Gardens of Babylon resolved. Garden History Summer 1993, Bd. 21, Nr. 1, pp. 1-13.
- Stephanie Dalley: Nineveh, Babylon and the Hanging Gardens: cuneiform and classical sources reconciled. Iraq Bd. 56 (1994) pp. 45-58.
- Jean-Jacques Glassner: À propos des Jardins Mésopotamiens. In: Rika Gyselen (Hrsg.): Jardins d’Orient. Res Orientales Bd. 3, pp. 9-17; Paris 1991.
- Michael Jursa: Die Babylonier. Geschichte. Gesellschaft. Kultur. C. H. Beck Verlag, München 2004. ISBN 3-406-50849-9
- Robert Koldewey: Das wiedererstehende Babylon. Die bisherigen Ergebnisse der deutschen Ausgrabungen. Berlin, 1912; 2. Aufl. Leipzig, 1913; C. H. Beck, München, 1990.
- Wolfram Nagel: Wo lagen die ‘Hängenden Gärten’ von Babylon?. Mitt. der Deutsch-Orient-Gesellschaft 110 (1978) 19-28.
- Fauzi Rasheed: The Hanging Gardens are the refrigerator of Babylon. In: Masao Mori, Hideo Ogawa, Mamoru Yoshikawa (Hrsg.): Near Eastern Studies dedicated to H. I. H. Prince Takahito Mikasa on the occasion of his Seventy-Fifth birthday. Wiesbaden 1991, 349-361.