Süßgräser
Süßgräser | ||||||||||||
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Vorlage:Taxonomy | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Poaceae | ||||||||||||
(R.Br.) Barnhart |




Die Süßgräser (Poaceae, alter Name Gramineae), manchmal auch einfach Echte Gräser genannt, sind eine weltweit in allen Klimazonen verbreitete Vorlage:Familia der Bedecktsamigen Pflanzen. Mit etwa 10.000 Vorlage:Speciesen in mehr als 650 Vorlage:Genusen ist diese Vorlage:Familia eine der Größten innerhalb der Blütenpflanzen. Die Familie umfasst zart gebaute, weniger als 5 Zentimeter messende krautige Pflanzen bis hin zu holzigen Gräsern wie beispielsweise Bambus, der bis zu 40 Meter hoch werden kann.
Alle Getreide wie Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Hirse, Mais und Reis zählen zu dieser Pflanzengruppe. Sie stellen heute die Basis für die Ernährung der Weltbevölkerung dar. In Form von Gras- oder Grünland wie Wiesen und Weiden aber auch Steppen, Savannen und Prärien prägen sie in weiten Teilen der Welt das natürliche Landschaftsbild.
Verbreitung und Standort
Süßgräser sind weltweit verbreitet. Sie kommen von den Meeresküsten bis ins Hochgebirge, vom Äquator bis jenseits der Polarkreise in nahezu allen Pflanzenformationen vor. Sie besiedeln Standorte sehr großer ökologischer Bandbreite. Sie wachsen auf dauernassen bis extrem trockenen Böden und in sehr heißen bis arktisch kalten Klimaten. Man findet Süßgräser flutend in Gewässern, bestandesbildend in Röhrichten, auf wechselfeuchten wie auch trockenen Böden, an Straßenrändern, an Böschungen, auf Felsen, selbst Schotterflächen und Mauerkronen werden besiedelt. Die Familie der Süßgräser deckt gewissermaßen alle denkbaren Standorttypen ab, wobei die einzelnen Arten ihre jeweils eigenen Vorzugsbereiche besiedeln. Etliche Pflanzengesellschaften werden im Wesentlichen durch Gräser aufgebaut. Prärien, Steppen, Savannen und Pampas auch Wirtschaftswiesen und -weiden sind die landschaftsprägenden natürlichen sowie unter menschlichen Einfluss entstandenen Grasländer aller Kontinente. Etwa ein Fünftel der Vegetation der Erde besteht aus Gräsern.
Lebenszyklus und Morphologie
Lebensdauer
Unter den Süßgräsern gibt es einjährige Arten, die ihren gesamten Lebenszyklus in einem Jahr abschließen. Zweijährige Arten keimen im Laufe des Sommers oder Herbstes und bilden erst im folgenden Jahr Früchte und Samen. Ausdauernde oder mehrjährige Arten leben wenige oder viele Jahre. Sie besitzen überwinterungsfähige Horste, Rosetten oder Ausläufer. Die meisten Arten sind krautig; deren einzelnen Halme sterben nach etwa einem Jahr Lebensdauer ab. Ausnahmen bilden die holzigen Bambusarten, deren Triebe dickwandig und fest sind und viele Jahre ausdauern können.
Wuchsformen und Wurzeln
Ein- und zweijährige Arten haben gewöhnlich einzelne oder wenige Triebe in lockeren Büscheln mit weicheren Blättern. Bei diesen Süßgräsern tragen alle oder die meisten der Triebe Blütenstände. Die ausdauernden Arten bilden in den meisten Fällen festere Triebe und Blattspreiten und bilden neben blühenden Trieben eine größere oder kleinere Anzahl an nicht blühenden Halmen. Sie wachsen in lockeren oder dichten Horste oder rasenförmig. Letztere Wuchsform ergibt sich, indem sich die Pflanzen entweder über mehr oder weniger lange, oberirdisch kriechende, grünliche oder rötliche Triebe, sogenannte Stolonen oder über unterirdische, weiße oder braune Ausläufer, sogenannte Rhizome ausbreiten. Außer an der Farbe lassen sich die beiden Typen von Ausläufern daran unterscheiden, dass Stolonen an jedem Knoten (Nodus) über vollständige Blätter mit Blattscheide und Blattspreite verfügen, Rhizome dagegen an diesen Punkten lediglich kleine, dünne schuppenförmige Blätter (Niederblätter) entwickeln. Bei horstwüchsigen Arten bilden sich nur sehr kurze Ausläufer oder aus den Knospen junger Triebe entwickeln sich innerhalb der sie umgebenden Blattscheiden neue aus dieser hochwachsende Halme (intravaginal). Auf diese Weise entstehen durch die gedrängt stehenden Stängel die typischen büscheligen Wuchsform vieler Gräser. Wachsen die Triebe bodennah aus einer Knospe, die untere Blattscheide durchstoßend heraus (extravaginal), ist der Aufwuchs meist locker-horstiger oder rasenförmig.
Die meisten Süßgräser sind Flachwurzler; sie bilden keine Haupt- und Pfahlwurzeln. Am Stängelgrund und an den Knoten der Ausläufer werden zahlreiche sproßbürtige Wurzeln gebildet, welche ihrerseits Seitenwurzeln 1. und 2. Ordnung entwickeln können. Auf diese Weise können Wurzelsysteme von beachtlicher Länge entstehen.
Halme und Blätter
Den Stängel bzw. die Triebe der Süßgräser werden als Halme bezeichnet. Diese sind meist hohl und rund. Nur wenige Grasarten besitzen markige Stängel. Diese sind durch Knoten gegliedert, welche mit Gewebe gefüllt sind. Genau betrachtet ist allerdings nicht der Halm verdickt, sondern die Basis der Blattscheiden. Die Abschnitte zwischen den Nodien heißen Internodien. Unmittelbar oberhalb der Knoten liegen die Wachstumszonen. Hier setzen die faserigen Verstärkungselemente, welche den Halmen Stabilität und Zugfestigkeit verleihen, aus.
Die Halme der Süßgräser können entweder senkrecht hochwachsen, von einem gebogenen Grund Grund aufsteigen oder gänzlich am Boden niederliegend wachsen. Die Halme variiren in Größe, Festigkeit und Zahl der Knoten. Sie sind meist im Querschnittt zylindrisch, selten zusammengedrückt. Bei einigen Süßgrasarten sind dei untersten Internodien mehr oder weniger angeschwollen und verdickt. Die Halme etlicher Gräser sind unverzweigt, bei einigen Arten bilden sich von Knospen in den Blattachseln ausgehend Seitenzweige. Die Beblätterung der Halme ist bei Süßgräsern immer zweizeilig - im Gegensatz zur dreizeiligen Beblätterung der Sauergräser (Cyperaceae).
Die Blätter der Süßgräser bestehen immer aus zwei verschiedenen Abschnitten: die Blattscheide und die Blattspreite. Die Blattscheide setzt am Knoten an und umschließt das Internodium bis fast zum nächsten Halmknoten. Die Scheiden sind bei der Mehrzahl der Gräser an einer Seite offen. Bei wenigen Grasarten sind die Ränder verwachsen und damit die Blattscheiden röhrig geschlossen, wenngleich sie früh im oberen Bereich aufreißen. Während die basalen Blattscheiden die Wachstumspunkte der jungen Triebe schützen, bewahren jene an den Halmen die Wachstumszonen oberhalb der Knoten und sorgen für zusätzliche Stabilität. Der obere Teil der Blattscheiden kann bauchig aufgeblasen sein. Die Vorderseite des Blattscheidenendes kann in mehr oder weniger spitze meist stängelumfassende Öhrchen ausgezogen sein oder Büschel von Haaren tragen.
Die Blattscheide geht am oberen Ende in die vom Halm abstehende Blattspreite über. Diese ist flach, gerollt oder gefaltet; stets länglich und mehr oder weniger spitz zulaufend. Sie zeigt eine kennzeichnende Parallelnervatur einkeimblättriger Pflanzen. Jeder Blattnerv entspricht einem Leitbündel, die dem Stofftransport und der Aussteifung der Blattfläche dient.
Am plötzlichen Übergang von der Blattscheide zur Blattspreite sitzt bei den meisten Arten ein häutiges Anhängsel, das Blatthäutchen (Ligula), es erscheint meistens als häutiger, farblos durchscheinender Fortsatz der Oberhaut auf der Innenseite der Blattscheide und stellt eine Verlängerung der inneren Epidermis der Blattscheide dar. Es schützt vor Verletzungen durch Reibung des sich beim Wind hin und her bewegenden Halmgliedes sowie vor dem Eindringen von Schmutz und Parasiten in den Raum zwischen Halm und Scheide. Wegen seiner Gestaltungsvielfalt ist das Blatthäutchen für die Artbestimmung hilfreich. Es ist behaart oder unbehaart, kragenförmig, zugespitzt, langgezogen, sehr kurz oder sehr lang. Teilweise ist das Blatthäutchen durch eine Reihe von Haaren ersetzt, selten fehlt es ganz.
Blütenstände und Blüten

Die Süßgräser zeichnen sich durch eine charakteristische Reduzierung und Anordnung der Blüten aus: Den meistens zwittrigen Blüten fehlt eine Blütenhülle. Sie sind dafür aber in trockenhäutige Tragblätter, die Spelzen, eingehüllt. Jeweils eine bis mehrere Blüten bilden einen Teilblütenstand, das Ährchen. Die Ährchen wiederum sind zu Rispen, Ähren oder Scheinähren an einer Hauptachse (Rachis) vereinigt.
Der Aufbau der Ährchen wird in Listenform erklärt:
- Hüllspelzen (Glumae): Am Grunde jedes Ährchens sitzen zwei, selten auch ein oder mehr als zwei Spelzen, die meistens das ganze Ährchen einhüllen, die Hüllspelzen. Und zwar sitzt die äußere Hüllspelze auf der Unterseite der Ährchenachse, die innere auf der Oberseite.
- Deckspelzen (Palea inferior, engl. lemma): Den Hüllspelzen folgend sitzen auf der Ährchenachse in zweizeiliger Anordnung die Deckspelzen, von denen jede in ihrer Blattachsel Blüten trägt. Auf dem Rücken oder an der Spitze der Deckspelzen sitzt oft eine steife Borste, die Granne. Sie sind die Tragblätter der Teilblütenstände.
- Die Blüten sind im Grundsatz, wie bei allen Einkeimblättrigen Pflanzen, auch dreizählig, einzelne Blütenteile sind bei den Süßgräsern aber reduziert, wie meistens bei windbestäubten Pflanzen. Sie sind fast immer zwittrig. Die Blütenhüllblätter fehlen zum Großteil oder sind verkümmert. Staubblätter sind meistens drei vorhanden, sie haben lange Staubfäden. In jeder Blüte gibt es einen Fruchtknoten und darüber zwei Narben.
- Vorspelzen (Palea superior) und "Schwellkörper" = "Lodiculae": „Die Vorspelze ist entweder als Vorblatt oder als Rest eines äußeren Blütenhüllblattkreises aufgefasst worden, die Lodiculae als Teile eines äußeren oder inneren Blütenhüllblattkreises. Entwicklungsgenetische Befunde deuten darauf hin, dass die Interpretation der Vorspelze als Teil der äußeren und die Lodiculae als Teile des inneren Blütenhüllblattkreises wahrscheinlich richtig ist.“ aus Strasburger 35. Auflage, S. 814.
- Vor jeder Blüte befindet sich also eine Vorspelze, die wohl ein Rudiment der äußeren Blütenhüllblätter ist. Zur Blüte gehören (am weitesten unten) zwei (selten drei) kleine Schüppchen, die Lodiculae, die meistens als die verkümmerten inneren Blütenhüllblätter gedeutet werden. Durch ihr Anschwellen öffnen sich die Blüten.
Früchte und Samen
Die Frucht ist meistens eine Karyopse, das ist eine Sonderform einer Nussfrucht, selten eine Beere. Sie ist meistens in Deckspelzen und Vorspelzen eingeschlossen. Es gibt drei Typen der Grasfrucht: 1. kurzbegrannte und bespelzte Frucht; 2. langbegrannte und bespelzte Frucht; 3. Frucht ohne Hüll- und Vorspelze
Biologie/ Ökologie
Generative Vermehrung
Alle Süßgräser sind windbestäubt (Anemogam). Bei allergischen Menschen bewirkt diese Art der Pollenverbreitung den Heuschnupfen.
Ausbreitung und Regeneration
Gräser sind aufgrund der geschützten Lage ihrer Blattwachstumszonen und Nebentriebknospen zur raschen Erholung von Verbiss und Mahd befähigt. Man nimmt an, dass die Evolution der Süßgräser mit der der großen Weidetiere parallel ging. Es handelt sich auf jeden Fall um eine moderne Pflanzengruppe.
Bedeutung
Ökologische Bedeutung
Süßgräser sind der dominante Pflanzentyp in vielen trockenen oder halbtrockenen (ariden und semiariden) Gebieten wie Steppen oder Savannen. Durch ihr schnelles Besiedeln sind sie oft erosionshemmend.
Nutzung und Bedeutung für den Menschen

Die Früchte der Süßgräser sind einsamige Schließfrüchte, die Karyopsen. Sie bilden eine Sonderform der Nussfrüchte, werden aber meistens als Körner bezeichnet. Die Karyopsen enthalten oft viel Stärke. Deshalb befinden sich unter den Süßgräsern auch einige der wichtigsten Nahrungspflanzen des Menschen, es sind die Getreide wie: Reis, Mais oder Weizen. Große Bedeutung haben die Süßgräser außerdem als Futtermittel für Weidevieh.
Bekannte Nutzpflanzen
- Bambus (Bambusoideae)
- Gerste (Hordeum)
- Hafer (Avena)
- Hirsen
- Mais (Zea)
- Reis (Oryza)
- Roggen (Secale)
- Weizen (Triticum)
- Zitronengras (Cymbopogon)
- Zuckerrohr (Saccharum)
Systematik
Die Poaceae umfassen über 650 Gattungen. Die Familie Poaceae ist in 12 Vorlage:Subfamilian von sehr ungleicher Größe unterteilt, die noch weiter in insgesamt 46 Tribus gegliedert sind. Die Unterfamilien können vom phylogenetischen Standpunkt aus zu zwei Hauptgruppen („BEP clade“, „PACCAD clade“) zusammengefasst werden. Noch vor dieser Aufteilung wurden drei kleinere Unterfamilien vom Stammbaum der Süßgräser abgespalten.
„BEP clade“
„PACCAD clade“
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Quellen und weiterführende Informationen
Literatur
- C. E. Hubbart: Gräser - Beschreibung, Verbreitung, Verwendung. Ulmer Verlag, Stuttgart, 1985. ISBN 3-8001-2537-4.
- Peter Sitte, Elmar Weiler, Joachim W. Kadereit, Andreas Bresinsky, Christian Körner: Lehrbuch der Botanik für Hochschulen. Begründet von Eduard Strasburger. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2002 (35. Aufl.) ISBN 3-8274-1010-X
- Ernst Klapp, Wilhelm Opitz von Boberfeld: Taschenbuch der Gräser. Verlag Paul Parey, Berlin, Hamburg 1990 (12. Aufl.), ISBN 3-489-72710-X
- Grass Phylogeny Working Group, Nigel P. Barker, Lynn G. Clark, Jerrold I. Davis, Melvin R. Duvall, Gerald F. Guala, Catherine Hsiao, Elizabeth A. Kellogg, H. Peter Linder: Phylogeny and Subfamilial Classification of the Grasses (Poaceae). Annals of the Missouri Botanical Garden, 2001, Vol. 88, No. 3 (Summer, 2001), pp. 373-457