Kathedrale



Die Kathedrale, genauer Kathedralkirche (von griechisch/lateinisch: ecclesia cathedralis), ist die Kirche eines katholischen, anglikanischen oder orthodoxen Bischofssitzes. Der Stuhl (griechisch kathedra) des Bischofs steht in ihr an hervorgehobener Stelle. Kathedralen sind meist eindrucksvoll gestaltete Kirchengebäude.
Benennungen
Kathedrale
Die Verwendung der Bezeichnung ecclesia cathedralis taucht erstmalig auf dem Konzil von Tarragona 516 auf. Als eine bedeutsame Kirche nannte man sie auch ecclesia maior (große Kirche), bei orthodoxen Kirchen heute noch Standardbezeichnung für derartige Kirchen. Der Papst hat in Rom zwei cathedrae inne, als Haupt der katholischen Kirche im Petersdom, als Bischof von Rom in der Lateranbasilika. Beide gehören zu den vier Erzbasiliken (Archibasilicae) Roms und beide sind seit 1929 als Teile des Vatikanstaates exterritorial.
Dom
Während es in den meisten Sprachen nur eine Bezeichnung für die Bischofskirche gibt (engl. cathedral, franz. cathédrale etc.), werden im Italienischen, Deutschen und den nordeuropäischen Sprachen Kathedralen auch oder vorwiegend als Dom bezeichnet. Die Begriffe sind aber nicht synonym. In Deutschland und Italien gibt es eine beachtliche zahl von Domen, die nie Bischofskirche waren.
Unterscheidungskriterien im deutschen Sprachgebrauch:
- Bischofskirchen in Ländern, wo es nur das Wort Kathedrale gibt, werden grundsätzlich Kathedrale genannt.
- „Kathedrale“ betont mehr die Funktion als Bischofssitz, „Dom“ eher das Gebäude im Stadtbild („Der Wiener Erzbischof geleitet die Prozession in seine Kathedrale."– wiewohl diese Kathedrale allgemein „Stephansdom“ genannt wird).
- Größe, Baustil und Gestalt spielen dagegen keine Rolle.
Münster
Zuweilen werden im schwäbisch-alemannischen Sprachraum Kathedralen auch Münster genannt (z.B. das Basler Münster und das Straßburger Münster. Das Wort leitet sich jedoch vom lateinischen monasterium (Kloster) her. Dementsprechend sind die meisten „Münster“ nie Kathedrale gewesen, wie das Ulmer Münster mit dem höchsten Kirchturm der Welt. Andere sind erst Jahrhunderte nach ihrer Fertigstellung zu Bischofskirchen geworden wie die Münster in Freiburg und Essen-Werden.
Kaiserdom

Als Kaiserdom werden in Deutschland der Aachener Dom, der Bamberger Dom, die Stiftskirche St. Peter und Paul in Königslutter, der Speyerer Dom, der Mainzer Dom und der Wormser Dom bezeichnet. Ursprünglich leitete sich die Bezeichnung daraus ab, dass der betreffende Dom von Kaisern erbaut wurde. Später wurden auch andere bedeutende oder sehr große Kirchenbauten als Kaiserdom bezeichnet, so etwa der Wormser Dom, an dem kein Kaiser mitgewirkt hat, oder der Frankfurter Dom, weil er Sitz der Kaiserkrönungen war.
Mutterkirche
Eine seltenere und missverständliche Bezeichnung für die Kathedrale ist Mutterkirche, mit der z. B. die Lateranbasilika, bezeichnet wird.
Kathedralbasilka

Der Papst verleiht einigen bedeutenden Kirchen der Römisch-Katholischen Kirche den Titel Basilika minor. Ein Beispiel hierfür ist der Xantener Dom St. Viktor, der nie eine Kathedrale war. Kathedralen mit dem Titel Basilica minor werden auch als Kathedralbasilika bezeichnet. Ansonsten ist Basilika eine für andere Zwecke entwickelte, aber vor allem bei Kirchen anzutreffende Bauform, nämlich eine mehrschiffige Halle, deren Mittelschiff höher ist als die Seitenschiffe.
Kathedralen und Dome ohne Bischofssitz

Zahlreiche Kathedralbauten sind keine Bischofskirchen mehr, weil Bischofssitze verlegt wurden oder Bistümer durch die Reformation oder später die Säkularisierung aufgehoben wurden. Sie werden üblicherweise weiterhin Kathedrale oder Dom genannt.
Innerhalb der katholischen Kirche wird eine ehemalige Kathedrale oder zweite Kathedrale in einem Bistum wird als Konkathedrale oder Mit-Dom bezeichnet. Die Kathedrale des Erzbistums München und Freising ist besser unter ihrer alten Bezeichnung Frauenkirche bekannt, während der ursprüngliche Bischofssitz, der Freisinger Dom, heute die Konkathedrale ist.
Auch wenn die Begriffe Kathedrale und Dom meist synonym verwendet werden, gibt es auch Kirchen, die wegen ihrer Größe oder ihrer kulturhistorischen Bedeutung als Dom bezeichnet werden, obwohl sie keine Bischofskirchen sind. Beispiele sind der Frankfurter Kaiserdom St. Bartholomäus, welcher von 1562 bis 1792 Schauplatz von zehn Kaiserkrönungen war, aber niemals Bischofssitz, oder der Berliner Dom schon zur Zeit, als er nicht einmal Landesbischofssitz, sondern "nur" die Hauptkirche der evangelisch-deutschen Staatskirche war.
Kathedralbau
Kunstgeschichtliche Bedeutung
Hans Jantzen bezeichnete die Kathedralen als „Träger der führenden Gedanken der abendländischen Baukunst“. In der katholischen und vielen orthodoxen Kirchengemeinschaften wurden bzw. werden Bischofskirchen besonders groß und aufwändig gestaltet. Den künstlerischen und bautechnischen Höhepunkt erfuhren die Kathedralen in der Gotik, besonders in Frankreich.
Die kunstgeschichtliche Definition Adolf Adams, der „unter Kathedralen die Hauptkirchen des gotischen Baustils“ versteht, stimmt mit der kirchlichen insoweit überein, als Bischofskirchen grundsätzlich die größten und wichtigsten waren, in der Zeit der Gotik aber die größte Aufmerksamkeit erfuhren. Im frühen Mittelalter hatten oft Klöster und ihre Kirchen eine ebenso große Bedeutung. Nach Reformation und Gegenreformation richtete sich das Augenmerk der Kirche(n) mehr auf die Seelsorge und damit auf Pfarrkirchen und Wallfahrtskirchen.
Die wohl bekannteste gotische Kathedrale in Deutschland ist der Kölner Dom.
Typische Bauformen
Im Einflussbereich des französischen Kathedralbaus haben seit der Spätromanik Kathedralen Gemeinsamkeiten in Bauform und Ausstattung. Typisch ist ein großer Chorraum im Osten, der dem Klerus vorbehalten war und durch ein Querschiff vom übrigen Kirchenschiff getrennt wird. So hat die Kirche insgesamt einen kreuzförmigen Grundriss. Das Langhaus ist als mehrschiffige Basilika ausgeführt, bei der das Hauptschiff höher und breiter ist als die Seitenschiffe. Die Westfassade wird von zwei Türmen geprägt. Ein weiterer Turm befindet sich oft über der Kreuzung von Langhaus und Querschiff, der so genannten Vierung. In der Gotik wurde auf diesen Vierungsturm nicht selten verzichtet, während die Westtürme immer höher gebaut wurden.
Bei geringerem französischne Einfluss wurden auch eintürmige Dome gebaut (Ostseeraum). In Italien mit seiner überwiegend eigenständigen Bautradition überwiegen turmlose Westfassaden. Überhaupt wurden bei italienischen Kirchen zumeist nur einzelne gotische Stilelemente übernommen.
Nach Ende der Gotik gebaute Kathedralen haben über der Vierung oft eine Kuppel, wie in Florenz, Rom (Petersdom), Salzburg und London (St. Paul's Cathedral). Kuppeln auf Pfarrkirchen sind außerhalb der orthodoxen Konfessionen dagegen selten. In der Zeit des Barock wurden – wie auch bei anderen Kirchen – vielerorts zusätzliche pompöse Altäre eingebaut.
Späte Nachbesserungen
Einige Kathedralen, z.B. die von Köln oder Prag, blieben nach Ende der Gotik unvollendet stehen und wurden erst im 19. Jahrhundert fertiggestellt.
Klein und Groß

- Die um das Jahr 800 erbaute Katedrala svetoga Križa (Heilig-Kreuz-Kathedrale) in Nin, Kroatien, gilt offiziell als die kleinste Kathedrale der Welt. Man nimmt an, dass sie früher (vermutlich im 8. Jahrhundert) Bischofssitz war.
- Der Petersdom in Rom gilt meist als die größte Kathedrale der Welt. Er gehört in jedem Falle zu den größten sakralen Bauwerken der Welt.
Siehe auch
- Liste von Kathedralen und Domen, aufgegliedert nach Ländern, Regionenen, Konfessionen
- Liste als Duomo / Dom / Domkirche bezeichneter Kirchen, nach alphabetischer Reihenfolge der Städte
- Liste als Münster / Minster bezeichneter Kirchen und Klöster
- Liste der Kathedralen und Basiliken in Nordeuropa
Literatur
- Uwe A. Oster: Die großen Kathedralen. Gotische Baukunst in Europa. Primus, Darmstadt 2003, ISBN 3896782401
- Adolf Adam: Wo sich Gottes Volk versammelt. Gestalt und Symbolik des Kirchenbaus. Herder, Freiburg/Basel/Wien 1984
- Hans Jantzen: Kunst der Gotik. Klassische Kathedralen Frankreichs – Chartres, Reims, Amiens. Neuausgabe, erweitert und kommentiert durch ein Nachwort von Hans-Joachim Kunst. Reimer, Berlin 1987, ISBN 3-496-00898-9
- Otto von Simson: Die gotische Kathedrale. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1968
- Ernst Ullmann: Die Welt der gotischen Kathedrale. Union, Berlin 1981, ISBN 3-85063-117-6
- Christoph Markschies: Gibt es eine 'Theologie der gotischen Kathedrale'. Winter, Heidelberg 1995,