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Hans Joachim Iwand

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Hans Joachim Iwand (* 11. Juli 1899 in Schreibendorf, Kreis Strehlen, Schlesien; † 2. Mai 1960 in Bonn) war ein deutscher evangelischer Theologe.

Frühes Leben

Iwands Eltern waren der Pfarrer Otto Iwand und seine Ehefrau Lydia geb. Hermann. Nach dem Abitur 1917 in Görlitz studierte Iwand ein Jahr lang an der Universität Breslau bis er zum Wehrdienst einberufen wurde. Er diente nach Kriegsende ein halbes Jahr am schlesischen Grenzschutz. Danach nahm er sein Studium in Breslau (und zwei Semester in Halle an der Saale) wieder auf, und arbeitete mit den Theologieprofessoren Hans von Soden, Erich Schaeder und vor allem Rudolf Hermann zusammen. Nach seinem Abschluss wurde er 1923 als Studieninspektor an das Lutherheim in Königsberg in Ostpreußen berufen. Er promovierte 1924, habilitierte und heiratete (Ilse geb. Ehrhardt) 1927, und bestand 1928 sein zweites theologisches Examen. Mit seiner Ehefrau, die 1950 verstarb, hatte er fünf Kinder. Die jüngste Tochter, Veronika Geyer-Iwand, wurde 1997 ermordet. Ihr Ehemann, der Pastor Klaus Geyer, wurde in einem Indizienprozess für die Tat verurteilt.

Zeit des Nationalsozialismus

November 1934 wurde Iwand als Neutestamentler an das Herder-Institut in Riga berufen. Wegen seiner Teilnahme am Kirchenkampf musste er diese Tätigkeit aufgeben und wurde 1935 - 1937 Leiter des illegalen Predigerseminars der Bekennenden Kirche in Bloestau (Ostpreußen) und in Jordan (Neumark). 1936 wurde ihm ein „Reichsredeverbot“ auferlegt. Nach der Schließung des Predigerseminars im Osten öffnete er es Januar 1938 in Dortmund wieder und wurde deshalb vier Monate inhaftiert. Zur Jahreswende übernahm er dann das Pfarramt an St. Marien in Dortmund, wo er bis zum Kriegsende blieb.

Professor in Göttingen und Bonn

Nach dem Krieg wurde Iwand Professor für systematische Theologie an der Universität Göttingen, wo er eng mit Ernst Wolf zusammen arbeitete. Er war auch in dieser Zeit Mitglied des Bruderrats der EKD und Hauptautor des Darmstädter Worts. 1952 wechselte Iwand an die Universität Bonn, wo er bis zu seinem Tode blieb. Er ist in Beienrode begraben, wo er das „Haus der helfenden Hände“ gegründet hatte, das zuerst die Not der Flüchtlinge aus dem ehemaligen deutschen Osten linderte, danach für die Verständigung zwischen Deutschen und den Völkern Osteuropas arbeitete.

Lehre

Die Bedeutung Iwands als Theologe geht aus seinen Hauptschriften hervor. Zu nennen sind:

  1. Über die methodische Verwendung von Antinomien in der Religionsphilosophie - Dargestellt an Karl Heims „Glaubensgewißheit“, 1924. (Inaugural-Dissertation)
  2. Rechtfertigungslehre und Christusglaube - eine Untersuchung zur Systematik der Rechtfertigungslehre Luthers in ihren Anfängen, 1930. (Habilitationsschrift)
  3. Theologische Erläuterungen, in: Martin Luther, Vom unfreien Willen, Christian Kaiser Verlag, München, 1939, S.289-371.
  4. Glaubensgerechtigkeit nach Luthers Lehre,in: Theologische Existenz heute, Heft 75, 1941. (untergliedert in die Kapitel: Gott recht geben, Gesetz und Evangelium, Glaube und Werke, Gerechtigkeit)
  5. Predigt-Meditationen, V&R, Göttingen, 1963, 3. Aufl. 1966. [mit Frontispiz]

Ein ganz kurzer unsystematischer Überblick: Vielleicht ist es sinnvoll für die Beschreibung der theologischen Lehre Iwands die gleiche Vorgehensweise zu wählen, die er wählte, um etwas Einführendes zu Luther zu sagen. Denn man kann entweder einen Grundriss seiner Anschauungen geben oder den entscheidenden Punkt, an dem sich jeder seiner Stellung ihm gegenüber klar werden kann. Der Streitpunkt, an dem Iwand in Anlehnung an Luther Stellung bezieht, ist die Frage, „wie weit der Mensch sich selbst ‚entscheiden‘ kann, wenn es um die Gottesfrage geht.“ [2, S. 295]

Iwand glaubt, dass „Jesus Christus nicht als Heiland und Erlöser bekannt werden kann ohne durch den Geist Gottes, der ihn uns verklärt.“ [ebd.] Damit fällt aber der Glaube an die freie Entscheidungsmöglichkeit des Menschen dahin. Beides kann nicht „auf einem Brett stehen“. Damit ist eine Position bezogen, die weitreichende Konsequenzen für alle theologischen Fragen hat. Für die Zuordnung von Person und Werk [4] bedeutet dies z.B., dass der Mensch von sich aus zwar manch Gutes tun könne, aber er kann nichts tun, was ihn, den Menschen selber gut macht. Für Iwand [4, Vorwort] ist es wichtiger einen Schritt in der Frage der Glaubensgerechtigkeit, wie sie etwa im Römerbrief gegeben ist, weiter zu kommen, als durch Kritik am Zeitgeist Mission am Menschen zu üben. Es geht ihm um den rechten Glauben, um das Evangelium, das wirklich gute Botschaft ist. Er betont, das Evangelium das Heute der Gnade Gottes bedeutet. Weil auch Christus nicht zum Gesetzgeber gemacht werden darf, der nur das gute Leben von uns fordert. Sondern er ist das Leben selbst.

Iwand fragt danach, was es bedeutet, dass Christus uns von Gott zur Gerechtigkeit gemacht (1. Kor. 1,30) ist [2]. Er greift zurück auf die reformatorischen Grundpositionen des sola fide, sola gratia und per christo. Die kritische Bestimmung des Glaubens besagt, das wir ohne Werke gerecht werden, allein aus Glauben (Röm 3). Und dies liegt daran, dass der Glaube eben das eigentliche Werk Gottes, das Handeln Gottes in Jesus Christus, ergreift. Glaubensgewissheit [1] ergibt sich nicht dort, wo der Mensch in die Dilemmata des Erkennens (Antinomien) geführt wird, um dann seine Prävalenz des Willens über den Intellekt zu betätigen, oder den psychologischen Dilemmata zwischen der Selbstgewissheit und der Reflexion über die äußeren Verhältnisse durch den ethischen Maßstab des Christentums zu entspringen [1], sondern die Gewissheit hängt daran, dass Gott nicht lügen wird, also am Wort Gottes selbst; an der Wahrheit freut sich der Christ, diese ist im Dogma zusammengefasst.

Die Wahrhaftigkeit Gottes ist gewisser als das Leben und alle Erfahrung [3, S. 316]. In der Schrift sehen wir die Klarheit Gottes selbst, „die sich auf dem Angesicht Jesu Christi spiegelt“ [3, S. 318]. Alle Rätsel des verborgenen Gottes, die Finsternisse um das Weltgeschehen „verlieren ihren Stachel, wenn wir die Erkenntnis Gottes aus dem Angesicht dessen herauslesen, der uns nach dem ewigen Ratschluss seines Vaters durch sein Leiden und Sterben erlöst hat“ [3, S. 303].

Iwand war der Anreger und späterauch der Herausgeber der Göttinger Predigtmeditationen. Das Nachdenken über Gottes Wort steht hier im Mittelpunkt. „Wir möchten mit unserer Arbeit all denen beistehen, die nun doch da anklopfen, wo einmal - wenn Gott Gnade gibt - aufgetan wird, wo die Verheißung des Findens uns gegeben ist. Der Buchstabe der Schrift ist nun einmal diese Stelle, wo wir anklopfen dürfen und müssen“ [5, S. 94], heißt es in einer der ersten Vorworte von Iwand zu diesen Heften. Für Iwand ist es deutlich [5, S. 120ff], dass der Untergang des Wortes Gottes nicht nur allgemein gesellschatlich, vielleicht an weltliche Philosophien und Strömungen gebundenes ist, was eine durch restaurative Bemühungen zu überwindende Sache wäre. Sondern vielmehr könne das Wort Gottes nur dort untergehen, zum Verstummen gebracht werden, wo es zuvor hell und deutlich als Licht und Kraft aufgegangen war, dort wo sich um das Wort des Evangeliums und des Gesetzes die Kirche gescharrt hatte. Und er fragt mit dem Psalmisten, „Hüter, ist die Nacht bald hin?“ Es geht ihm darum, dass das Wort Gottes unter uns wohnt und heimisch wird, darum das wir das Wort Christ reichlich unter uns haben und von daher die Wirklichkeit über Gott und den Menschen erfassen und die Kirche sich nicht von menschlichem Trug gefangen nehmen lässt. Die Verheißung, dass Gott sein Wort nicht leer zurückkehren lässt, steht darum über dem ganzen Unternehmen der Meditationen als Hilfen zur Vorbereitung der Verkündigung. Sie wurden in vielen Pfarrhaushalten zur Vorbereitung der Predigt benutzt, im Westen, und - das war Iwands besondere Freude - auch im Osten des geteilten Deutschland.

Literatur

  • Jürgen Seim, Hans Joachim Iwand, Gütersloh (Gütersloher Verlagshaus), 2. Auflage 1999, ISBN 3579018442
  • Immer, Esther; Hoffmann, Matthias, Im Dienst der Versöhnung - Hans Joachim Iwand, das Hilfswerk der EKD und die Flüchtlingsarbeit nach dem II. Weltkrieg, Diakoniewissenschaftliches Institut, Diplom-/Abschlußarbeit, veröffentlicht in DWI-Info 33 [ISSN 0949-1694] S. 122; komplett veröffentlicht unter: BDW.A 30/31 [Heidi Signatur: V I 645], Erstellungsjahr: 1999, Publikationsdatum: 17.04.2002

Iwands Predigtmeditationen im internet: http://www.dynasol.nl/albertstarreveld/bart/predigtmeditationen/