Semesterticket
Deutschland
Das Semesterticket, auch Studi-Ticket genannt, ist ein Fahrausweis für den ÖPNV, der für Studierende ein Semesterhalbjahr lang gilt. Sie erwerben es durch die verpflichtenden Gebühren bei der Einschreibung bzw. Rückmeldung automatisch, auch wenn sie die Angebote nicht nutzen wollen. Durch dieses Solidarprinzip kann das Semesterticket besonders billig sein und ein attraktives Angebot für jene bieten, die öffentliche Verkehrsmittel benutzen.
Das Semesterticket wurde mehrfach juristisch angegangen. Zuletzt stellten zwei Urteile des Bundesverfassungsgerichts klar, dass die Studierendenvertretungen sowohl die Kompetenz haben, das Ticket einzuführen als sich auch öffentlich dazu äußern dürfen. Das Land Berlin hat das Semesterticket zudem gesetzlich geregelt. [1]
1991 wurde das Semesterticket erstmals an der Fachhochschule Darmstadt und der Technischen Universität Darmstadt eingeführt ("sog. Darmstädter Modell"). Es ist Vorbild aller entsprechenden Tickets in Deutschland. Aufgrund der Semestertickets ist das studentische Aufkommen im ÖPNV an den Hochschulstandorten deutlich gestiegen.
Solidar-Modell ("Darmstädter Modell")
An den meisten Hochschulen zahlen alle Studierenden für das Semesterticket zwangsweise einen einheitlichen Beitrag, auch wenn nur ein gewisser Anteil das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs nutzt.
Das Semesterticket entsteht in der Regel durch einen Vertrag zwischen der verfassten Studierendenschaft, vertreten durch den AStA/StuRa, und dem oder den entsprechenden Verkehrsunternehmen. In Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen tritt an die Stelle des AStAs/StuRa das Studentenwerk.
Das Modell des Semestertickets ist nicht unumstritten unter Studierenden. Viele empfinden die solidarische Finanzierung als ungerecht, weil sie das Ticket wegen eines Wohnortes außerhalb des Geltungsbereiches nicht ohne zusätzliche Fahrkarten nutzen können und sie beim Kauf des Tickets keine Wahl haben. Bereits 1992 klagte deshalb ein Dortmunder Student gegen das Semesterticket. Diese Klage wurde jedoch abgewiesen mit der Begründung, dass ein Semesterticket generell zulässig ist, solange der größte Teil der Studierenden einen theoretischen Nutzen daraus hat.[2]
Es ist anzumerken, dass das Gültigkeitsgebiet oft sehr unterschiedlich ist. So gilt das Ticket etwa in Regensburg nur im RVV, hier allerdings in allen Verkehrsmitteln, in Göttingen in ganz Niedersachsen und Bremen und bis Hamburg Hbf, jedoch nur in Zügen von DB Regio, metronom und eurobahn und auf weiteren ausgewählten Strecken (s. u.).
Härtefallregelungen
An vielen Hochschulen gibt es Regelungen, mit denen ausnahmsweise der Zwang zur Zahlung des Semesterticket-Beitrages umgangen werden kann. Von der Teilnahme am Semesterticket können meistens befreit werden:
- behinderte Studierende, die ein gesetzliches Anrecht auf kostenlose Beförderung im ÖPNV haben
- Studierende, die sich beurlaubt haben
- Fernstudierende
Falls der Wohnort so ungünstig liegt, dass er mit den für die Benutzung zugelassenen Verkehrsmitteln nicht erreicht werden kann, wird auch teilweise auf die Beitragserhebung verzichtet.
Einen besonderen Fall bildet der Umgang mit Studierenden, die Schwierigkeiten mit der Finanzierung des Beitrages haben. Vor allem die älteren Semesterticket-Modelle, soweit sie sich dieses Problems überhaupt annehmen, befreien diese Studierenden von der Beitragspflicht nur unter der Bedingung, dass sie auf das Semesterticket verzichten. Neuere Modelle (z. B. in Hamburg oder Berlin) stellen statt dessen einen Sozial-/Härtefallfonds bereit, aus dem diesen Studierenden die Beiträge erstattet werden. Sie können das Ticket dann kostenlos nutzen oder bekommen zumindest einen Teilbetrag erstattet.
Hochschulstandorte mit Semestertickets
Hochschulstandort | seit | Geltungsbereich | Preis pro Semester |
---|---|---|---|
Aachen | 2000 | AVV, zudem die Bahnanschlüsse RE 4 bis Düsseldorf Hbf, RB 33 und RB 39 bis Mönchengladbach Hbf, sowie RE 1 und RE 9 bis Köln Hbf | 81,75 EUR (Stand SS 2007) |
Augsburg | AVV Zone 10 und 20 | 38,00 € | |
Berlin | 2002/03 | VBB Tarifbereich Berlin ABC | 145,00 EUR (WS 2006/07) zzgl. Sozialfondsbeitrag 1,80 − 5,00 EUR je nach Hochschule |
Bielefeld | 1993 | VVOWL und DB Regio darüber hinaus | 78,90 EUR (WS 2006/07 und SS 2007) |
Bochum | VRR | 79,95 EUR (ab SS 2007: 84,95 EUR) | |
Bochum (EFH) | 1992 | VRR | 83,86 EUR (Stand: SS 2007) |
Bonn | 1993 | VRS (mit Meldebescheinigung inkl. Übergangstarife VRR und Ahr) | 70,00 EUR (WS 2005/06) 79,50 EUR (ab SS 2006) |
Brandenburg/Havel | 2001 | VBB Gesamtnetz und RE 1 und RB nach Magdeburg | 87,60 EUR (WS 2006/07) |
Bremen | 1994 | VBN und VEJ sowie über die Verkehrsverbünde hinaus in den Nahverkehrszügen nach Cuxhaven, Wilhelmshaven, Esens (Ostfriesland), Norddeich, Rheine, Osnabrück Hbf, Hannover, Hamburg Hbf | 72,00 EUR (WS 2006/07) 78,00 EUR (?) (WS 2007/08) |
Braunschweig | 2006 | VRB und das DB-Regio-Ticket Niedersachsen + Bremen + Magdeburg/Halle | 41,34 EUR |
Bremerhaven | siehe Bremen | siehe Bremen | |
Chemnitz | 1994 | VMS - Tarifzone 13 (Chemnitz) | 41 EUR |
Cottbus | 2006 | VBB Gesamtnetz und RE 18 | 92,50 EUR (WS 2006/07 zzgl. 1,50 EUR Sozialbeitrag) |
Darmstadt | 1991 Initiator | RMV inkl. VRN-Übergangstarifgebiete | 71,57 EUR |
Darmstadt (EFH) | 1998 | RMV inkl. VRN-Übergangstarifgebiete, Linie R30 im NVV bis Kassel sowie IC/EC zwischen Heidelberg, Göttingen, Eisenach, Warburg, Bingen, Aschaffenburg und Mainz | 84,95 EUR |
Detmold | 2006 | ungefähr VVOWL, siehe [1] | 39,12 EUR |
Dortmund | 1991 | VRR | 79,95 EUR |
Dresden | VVO | 90 EUR | |
Duisburg | 1992 | VRR | 79,95 EUR |
Düsseldorf | VRR | 79,95 EUR | |
Emden | 2003 | siehe Bremen | siehe Bremen |
Essen | 1993 | VRR | 79,95 EUR |
Frankfurt am Main | RMV inkl. VRN-Übergangstarifgebiete | 245 EUR (WS 2006/07) | |
Frankfurt/Oder | VBB Gesamtnetz | ||
Flensburg | 2002 | die Linien der Verkehrsgemeinschaft Flensburg im Stadtgebiet, die FördeBus-Strecke Flensburg-Holnis (Linie 21) und die Autokraft-Linie Flensburg-Tarup | 28,50 EUR |
Gelsenkirchen | VRR | 79,95 EUR | |
Gießen | RMV+NVV | ||
Göttingen | 2004 | Nahverkehrszüge der DB Regio, metronom und eurobahn in Niedersachsen/Bremen und bis Hamburg Hbf. Zusätzliche Strecken bis Paderborn (NWB), Kassel, Bad Hersfeld, Leinfelde und Nordhausen. Keine Busse. | 50,92 EUR (Sommersemester 2007) |
Hamburg | HVV - Gesamtbereich | 132 EUR + 3,00 EUR Härtefonds (WS 2006/07) | |
Hannover | 2003 | Großraumverkehr Hannover GVH sowie Nahverkehrszüge der DB Regio und metronom in Niedersachsen/Bremen und bis Hamburg Hbf., Eurobahn auf dem Streckenabschnitt von Bodenburg bis Bad Oeynhausen | 102,88 EUR (WS 2006/07) |
Ilmenau | 2001 | Bahnstrecken nach Erfurt (KBS 566), Meiningen (KBS 571) und Saalfeld (KBS 561) | 14 EUR |
Kaiserslautern | Teilbereich Westpfalz des VRN, ab WS 2007/08 komplettes VRN-Gebiet | 68,90 EUR 95 EUR ab WS 2007/08 | |
Kassel | 1992 | Gesamter Nordhessischer Verkehrsverbund, sowie R 1 nach Göttingen | 72,50 EUR |
Kiel | 1994 | Kernzone Kiel und angrenzender Ring sowie eine Ermäßigung auf die BusVerbindung nach Hamburg (Autokraft) | 44,50 EUR (42,75 EUR ab WS 2007/08) |
Köln | 1993 | VRS (mit Meldebescheinigung inkl. Übergangstarife VRR und Ahr) | 70,00 EUR (WS 2005/06) 79,50 EUR (ab SS 2006) |
Krefeld | 1993 | VRR | |
Leer | 2003 | siehe Bremen | siehe Bremen |
Lüneburg | HVV, Nahverkehrsstrecken LG-Hamburg, LG-Lübeck, LG-Uelzen | 43,90 EUR (WS 2006/07) | |
Lübeck | 1993 | Stadtverkehr Lübeck inkl. Bahnstrecke Lübeck-Travemünde-Lübeck (Hbf) - Lübeck-St. Jürgen | 86,80 EUR |
Mainz | 1994/95 | MVG, RMV inkl. VRN-Übergangstarifgebiete, RNN, Bahnstrecke zwischen Bacharach und Koblenz | 118 EUR (WS 2007/08) |
Marburg | RMV und NVV inkl. EC/IC | 95,40 EUR | |
Münster | 1992 | VGM, Teile des VRL, Bahnstrecken bis Recklinghausen, Dortmund, Paderborn, Bielefeld, Osnabrück und Enschede | 63,00 EUR (SS 2007) |
Offenbach am Main | RMV | ||
Oldenburg | 1997/2003 | siehe Bremen | siehe Bremen |
Osnabrück | 1995 | VOS und DB Regio darüber hinaus | 45,54 EUR (WS 2006/07) |
Ottersberg | xx | siehe Bremen | siehe Bremen |
Paderborn | 1993 | NPH, Teile des VVOWL, Teile der VRL (jeweils inkl. vieler Strecken der DB_Regio_NRW, ERB und NWB in diesem Bereich) | 61,49 EUR (SS 06) |
Pforzheim | VPE | 13,00 EUR | |
Potsdam | 2000 | VBB-Gesamtnetz | 128 EUR |
Regensburg | 1999 | RVV | 36 EUR (SS 2006) |
Saarland | 1994 | SaarVV - zusätzlich bis Zweibrücken (Rheinland-Pfalz), Waldmohr (Rheinland-Pfalz) und Sarreguemines (Frankreich) | 73,00 EUR (WS 2005/06 und SS 2006) |
Salzgitter | VRB | 36 EUR | |
Siegen | 1993 | VGWS mit DB Regio und Hellertalbahn und BRS und VWS | 63,20 EUR (WS 2005/06) |
Trier | 1992 | VRT, Nahverkehrszüge nach Perl, Saarbrücken, Koblenz, Jünkerath, Igel | 87,00 EUR |
Wernigerode | 2001 | WVB HVG HBB | 13,80 EUR |
Wildau | VBB - Gilt in Berlin sowie in allen 14 Landkreisen und in den 4 kreisfreien Städten Brandenburgs | 124,10 EUR (WS 2006/07) | |
Wilhelmshaven | 2003 | siehe Bremen | siehe Bremen |
Witten | VRR | 79,95 EUR | |
Wolfenbüttel | VRB | 36,00 EUR | |
Wolfsburg | VRB | 36,00 EUR | |
Wuppertal | VRR | 79,95 EUR | |
Würzburg | VVM | 36,30 EUR | |
Zwickau | 2002 | VMS - Tarifzone 16 (Zwickau) | 32 EUR |
Sockelbetrags-Modell
An den Hochschulen in Baden-Württemberg (Ausnahme: Pforzheim) sowie in Halle (Saale) und Leipzig ist das Semesterticket nach einem anderen Modell realisiert. Die Studierenden zahlen als verplichtenden Beitrag einen Sockelbetrag. Dieser berechtigt nur dazu, den ÖPNV abends, am Wochenende und an Feiertagen zu nutzen. Wer auch außerhalb dieser Zeiten fahren will, muss ein weiteres Ticket für das Semesterhalbjahr gesondert erwerben. [3] Ein ähnliches Modell gibt es an der Technischen Fachhochschule Berlin. [4]
Hochschulstandorte mit Sockelbetrag-Tickets
Hochschulstandort | Geltungsbereich | Sockelpreis | Ticketpreis |
---|---|---|---|
Albstadt | NALDO | 11,00 EUR | 41,50 EUR |
Berlin (TFH) | VBB Berlin AB oder ABC | 50,00 EUR | 23,50 EUR (Berlin AB) oder 35,00 EUR (Berlin ABC) pro Monat |
Esslingen am Neckar | VVS | 33,90 EUR | 159,10 EUR |
Freiburg | RVF | 19,00 EUR | 63,00 EUR |
Halle (Saale) | HAVAG | 15,00 EUR | 63,00 EUR Stadtgebiet oder 91,00 EUR für eine zusätzliche Zone |
Heidelberg | VRN (ohne Westpfalz) | 20,00 EUR | 98,00 EUR |
Heilbronn | HNV/NVH | 13,00 EUR | 81,00 EUR |
Stuttgart-Hohenheim | VVS | 33,90 EUR | 159,10 EUR |
Karlsruhe | KVV | 14,80 EUR | 95,00 EUR |
Künzelsau | HNV/NVH | 13,00 EUR | 81,00 EUR |
Leipzig | LVB | 16,50 EUR | 59,50 EUR (Stadt Leipzig) oder 68,00 EUR (LVB Bedienungsgebiet) |
Ludwigshafen | VRN (ohne Westpfalz) | 15,00 EUR | 98,00 EUR |
Mannheim | VRN (ohne Westpfalz) | 15,00 EUR | 98,00 EUR |
Nürtingen | VVS | 33,90 EUR | 159,10 EUR |
Reutlingen | NALDO | 21,00 EUR | 41,50 EUR |
Rottenburg | NALDO | 21,00 EUR | 41,50 EUR |
Stuttgart | VVS | 33,90 EUR | 159,10 EUR |
Tübingen | NALDO | 21,00 EUR | 41,50 EUR |
Ulm | DING | 19,00 EUR | 76,00 EUR |
Österreich
In Wien wird ein Semesterticket von den Wiener Linien angeboten. Der Geltungszeitraum erstreckt sich im Wintersemester von Oktober bis Jänner und im Sommersemester von März bis Juli. In der vorlesungsfreien Zeit dazwischen gibt es für Studenten die Möglichkeit, ein verbilligtes Monatsticket für € 27.- zu beziehen. Da Semestertickets vom Staat Österreich sowie von der Stadt Wien subventioniert werden, reicht der Preis je nach Bezug von Studienbeihilfen und Wohnort von € 46.- bis € 117.-. [5]
Projekt an der JKU Linz
An der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) in Linz, Oberösterreich wurde das Semesterticket bei einer Abstimmung durch die Studierenden abgelehnt. Die JKU wäre somit die erste Universität Österreichs gewesen, die ein solches Modell umsetzt.
Das Ticket sollte 55 EUR kosten und es den Studenten ermöglichen um diesen Betrag alle Verkehrsmittel des Oberösterreichischen Verkehrsverbundes (OÖVV) zu nutzen. Der geographische Geltungsbereich hätte sich hierbei auf die Fläche des Bundeslandes Oberösterreich und auf gewissen Linien noch weiter erstreckt; inkludiert wären auch die öffentlichen Verkehrsmittel der Städte Linz, Wels und Steyr gewesen. Der zeitliche Geltungsbereich sollte 24 Stunden betragen, das Ticket hätte für beliebig viele Fahrten - egal zu welchem Zweck - im Geltungszeitraum 15. September bis 15. Juli des Folgejahres genutzt werden können.
Der Zwangscharakter dieses Modells wurde von vielen betroffenen Studenten harsch kritisiert, die darin eine Überschreitung der Kompetenz der Studentenvertretung (ÖH) und eine Bevormundung sehen. Die Kritiker führen an, dass das deutsche Recht nicht so ohne weiteres auf Österreich umgelegt werden kann und die rechtliche Lage (in Österreich) bisher ungeklärt ist.
Weblinks
Unipress-Artikel: Das SemesterTicket, ein deutschlandweites Erfolgskonzept