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Rudolf Schlichter

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Rudolf Schlichter (* 6. Dezember 1890 in Calw; † 3. Mai 1955 in München) war ein deutscher Künstler. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Neuen Sachlichkeit.

Leben

Schlichter wuchs als jüngstes von sechs Geschwistern auf und verlor früh seinen Vater. Die Lateinschule in Calw besuchte er bis zur sechsten Klasse, dann - ab 1904 - machte er eine Lehre als Porzellanmaler in Pforzheim.

Seine Behauptung, er habe vom zwölften bis vierzehnten Lebensjahr als Liftboy in einem Grand-Hotel gearbeitet und dabei seine Sammlung von spitzen Damenschuhen zusammengestohlen, die bei Carl Zuckmayer überliefert wird, entspricht wohl nicht der Wahrheit.

Von 1906 bis 1909 besuchte Schlichter die Kunstgewerbeschule in Stuttgart; ab 1911 studierte er an der Kunstakademie in Karlsruhe. Schlichters Lehrer waren u. a. Wilhelm Trübner und Hans Thoma. Er unternahm verschiedentlich Studienreisen nach Italien und Frankreich und bekam durch seinen Malerkollegen Julius Kasper Kontakte zur Unterwelt.

Nachdem er zu Beginn seiner Karlsruher Zeit noch bei Verwandten gewohnt hatte, lebte er jetzt mit der Gelegenheitsprostituierten Fanny Hablützel zusammen und verkaufte zeitweise unter dem Pseudonym Udor Rétyl pornographische Grafiken. 1916 wurde Schlichter zum Militär eingezogen, kam aber im Jahr darauf nach einem Hungerstreik von der Westfront zurück und wurde 1918 Mitglied des Soldatenrates.

Ausstellungen

1919 hatte er zusammen mit Wladimir von Zabotin seine erste Ausstellung in Karlsruhe und gehörte zu den Mitbegründern der Gruppe Rih. Im gleichen Jahr übersiedelte er nach Berlin und schloss sich der Novembergruppe, der Secession, den Berliner Dadaisten und der KPD an.

1920 hatte er seine erste Einzelausstellung in Berlin und nahm an der Ersten Internationalen Dada-Messe teil. Ungefähr ab 1922 lebte er wieder mit einer Prostituierten, die sich Jenny nannte, zusammen. Aus den frühen Zwanziger Jahren stammen viele Buchillustrationen, die Schlichter geschaffen hat. So arbeitete er etwa mit dem Oskar Kiepenheuer Verlag und dem Malik Verlag zusammen. Obwohl er wenige Jahre vorher noch in die Novembergruppe eingetreten war, gehörte er 1924 zu den Gründern der Roten Gruppe, die in Opposition zu dieser stand. Im selben Jahr beteiligte er sich an der ersten deutschen Kunstausstellung in der UdSSR.

1925 waren Werke Schlichters in der Ausstellung Neue Sachlichkeit in Mannheim zu sehen. Zwei Jahre später lernte er seine spätere Frau Elfriede Elisabeth Koehler, genannt Speedy, kennen und begann sich von der Politik abzuwenden. 1931/1932 erschienen seine beiden autobiographischen Bücher Zwischenwelt und Das widerspenstige Fleisch. Der nächste Band, Tönerne Füße, geriet schon kurz nach seinem Erscheinen auf den Index der Nazis. 1935 wurde Schlichter, der inzwischen in Rottenburg lebte, aus der Reichsschrifttumskammer und dem Reichsverband Deutscher Schriftsteller ausgeschlossen. Eine mehr oder weniger geheime Ausstellung an seinem neuen Wohnort Stuttgart konnte dagegen noch 1936 durch die Unterstützung von Hugo Borst ermöglicht werden.

Wenig später wurden 17 Werke Schlichters aus Museen und Ausstellungen entfernt und dafür vier in der Ausstellung Entartete Kunst in München gezeigt, 1938 wurde er auch aus der Reichskammer der Bildenden Künste ausgeschlossen und kam kurz darauf für einige Monate ins Gefängnis. Er zog 1939 nach München um, wo er u. a. Kontakt zu Hans Scholl hatte. 1942 wurde Schlichter ausgebombt und verlor dabei einen Teil seiner Werke. Nach dem Krieg nahm er an der Ersten Deutschen Kunstausstellung in Dresden teil und gründete in München die Neue Gruppe. Gelegentlich arbeitete er für die satirische Zeitschrift "Der Simpl". Sein Schaffen wandte sich jetzt dem Surrealismus zu. 1953 und 1955, wenige Wochen vor seinem Tod, hatte er noch einmal Einzelausstellungen in München. Schlichter starb an Urämie und wurde auf dem Münchener Waldfriedhof beerdigt; die Grabstätte ist jedoch inzwischen neu belegt.

Werke

  • Zwischenwelt. Ein Intermezzo. Berlin-Charlottenburg: Pollak, [1931], 99 S.
  • Das widerspenstige Fleisch. Berlin: Rowohlt, 1932, 367 S.
  • Blinde Macht, Ölgemälde 1937

Literatur

  • Ernst Jünger; Rudolf Schlichter: Briefe 1935 - 1955. Hrsg., kommentiert und mit einem Nachwort von Dirk Heißerer. Stuttgart: Klett-Cotta, 1997, 605 S., ISBN 3-608-93682-3
  • Friedrich Georg Jünger: „Inmitten dieser Welt der Zerstörung“. Briefwechsel mit Rudolf Schlichter, Ernst Niekisch und Gerhard Nebel. Mit Einleitung und Kommentaren hrsg. von Ulrich Fröschle und Volker Haase. Stuttgart: Klett-Cotta, 2001, 229 S., ISBN 3-608-93163-5

Siehe auch