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Süßgräser

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Süßgräser
Großes Zittergras (Briza maxima)
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Superdivisio: Samenpflanzen (Spermatophyta)
Vorlage:Divisio: Bedecktsamer (Magnoliophyta)
Vorlage:Classis: Einkeimblättrige (Liliopsida)
Vorlage:Subclassis: Commelinaähnliche
(Commelinidae)
Vorlage:Ordo: Süßgrasartige (Poales)
Vorlage:Familia: Süßgräser
Wissenschaftlicher Name
Poaceae
(R.Br.) Barnhart
Vorlage:Subfamilian
Morphologische Merkmale von Halm und Blättern beim Knick-Fuchsschwanzgras
Blütendiagramm von Hafer mit zwei Lodiculae, Deckspelze und Vorspelze. (× für fehlende Blütenorgane; es ist demnach eine Darstellung unter der Annahme, dass die Vorspelze ein Vorblatt ist.)
Schematische Darstellung von Ähre und Blüte eines Grases

Die Süßgräser (Poaceae, alter Name Gramineae), manchmal auch einfach Echte Gräser genannt, sind eine weltweit in allen Klimazonen verbreitete Vorlage:Familia der Bedecktsamigen Pflanzen. Mit etwa 10.000 Vorlage:Speciesen in mehr als 650 Vorlage:Genusen ist diese Vorlage:Familia eine der Größten innerhalb der Blütenpflanzen. Die Familie umfasst zart gebaute, weniger als 5 Zentimeter messende krautige Pflanzen bis hin zu holzigen Gräsern wie beispielsweise Bambus, der bis zu 40 Meter hoch werden kann sowie kletternde Arten.

Alle Getreide wie Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Hirse, Mais und Reis zählen zu dieser Pflanzengruppe. Sie stellen heute die Basis für die Ernährung der Weltbevölkerung dar. In Form von Gras- oder Grünland wie Wiesen und Weiden aber auch Steppen, Savannen und Prärien prägen sie in weiten Teilen der Welt das natürliche Landschaftsbild.

Lebenszyklus und Morphologie

Ausdauer und Wuchsformen

Unter den Süßgräser gibt es einjährige Arten, die ihren Lebenszyklus in einem Jahr abschließen. Zweijährige Arten keimen im Herbst und bilden im folgenden Jahr Samen. Bei diesen Süßgräsern tragen alle oder die meisten der Triebe Blütenstände. Ausdauernde Arten leben wenige oder viele Jahre. Sie bilden neben blühenden Trieben eine größere oder kleinere Anzahl an nicht blühenden Halmen.

Die ausdauernden Arten können lockere oder dichte Horste oder sogenannte Rasenfilze ausbilden. Letztere ergibt sich, indem sich die Pflanzen entweder über mehr oder weniger lange, oberirdisch kriechende, grünliche oder rötliche Triebe, sogenannte Stolonen oder über unterirdische, weiße oder braune Ausläufer, sogenannte Rhizome ausbreiten. Außer an der Farbe lassen sich die beiden Typen von Ausläufern daran unterscheiden, dass Stolonen an jedem Knoten über vollständige Blätter mit Blattscheide und Blattspreite verfügen, Rhizome dagegen an diesen Punkten lediglich kleine, dünne schuppenförmige Blätter (Niederblätter) entwickeln. Bei horstwüchsigen Arten bilden sich nur sehr kurze Ausläufer oder aus den Knospen junger Triebe entwickeln sich innerhalb der sie umgebenden Blattscheiden neue aus dieser hochwachsende Halme (intravaginal) oder sie wachsen bodennah aus dieser heraus (extravaginal). Auf diese Weise entstehen durch die gedrängt stehenden Stängel die typischen büscheligen Wuchsform vieler Gräser.

Halme

Den Stängel bzw. die Triebe der Süßgräser werden als Halme bezeichnet. Im Gegensatz zu jenen der Sauergräser ist der Halm der Süßgräser fast stets hohl und rund. Er ist durch Knoten (Einzahl: Nodus, Mehrzahl: Nodien) gegliedert. Nur diese sind mit Gewebe gefüllt. Genau betrachtet ist allerdings nicht der Halm verdickt, sondern die Basis der Blattscheiden. Nur wenige Grasarten besitzen markige Stängel. Die Abschnitte zwischen den Nodien heißen Internodien. Die Halme der Süßgräser können entweder senkrecht hochwachsen, von einem gebogenen Grund Grund aufsteigen oder gänzlich am Boden niederliegend wachsen. Die Halme variiren in Größe, Festigkeit und Zahl der Knoten. Sie sind meist im Querschnittt zylindrisch, selten zusammengedrückt. Bei einigen Süßgrasarten sind dei untersten Internodien mehr oder weniger angeschwollen und verdickt. Die Halme etlicher Gräser sind unverzweigt, bei einigen Arten bilden sich von Knospen in den Blattachseln ausgehend Seitenzweige. Die meisten Halme sind krautig und sterben nach etwa einem Jahr ab. Ausnahmen filden die holzigen Bambusarten, deren Triebe holzig und dickwandig sind und viele Jahre ausdauern. Die Beblätterung der Halme ist bei Süßgräsern immer zweizeilig - im Gegensatz zur dreizeiligen Beblätterung der Sauergräser (Cyperaceae).

Blätter

Auch die Laubblätter der Süßgräser haben eine ganz eigene Form: Der untere Teil, die Blattscheide, umfasst den Halm der Pflanze scheidig und kann im Übergang zur Blattspreite an der Vorderseite in mehr oder weniger spitze meist stängelumfassende Öhrchen ausgezogen sein. Der obere Teil des Blattes, die Blattspreite, ist flächig und steht vom Halm ab.

Am plötzlichen Übergang von der Blattscheide zur Blattspreite sitzt bei den meisten Arten ein häutiges Anhängsel, das "Blatthäutchen" oder "Ligula", es erscheint meistens als häutiger, farblos durchscheinender Fortsatz der Oberhaut auf der Innenseite der Blattscheide und stellt eine Verlängerung der inneren Epidermis der Blattscheide dar. Es schützt vor Verletzungen durch Reibung des sich beim Wind hin und her bewegenden Halmgliedes. Wegen seiner Gestaltungsvielfalt ist das Blatthäutchen für die Artbestimmung hilfreich. Sie sind kragenförmig, zugespitzt, langgezogen, sehr kurz oder sehr lang. Teilweise ist das Blatthäutchen durch eine Reihe von Haaren ersetzt.

Blütenstände und Blüten

Die Süßgräser zeichnen sich durch eine charakteristische Reduzierung und Anordnung der Blüten aus: Den meistens zwittrigen Blüten fehlt eine Blütenhülle. Sie sind dafür aber in trockenhäutige Tragblätter, die Spelzen, eingehüllt. Jeweils eine bis mehrere Blüten bilden einen Teilblütenstand, das Ährchen. Die Ährchen wiederum sind zu Rispen, Ähren oder Scheinähren an einer Hauptachse (Rachis) vereinigt.

Um den Überblick nicht zu verlieren, wird der Aufbau der Ährchen am besten in Listenform erklärt:

  • Hüllspelzen (Glumae): Am Grunde jedes Ährchens sitzen zwei, selten auch ein oder mehr als zwei Spelzen, die meistens das ganze Ährchen einhüllen, die Hüllspelzen. Und zwar sitzt die äußere Hüllspelze auf der Unterseite der Ährchenachse, die innere auf der Oberseite.
  • Deckspelzen (Palea inferior, engl. lemma): Den Hüllspelzen folgend sitzen auf der Ährchenachse in zweizeiliger Anordnung die Deckspelzen, von denen jede in ihrer Blattachsel Blüten trägt. Auf dem Rücken oder an der Spitze der Deckspelzen sitzt oft eine steife Borste, die Granne. Sie sind die Tragblätter der Teilblütenstände.
  • Die Blüten sind im Grundsatz, wie bei allen Einkeimblättrigen Pflanzen, auch dreizählig, einzelne Blütenteile sind bei den Süßgräsern aber reduziert, wie meistens bei windbestäubten Pflanzen. Sie sind fast immer zwittrig. Die Blütenhüllblätter fehlen zum Großteil oder sind verkümmert. Staubblätter sind meistens drei vorhanden, sie haben lange Staubfäden. In jeder Blüte gibt es einen Fruchtknoten und darüber zwei Narben.
  • Vorspelzen (Palea superior) und "Schwellkörper" = "Lodiculae": „Die Vorspelze ist entweder als Vorblatt oder als Rest eines äußeren Blütenhüllblattkreises aufgefasst worden, die Lodiculae als Teile eines äußeren oder inneren Blütenhüllblattkreises. Entwicklungsgenetische Befunde deuten darauf hin, dass die Interpretation der Vorspelze als Teil der äußeren und die Lodiculae als Teile des inneren Blütenhüllblattkreises wahrscheinlich richtig ist.“ aus Strasburger 35. Auflage, S. 814.
Vor jeder Blüte befindet sich also eine Vorspelze, die wohl ein Rudiment der äußeren Blütenhüllblätter ist. Zur Blüte gehören (am weitesten unten) zwei (selten drei) kleine Schüppchen, die Lodiculae, die meistens als die verkümmerten inneren Blütenhüllblätter gedeutet werden. Durch ihr Anschwellen öffnen sich die Blüten.

Früchte und Samen

Die Frucht ist meistens eine Karyopse, das ist eine Sonderform einer Nussfrucht, selten eine Beere. Sie ist meistens in Deckspelzen und Vorspelzen eingeschlossen. Es gibt drei Typen der Grasfrucht: 1. kurzbegrannte und bespelzte Frucht; 2. langbegrannte und bespelzte Frucht; 3. Frucht ohne Hüll- und Vorspelze

Biologie/ Ökologie

Generative Vermehrung

Alle Süßgräser sind windbestäubt (Anemogam). Bei allergischen Menschen bewirkt diese Art der Pollenverbreitung den Heuschnupfen.

Ausbreitung und Regeneration

Gräser sind aufgrund der geschützten Lage ihrer Blattwachstumszonen und Nebentriebknospen zur raschen Erholung von Verbiss und Mahd befähigt. Man nimmt an, dass die Evolution der Süßgräser mit der der großen Weidetiere parallel ging. Es handelt sich auf jeden Fall um eine moderne Pflanzengruppe.

Bedeutung

Ökologische Bedeutung

Süßgräser sind der dominante Pflanzentyp in vielen trockenen oder halbtrockenen (ariden und semiariden) Gebieten wie Steppen oder Savannen. Durch ihr schnelles Besiedeln sind sie oft erosionshemmend.

Nutzung und Bedeutung für den Menschen

Gerstenfeld (Hordeum)

Die Früchte der Süßgräser sind einsamige Schließfrüchte, die Karyopsen. Sie bilden eine Sonderform der Nussfrüchte, werden aber meistens als Körner bezeichnet. Die Karyopsen enthalten oft viel Stärke. Deshalb befinden sich unter den Süßgräsern auch einige der wichtigsten Nahrungspflanzen des Menschen, es sind die Getreide wie: Reis, Mais oder Weizen. Große Bedeutung haben die Süßgräser außerdem als Futtermittel für Weidevieh.

Bekannte Nutzpflanzen

Bambus (Bambusoideae)
Gerste (Hordeum)
Hafer (Avena)
Hirsen
Mais (Zea)
Reis (Oryza)
Roggen (Secale)
Weizen (Triticum)
Zitronengras (Cymbopogon)
Zuckerrohr (Saccharum)

Systematik

Die Poaceae umfassen über 650 Gattungen. Die Familie Poaceae ist in 12 Vorlage:Subfamilian von sehr ungleicher Größe unterteilt, die noch weiter in insgesamt 46 Tribus gegliedert sind. Die Unterfamilien können vom phylogenetischen Standpunkt aus zu zwei Hauptgruppen („BEP clade“, „PACCAD clade“) zusammengefasst werden. Noch vor dieser Aufteilung wurden drei kleinere Unterfamilien vom Stammbaum der Süßgräser abgespalten.

Grannen-Ruchgras (Anthoxanthum aristatum)

Quellen und weiterführende Informationen

Literatur

  • * C. E. Hubbart: Gräser - Beschreibung, Verbreitung, Verwendung. Ulmer Verlag, Stuttgart, 1985. ISBN 3-8001-2537-4.
  • Peter Sitte, Elmar Weiler, Joachim W. Kadereit, Andreas Bresinsky, Christian Körner: Lehrbuch der Botanik für Hochschulen. Begründet von Eduard Strasburger. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2002 (35. Aufl.) ISBN 3-8274-1010-X
  • Ernst Klapp, Wilhelm Opitz von Boberfeld: Taschenbuch der Gräser. Verlag Paul Parey, Berlin, Hamburg 1990 (12. Aufl.), ISBN 3-489-72710-X
  • Grass Phylogeny Working Group, Nigel P. Barker, Lynn G. Clark, Jerrold I. Davis, Melvin R. Duvall, Gerald F. Guala, Catherine Hsiao, Elizabeth A. Kellogg, H. Peter Linder: Phylogeny and Subfamilial Classification of the Grasses (Poaceae). Annals of the Missouri Botanical Garden, 2001, Vol. 88, No. 3 (Summer, 2001), pp. 373-457
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