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Nerd

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Nerd [nɜːd] (engl. für Fachidiot, Langweiler, Sonderling, Streber, Schwachkopf, Außenseiter) steht meist abwertend für besonders in Computer oder andere Bereiche aus Wissenschaft und Technik vertiefte Individuen. Manchmal wird auch ein überdurchschnittlicher Intelligenzquotient (IQ) als begleitende Eigenschaft genannt. Aus diesen und weiteren Gründen übersetzte die Süddeutsche Zeitung den Begriff ein wenig provokant mit „Computer-Heini“[1]

Ob jemand ein Nerd ist, hängt in erster Linie von der Einschätzung des Umfelds ab. Zwei Wertungsvarianten lassen sich feststellen:

  • Außenstehende meinen „Nerd“ tendenziell abwertend
  • Gleichgesinnte umgekehrt als Auszeichnung (so wie man sich selbst auch positiv „Nerd“ nennt – ähnlich wie in anderen Minderheiten oder stark nach außen abgeschotteten Gruppen (vgl. Freak). Nerds legen u. U. keinen Wert auf die Meinung von Nicht-Nerds).

Oft sind Nerds aufgrund ihrer gesellschaftlichen Abgeschiedenheit in einer schwachen sozialen Stellung. Sie entziehen sich auch gewöhnlich den Musikkultur-Cliquen.

Charakteristisch für Menschen, die gerne als Nerds bezeichnet werden, oder die sich selbst gerne so bezeichnen, sind ein überdurchschnittlich ausgeprägtes Interesse an der Erlangung von Fach- oder Allgemeinwissen sowie auffällig rational geprägte Denk- und Verhaltensweisen. Letzteres lässt insbesondere jugendliche Nerds deutlich erwachsener erscheinen als die Mehrzahl ihrer Altersgenossen, aus Sicht derer vor allem als eigenbrötlerisch. Viele Nerds zeigen außerdem deutlich wenig Interesse an den vorherrschenden jugendlichen oder gesellschaftlichen Trends.

Durch diese Kontraste kam es offenbar so häufig zu gegenseitigen Ausgrenzungen, dass sich der Nerd-Begriff vor allem in der Jugendkultur etablierte. Zunächst wurde er nur im abwertenden Sinn von außen verwendet, später dann als bestärkende Selbstauszeichnung innerhalb von Nerd-Gruppen. Aus Nerd-Gruppen, die sich mit intellektuellen oder technischen Hobbies beschäftigten, entstand mit der wachsenden Internettechnologie und -kommunikation seine Nerd-Subkultur, welche sogar den englischen Begriff selbst in die europäische Jugendsprachkultur mitbrachte.

Im weiteren Sinn konzentrieren sich Nerds auf Spezielles, das anderen Menschen langweilig oder abstrus erscheinen kann, aber nicht muss: „Sie sind Spezialisten für etwas, das sie ganz alleine, ohne die Hilfe anderer, beherrschen können“ (Klaus Fehling).

In der japanischen Gegenwartskultur ist der Otaku ein vergleichbares Phänomen.

Varianten

Der Stereotyp Verrückter Wissenschaftler hat viele Eigenschaften mit dem Nerd gemeinsam. Nerd wird aber vorwiegend auf junge Menschen angewandt, während mit einem Verrückten Wissenschaftler immer ein echter Wissenschaftler höheren Alters gemeint ist (auch: Verrückter Professor). Verrückte Wissenschaftler sind in der Regel mit positiverer Wertung versehen als Nerds und spielen in der Literatur auch eine verbreitetere und bedeutendere Rolle.

Manche Versionen des Nerd-Klischees spielen auf angebliche Mängel in der emotionalen Zugänglichkeit der Betroffenen an, was zutreffen kann, aber nicht allgemein zutreffen muss. Es kann sogar das Gegenteil der Fall sein, z.B. in den Fällen, wo Nerds bereits reifere Züge entwickelt haben als ihre Altersgenossen. Die Unterschiede in den Interessen und im Umgang mit Mitmenschen und Modeerscheinungen stellen im Schulleben und ähnlichen Teilen des Umfelds jedoch häufig für beide Seiten ein Hindernis im spontanen Aufbau von Kontakten dar. Wieder andere junge Nerds sind mit ihren Fachinteressen so sehr beschäftigt, dass das Interesse an ihren Mitmenschen verdrängt wrid. Je nach persönlicher Entwicklung und Zusammensetzung des Umfelds bilden Nerds aber oft auch einfach nur eine weitere kulturelle Clique.

Weitere Varianten spielen direkt darauf an, dass das Interesse für Science-Fiction oder/und Fantasy besonders stark unter Nerds verbreitet sei.

Oft wird der Nerd-Begriff gezielt im Konflikt zwischen Gruppen mit anti-intellektuellen Haltungen und Gruppen mit intellektuellen Zügen gebraucht.

Carl Sagan widmet einer Diskussion um das Nerd-Klischees unter Naturwissenschaftlern ein Kapitel in seinem Buch Der Drache in meiner Garage - oder die Kunst der Wissenschaft, Unsinn zu entlarven. In diesem Kapitel (Maxwell und die Spinner, engl. Maxwell and the Nerds) zitiert Sagan aus einer Zusammenfassung der Merkmale, die US-amerikanische Schüler in einer Befragung ihren Nerd-Mitschülern zuschrieben. Hierin sind die Meinungen und Vorurteile zu finden, wie sie das Nerd-Klischee wahrscheinlich ursprünglich beinhalteten:

Ich kenne eine Expertin für Elfjährige. Ich bat sie, die heute typische Meinung über die sogenannten vertrottelten Wissenschaftler zu charakterisieren. Ich muß betonen, daß sie die üblichen Vorurteile wiedergibt und sie nicht etwa unterstreichen möchte: Diese Spinner tragen ihren Gürtel direkt unter dem Brustkorb. Sie tragen kurzärmelige Hemden mit Brusttaschen, in denen eine beachtliche Anzahl von Vierfarbstiften und Bleistiften steckt. In einer speziellen Gürteltasche tragen sie einen programmierbaren Taschenrechner. Alle haben eine dicke Brille mit zerbrochenem Nasenbügel, der mit Heftpflaster geflickt ist. Ihnen fehlt jeder gesellschaftliche Schliff, und dieser Mangel ist ihnen nicht bewußt, oder er ist ihnen egal. Wenn sie lachen, geben sie schnaubende Geräusche von sich. Sie quasseln in einer unverständlichen Sprache miteinander. Sie ergreifen jede Gelegenheit, sich in allen Kursen - außer im Sport - ein paar Extrapunkte zu verschaffen. [Die Befragten dachten also zuerst an die gleichaltrigen "Wissenschaftler".] Sie schauen auf normale Menschen herab, die sie wiederum auslachen. Die meisten Spinner haben Namen wie Norman. Es gibt uner diesen Spinnern mehr Jungen als Mädchen, aber von beiden genug. Sie gehen nie mit einem Mädchen (oder Jungen) aus. Wenn du ein Spinner bist, kannst du nicht cool sein. Und umgekehrt.

Herkunft

Die Herkunft des Wortes ist unklar. Der erste schriftliche Beleg findet sich in dem Gedicht „If I ran the zoo“ von Dr. Seuss aus dem Jahr 1950. Ein Bezug zur hier beschriebenen Bedeutung ist allerdings nicht erkennbar:

And then, just to show them, I'll sail to Ka-Troo
And Bring Back an It-Kutch, a Preep and a Proo,
A Nerkle, a Nerd, and a Seersucker, too!

Nach einer anderen Erklärung ist der Begriff ein Akronym zu Northern Electric Research and Development (heute Nortel Networks). Die Arbeitsmonturen der Angestellten sollen demnach mit dem Schriftzug N. E. R. D. versehen gewesen sein.

Laut einem Artikel der IEEE Spectrum (4/95, Seite 16) stammt die Bezeichnung Nerd ursprünglich vom Rückwärtslesen von 'drunk' (engl. betrunken), also: 'knurd'. Der Begriff soll sich auf College-Absolventen beziehen, die sich gezielt dem Studium widmeten statt Partys zu feiern. Aus „knurd“ wurde im Laufe der Zeit „nerd“.

Laut einem Artikel der Süddeutschen Zeitung steht das Akronym NERD für „Non Emotionally Responding Dude“ (engl.: auf emotionaler Ebene nicht ansprechbaren Typen)[1]

Bekannte Beispiele

  • Albert Einstein, der vielfach als Verrückter Wissenschaftler steretypisiert, wird auf Grund seines Bekanntheitsgrades besonders gerne mit dem Nerd-Klischee in Verbindung gebracht. In der Jugendsprache wird die Bezeichnung Einstein teilweise in einer ähnlichen Bedeutung wie Nerd benutzt, jedoch viel weniger abwertend.

Nerds in Filmen

Siehe auch

Belege

  1. a b www.sueddeutsche.de. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „sdz1“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
Wiktionary: Nerd – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • Cartoons for Nerds
  • Why Nerds are unpopular – eine Analyse auf Basis von US-Schulen darüber, warum Nerds gesellschaftlich häufig isoliert sind
  • nerdling - Website von und für Nerds mit PDF-Magazin in unregelmäßigen Abständen, um Themen für Nerds und auch rund um die Nerd-Kultur.

Literatur

  • Max Goldt: Ein gutes und ein schlechtes neues Wort für Männer, in: Mind boggling – Evening Post, Zürich 1998: S. 84-90
  • Carl Sagan: Der Drache in meiner Garage oder die Kunst der Wissenschaft, Unsinn zu entlarven - Droemer Knaur Verlag, München 1997: S. 448-449

Gesprochene Wikipedia

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