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Althistorische Narrenzunft Offenburg

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Die Althistorische Narrenzunft Offenburg e.V. ist ein Fasnachtsverein in der Tradition der schwäbisch-alemannischen Fasent in Offenburg (Ortenaukreis). Erste urkundliche Nachweise der Narrenzunft sind bereits im Jahr 1844 zu finden. Die Zunft ist Gründungsmitglied der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte VSAN.

Verein

Die Narrenzunft wurde ursprünglich gegründet als Carnevalsverein. Doch im Vorwort zur ersten Satzung der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte vom 26.11.1926 heißt es "...haben sich die badischen und württembergischen althistorischen Narrenzünfte zusammengetan...". Darum heißt der 1896 gegründete "Carnevalsverein" seither "Althistorische Narrenzunft".

Schon vor 1896 gab es eine Fasnacht in Offenburg. Urkundlich erwähnt sind die große Herrenfasnacht Anno 1483 und eine Bürgerfasnacht im Jahre 1726. Dicke Protokollbücher von 1844 künden von der "Gründung des Narrenstaates vom Kinzigstrand".
Schon damals gab es ein "Comitee", eine Hanselegruppe und die Ranzengarde. Sie sind die närrischen Ahnen der heutigen Narrenzunft.
1896 schlossen sich dann die Narrenfreunde der Stadt Offenburg im Carnevalsverein zusammen. Sie kamen aus allen Schichten der Bevölkerung und wollten nun im Verein ihre Bemühungen zusammenfassen, um sich selbst und ihren Mitmenschen Fasnachtsfreude zu schenken.
Im Jahre 1924 war die Narrenzunft Gründungsmitglied der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte. In dieser Zeit erschienen die ersten Spättle-Hansele auf den Straßen. Die Ranzengarde wurde wieder gegründet, und die erste Fasentdaifi (Fasnachtstaufe) wurde gefeiert. 1935 fand das Große Narrentreffen in Offenburg statt.
Der II. Weltkrieg brachte für etwa zehn Jahre eine Unterbrechung im Offenburger Fasentgeschehen. In Fünfziger Jahren wurde mit großen Redouten, Bällen und Umzügen (Großes Narrentreffen 1964) an die Zeiten vor dem Krieg angeknüpft.

Zwei Veranstaltungen bilden die Höhepunkte der althistorischen Fasnacht in Offenburg:

  • Die Redoute, ein wesentliches Kernstück der Offenburger Fasent, findet am Sonntag vor Fasnacht statt. Bei diesem Narrenspiel wird das weltweite und lokale Geschehen glossiert. Daß dafür großes Interesse besteht, zeigt der Besuch, der jährlich ca. 2000 Menschen zu dieser Nachmittagsveranstaltung in die Oberrheinhalle lockt.
  • Die Fasentdaifi am Schmutzigen Dunnschdig am Narrenbrunnen gibt es schon seit über 50 Jahren. Das Fasentkind, der Name hat immer eine Beziehung zu einem lokalen Ereignis, wird unter dem Beifall vieler Hemdenglunker getauft und dann dem Oberbürgermeister und anderen Persönlichkeiten der Stadt zur Begutachtung vorgeführt.

Zeitstrahl

  • 1818   Vermutlich erste Gründung einer "Narrencommision" als freie Verbindung Offenburger Bürger zur Durchführung von Fasnachtsveranstaltungen
  • 1825   Erster urkundlicher Hinweis auf eine Straßenfasnacht in Offenburg
  • 1826   Großer Maskenzug in Offenburg, organisiert von einem Verein "Narren- Commission", der sich vermutlich auch Narrenstaat nannte
  • 1844   Offizielles Gründungsjahr der Althistorischen Narrenzunft; "Konstituierung" des "Narrenstaat am Kinzigangel" und damit Neubeginn der organisierten Fasnacht in Offenburg. Großer Umzug mit dem Thema "Die Geburt des Hanswurst" unter Beteiligung der Donaueschinger und Villinger Narrengesellschaft als "Paten"
  • ab 1861   Ballveranstaltungen mit Programm werden immer öfter als "Redoute" bezeichnet. Ansonsten war das Fasnachtsgeschehen zumindest in der Öffentlichkeit so ziemlich eingeschlafen
  • 1896 - 1898   Wiederbelebung zunächst als "Narrenrath zu Bohneburg" , dann als Carnevalsverein. Erste offizielle Redoute
  • 1919   Erste Sitzung des Narren-, Elferrates nach dem 1. Weltkrieg
  • 1924   Mitbegründung der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte. Umbenennung der Vereins in Althistorische Narrenzunft
  • 1935   Erstes Großes Narrentreffen der Vereinigung in Offenburg. "Wiederentdeckung" des Offenburger Spättle-Hansele
  • 1947 - 1952   Wiederaufbau der Zunft nach dem 2. Weltkrieg und erste Nachkriegsredouten
  • 1964   Zweites Großes Narrentreffen der Vereinigung in Offenburg
  • 1976   Konstituierung der Althistorischen Narrenzunft Offenburg als Verein. Bau des Narrenkellers unter dem Ritterhausmuseum als Heim der Zunft
  • 1988   Drittes Großes Narrentreffen der Vereinigung in Offenburg, durchgeführt von der Althistorischen Narrenzunft und der Hexenzunft Offenburg
  • 1994   150-Jahr-Feier der Althistorischen Narrenzunft unter Berufung auf die Urkunden und Dokumente aus dem Jahre 1844
  • 2000   Die Althistorische Narrenzunft befindet sich im - offiziell - 156. Jahr ihres Bestehens

Figuren

Spättlehansele

Das Spättle-Hansele ist die zentrale Figur der Althistorischen Narrenzunft. Es trägt eine fröhliche, lachende Maske, welche in der Form einer großen Bohne ähnlich ist. Eine spitz zulaufende Haube umschließt das Gesicht. Das Häs (Kostüm) besteht aus etwa 1500 Filzspättle in sieben verschiedenen Farben. Mit einer lauten Rätsch und Glöckle am Häs machen die Spättle auf sich aufmerksam.

Ranzengarde

Die Ranzengarde, wohl die älteste Fasentfigur Offenburgs, trägt die Uniform der Bürgerwehr um 1850. Mit dem Offenburger Fasentgericht, der in der Gulaschkanone selbst gekochten Bohnesuppe, sorgen die Gardisten dafür, dass alle Narren gut über die Fasent kommen und niemals Hunger leiden müssen. Bei den Fasentumzügen wird eine Kanone mitgeführt, die mit ihrem lauten Knall schon von weitem den Auftritt der Garde ankündigt. Der Ausdruck "Ranzen" hat übrigens nichts mit dem Bauch oder Rucksack zu tun, sondern kommt von "anranzen", was soviel heißt wie necken, anmachen.


Fanfarenzug

Beim Nachschlagen in alten Fastnachtsprotokollen fällt oft auf, dass bei Umzügen, Redouten und Bällen Fanfarenbläser eingesetzt waren. Seit dem Jahr 1957 besteht der Fanfarenzung der Althistorischen Narrenzunft. Dieser bestand ursprünglich aus Mitgliedern der Ranzengarde. Der Fanfarenzug trägt die Uniform eines Landsknechts aus dem 16. Jahrhundert. Die Farben sind badisch: gelb-rot, auf der Brust prangt der vorderösterreichische Doppeladler als Erinnerung an die Herrschaft der Österreicher in der Ortenau.

Alde

Zur Entstehungsgeschichte der "Alden" hat mehr oder weniger das Erscheinen der "Alt Offenburgerin", genannt Veef, beigetragen. Ihr Bild entsprach einer Bürgersfrau aus der Biedermeierzeit. Mit ihrem losen Mundwerk zog sie außerdem über Land und Leute her. Das brachte ihr den Ruf einer bösen "Schnaige" ein. Während aber die Veef nur im Wochenblatt "D'r alt Offeburger" und bei den Redouten ihr Mundwerk wetzte, richteten sich immer mehr wesensgleiche Frauen auf diese Spielart der Fasnacht ein. Sie gingen in gleicher oder ähnlicher Verkleidung und einer Gesichtsmaske aus Gaze-Stoff zum "Schnaigen". Dabei schlossen sie sich meist zu einer Clique zusammen und zogen durch die Lokale und auf Fasnachtsbälle, um mit ihrer spitzen Zunge bekannte Personen zum Narren zu halten. Diese Offenburger Narrenfigur drohte nach und nach zu entschwinden. Deshalb gibt es seit 1968 eine eigene, zunftzugehörige Gruppe. Ihre Mitwirkenden sind ausschließlich Frauen.

Domino

Seit der Fasent 2003 gibt es wieder eine Dominogruppe innerhalb der Althistorischen Narrenzunft mit Auftritten in Offenburg. Der Domino ist die älteste Offenburger Fasnachtsfigur. Erste Erkenntnisse hierfür stammen vom Beginn des 19. Jahrhunderts. Der Domino ist nicht nur einfach eine Verkleidung. Die Figur passte von ihrem italienischen Ursprung her auch zum damals ausgeübten Carneval. Die Dominos zogen über die Fasnachtstage von Lokal zu Lokal, hechelten mit mehr oder weniger guten Scherzen bekannte Bürger durch, hielten ihnen Fehltritte oder Missetaten vor, ohne sich selbst zu erkennen zu geben. Ab Mitternacht mussten sie sich demaskieren. Deshalb verließen sie meist vorsorglich das Lokal rechtzeitig, um nicht erkannt zu werden. Auf den Bällen erschienen ganze Gruppen und trugen zur Erheiterung und guter Stimmung bei.

Narrenrat

Der Narrenrat, unter dem Vorsitz des Zunftmeisters, lenkt die Geschicke der Narrenzunft wobei die Entscheidungen immer unter Beisein der Funktionsträger der einzelnen Gruppen getroffen werden.
Scherzhaft "Schwarzkittel" genannt kommt der Narrenrat wie der Name schon sagt in einer schwarzen Jacke daher, deren Ärmel und Saum mit bunten Filzspättle verziert sind. Eine Krummkappe ziert das stolze Haupt, die natürlich ebenfalls mit bunten Filzspättle verziert ist.

Fahnenschwinger

Im Gegensatz zu manchen Nachbildungen ohne geschichtlichen Hintergrund ist in Offenburg das Bild eines Fahnenschwingers aus dem 16. Jahrhundert erhalten. Die Kleidung entspricht der eines Landsknechtes aus dem 15.-16. Jahrhundert (damals Lanzknecht genannt), und ist in den Stadtfarben rot weiß gehalten. In der Schulterpartie der Jacke und auf das Barett ist ein großes Andreaskreuz als Symbol des städtischen Schutzheiligen "St. Andreas" eingearbeitet.

Veef & Andres

Veef und Andres, die Narreneltern, sind ein Biedermeierpaar, das im lockeren, witzigen Zwiegespräch all die kleinen Sünden von Offenburger Bürgern persifliert und das pünktlich zu jeder Fasent ein "Krampe" (Fasentkind) zur Welt bringt, der der Offenburger Fasent sein Gepräge gibt. Die beiden treten sowohl an den Kellerabenden wie auch an der Redoute in Erscheinung. Der berühmteste Darsteller des Andres war sicher der Verleger Franz Burda.

Bott

Der Bott, in früheren Zeiten der Übermittler amtlicher Nachrichten, bekam in der Narrenzunft eine andere Aufgabe. Seit etwa 1950 obliegt ihm die Verpflichtung, die Saalveranstaltungen zu moderieren, das Publikum zum Mitmachen anzuregen und durch spaßige, originelle eigene Beiträge zu unterhalten. Bei der Straßenfasnacht und den Umzügen soll er die Zunft zusammenhalten.

Nachtwächter

Der Nachtwächter, 1935 eingeführt, geht und radelt am Schmutzigen Donnerstag durch die Straßen der Stadt, um die Leute ab 5 Uhr zur Fasentdaifi zu wecken. Falls sein lautes Horn zum Lärmen nicht genügen sollte, hilft schon einmal ein lauter Knaller oder der Lärm von Konservendosen. Der Nachtwächter führt bei Umzügen zusammen mit dem Bott die Zunft an.

Narr

Der Narr, eine der Einzelfiguren der Althistorischen Narrenzunft, leitet sich ab aus der historischen Figur des Prinz Carneval. Der Narr tritt in der Offenburger Fasent ausschließlich bei der Redoute auf und sagt dort den Leuten was er von diesem und jenem hält. Ob Kommunal-, Regional- oder Bundespolitik, keiner soll sich vor den Wahrheiten des Narren drücken. Auch andere wichtige Ereignisse, ob sie nun in Offenburg oder sonst irgendwo auf der Welt passiert sind, werden von dem in ein buntes Filzspättlegewand gekleideten kommentiert. Denn in der Narretei gedeiht immer auch ein Fünkchen Weisheit und vielleicht spricht der Narr oftmals denen aus der Seele, die nicht laut sagen was sie denken.

Hemdglunker

Die Hemdglunker treten in Offenburg hauptsächlich am Schmutzigen Donnerstag auf den Plan und sind bei Jugendlichen und nichtorganisierten Narren eine beliebte und einfache Verkleidung. Die passiven Mitglieder begleiten die Zunft in dieser Verkleidung zur Fasentdaifi. In Würdigung dieser Mitarbeit am alten fasnächtlichen Brauchtum hat die Althistorische Narrenzunft vor Jahren eine Narrenfahne mit dem Zuschnitt eines Hemdes in Umlauf gebracht. Diese Narrenfahne wird am Schmutzigen Donnerstag gehisst.

Narrensamen

Natürlich dürfen auch in der Althistorischen Narrenzunft die kleinsten nicht zu kurz kommen. Denn was wäre eine Zunft mit all ihren spaßigen Bräuchen und Traditionen ohne die, die dafür sorgen, dass es auch in ferner Zukunft noch eine Offenburger Fasent mit einer Althistorischen Narrenzunft gibt? Und so gibt es auch für die jüngsten, den Narrensamen, ettliche Veranstaltungen wie zum Beispiel die große Kinderfasent am Fasentsmändig. Und gerade ein fasentliches Lachen eines Kindes bringt oft die größte Freude.

Literatur

  • Horst Junker: "Schelle-Schelle-Sechser" Offenburger Narrenchronik - Die Geschichte der Althistorischen Narrenzunft Offenburg, Reiff Schwarzwaldverlag, Offenburg 1994, ISBN 3922663230