Japanische Zeitrechnung
Bei der japanischen Zeitrechnung muss man unterscheiden zwischen den Gebräuchen vor und nach der ab 1868 beginnenden Meiji-Restauration. Vor 1868 entsprach die Zeitrechnung im großen und ganzen dem Chinesischen Kalender, jedoch mit einer ganzen Reihe landestypischer Besonderheiten.
Jahreszählung
Die heutige japanische Zeitrechnung benutzt den westlichen gregorianischen Kalender zur Einteilung des Jahres und zur Festlegung des Jahresbeginns. Der wichtigste Unterschied der modernen japanischen zur westlichen Zeitrechnung liegt in der Jahreszählung. Die japanische Jahreszählung teilt sich auf in einzelne Ären, die durch einen Äranamen (年号 nengō) gekennzeichnet sind (sogenanntes Gengō-System). Das erste Jahr einer neuen Ära beginnt seit der Meiji-Restauration (1868) jeweils mit dem Amtsantritt eines neuen Kaisers (Tennō), endet aber am 31. Dezember, sodass das Kalenderjahr, in dem der Kaiser wechselt, jeweils zu zwei Ären gehört. Seit der Restauration gab es bisher (2007) vier Ären/Jahresdevisen:
- Meiji von 1868 (Meiji 1) bis 1912 (Meiji 45)
- Taishō von 1912 (Taishō 1) bis 1926 (Taishō 15)
- Shōwa von 1926 (Shōwa 1) bis 1989 (Shōwa 64)
- Heisei seit 1989 (Heisei 1)
Die Jahre werden dabei je Ära jeweils von neuem ab 1 gezählt. Das Jahr 2007 entspricht Heisei 19 nach japanischer Zeitrechnung.
In offiziellen japanischen Dokumenten wurde vom Kriegsende 1945 auf Anordnung der alliierten Besatzungsmächte die westliche Jahreszählung verwendet, seit dem bis zum 6. Juni 1979 gilt gesetzlich wieder die japanische. Die moderne Geschichtswissenschaft verwendet auch in Japan die westliche Jahreszählung, vor allem für Jahre vor 1868. Im Alltag ist dagegen die japanische Zählweise häufiger.
Für Daten wird die Reihenfolge Jahr - Monat - Tag verwendet. Das Datum 16.01.07 beispielsweise bezeichnet den siebten Tag im ersten Monat des Jahres Heisei 16, also den 7. Januar 2004.
Viele moderne Japaner, die dem Kaiserhof, insbesondere dessen Geschichte, kritisch gegenüberstehen, halten den Gebrauch des nengō für rückständig. Hier hat der Gebrauch also auch eine deutliche politische Botschaft: Dem Nutzer des nengō wird Affinität zum tennō unterstellt.
Wochentage und Monate
Die heutige japanische Woche hat sieben Tage, die nach Sonne, Mond und den fünf chinesischen Elementen (Fünf-Elemente-Lehre) benannt sind. Als erster Wochentag gilt wie in den englischsprachigen Ländern der Sonntag.
Die Monate hatten im Japanischen ursprünglich Eigennamen, die heute noch z. B. in Gedichten verwendet werden. Im Alltagsjapanisch werden sie jedoch einfach vom "Ersten Monat" (一月 ichigatsu, Januar) bis zum "Zwölften Monat" (十二月 jūnigatsu, Dezember) durchgezählt.
Vormoderner Kalender
Das System der Ära- oder Jahresdevisen wurde bereits im japanischen Altertum von China übernommen und blieb stets in der Verantwortung des Kaiserhofes. Vor 1868 konnten nengō zu jedem beliebigen Zeitpunkt geändert werden. Viele dauerten nur wenige Jahre, daher ist das System äußerst unübersichtlich. Neben den Jahresdevisen existierte seit alterher das ebenfalls aus China übernommene System der Tierkreiszeichen, das sich periodisch alle sechzig Jahre wiederholt.
Bis in das Jahr 1872 wurde wie in China das System des Lunisolarkalenders verwendet, bei dem der Neumond den Monatsersten kennzeichnet. Ein Jahr bestand aus 12 Monaten mit 29 und 30 Tagen. Um die entstehenden Differenzen zum Sonnenjahr auszugleichen, wurden zusätzliche, interkalendarische Monate eingefügt. Allerdings geschah dies in Japan nicht nach einem regelmäßigen System. Somit gibt es bei der Umrechnung von traditionellen japanischen Monats- und Tagesangaben in ein westliches Datum eine Differenz von oft mehr als 30 Tagen. Eine genaue Umrechnung kann nur mit Hilfe von Umrechnungstabellen vorgenommen werden.
Für die Namen der einzelnen japanischen Ären mit Angabe des Jahres siehe Liste der Nengō.
Im Zuge der Meiji-Restauration übernahm die Meiji-Regierung zum 1. Januar 1873 den gregorianischen Kalender. Jedoch wollte man nicht die Jahreszählung nach Christi Geburt einführen, sondern als japanische Variante die nach der Jimmu-Ära. Deren Beginn war angeblich der 11. Februar 660 v. Chr., an welchem, beruhend auf einem Bericht im Nihonshoki, der legendäre erste Tennō Jimmu den japanischen Thron bestieg (und somit das japanische Reich begründet haben soll). Diese Zählweise wurde bis zum Kapitulation Japans und der anschließenden Neuordnung des japanischen Rechts unter der Alliierten Besetzung Japans offiziell beibehalten.
Mit dem „Gesetz zur Novellierung über die Feiertage des Volks“ (verabschiedet am 25. Juni 1966) wurde dieser Tag als Reichsgründungstag ein gesetzlicher Feiertag in Japan, ein Tagesdatum wurde aber noch nicht festgelegt. Ein zur Klärung dieser Frage eingesetzter, zehnköpfiger Beratungsausschuss entschied sich letztlich am 9 Dezember 1966 auf den 11. Februar, der am selben Tag per Rechtsverordnung als Datum des Feiertages bestimmt wurde.
Literatur
- Reinhard Zöllner: Japanische Zeitrechnung. Ein Handbuch, München: Iudicium 2003, ISBN 3-89129-783-1