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Offener Immobilienfonds

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Offene Immobilienfonds sind Investmentfonds, die es Kapitalanlegern ermöglichen, sich mit verhältnismäßig kleinen Beträgen an Immobilien zu beteiligen. Neben offenen Immobilienfonds gibt es geschlossene Immobilienfonds.

Offene Immobilienfonds

Das Hamburger Chilehaus gehört einem offenen Immobilienfonds

Bei einem offenen Immobilienfonds handelt es sich um Grundstücks-Sondervermögen mit mindestens 15 Grundstücken, das von einer Kapitalanlagegesellschaft (KAG) betreut wird.

Die KAG gilt dabei als Spezialkreditinstitut und unterliegt der Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Das Sondervermögen selbst ist nicht rechtsfähig, sondern wird durch die KAG vertreten.

Eine Depotbank verwahrt die dem Fonds gehörenden liquiden Mittel und gibt die Fondsanteile aus. Gesetzlich geregelt sind offene Immobilienfonds im Investmentgesetz (InvG).

Offene Immobilienfonds kaufen hauptsächlich Gewerbeimmobilien (meist Bürohäuser oder Einzelhandelsimmobilien) und versuchen, durch Mieterträge und Wertsteigerungen der Objekte Erträge zu erwirtschaften. Ziel ist es, Immobilien auch für Kleinanleger börsentäglich verfügbar zu machen. Da die Fondsanteile jederzeit gekauft oder verkauft werden können, investieren die Fondsmanager das Geld der Anleger deshalb nicht nur in Gebäude und Grundstücke, sondern auch in Zinspapiere oder ähnliche schnell verfügbare Anlagen. Die Liquiditätsreserve des Fonds muss mindestens 5 Prozent des Fondsvermögens betragen, darf aber höchstens auf 49 Prozent steigen. Die Kapitalanlagegesellschaft ist verpflichtet, einen Fonds zeitweilig zu schließen, wenn die Liquiditätsreserve weniger als 5 Prozent des Fondsvermögens ausmacht.

Wenn mehr Fondsanteile zurückgegeben werden als flüssige Mittel vorhanden sind, darf der Fonds entweder Fremdkapital aufnehmen, was die Rendite belastet, oder muss Immobilien verkaufen. Immobilienfonds setzen ihre Objekte jedoch nicht zum Marktwert an, der sich ständig ändern kann, sondern zum Verkehrswert nach § 194 BauGB (siehe unten unter "Fondsvermögen"). Dabei stellen unabhängige Gutachter mithilfe der Mieterträge und der Kosten den Wert fest. Ein offener Immobilienfonds darf seine Objekte nicht (bzw. "nur unwesentlich") unterhalb dieses Verkehrswertes verkaufen.

Ein Problem entsteht, wenn die Mittelabflüsse hoch sind und deshalb schnell viele Objekte verkauft werden müssen. Der Verkaufsdruck mindert den am Markt erzielbaren Preis. Sinkt der erzielbare Preis unter den vom Gutachter festgestellten Wert, ist ein Verkauf nicht mehr zulässig. Oft können dann nur die ertragsstarken Objekte veräußert werden, was die Rendite des Fonds weiter belastet.

Immobilienfonds gelten - selten zu recht - als steuerlich vorteilhafte Geldanlage. Der Grund dafür ist, dass ein Teil des Gewinns, den der Immobilienfonds macht, auf den Wertsteigerungen der Objekte basiert. Dieser Teil ist steuerfrei. Dies ist je nach Fonds etwa ein Drittel des Gesamtgewinns. Der restliche, auf die Mieteinnahmen entfallende Gewinn, wird als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert.

Geschichte

Der offenen Immobilienfonds wurde 1938 in der Schweiz erfunden. 1959 legten die Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank sowie die Bayerische Vereinsbank einen ersten Fonds dieses Typs in Deutschland auf. Nach der Einführung eines gesicherten rechtlichen Rahmens 1969 wuchs die Beliebtheit der offenen Immobilienfonds. Zwischen 1972 und 2006 stieg ihre Anzahl in Deutschland von acht auf 31. Es gibt den Fondstyp inzwischen auch in Spanien, Österreich (seit 2004) und Frankreich (seit 2006, Organismes de placement collectif dans l’immobilier – OPCI).

Fondsvermögen

Die Fonds sammeln Geld für gewerbliche Liegenschaften, wie Bürohäuser, Einkaufszentren, Hotels und City-Quartiere. Wohnimmobilien spielen nur eine marginale Rolle. Es wird sowohl in Bestandsimmobilien als auch in Projektentwicklungen investiert. Die Fonds verfügen oft über mehr als 150 bebaute und unbebaute Grundstücke sowie grundstücksgleiche Rechte an verschiedenen Standorten.

Die Liegenschaften werden nach dem Prinzip der Risikostreuung ausgewählt. Ein offener Immobilienfonds muss mindestens zehn verschiedene Objekte besitzen. Zum Zeitpunkt des Erwerbs darf kein Objekt mehr als 15 % des Fondsvermögens betragen. Es dürfen höchstens 20 % in Grundstücke im Zustand der Bebauung, 30 % in Gebäude in Ländern mit Fremdwährungen ohne Absicherung des Währungsrisikos und 20 % in Beteiligungen an Immobiliengesellschaften investiert werden. Bis zu 49 % des Fondsvermögens dürfen für Beteiligungen an Immobiliengesellschaften an denen das Fondsmanagement eine Kapitalmehrheit besitzt, verwendet werden.

Zu den prominenten Gebäude im Besitz offener Immobilienfonds zählen das Chilehaus in Hamburg, das Neue Kranzler Eck in Berlin, die Polygon-City in Ratingen, das Le Centorial in Paris, das Haagse-Poort-Gebäude in Den Haag, das Almada-Forum in Lissabon, das Radisson-SAS-Hotel in Brüssel, das Bürogebäude 444 North Michigan Avenue in Chicago und das Bürogebäude 140 Broadway in New York City.

Ihr Wert wird nicht nach Marktpreisen ermittelt. Unabhängige Sachverständige schätzen den Verkehrswert ein. Er richtet sich nach dem Ertragswert, entsprechend der deutschen Wertermittlungsverordnung. Alle den Wert beeinflussenden wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte, u.a. Marktkonformität und Nachhaltigkeit der Mieten, werden dabei einbezogen. Bei der Einschätzung haben die Gutachter einen gewissen Spielraum.

Um liquide zu sein, sind die Fonds verpflichtet, zwischen fünf Prozent und 49 Prozent Zinspapiere oder ähnliche schnell verfügbare Anlagen zu halten. Kredite dürfen jedoch nur für bis zu 50 % des Immobilienbestands des Fonds aufgenommen werden.

Zertifikate

Von einer Kapitalanlagegesellschaft werden Zertifikate herausgegeben, die einen Anteil am Fondsvermögen darstellen. Sie können vom Publikum erworben werden. In Deutschland werden Zertifikate bereits ab 50 Euro ausgegeben. Die Anzahl der Zertifikate kann entsprechend der Nachfrage gesteigert werden. Einzelne Fonds haben mehr als 400.000 Zertifikate im Umlauf. Sie sind übertragbar und müssen auf Wunsch des Besitzers von der Anlagegesellschaft zurückgenommen werden. Die Rücknahmepreise werden von einer Depotbank errechnet und börsentäglich veröffentlicht. Dabei wird das Nettofondsvermögen durch die Anzahl der ausgegebenen Anteile dividiert. Das Nettofondsvermögen setzt sich aus dem gutachterlich ermittelten Verkehrswert der vom Fonds erworbenen Immobilien und der Liquidität, abzüglich aller Verbindlichkeiten und Rückstellungen zusammen.

Ausschüttung

Die Mieteinnahmen und andere Erträge werden nach Abzug von Zins- und Tilgungsleistungen, der Verwaltungs-, Instandhaltungs- und Bewirtschaftungskosten sowie der Absetzung für Abnutzung einmal jährlich an die Inhaber der Anteilscheine ausgeschüttet. Thesaurierende Immobilienfonds investieren dagegen Mieteinnahmen und andere Erträge automatisch in neue Liegenschaften. Die Investitionen nutzen den Anteilseignern ebenfalls, denn sie steigern den Wert der Anteilscheine.

Steuerliche Begünstigung

Die Fonds sind von der Körperschaftsteuer- und der Gewerbesteuer befreit. Anleger müssen jedoch für die Ausschüttung Einkommensteuer und Kapitalertragsteuer zahlen. Bereits im Ausland versteuerte Erträge, Verkaufsgewinne aus Immobilien und Wertpapieren sowie Gebäudeabschreibungen und abzugsfähige Bauzinsen wirken sich steuermindernd aus. Die Minderungen können bei einem Schwerpunkt des Fonds im Ausland bis zu 75 Prozent reichen.

Wertentwicklung

Die Wertentwicklung offener Immobilienfonds wird von der jährlichen Ausschüttung und der Wertentwicklung der Anteilscheine bestimmt. Zwischen 1975 und 2003 bewegte sich die Wertentwicklung offener Immobilienfonds nach Berechnungen des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI) zwischen +5,6 und +3,3 %. Einen Höhepunkt erreichte sie 1992 mit 9,4 %.

Im Jahr 2006 erwirtschaftete erstmals ein offener deutscher Immobilienfonds einen Verlust in Höhe von 0,04 Prozent.

Die Liegenschaften Offener Immobilienfonds werden von den Sachverständigenausschüssen mindestens einmal jährlich bewertet. Die daraus resultierenden Auf- und Abwertungen zeigen, dass sich die konjunkturell bedingten Zyklen nur abgefedert in den Wertansätzen der Fondsimmobilien widerspiegeln. Objektbewertungen durch die Sachverständigenausschüsse basieren auf nachhaltigen Mieten und nicht auf kurzfristig erzielbaren Spitzenmieten. Angesichts langfristiger und i.d.R. indexierter Mietverträge schlagen sich die Auf- und Abschwungphasen deshalb und insbesondere auch mit Blick auf die Restlaufzeit der Mietverträge nur abgemildert nieder.

Fondsmanagement

Um die Verwaltung eines Fonds kümmert sich treuhänderisch die Kapitalanlagegesellschaft (KAG). Dabei wird unter Verwaltung die Vermögensverwaltung verstanden, nicht die Bewirtschaftung der Gebäude. Für ihre Tätigkeit berechnet sie dem Anleger Gebühren, u.a. einen einmaligen Ausgabeaufschlag von fünf bis 5,5 Prozent. Die KAG muss in Deutschland die Rechtsform einer Aktiengesellschaft oder einer GmbH haben und über ein ausreichendes Eigenkapital verfügen. Will sie einen Fonds auflegen, soll sie mindestens 2,5 Millionen Euro Anfangskapital besitzen. Das Geld muss vollständig eingezahlt sein. Übersteigt des Fondsvermögen drei Milliarden Euro, muss die KAG weitere Eigenmittel in Höhe von mindestens 0,02 % der drei Milliarden Euro übersteigenden Summe aufbringen.

Gesetzliche Regelungen

Die Fonds unterliegen in Deutschland als so genanntes Immobilien-Sondervermögen dem Investmentgesetz (InvG). Sie haben dem Schutz des Anlegers und seiner Investition dienende Vorschriften bei der Anlagepolitik, der Darstellung des Fondsvermögens und der Veröffentlichungspflicht zu beachten. Sie werden dabei von der Depotbank und einem unabhängigen Gutachterausschuss kontrolliert. Die Kapitalanlagegesellschaften müssen sich als Spezialkreditinstitute zudem nach strengen gesetzlichen Vorschriften richten und werden von der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kontrolliert.

Fondskrise

Offene Immobilienfonds galten lange Zeit als regelrechter Gewinngarant. Zwischen Januar 2000 und Juli 2003 legten sie in Deutschland um bis zu 18 Prozent Kursgewinn zu, das Mittelfeld kam auf durchschnittlich knapp 15 Prozent. Kein einziger Fonds meldete Verluste. Als besonders sicher galten Fonds mit langfristigen Mietverträgen. Wenn ihre Restlaufzeit zehn oder 20 Jahre betrug, war eine Wertberichtigung der Zertifikate unwahrscheinlich und die Investoren waren vom Auf und Ab am Immobilienmarkt geschützt. Seit Anfang 2004 gerieten die auf deutsche Immobilien konzentrierten offenen Fonds zunehmend in Schwierigkeiten, weil viele Bürogebäude mit stagnierenden und fallenden Mieten kämpften oder kaum vermietbar waren. Die Ausschüttungen der betroffenen Fonds verringerten sich. Aus Angst vor einer Abwertung des Verkehrswerts wurden oft mehr Immobilienzertifikate zurückgegeben als liquide Mittel bei den Anlagegesellschaften vorhanden waren. Davon nicht betroffen sind offene Immobilienfonds, die vor allem auf den Erwerb von Liegenschaften in ausländischen Wachstumsmärkten setzten. Sie konnten zur gleichen Zeit Mittelzuflüsse verbuchen.

Immobilien Spezialfonds

Immobilien-Spezialfonds gehören zur Gruppe der offenen Immobilienfonds. Diese werden unterschieden

  • in Immobilien-Publikumsfonds, die sich an das gesamte Anlegerpublikum (überwiegend Privatanleger, aber auch institutionelle Anleger) wenden, und
  • in Immobilien-Spezialfonds, die z.B. von Versicherungen, Pensionskassen, Versorgungswerke, Stiftungen, Banken und sonstigen Unternehmen aufgelegt werden. Im Wesentlichen gelten sowohl für die Immobilien-Publikumsfonds als auch für die Immobilien-Spezialfonds dieselben Vorschriften des Investmentgesetzes (InvG) vom 15. Dezember 2003.

Immobilien-Spezialfonds werden durch eine Kapitalanlagegesellschaft im eigenen Namen auf Rechnung der Anleger aufgelegt und verwaltet. Eine Kapitalanlagegesellschaft hat den Status eines Kreditinstitutes und untersteht daher der Kontrolle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Die Beteiligung der Anleger ist in Investmentzertifikaten verbrieft. Diese werden laufend ausgegeben und zurückgenommen, d.h. der Fonds ist nach beiden Seiten „offen“.

Das Verhältnis zwischen Kapitalanlagegesellschaft und Anleger wird vertraglich geregelt, wobei das Vertragswerk gewährleistet, dass alle Anleger gleich behandelt werden. Die Anleger sind nicht an der Kapitalanlagegesellschaft beteiligt, sondern nur am jeweiligen Immobilien-Sondervermögen. Deshalb kann eine Kapitalanlagegesellschaft beliebig viele Sondervermögen verwalten. Die Immobilien-Sondervermögen haben keine eigene Rechtspersönlichkeit. Die Immobilien in den offenen Immobilienfonds stehen im rechtlichen Eigentum der Kapitalanlagegesellschaft. Das wirtschaftliche Eigentum liegt jedoch bei den Anlegern. Aktiva und Passiva eines offenen Immobilienfonds sind streng von den Aktiva und Passiva der Kapitalanlagegesellschaft getrennt zu halten.

Eine Depotbank übernimmt die Verwaltung und Verwahrung des Sondervermögens. Sie ist für die Ausgabe und Rücknahme der Anteilscheine zuständig. Darüber hinaus hat die Depotbank bestimmte Kontrollbefugnisse gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft bzw. dem Sondervermögen.

In den letzten Jahren hat der Immobilien-Spezialfonds eine rasante Entwicklung durchlaufen. Im Zeitraum von 1999 bis 2004 stieg das Netto-Fondsvolumen aller Immobilien-Spezialfonds von € 4,6 Milliarden auf € 14,4 Milliarden an. Dies bedeutet eine jährliche Wachstumsrate von ca. 26 %. Zum 31. Dezember 2004 verwalteten 19 deutsche Immobilien-Kapitalanlagegesellschaften 86 Immobilien-Spezialfonds.

Literatur

  • Walter Klug: Offene Immobilienfonds: Zeit für stabile Werte. Fritz Knapp Verlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-8314-0768-1
  • Stephan Bone-Winkel: Das strategische Management von offenen Immobilienfonds. Müller, Köln 2000, ISBN 3-932687-15-9
  • Christoph Loos: Strategien institutioneller Immobilieninvestoren: Ein kompetenzbasierter Strategieansatz am Beispiel offener Immobilienfonds. Lang, Frankfurt am Main, ISBN 3-631-54596-7