Euklidischer Raum
Der mathematische Begriff euklidischer Raum (nach Euklid von Alexandria) bezeichnet einen reellen Vektorraum mit einem Skalarprodukt, so dass man Längen und Winkel messen kann. In der Regel wird er für endlichdimensionale Räume, insbesondere für die Räume mit dem Standardskalarprodukt verwendet. Der Spezialfall wird auch euklidische Ebene genannt.
Allerdings werden in den verschiedenen Teilgebieten der Mathematik jeweils andere Aspekte und Eigenschaften euklidischer Räume betont, wobei man eher auf die topologischen oder geometrischen Eigenschaften, als auf die algebraische Eigenschaften Wert legt. Hierzu findet man unten einige Beispiele.
Algebraische Beschreibung
Indem man eine Orthonormalbasis wählt, lässt sich jeder beliebige euklidische Raum der Dimension () als das -fache kartesische Produkt der reellen Zahlenmenge beschreiben. Da bei dieser Beschreibung keine Informationen verlorengehen (die Räume sind isomorph, und zwar so, dass das Skalarprodukt erhalten wird), wird der Begriff häufig auf diesen speziellen Raum eingeengt, der dann als oder auch bezeichnet wird.
Durch koordinatenweise Addition und Multiplikation mit Skalaren wird er zu einem reellen Vektorraum, auf dem für zwei beliebige Punkte und ein Skalarprodukt definiert werden kann, indem die Koordinaten paarweise multipliziert und die entstehenden Produkte aufaddiert werden. In drei Dimensionen ergibt sich so zum Beispiel:
Dieses Skalarprodukt, das sog. Standardskalarprodukt, ermöglicht die algebraische Definition von Abständen und Winkeln. Dazu wird zunächst für jeden Punkt x eine Norm genannte Länge festgelegt, die durch die Quadratwurzel aus dem Skalarprodukt des Vektors mit sich selbst definiert ist. Wiederum in drei Dimensionen ergibt sich zum Beispiel:
Der Abstand zweier Punkte x und y ergibt sich nun durch die euklidische Metrik d(x,y) (euklidischer Abstand), die sich als Norm der Differenz x-y errechnet. Als Beispiel in drei Dimensionen gilt dann:
Winkel zwischen zwei Vektoren x und y werden durch die Kosinus-Funktion festgelegt und zwar definiert sich der Kosinus des Winkels als Quotient aus dem Skalarprodukt von x,y und dem Produkt ihrer Normen:
Euklidische Räume als topologische Räume
Durch das Skalarprodukt wird eine Metrik, und damit insbesondere eine Topologie auf dem definiert. Als Vektorraum ist er zudem das klassische Beispiel für einen topologischen Vektorraum. Insbesondere ist er ein Prähilbertraum und, weil im endlichdimensionalen auch vollständig, ein Banachraum und somit auch ein Hilbertraum. Nach einem Beweis von Luitzen E. J. Brouwer sind euklidische Räume verschiedener Dimension nicht homöomorph aufeinander abbildbar.
Euklidische Räume als differenzierbare Mannigfaltigkeiten
Ein euklidischer Raum ist zugleich der Prototyp einer topologischen und differenzierbaren Mannigfaltigkeit. Für alle Dimensionen außer vier ist eine zu homöomorphe differenzierbare Mannigfaltigkeit auch eine zu diffeomorphe. Die in vier Dimensionen bestehenden Ausnahmen werden exotische 4-Räume genannt.
Euklidische Räume als Geordnete Geometrie
Vergisst man die metrischen und topologischen Aspekte des , und denkt sich diese als System von Punkten, Strecken und Geraden, so erhält man eine Geordnete Geometrie, nämlich die euklidische Geometrie. Charakteristisch für diese ist die Gültigkeit des Parallelenaxioms.
Euklidische Räume in der Differentialgeometrie
Auch in der Differentialgeometrie bezeichnet das Wort Euklidischer Raum im strengen Sinne nur einen Vektorraum mit dem Standard-Skalarprodukt als Riemannscher Metrik, in einem etwas laxeren, aber trotzdem häufig verwendeten Sinn jedoch einen anderen endlich-dimensionalen reellen Vektorraum, der nach Wahl einer Orthonormalbasis dazu isometrisch (im Sinne der Differentialgeometrie) ist. Für einen solchen Vektorraum, aufgefasst als Riemannsche Mannigfaltigkeit, verschwindet der Krümmungstensor, das heißt der Raum ist flach. Solche Räume sind dann lokal isometrisch zum mit seiner Standard-Metrik. Es kann sich allerdings auch um offene Teilmengen eines handeln, oder um Mannigfaltigkeiten, deren universelle Überlagerung eine Teilmenge des ist. Zweidimensionale Beispiele für den letzten Fall sind ein flacher Torus oder ein gerader Kreiszylinder.