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Leidang

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Leidang (altnordisch „leiðangr“) ist die Bezeichnung für die auf der frühen Wehrpflicht beruhende Seerüstung, der zufolge bestimmte regionale Einheiten ein Schiff zu bauen, auszurüsten und zu bemannen hatten.

Etymologie

Das Wort wird von einem rekonstruierten Ausdruck *leið-gagn abgeleitet.[1] Der Wortbestandteil leið (Weg, Richtung, Gefolge) findet sich in leiðing (Führung) und leiðingi (Anführer). Der Wortbestandteil gagn (Gerät, Werkzeug, Mittel). Beim Zusammenziehen sei das „g“ entfallen. *leið-gagn soll danach in der Grundbeutung eine fertig ausgerüstete Krieger-Abteilung gewesen sein.

Entstehung

Die Leidangsordnung ist aus den Gesetzen aller skandinavischer Länder aus der Zeit zwischen dem Ende des 12. Jahrhunderts bis zum 14. Jahrhundert bekannt. Außerdem ist sie in der Skaldendichtung , in den Königs- und Geschlechter-Sagas überliefert. Weitere Quellen sind Diplome und andere Urkunden, wie König Waldemars Landverzeichnis. Daraus lässt sich ableiten, dass die Leidangs-Organisation im Zusammenhang mit anderen administrativen Gebietseinteilungen stand. Wie diese Ordung in den skandinavischen Ländern eingeführt wurde und ob sie sich in jedem Land unabhängig von den anderen Ländern entwickelte, ist unter den Historikern umstritten. Die norwegischen Historiker gehen davon aus, dass die Leidangsordnung im Osten des Oslofjordes (Viken) nach dänischem Muster unter der dänischen Oberhoheit vor der norwegischen Reichseinigung eingeführt worden sei. Aber die Quellen geben dazu keine verlässliche Auskunft. Die meisten Quellen stammen aus der Zeit, als der Übergang zur Abgabe bereits im Gange war. Da in diesen Fällen die Hohe dert Abgabe und der Bezirk, der die Abgabe einzuziehen hatte, gesetzlich abgegrenzt werden musste, kann aus diesen Quellen nicht darauf geschlossen werden, dass bereits in der früheren Zeit, als die Leidangspflicht noch eine reale Verteidigungspflicht war, diese scharf definiert war.

Leidangspflicht in einzelnen Regionen

Norwegen

Nach der Heimskringla führte Håkon der Gute die Leidangspflicht ein. Man geht heute davon aus, dass in dieser Überlieferung Snorris insofern ein wahrer Kern steckt, als hier eine Übereinkunft zwischen dem König und der organisierten Bauerngesellschaft auf den Thingversammlungen anzuhnehmen ist.[2] Aber Snorris Beschreibung fester Bezirke und definierter Pflichten war eine Rückprojektion der ihm bekannten zeitgenössischen Verhältnisse auf das 10. Jahrhundert. Nach dem Historiker Ebbe Hertzberg soll die Leidangspflicht ihren Ausgangspunkt in der dänischen Oberhoheit über die südöstlichen Teile von Viken (Oslofjord) genommen habe,[3] und diese Auffassung ist bis heute vorherrschend.

Schon vom Skalden Þjóðolfr Arnórsson[4] († 1066) wird der Leidang in seinen Gedichten erwähnt.[5] Wie der Leidang organisiert war, geht aus seinen Gedichten nicht hervor. Das Testament des Königs Magnus lagabætir von 1277[6] zeigt, dass das gesamte Land mit Ausnahme der Ostlandstäler und Uppland in 279 Schiffsbezirke eingeteilt war, macht aber keine Angaben über die ursprünglichen Verhältnisse. Die Einteilung von Trøndelag in 5–10 Schiffsbezirke muss vor allem einen fiskalishen Hintergrund gehabt haben.[7] Der Begriff „Schiffsbezirk“ (Skipreiða) ist offenbar nicht sehr alt und wurde erst im Zusammenhang mit der Ablösung durch eine Abgabe gebildet. Denn im Frostathingslov taucht er noch nicht auf. Vielmahr war dort die Fylke, also die allgemeine staatliche Verwaltungseinteilung, maßgeblich.[8] Unter Håkon dem Guten war das Land in Landesviertel (fjorðungr), diese diese in Schiffsreeden (skipreiða) und diese wiederum in Hofgemeinschaften, die zusammen einen Kämpfer auszurüsten hatten (manngerð) eingeteilt. In späteren Quellen stimmt die Zahl der Schiffe mit der Zahl der Schiffe der Reeden nicht mehr überein, was auf den Wechsel von den Zwanzigsitzern auf Fünfundzwanzigsitzer unter König Sverre in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zurückzuführen sein kann.[9] Der Ausgangspunkt scheint aber die manngerð gewesen zu sein, ein Bezirk von drei Höfen, die einen Krieger zu stellen und auszurüsten hatten. Diese Vorschrift ist nämlich die älteste in den Gesetzen und das spricht dafür, dass die Schiffsreeden ein sekundärer loser Zusammenschluss waren, die erst später fixiert wurden. Bull[10] geht davon aus, dass dass die Regelungen über die Bemannung der Schiffe, die Auswahl des Schiffsführers durch den König und die Auswahl der Männer durch die Schiffsführer erst, als man vom Zwanzigsitzer auf den Fünfundzwanzigsitzer wechselte, getroffen worden seien.

Im Landslov des Königs Magnus Lagabætir wird dann geregelt, dass im Verteidigungsfall das volle Aufgebot zu stellen ist, während bei einem Angriffs- und Eroberungskrieg ohne Zustimmung der Bauern nur das halbe Aufgebot gestellt zu werden braucht.[11]

Vom Aufgebot freigestellt waren Priester, ihre Frauen und Knechte.[12] Das ist auf den wachsenden Widerstand der Kirche gegen das Waffentragen von Geistlichen zurückzuführen.[13] Von bestimmten Leidangsflichten waren auch die deutschen Kaufleute freigestellt. Auch die Ratsherren waren von der Leidangspflicht befreit.

Entwicklung

Die Leidangspflicht änderte sich bald in eine jährliche Abgabe. In einigen Gebieten begann diese Entwicklung bereits am Ende des 12. Jahrhunderts und war im 13. Jahrhundert abgeschlossen.[14]

Håkon der Gute

Fußnoten

  1. Falk und Torp; Alexander Johannesson, Isländisches etymologisches Lexikon. Bern 1956. S. 296 und 736; Jan de Vries: Altnordisches etymologisches Wörterbuch. Leiden 1977. S. 350.
  2. Bjørkvik Sp.434 mit Nachweisen aus der norwegischen Literatur.
  3. Hertzberg S. 247 ff.
  4. Þjóðolfr Arnórsson war ein isländischer Skalde. Er dichtete über König Magnus den Guten und war Hofdichter bei König Harald Hardråde.
  5. Beispiel: Eigu skjól und skógi / skafnir snekkju stafnar, /læsir leiðangr vísa / lönd herskipa bröndum; / almenningr liggr innan, / eið láta sér skeiðar / hábrynjaðar hlýja, / hverja vík í skerjum.
  6. Diplomatarium Norvegicum Bd. IV Nr. 3 (lateinisch).
  7. Bjørkvik Sp. 435.
  8. Frostathingslov VII, 1: Aber wenn ein Schiff nicht von der „fylke“ ausgerüstet worden ist ...
  9. Bjørkvin Sp. 435.
  10. Edvard Bull: Leding. Kristiania 1920. S. 38.
  11. Landslov III, 1.
  12. Gulathingslov § 298; Frostathingslov VII, 17.
  13. Eine Bulle des Papstes Coelestin III. vom 15. November 1194 an den Erzbischof Erik von Nidaros verbot das Waffentragen von Geistlichen ausdrücklich.
  14. Bjørkvik Sp. 433.

Literatur

  • Halvard Bjørkvik: Leidang. In: Kulturhistorisk laksikon for nordisk middelalder. Kopenhagen 1965. Bd. 10 Sp. 432-442.
  • Hjalmar S. Falk: Norwegisch-Dänisches etymologisches Wörterbuch. Auf Grund der Übersetzung von H. Davidsen neubearbete deutsche Ausgabe mit Literaturnachweisen strittiger Etymologien sowie deutschem u. altnorischem Wörterverzeichnis von H. S. Falk und Alf Torp. (Germanistische Bibliothek 1, Sammlung germanischer Elementar- und Handbücher Reihe 4, Wörterbücher 1. Heidelberg Bd. 1 1910, Bd. 2 1911.
  • Ebbe Hertzberg: Ledingsmandskabets størrelse i Norges Middelalder. In: Norsk historisk tidsskrift 5 R II (1924) S. 243−276.
  • Magnus Már Lárusson: Leidang - Island. In: Kulturhistorisk laksikon for nordisk middelalder. Kopenhagen 1965. Bd. 10 Sp. 442.