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Chosrau II.

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Darstellung König Chosraus II. auf einer Münze.

Chosrau II. (persisch خسرو Chosrou [xosˈroʊ̯]; griechisch Chosroes), genannt Parwez („Sieger“; persisch پرویز Parwīz [pærˈviːz]), war der Sohn von Hormizd IV. und Enkel von Chosrau I. Chosrau II. regierte von 590 bis 628 und war der letzte bedeutende Großkönig der Sassaniden. Er starb Ende Februar 628 im Gefängnis.

Leben

Chosrau II. wurde nach dem Sturz seines Vaters 590, in den er wohl verwickelt war, zum König erhoben und am 15. Februar in Ktesiphon gekrönt, aber nach kurzer Zeit von Rebellen unter dem Heerführer Bahram Chobin vertrieben. Dieser hatte sich 589 mit Chosraus Vater überworfen. Nach einem ersten Gefecht gelang es Bahram, in Ktesiphon einzumarschieren, wo er sich zum König krönen ließ. Chosrau floh derweil ausgerechnet nach Konstantinopel, und dies, obwohl sich das oströmische Reich noch immer im Krieg mit Persien befand. Dennoch hatte Chosrau Glück, denn Kaiser Maurikios gewährte Chosrau nach einiger Überlegung seine Unterstützung. Persische und römische Truppen unter dem Oberbefehl des Narses zogen (zum ersten und einzigen Mal) gemeinsam in den Kampf, so dass Chosrau 591 wieder auf den Thron gelangte. Als Gegenleistung verzichtete Chosrau im Friedensvertrag mit Ostrom auf einige umstrittene Gebiete in Mesopotamien, Armenien (bis zur damaligen Hauptstadt Dvin) und Georgien bis hin nach Tiflis.

Chosrau heiratete die Christin Schirin, deren Sohn Merdanschah er zum Nachfolger einsetzen wollte, wobei er noch andere Kinder von anderen Frauen hatte (so von der Christin Maria). Sein Hof soll eine sagenhafte Pracht entfaltet haben, zumal der Großkönig, aufgrund des rigiden, aber effektiven Steuersystems, über gewaltige Einkommen verfügen konnte. Einen nicht geringen Anteil daran hatte Yazdin, der als eine Art „Finanzminister“ fungierte. Chosraus Verhältnis zum Christentum war kompliziert: Seine Ehefrauen Maria und Schirin waren Christinnen, ebenso wie Yazdin Christ war, doch scheint er „Miaphysiten“ und „Nestorianer“ gegeneinander ausgespielt zu haben. So favorisierte Chosrau wohl einige Zeit die „Miaphysiten“, vielleicht auch unter dem Einfluss von Schirin und dem königlichen Leibarzt Gabriel von Schiggar, die beide dieser Glaubensrichtung anhingen.

Nach 591 folgte ein Jahrzehnt freundschaftlicher Beziehungen zwischen Römern und Persern. Doch nach dem Tod seines Gönners Maurikios 602 spielte sich Chosrau gegenüber dessen Nachfolger Phokas, der auch Maurikios' Familie hatte auslöschen lassen, als Rächer auf und präsentierte einen angeblichen Sohn des ermordeten oströmischen Kaisers.

Unter Phokas (602–610) konnten sich die Römer noch einigermaßen verteidigen (wobei allerdings Armenien und Teile Mesopotamiens verloren gingen, nicht zuletzt infolge einer Revolte des Narses), aber seit der Thronbesteigung des Herakleios im Oktober 610 eilten die sassanidischen Truppen von Sieg zu Sieg. Dies war auch der Tatsache geschuldet, dass es im oströmischen Reich zu Kämpfen zwischen Herakleios- und Phokas-treuen Truppen kam und somit nur sehr begrenzt organisierter Widerstand möglich war; dennoch ging auch Herakleios teils in die Offensive, wie im Jahr 613. Dennoch eroberten die persischen Truppen unter dem Befehl der Generäle Shahin und Shahrabaraz bis 619 Syrien und Ägypten, die dauerhaft in das Reich eingegliedert werden sollten; selbst Kleinasien wurde geplündert und das Heilige Kreuz aus Jerusalem fortgeführt und nach Ktesiphon gebracht. Es schien so, als sei das Achämenidenreich wiedererwacht und das Ende von Byzanz gekommen. 626 belagerten Perser und Awaren gar Konstantinopel, welches sich jedoch trotz der Abwesenheit des Kaisers dank der Flotte halten konnte (siehe: Belagerung von Konstantinopel (626)).

Darstellung des Königs Chosrau II. als Panzerreiter (Taq-e-Bostan).

Doch war der Höhepunkt bereits überschritten, denn Herakleios, der die Verteidigung zum „Heiligen Krieg“ erklärt hatte, drang tief in den persischen Herrschaftraum ein und besiegte die persischen Armeen in mehreren Schlachten. Das Ende kam mit der Niederlage der Perser in der Schlacht bei Ninive im Dezember 627, in der auch der persische General Rhazates fiel, zumal die besseren persischen Truppen nicht effektiv in die Kämpfe eingriffen. Chosrau ergriff panikerfüllt die Flucht aus seiner Lieblingsresidenz Dastagird und floh nach Ktesiphon. Dort konspirierte jedoch Chosraus ältester Sohn Siroe mit mehreren Adligen und Offizieren, darunter auch zwei Söhne Yazdins, der bereits einige Zeit vorher im Rahmen einer Christenverfolgung (Martyrium von „Anastasios dem Perser“) von Chosrau hingerichtet worden war.

Chosrau wurde abgesetzt und ins Gefängnis geworfen, wo er nach vier Tagen ermordet wurde (wohl am 28. Februar). Siroe leitete nun ein Blutbad unter seinen Geschwistern ein, um seinen Macht zu festigen und bestieg als Kavadh II. Siroe den Thron. Er leitete auch Friendsverhandlungen mit Herakleios ein. Nach dem frühen Tod Kavadh Siroes im September 628 versank Persien jedoch im Chaos und konnte sich erst unter Yazdegerd III. wieder einigermaßen stabilisieren. Die Sassaniden verloren im Friedensvertrag von 629 alle eroberten Gebiete wieder an die Oströmer und waren derart geschwächt, dass die Araber bei ihrer bald darauf folgenden Eroberung des Reiches leichtes Spiel hatten (siehe dazu Islamische Expansion). Dabei erwies sich auch die Beseitigung des Pufferstaates der Lachmiden zu Beginn des 7. Jahrhunderts, die bis dahin die Grenzsicherung in diesem Raum für Persien übernommen hatten, als ein schwerer Fehler Chosraus II.

In den späteren Quellen (es gibt so gut wie keine zeitgenössische Überlieferung) wird Chosrau – vielleicht zu Unrecht – als Despot reinsten Wassers beschrieben. Sein Leben fand einen Widerhall in zahlreichen persischen Epen wie Chosrau und Schirin von Nizami, das seine Liebe zu der Christin Schirin beschreibt.

Zum Perserkrieg siehe Herakleios sowie Römisch-Persische Kriege.

Literatur

  • Geoffrey B. Greatrex: Khusro II and the Christians of his empire. In: Journal of the Canadian Society for Syriac Studies 3 (2003), S. 78–88.
  • James Howard-Johnston: Pride and Fall: Khusro II and his regime. In: Ders., East Rome, Sasanian Persia And the End of Antiquity: Historiographical And Historical Studies (Collected Studies). Aldershot 2006, Kapitel 9 und weitere Beiträge im Sammelband [alle Beiträge stammen von Howard-Johnston, wobei nur die ursprüngliche Seitenzahl der Aufsätze angegeben wird; der genannte ist zuerst erschienen in: La Persia e Bisanzio, 2004, S. 93–113].
  • John Martindale: The Prosopography of the Later Roman Empire. Bd. IIIa, Cambridge 1992, S. 306–308.
  • Peter Riedlberger: Die Restauration von Chosroes II. In: Electrum. 2/1998, S. 161–175.
  • Klaus Schippmann: Grundzüge der Geschichte des sasanidischen Reiches. Darmstadt 1990.

Siehe ansonsten die entsprechenden Abschnitte in diversen Geschichtsbüchern zur byzantinischen bzw. spätantiken Geschichte.


VorgängerAmtNachfolger
Bahram VI.Großkönig des Perserreiches
590628
Kavadh II.