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Migration (Astronomie)

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Migration ist ein Naturphänomen, welches von der Planetenentstehung verursacht wird. Bei einem System aus Zentralstern mit Planetenkernen und protoplanetarer Scheibe wird diese Scheibe durch die Kerne verdünnt und bereinigt (Ausschlagen und Aggregation von Planetissimalen). Diese Wechselwirkungen führen unter Berücksichtigung von Energie-, Impuls- und Drehimpulssatz zu resultierenden Momenten, die sich dann in Form von Migrationsbewegungen ausdrücken. So sind Bahnverkleinerungen (z.Bsp. beim Jupiter) und Bahnvergrößerungen (z.Bsp. bei Saturn, Uranus und Neptun) zu beobachten.

Einleitung

Leider gibt es für den Begriff der planetaren Migration keine einheitliche Definition. Ein Versuch einer Definition ist die folgende: Planetare Migration ist die nicht zufällige (sprich nicht z.B. durch Kollisionen verursachte) Änderung der Großenhalbachse der Bahn eines Planeten, wobei es auch keine Richtungsänderung gibt. Die Planetare Migration spielt (theoretisch) eine wichtige Rolle in der Entstehungsgeschichte des Sonnensystems. Sie bietet eine Erklärung, warum die Planeten des Sonnensystems auf den heutigen Bahnen um die Sonne kreisen.

Quelle: "Planet_Fomation_Forget"

--Lumin: Ich würde nach Lektüre von Wuchterl II vielleicht folgendes formulieren:

Als planetare Migration bezeichnet man alle Vorgänge während der Phase der Planetenentstehung, die zur Veränderung des Abstandes eines Planeten (oder Plantesimals) zu seinem Zentralgestirn führen. Ausgeschlossen sind hierbei Prozesse, die die Richtung des Planeten ändern, zum Beispiel Kollisionen mit anderen Himmelskörpern. Man nimmt an, dass zum Beispiel die heutigen Bahnen von Uranus und Neptun auf eine auswärts gerichtete Migration dieser Planeten nach ihrer Entstehung zurückzuführen sind.

Quelle: "Wuchterl - From Clouds to Planet Systems -- Formation & Evolution of Stars & Planets"

--Lonelylight: ich hätte auch noch was definitionsmäßiges

Migration (Theorie)

Datei:51pegasi-b.jpg
Pegasa 51

Die Entdeckung von extrasolaren Planeten in diesem fall Gasriesen, die Bahnen sehr nah an dem jeweiligen Stern besitzen habe eine Diskussion über das Entstehungsmodelle eines Sonnensystems ausgelöst. Die meisten Astronomen glauben,dass Gasriesen ein paar AU von dem Zentralgestrin entfernt, hinter der sogennanten Eislinie, entstehen. Im Entstehungsprozess, müssten sich diese Planeten dann in Richtung Sonne bewegt haben.

Möglichkeiten dafür sind:

"jumping jupiter": Die jumping jupiter Theorie gesagt, dass es durch das gleichzeitige Entstehen einiger Gasriesen in einem Planetensystem zu gravitativen Wechselwirkungen untereinander kommt. Dies führt zu starken Bahnänderungen, was dann aber in der Zerstörung des Systems enden kann (Kollisionen der Planeten miteinander oder mit dem Zentralgestirn oder auch Verlassen des Systems).

Migration: Die Migration ist die Folge der Wechselwirkungen der Planetenscheibe mit dem Planeten, was zu Bahnänderungen führen kann. Es gibt drei verschiedene Weisen wie diese Wechselwirkung mit dem Planeten zustande kommen kann (nach Wuchterl):

Typ 1

Das Objekt (Planetissimal oder Planetenembryo) interagiert mit seinen selbst verursachten Dichtewellen, die entstehen, weil sich das umgebende Gas mit einer höheren Geschwindigkeit bewegt als der Kepler'schen Umlaufgeschwindigkeit. Dies beschleunigt das Gas aufgrund der gravitativen Wirkung des Protoplaneten und es entstehen Druck- und Dichtewellen, die sich mit dem Protoplanet bewegen. Wegen der Asymmetrie auf der sternab- bzw. zugewandten Seite resultiert dies in einer Nettokraft auf den Planeten, der seine Bahn verändert.

Typ 2

Protoplaneten öffnen eine Lücke in der Gasscheibe (Es entsteht einfach eine Region geringerer Dichte in der "feeding zone" des Planeten). Der Protoplanet wird in dieser Lücke eingeschlossen. Da sich das Gas im Verlauf der Planetenentstehung nach innen bewegt, folgt die Lücke nach und der Protoplanet migriert nach innen.

[hier sollte man unbedingt darauf achten, dass im Abschnitt über die Planetenentstehung erklärt wird, wie es zu dieser Gasbewegung kommt (kann ich machen!!!)]

Typ 3

Instabilitäten in der Planetenscheibe (Wechselwirkungen zwischen den Planeten) führen zu einer Bahnabweichung innerhalb von ein paar Umläufen des Planeten.

Wenn ein Planet oder Planetissimal seine Bahn zu sehr ändert und aus dem System verlohren geht (also das Sonnensystem verlässt oder durch eine Orbitverlangsamung einwärts migriert und dem Stern / Protostern zum Opfer fällt ), nennt man dies violent migration.

Die Entstehung eines Zentralsternensystems

Datei:Ra4-protoplanetary-disk.jpg



nebula Hypothese

Sonne und Planeten entstanden aus einer sich drehenden Staub- und Gasscheibe ( siehe protoplanetare Scheibe ). Durch die Verklumpung der Staubteilchen entstanden dann Planetissimale, die dann wiederrum miteinander wechselwirkten. Die Vereinigung zu größeren Objekten führt dazu, dass diese Planeten Embryos als "Samen" fungieren und stetig, durch Einfangen von Gas oder fester Materie, wachsen( siehe Sonnensystem ). Problem dieser Theorie ist, dass die endgültige Entstehung der Planetissimalen nicht vollständig geklärt ist. Ungeklärt ist zudem noch, wie die heutigen Bahnen der Planeten zustande gekommen sind. Ein Ansatz soll die planetare Migration sein.

Die Existenz extrasolare Planeten mit sehr kleinen Umlaufzeiten und Orbits zeigt, dass bei deren Entstehung die planetare Migration, welche durch die Gezeitenwechselwirkung mit der protoplanetaren Scheibe verursacht wurde, sehr wichtig ist.

Bei Planetenkernen von 0.1-1 Sonnenmasse kommt es durch Bahnkreuzungen, Kollisionen und Verschmelzungen zu deren Wachstum. Die Wechselwirkungen zwischen diesen Kernen und der protoplanetaren Scheibe führen durch Resonanzbewegungen zur so genannten orbitalen Migration. Daraufhin bewegen sich die Kerne weiter auf das Scheibeninnere und somit auf das Zentralgestirn zu. Dort kommt es durch erneute Streu- und Kollisionsprozesse zum Verlust der stabilen Resonanzverhältnisse, wobei nur sehr enge und starke Bindungen zwischen einzelnen Körpern erhalten bleiben. Es bleiben also meist 2-5 Planeten einer solchen Population nach Abschluss der Migration übrig, deren Massen von den frühen Bedingungen vor der Ausformung abhängig sind.Planetenkerne mit unterschiedlichen Anfangsorten und unterschiedlichen Massen migrieren unterschiedlich schnell und stellen sich in unterschiedlichen Resonanzen ein. Allgemein ist festzustellen, dass solche heiße Super-Erden oder Neptunähnliche, wenn Migration entstanden, nie isoliert auftreten, sondern immer in kleineren Gruppen.Wenn man einen dieser Planeten gefunden hat, so sind immer die Bestrebungen da nach mindestens einem Begleiter auf einer sehr nahen und an den ersten Planeten resonant gebunden Bahn zu suchen.

Solche Migrationsprozesse laufen auch bei der Bildung leichter Planeten ab (Erdähnliche Planeten durchlaufen Type I Migration). Demnach entstehen Planetenkerne weiter weg von Zentralsternen und migrieren durch Gezeitenwechselwirkung mit der Protoplanetaren Scheibe Richtung Stern. Durch Dichteanstieg am Scheibeninnenrand und die gegenseitige Resonanzwechselwirkung fallen diese Planeten nicht in den Stern. Kreuzung der Bahnen, Stöße und Verschmelzungen werden bei der Sternannäherung die Anzahl der Planetenkerne verkleinern, so dass von 10-25 Planetenkernen (mit 0.1-1 Sonnenmassen) nur maximal 2-5 Planeten (mit einigen 10 Erdmassen) übrig bleiben, die sich auf kleinen Orbits um den Stern bewegen.Wechselwirkungen mit dem Zentralstern führen durch Stöße und Verschmelzungen dazu, dass die Bewegungen der Migrationsphase abgebrochen werden und sich die Planeten in stabilen Resonanzen einpendeln.

Ein Planet kann auf einen Radius migrieren, der je nach Masse des Planten klein genug ist, sodass die Gezeitenwechselwirkung mit dem Zentralstern signifikant wird. Ist die Umlaufzeit des Planeten kleiner als die Rotationsperiode des Sterns, so kann dies dazu führen, dass sich der Orbit weiter verkleinert und die Exzentrizität der Planetenbahn abnimmt. Daraus folgt der Verlust des festen Zusammenhangs des inneren Planeten mit den äußeren.

Sonnensystem

Die Theorie der Planetenformung legt für Riesenplaneten eine Entstehung in runden und coplanaren Umlaufbahnen nahe. Zurzeit liegen die Exzentrizität von Jupiter bei 6%, Saturn bei 9% und Uranus bei 8% und die gegenseitige Bahnneigung bei maximal 2° gegen die Jupiterbahn. Bestehende Modelle sind bisher noch nicht komplett erfolgreich auf das Sonnensystem angewendet, zeigen aber dass bei coplanaren Quasi-Kreisbahnen beginnende Rechnungen die zur Zeit gültigen Bedingungen liefern, wenn man die 1:2 Bahnresonanz zwischen Jupiter und Saturn berücksichtigt, die sich während der der Migration der Riesenplaneten infolge der Wechselwirkungen mit der Planetissimalenscheibe eingestellt hat. Diese Berechnungen reproduzieren alle relevanten Parameter, wie große Halbachsen, Exzentrizitäten und gegenseitige Bahnneigung.

Die orbitale Verteilung der Objekte jenseits der Neptunbahn läßt darauf schließen, dass diese Resultat der planetaren Migration von Neptun von 20 AU während der Expansion der protoplanetaren Scheibe bis auf 30-35 AU ist. Innerhalb der Migration verkleinerten sich sowohl Exzentrizitäten, als auch die Bahnverkippungen der Planeten durch die Wechselwirkungen mit den Teilchen der Scheibe (der sogenanten "dynamische Reibung"). Sind die Umlaufbahnen der Planeten sehr nah beieinander, so können bei der Bahnveränderung Resonanzen (MMR´s… mean motion resonance) auftreten, wenn die Verhältnisse der Umlaufzeiten kleine Zahlverhältnisse bilden. Diese verursachen feste Exzentrizitätsverhältnisse zwischen den resonanten Planeten.

Bekanntestes Beispiel hierfür ist die 1:2 Resonanz zwischen Jupiter und Saturn. Nach der langsamen Mirgrationsperiode, als beide die 1:2 MMR passierten, änderte sich ihre Exzentrizität rasch bis auf die heute beobachteten Werte. Diese Sprünge sind dadurch zu erklären, dass beide Planeten über die Resonanzstufe gesprungen sind, ohne eingefangen zu werden. Diese Störung wird auf die Eisriesen (Uranus und Neptun) übertragen und bewirken auch dort eine Bahnvergrößerung, die abhängig von den jeweiligen Massen ist. Da das Sonnensystem so dicht ist, führte das zu chaotischen und überschneidenden Bahnverhältnissen während einer kurzen Zeitdauer nach dem übertreten der Bahnresonanz. Die Eisriesen treiben nach außen (von der Sonne radial weg) und treiben kleine Gesteinsbrocken nach innen, die sich Richtung Jupiter und Saturn bewegen. Dieser Gesteinsbrocken-Beschuß hat zur Folge, dass sich Jupiter- und Saturnbahnen wieder verkleinern. Diese schnelle Migrationsphase endet, sobald Jupiter und Saturn wieder die Resonanzschwelle erreichen und sich dort ihre Bahnen stabilisieren. Ergebnis dieser Entwicklungen sind die heute beobachteten Werte für Exzentrizität, Bahnneigung und Halbachsen dieser Planeten. Diese Ergebnisse zeigen, dass man niemals die Migration oder Resonanz getrennt betrachten sollte, sondern immer das komplette System einbeziehen muss, um diese Vorgänge zu erklären.

Beobachtungen

Late heavy Bombardment

Rund 700 Millionen Jahre nach der Entstehung der Planeten kam es zu einer sehr hohen Einschlagrate auf den Planten (und Monden). Siehe Late heavy Bombardment (LHB). Vermutlicher Auslöser des LHB ist die schnelle Migration der Riesenplanten (Jupiter, Saturn). Dies verursachte eine Destabilisierung der Bahnen kleinerer Objekte (Planetissimale), wodurch diese in das Innere des Sonnensystems gelangten und Einschläge verursachten. Quelle:"Origin of the Catalysmic Late Heavy Bombardment", nature paper 3

Jupiters Trojaner

Die Herkunft der Trojaner ist recht umstritten. Eine Theorie besagt, dass diese Himmelskörper in größerer Entfernung zu Jupiter entstanden und dann während der Jupiter Migration "eingesammelt" wurden und sich nun auf Jupiter nahen Bahnen bewegen. Quelle:"The chaotic capture of Javian Trojan asteroids during the early dynamical evolution of the solar system" nature paper 2

Auch Planeten in der Scheibe können in Resonanzen eingefangen werden, wenn sich ihre großen Halbachsen unterschiedlich schnell verändern. Damit wurde auch von Melita und Woolfson zum ersten Mal die Zusammenhänge zwischen den Umlaufzeiten der Hauptplaneten im Sonnensystem erklärt. Sie beschäftigten sich mit der Veränderung der großen Halbachsen der Planeten, die durch Gasaggregation und dynamische Reibung beeinflusst werden.

Kuiper Gürtel

Beobachtungen am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile zeigen, dass die "eiskalten" Kuiper-Belt-Objekte (KBOs) am Rande des Planetensystems näher an der Sonne entstanden sind. Dabei fallen zwei dynamische Untergruppen von KBOs, die "hot" and "cold" Cubewanos auf, die sich in ihren Oberflächenfarben unterscheiden (unterschiedliche chem. Zusammensetzung der Objekte), aber ähnliche Bahnen besitzen, so dass verschiedene Entstehungsregionen angenommen werden. Durch diese Beobachtung wird die Theorie gestützt, dass die beiden äußeren Planeten Uranus und Neptun näher an der Sonne entstanden sind und erst danach zu ihren heutigen größeren Distanzen "migriert" sind. Bei dieser Migration haben sie die "hot"-Cubewano-Population sozusagen mit in den Kuiper-Belt geschleppt. Quellen: http://www.mpg.de/forschungsergebnisse/wissVeroeffentlichungen/forschungsberichte/AST/200430_080.shtml

Numerische Simulationen

Neueste Meldungen unterstützen das Modell der Planetenbildung durch Verschmelzung fester Anfangskerne Obwohl es auch vorstellbar ist, dass Planeten aus gravitativen Instabilitäten in der protoplanetaren Gaswolke entstanden sein können, würden diese Instabilitäten zu Riesenplaneten führen, die durch UV-Strahlung von außerhalb aus der Gasphase heraus verfestigt werden. Die Planetenentstehung durch die Akkumulation von Planetissimalen scheint jedoch wahrscheinlicher zu sein.

Zum Beispiel: OGLE-05-390Lb hat einen Abstand vom Zentralstern von 2.1 AU. Radialgeschwindigkeitsmessungen ergaben, dass sein Partnerstern Gliese 876d (Typ M) 0.02AU entfernt ist.Unter den restlichen Planeten dieser Population sind mindestens 4 mit Massen vergleichbar mit der des Neptuns im Abstand von 0.1AU. Die dort vorherschenden Temperaturen sind tief genug, dass feste Materie und schwere Elemente kondensieren können. Es ist jedoch auch annehmbar, dass Gliese 876d in situ aus der Akkumulation von Gas aus der Zirkumstellarscheibe entstanden ist. Trotzdem zeigt die Existenz von solchen „hot Jupiters/Neptuns“, dass die Riesenplaneten mit kleinen Orbits durch Migration entstanden sein könnten.

Weblinks/Quellen

- Kley (Uni Tübingen)

- Wuchterl

http://www.mpg.de/forschungsergebnisse/wissVeroeffentlichungen/forschungsberichte/AST/200430_080.shtml

"The chaotic capture of Javian Trojan asteroids during the early dynamical evolution of the solar system" nature paper 2

"Origin of the Catalysmic Late Heavy Bombardment" nature paper 3

"Migration and formation of a system of hot super-earths and neptunes" Caroline Terquem and John C.B.Papaloizou