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Ranis

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Ranis ist eine Stadt im thüringischen Saale-Orla-Kreis.

Daten

  • Einwohner: 2027 (31.12.2002)
  • Fläche: 10,55 km²
  • PLZ: 07389
  • Kfz-Kennzeichen: SOK

Wahrzeichen der Kleinstadt ist die Burg, die sich auf einem Felsen über der Altstadt erhebt. Vorlage:Stub


Archäologische Bedeutung von Ranis

Fundstelle:

Die Ilsenhöhle befindet sich in einem steil mit senkrechten Wänden aufragenden Bryozoenriff des Zechsteinausstrichs im Oberen Orlatal. Das Riff ist dem Kulmschiefer aufgesetzt, der von hier nach Südost zum Ostthüringischen Schiefergebirge hin bis etwa 500 in N. N. ansteigt. In dieser Richtung breitet sich vor der Höhle eine flache Landschaft aus. In nord-östlicher Richtung schließt sich ein weiteres Riff, der Preißnitzberg, nach Nordwest eine gan-ze Rifflandschaft mit Pinsenberg bei Krölpa, Altenburg, Hasenberg und Öpitzer Felsenberg bei Pößneck an. Diese Riffe flankieren die südöstliche Seite eines Tales, das zwischen Zech-steinausstrich und Buntsandstein in südwestlicher Richtung zum Saaletal nach Saalfeld ver-läuft. In dieser Richtung ist vom Raniser Riff aus eine Fernsicht bis zu den Randhöhen des Frankenwaldes freigegeben. Dieses Tal stellt offenbar einen alten Saalelauf dar, der von Saal-feld aus am Zechsteinausstrich entlang bis Pößneck und von hier in nordwestlicher Richtung durch die Buntsandsteinlandschaft bis zum heutigen Saaletal bei Orlamünde führte. Das letzte Talstück nutzt heute die Orla. Das Riff trägt die Burg Ranis (erstmalig 1084 erwähnt). Neben dem künstlichen Burggraben, der das Riff durchquert, öffnet sich die Höhle an der Südostflanke des Riffes, etwa 40 in über der Umgebung und mit einem terrassenartig vorspringenden, von Absturzblöcken gesäumten 20 mal 30 in großen Vorplatz. Das Riff erreicht eine Höhe von etwa 400 in NN und ragt um mehr als 60 in über die Umgebung. Unterhalb seiner Südostflanke verläuft ein flaches Tal, das um die Südwestspitze des Riffes herumführt und von hier in westlicher Richtung hinab zum Haupttal verläuft. Die Höhle besteht aus einer etwa 10 bis 15 in breiten, mindestens 8 bis 10 in hohen Vorhalle, dessen abriartige Überwölbung durch Einsturz zurückgesetzt ist. In den Riffdolomit setzt sich die Höhle in zwei kluftartige Hohlräume von jeweils mehr als 10 m Länge fort (Nord- und Südhöhle). Beide beginnen mit etwa 3 in Breite, verjüngen sich jedoch schnell ins Innere des Riffs auf weniger als 1 m Breite. Nach Voruntersuchungen in den Jahren 1926-1931 fanden Grabungen von 1932-1938 statt (Hülle 1977). Dabei wurden Teile des Vorplatzes, die Vorhalle und die Spalten untersucht. Auf dem äußeren Teil des Vorplatzes wurden noch drei Sondagen von je 4 mal 4 in Größe ausgeführt. Insgesamt wurden - ohne Sondagen - 250 m² der Höhle und des Vorplatzes aus-gegraben. Die Voruntersuchungen wurden von Dietrich von Breitenbuch (Ranis), die an-schließenden Grabungen von der damaligen Landesanstalt für Vorgeschichte Halle(Saale) durchgeführt.


Geologie:

Wie zahlreiche andere Höhlen in den Bryozoenriffen des Zechsteinausstrichs, ge-hen auch die Hohlräume der Ilsenhöhle primär auf Kavernen im Riffdolomit zurück, die mit locker verbackenen Riffsanden gefüllt waren und durch Verwitterungs- und Abtragungsvorgänge geleert wurden. Zusätzliche und nachfolgende Lösungsverwitterung des Dolomits führte zur Erweiterung der Hohlräume, wobei auch die Bildung senkrechter Klüfte wie bei der Ilsenhöhle eine Rolle gespielt haben. Im Laufe der letzten 120.000 Jahre wurden die Hohlräume der Ilsenhöhle mit Sedimenten und Frostbruch bzw. Frostverwitterungsschutt gefüllt. Diese bis 9 in mächtige Sedimentfüllung zeigt folgenden Aufbau: Schicht XI. Auf verwittertem Dolomit lagert die untere braune, bis 1 in mächtige Schicht (XI). Sie besteht aus einem tonig-sandigen Lehm und enthält nur wenige Schuttbrocken, nur gele-gentlich abgestürzte Blöcke. Die sandigen Anteile gehen, wie im gesamten Profil, auf Dolo-mitsande des Riffs oder den Zerfall des Riffdolomits zurück. Schicht X. Darüber lagert die sog. graue Schicht (bis 0,3 in mächtig), ein durch Humusanteile grau gefärbter stark sandiger Lehm bis lehmiger Sand, der kaum Gesteinsschutt enthält. Sie ist auch teilweise mit Knochenasche durchsetzt. Schicht IX. Es folgt die mittlere braune Schicht, ebenfalls durchschnittlich 0,3 in mächtig. Sie besteht aus sandigem Lehm, der durch eine schwache Verlehmung (Verwitterung, Bodenbil-dung) schokoladenbraun verfärbt ist. Er enthält gelegentlich einzelne Schuttbrocken und klei-nere Blöcke. Schicht VIII. Auf dieser Bodenbildung lagert die schwarze Schicht (0, 1 -0,3 in mächtig). Sie besteht aus einem sandigen, schwach humosen, mit Knochenasche und Knochenkohlen stark durchsetzten, dunkelgraubraun, dunkelgrau bis schwarz gefärbtem Lehm, der frei an Ge-steinsschutt ist. Schicht VII. Nun folgt die obere braune Schicht (1,5 bis 2,0 in mächtig). Es ist ein sandiger skelettreicher Lehm. Außer Verwitterungsschutt enthält er die Versturzblöcke vom Höhlen-vordach. Schicht VI. Darauf bildete sich die gelbe Schicht. Sie wird bis 3 in mächtig und stellt einen eingewehten Schluff, also Löß, dar. Während seiner Bildung wurde er mit feinstückigem Frostverwitterungsschutt und nach oben zunehmend weiteren Versturzblöcken angereichert. Schicht V. Sogenannte „Nagetierschicht“. Diese 0,2 bis 1,0 in mächtige Schicht lagert sich wie eine Decke über alle älteren Teile der Abfolge. In Vertiefungen oder auf stärker geneigten Fläche hat sie die größeren Mächtigkeiten. Sie besteht aus gelbbraunem Schluff, der die Mat-rix für ein Skelett aus feinstückigem Gesteinsschutt und zahllosen Skelettresten bildet. Letzte-re stammen von kleinen bis mittelgroßen Säugern, vor allem von Kleinsäugern, Fledermäusen und anderen Kleinvertebraten. Sie gehen vor allem auf Gewölle von hier lebenden Greifvö-geln (Eulen) zurück, während die Fledermausreste überwiegend von Höhlenbewohnern stammen. Größere Skelettreste sind verbissen und liegen als Splitter vor. Der obere Teil der Nagetierschicht wird zunehmend humos und ist darum grau gefärbt (Va). Schicht IV. Schwarzgraue Schicht (0, 1 -0,5 in mächtig). Schicht III. Graubraune Schicht (0,2-0,4 in mächtig) stellen einen humosen, aus schluffiger Matrix und feinstückigem Skelett bestehenden Oberflächenhorizont dar. Schicht II. Auf Schluff, der an Feinschutt reich ist, entstand ein weiterer humoser Oberflä-chenhorizont (insgesamt 0,5 in mächtig). Schicht I. Darüber lagerte bis 3 in mächtiger mittelalterlicher Schutt. Offenbar umfaßt die Schicht XI den unteren/älteren Teil des Weichselfrühglazials (im Sinne der Zyklen Ia2 bis IIb vom Ascherslebener See). Aber es zeichnet sich keine Gliederung ab. Größere Sedimentationslücken kennzeichnen diesen Horizont; so fehlt jeder Hinweis auf das besonders kalte Stadial um 55 000 bis 65 000. Schicht XI enthält das Inventar Ranis 1. Die Schichten X, IX und VIII enthalten die Inventare Ranis 2 und 3. Da Ranis 2 nach typologi-schen Parallelbefunden in der Nietoperzowa-Höhle bei Krakow (Horizont 6) deren 14C-Alter haben soll, müßte es mit etwa 38.000 v. h. datiert werden. Somit könnten allein auf Grund dieses Vergleichs die Schichten VIII bis X in die Zeit des beginnenden Mittelweichsels bzw. den zweiten Abschnitt des Weichselfrühglazials (im Sinne der Zyklen III, IVa, IVb, V vom Ascherslebener See) eingestuft werden. Die Bodenbildung in IX entspräche einem der In-terstadiale (Moershoofd, Hengelo ?). Der braune Lehmhorizont mit den Blöcken des großen Deckeneinsturzes gehört dann ebenfalls in diese Zeit, denn der Löß VI mit seinem Frostschutt und Versturzmaterial kann dem Hauptlöß des Weichselhochglazials, der Zeit zwischen 22.000 und 15.000 v. h. zugewiesen werden. Die Nagetierschicht V gehört in das Spätglazial und zeigt Übergänge zum Holozän (Va), dem alle weiteren Schichten zuzuweisen sind. Vielleicht stammt aber der große Deckeneinsturz nicht aus der Zeit des Mittelweichsels, sondern reprä-sentiert wirklich das besondere frühglaziale Ereignis des sehr kalten, relativ feuchten 5. Stadi-als zwischen 55.000 und 65.000 v. h. Dann müßten die unter dem Versturz liegenden Inventa-re der Horizonte Ranis 2 und 3 wesentlich älter als 38.000 v. h. sein und noch dem ausgehen-den klassischen Frühweichsel (l. Abschnitt des Frühweichsels nach der Interpretation des A-scherslebener See-Profils) zugeordnet werden! Die jüngeren Inventare sind wie folgt mit den Schichten verbunden: Ranis 4 mit VI, Ranis 5 mit V. Die Pollenanalysen der Horizonte VI bis IX sprechen für offene Steppenlandschaften mit vereinzelten Gehölzstandorten, die bezüglich Horizont VI ausschließlich aus Birken und untergeordnet Kiefern bestanden, In den Horizon-ten VII und VIII erscheinen neben diesen Gehölzarten auch einige wärmeliebende Arten: Ha-sel, Eiche und Linde. Das ist ungewöhnlich, zumindest für das Mittelweichsel im nördlichen Mittelgebirgsraum, aber nicht für die Interstadiale des ersten frühglazialen Abschnitts vor 65.000 Jahren. Im Nachhinein lassen sich leider keine eindeutigen Anhaltspunkte mehr für eine genaue Einstufung der Fundhorizonte finden. Abgesehen von der Einstufung der Fund-horizonte Ranis 2 und 3 auf Grund typologischer Vergleiche von Steinartefakten in die Zeit um 40.000 v. h. würde man nach geologischen Überlegungen und der intimen Kenntnis der frühweichselzeitlichen Klimaentwicklung und den davon gesteuerten geologischen Phänome-nen im Elbe-Saalegebiet die Horizonte VII bis XI insgesamt in die Zeit vor 55.000 v. h. stel-len: VII als dolomitsandigen wahrscheinlich lößhaltigen Lehm mit dem großen Decken-versturz in das besonders intensive 5. Stadial, den Humushorizont X und die darüber folgende durch Verlehmung überprägte Schicht IX sowie die Schwarze Schicht VIII als Ausdruck frühweichselzeitlicher Interstadiale in das dritte und vierte Interstadial, den untersten Horizont XI in den unmittelbar diesen Interstadialen vorangehenden Zeitabschnitt. Eine graue humose Bodenbildung wie jene der Schicht X wurde im Ablauf der Weichselzeit bisher nicht mehr nach dem Stadial zwischen 55.000 und 65.000 beobachtet, was dem letztmaligen Auftreten wärmeliebender Gehölze entspricht. Sollte die vermutete Zuordnung stimmen, dann müßten die Inventare Ranis 2 und 3 etwas älter als 65.000 v. h. sein.


Archäologische Funde:

Zuunterst liegt der Fundhorizont Ranis 1 (Schicht XI), ihm folgen Ranis 2 (Schicht X und unterste Partien von IX), Ranis 3 (Schicht VIII und unterste Partien von VII). Ranis 1 und 2 sind spätmittelpaläolithische Inventare, Ranis 3 steht am Übergang zum Jung-paläolithikum. Jungpaläolithisch sind Ranis 4 (Schicht VI), das offensichtlich zum Gravettien zu stellen ist und Ranis 5 (Schicht V), ein Magdalenien.

Ranis 1: Nur wenige Artefakte: 6 Artefakte aus Silex, 10 Artefakte aus gelblichem Quarzit. Sie wurden sehr verstreut in Schicht XI angetroffen (Ranis la, 1b, Ic) und sollen einem Inventar angehören. Das trifft aber kaum zu. Ein Siedlungshorizont wurde nicht beobachtet. Auffäl-lig sind zwei bifazial zugerichtete Blattspitzen. Eine besitzt eine quer verlaufende verdünnte Basis. Sie ist 130 x 48 x 11 mm groß. Sie besteht aus Plattenfeuerstein, wie er in Süddeutsch-land vorkommt, und ist nur partiell flächig von den Kanten her retuschiert. Dorsal wie ventral besitzt sie noch große Teile der Naturfläche (Rinde). Sie wird als „Faustkeilblatt“ (Hülle 1977) bezeichnet, doch ist ihr Blattspitzencharakter unverkennbar. Die andere Blattspitze (89 x 34 x 15 mm) wurde wie die anderen Silexgeräte aus baltischem Feuerstein hergestellt. Sie ist auch an der Basis zugespitzt, ganzflächig retuschiert, aber nur dorsal an beiden Längskanten fein nachretuschiert. Ferner kommen vier Feuersteinabschläge vor: Ein klingenförmiger Abschlag bildet ein Messer mit natürlichem Rücken (80 x 37 x 15 mm) und mit Gebrauchsretusche an der Schneide. Fragment einer weiteren Klinge mit Gebrauchsretuschen, ein dünner Abschlag (60 x 20 x 3 mm), ein breiter flacher Diskuskernabschlag (45 x 46 x 8 mm). Unter den weni-ger typischen Artefakten aus Quarzit - meist Trümmerstücke und gröbere Abschläge -, fallen einige Formen auf. Ein faustkeilartig grob flächig retuschierte Spitze (60 x 40 x 20), ein Mes-ser mit natürlichem Rücken und retuschierte Schneide (66 x 30 x 14), ein Diskuskernabschlag mit facettierter Basis (50 x 50 x 15 mm), das Reststadium eines strunkförmigen Kernsteins mit präparierter Schlagfläche und einer Abbaufläche (45 x 40 x 15 mm). Die Quarzit- und Silexartefakte von Ranis 1 sind typologisch als allgemein mittelpaläolithisch zu bewerten. Sie wurden von Toepfer (Mania und Toepfer 1973) als mousteroide Artefakte eingestuft. Mit ih-nen sind die beiden Blattspitzen schlecht zu verbinden. Sie nähern sich mehr Ranis 2. Offen-bar liegen mit Ranis 1 doch spärliche Reste kulturell und zeitlich verschiedener Inventare vor, die auch mehrfache Begehungen der Ilsenhöhle zu Beginn des Weichselglazials anzeigen.

Ranis 2: Die „graue Schicht“ (X) stellt einen intakten Begehungshorizont dar, der allerdings heute sorgfältiger ausgegraben und vor allem geschlämmt werden würde. In die basalen Teile dieses Horizontes sind Artefakte durch Umlagerung gelangt - wahrscheinlich bereits durch Aktivitäten des Menschen selbst. An verschiedenen Stellen kamen in bzw. auf der grauen Schicht eingetragene Platten aus Kulmgrauwacke vor, die offensichtlich zur Pflasterung des unebenen Höhlenvorplatzes dienten. Eine Feuerstelle konnte nachgewiesen werden. Sonst belegen Kiefernholzkohlen und Knochenasche bzw. -kohlen eine längerfristige Nutzung der Höhle. Um so erstaunlicher, daß keine Arbeitsplätze beobachtet wurden, nicht einmal in Form von Anhäufungen von Abschlägen, Absplissen und anderen Abfällen der Steinbearbeitung. Sicherlich geht auch ein großer Teil der reichen Faunenreste in Form von Knochensplittern und Gebißresten auf Speiseabfälle des Menschen zurück. Wie schon gesagt, stehen die Artefakte in ihrer Typenzusammensetzung wie ihrer weiten Streuung im Gegensatz zu der mit Sicherheit längeren Besiedlungsdauer oder den zahlreichen, kurzzeitig aufeinanderfolgenden Aufenthalten in der Ilsenhöhle. Sie sind aus baltischem Feuerstein hergestellt. Es handelt sich um 63 Objekte, die im Höhleneingang wie auf dem Vorplatz weit verstreut gefunden wurden. Sie stellen fast ausnahmslos Geräte, wie Blattspitzen, Blattdoppelspitzen (u. a. Szeleta-Spitzen), Klingenspitzen, verschiedene Schaberformen dar. Abschläge und Kernsteine fehlen weitgehend. Weiterhin kommen 7 Knochenpfrieme und ein meißelartig angeschliffener Elfenbeinstab vor. Hinweise auf Schlag- oder Retuschierplätze, aber auch auf Arbeitsplätze, wo diese Geräte gebraucht wurden, gibt es nicht oder entgingen dem damaligen Beobachtungs- und Beurteilungsvermögen der Ausgräber, die nicht auf Paläolithikum spezialisiert oder eingestellt waren. Aber nach der Monographie, die etwa 40 Jahre nach Ende der Grabungen geschrieben wurde (Hülle 1977) sollen - wenn schon Befunde - so wenigstens keine Artefakte übersehen worden sein. Sicher würde ein Sieben und Schlämmen des auf dem Vorplatz wieder aufgefüllten Grabungsabraumes manche Überraschung bringen.

Ranis 3 zeigt noch mittelpaläolithische Akzente (Diskuskern-Technik, levalloide Klingen-Technik, Flächenretuschen), tendiert aber mit seinen vorwiegend kantenretuschierten Klin-gengeräten zum Aurignacien (Hahn 1977). Die Klingenspitzen bzw. Spitzklingen haben trotz ihrer Flächenretuschen, die aber einseitig dorsal angelegt sind, eine andere, überwiegend schneidende Funktion als die auch in der Ebene symmetrischen Klingenspitzen von Ranis 2. Diese zeigen die Absicht der Hersteller, mit Hilfe beidseitiger verflachend wirkender Flächen-retusche im Umriß wie in der Ebene symmetrische Projektilformen zu erzeugen. Sie kommen als Spitzenbewehrung von Wurfpfeilen in Betracht. Ähnlich wurden wohl auch die meistem Blattspitzen verwendet. Bei den großen Blattspitzen wird statt dessen eher schneidende Funk-tion als große Messer angenommen. Doch ist auch hier bei entsprechender Schäftung die Verwendung dieser ausgesprochen symmetrischen und sehr flachen Spitzen als Pfeil- oder Speerbewehrung möglich. Das Objekt muß nur bis auf eine schmale Schneiden und Spitzen-partie genügend verkittet werden, so daß es vor Bruch gesichert wird. Ranis 2 und 3 deuten nicht auf eine spezielle Nutzung der Ilsenhöhle („Schlachthaus“ - Hülle 1977), sondern auf eine längerfristige Nutzung als Wohnunterkunft/Lagerplatz durch Jägergruppen, die in den Steppen und Parktaigen der Umgebung jagten.


Paläontologie:

Pollenanalysen (Schütrumpf in Hülle 1977): Punktuell wurden Pollenanalysen einiger Horizonte versucht. Sie hatten folgende Ergebnisse: Schicht X und IX. Gräser und Kräuter (vor allem Gramineen, weniger Cyperaceen) überwiegen mit 91 % gegenüber 9 % Baumpollen. Birke und Kiefer treten auf, letztere auch als Holzkohle. Der Abdruck eines Er-lenblattes wurde gefunden. Unter den Nichtbaumpollen fällt Selaginella auf. Schicht VIII. 80 % Gräser und Kräuter (Gramineen und Cyperaceen etwa gleich häufig, Compositen, Chenopodiaceen). Relativ hohe Baumpollendichte (20 %). Am häufigsten Birke, dann Weide und Kiefer. Von Birke auch Holzkohlereste. Schicht VII. 85 % Gräser und Kräuter (sehr häufig Gramineen, häufig Cyperaceen, ferner Umbelliferen, Compositen). 15 % Baumpollen: Birke 8,5 %, Kiefer 2,4 %, Corylus 1,8 %, Quercus 1,2 %, Tilia 0,6 %. Kiefer auch als Holzkohle. Schicht VI. 80 % Gramineen, Cyperaceen und Compositen. 20 % Baumpollen: Birke (am häufigsten), Kiefer und Sanddorn (Hippophae). Wirbeltierfauna: Aus den Horizonten VI bis XI stammen reiche Wirbeltierreste, die z.T. auf Hyänenhorste zurückgehen und z.T. - vor allem in Verbindung mit den Kulturhorizonten - auf die Jagdbeute des Menschen zurückgehen. Sie sind indessen in ihrer Herkunft nicht immer deutlich voneinander zu trennen. Eine besondere Differenzierung ist nach der empirischen Darstellung von Hülle (1977) nicht festzustellen, eine eingehende Untersuchung dieser Fau-nen steht bisher noch aus. Schicht XI. Nashorn (wahrscheinlich vorwiegend Coelodonta antiquitatis), Cervus elaphus, Rangifer tarandus, Ursus spelaeus, Hyaena spelaea. Schicht X. Mammuthus primigenius, Coelodonta antiquitatis, Cervus elaphus, Rangifer ta-randus, Ursus spelaeus, Hyaena spelaea. Schicht VIII. Mammuthus primigenius, Coelodonta antiquitatis, Bos/Bison sp., Equus sp., Cervus elaphus, Rangifer tarandus, Ursus spelaeus, Hyaena spelaea, Panthera (Leo) spelaea, eine große Vogelart. Schicht VI. Coelodonta antiquitatis, Equus sp., Cervus elaphus, Rangifer tarandus, Bison sp., Ovibos moschatus, Ursus spelaeus, wahrscheinlich auch Ursus arctos. Diese Säugerfauna ähnelt sehr jener von Königsaue und entspricht ebenfalls einer frühglazialen Übergangsfauna, die vornehmlich in offenen Wiesensteppen bis Waldsteppen gelebt hat. Einige anspruchsvol-lere Elemente kommen noch vor, wie z.B. der Rothirsch.

Text: Dietrich Mania und Thomas Laurat (Jena)


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