Zum Inhalt springen

Boris Iwanowitsch Tischtschenko

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. Juli 2007 um 05:09 Uhr durch Nixred (Diskussion | Beiträge) (Werke). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Boris Iwanowitsch Tischtschenko (russisch Борис Иванович Тищенко, wiss. Transliteration Boris Ivanovič Tiščenko; * 23. März 1939 in Leningrad) ist ein russischer Komponist.

Leben

Tischtschenko, der einer ukrainischen Familie entstammt, studierte von 1954 bis 1957 Komposition (bei Galina Ustwolskaja) und Klavier an der Musikfachschule Leningrad. Danach wechselte er ans Leningrader Konservatorium, wo er bis 1963 ebenfalls Komposition und Klavier studierte. Von 1962 bis 1965 war er Aspirant bei Dmitri Schostakowitsch. Seit 1965 lehrt Tischtschenko selbst Komposition am Leningrader Konservatorium. Im Jahre 1986 wurde er zum Professor ernannt. Neben seiner Kompositions- und Lehrtätigkeit hat er musikwissenschaftliche Schriften u. a. über Claudio Monteverdi, Franz Schubert und Dmitri Schostakowitsch veröffentlicht. Er tritt auch als Pianist auf. 1978 wurde Tischtschenko der Glinka-Preis verliehen.

Stil

Tischtschenko ist ein sehr origineller und eigenständiger Komponist. Nachdem er in den 1960er Jahren als einer der ersten sowjetischen Komponisten mit modernen Kompositionstechniken wie der Zwölftontechnik experimentiert hatte, entwickelte er Anfang der 1970er Jahre einen Personalstil, der von den Spätwerken Schostakowitschs ausgeht. Dessen Einfluss zeigt sich v. a. in der Melodik, Rhythmik und Instrumentierung. Tischtschenko bevorzugt freie Formen und schreibt häufig monothematisch. Er schreckt nicht vor der Tradition zurück, weite Passagen seiner Werke sind der Tonalität verpflichtet und sind durch recht einfache, manchmal sogar diatonische Themen gekennzeichnet. Diesen Stellen stehen Abschnitte gegenüber, die moderne Stilmittel wie extreme Dissonanzenanreicherung bis hin zur Clusterbildung verwenden. Auffällig ist ein Hang zu kunstvoller Polyphonie. Manchmal zeigt sich auch der Einfluss von sowjetischem Jazz. Einen besonderen Akzent legt Tischtschenko auf die Rhythmik, die an den Kulminationspunkten oft wild und sehr dominant ist; teilweise setzt er auch Kunstgriffe wie Polymetrik ein. Charakteristisch für seine Tonsprache sind außerdem humoristische bis ironische Elemente. Eine Verbundenheit mit der russischen Volksmusik ist offensichtlich. Tischtschenko bevorzugt großformatige, sehr ausgedehnte Gattungen. Seine Orchesterwerke weisen häufig eine große Besetzung auf, die aber meistens eher kammermusikalisch eingesetzt wird. Tischtschenko gelingt eine organische Verbindung von Tradition und Innovation, sodass sich seine Werke trotz ihrer offenkundigen Modernität auch größeren Hörerzirkeln erschließen.

Werke

  • Orchesterwerke
    • Sinfonie Nr.1 op.20 (1961)
    • Sinfonie Nr.2 „Marina“ op.28 für Chor und Orchester (1964)
    • Sinfonie Nr.3 op.36 für Kammerorchester (1966)
    • Sinfonie Nr.4 op.61 mit Erzähler (1974)
    • Sinfonie Nr.5 op.67 (1976)
    • Sinfonie Nr.6 op.105 für Sopran, Alt und Orchester (1988)
    • Sinfonie Nr.7 op.119 (1994)
    • „Französische Sinfonie“ nach Anatole France op.12 (1958), rev. als op.116 (1993)
    • „Sinfonia robusta“ op.46 (1970)
    • „Die Belagerungschronik“, Sinfonie op.92 (1984)
    • Puschkin-Sinfonie“ op.125 (1998, nach „Der Tod von Puschkin“ op.38)
    • sinfonische Dichtungen
    • Suiten
  • Konzerte
    • Klavierkonzert op.21 (1962)
    • Konzert für Klavier, Flöte und Streichorchester op.54 (1972)
    • Violinkonzert Nr.1 op.9 (1958), rev. als op.29 (1964)
    • Violinkonzert Nr.2 op.84 „Violinsinfonie“ (1981)
    • Violoncellokonzert Nr.1 op.23 für Violoncello, 17 Bläser, Schlagzeug und Orgel (1963)
    • Violoncellokonzert Nr.2 op.44/1 für Violoncello, 48 Violoncelli, 12 Kontrabässe und Schlagzeug (1969), rev. für Violoncello, Streichorchester und Schlagzeug als op.44/2 (1979)
    • Harfenkonzert op.69 (1977)
  • Bühnenmusik
    • „Die gestohlene Sonne“, Oper op.40 (1968)
    • „Die Küchenschabe“, Komische Oper op.41 (1968)
    • „Die Zwölf“, Ballett op.25 (1963)
    • „Jaroslawna (Die Sonnenfinsternis)“, Ballett op.58 (1974)
    • Schauspiel- und Filmmusiken
  • Andere Vokalmusik
  • Kammermusik
    • Streichquartett Nr.1 op.8 (1957)
    • Streichquartett Nr.2 op.13 (1959)
    • Streichquartett Nr.3 op.47 (1970)
    • Streichquartett Nr.4 op.77 (1980)
    • Streichquartett Nr.5 op.90 (1984)
    • Klavierquintett op.93 (1985)
    • Konzert für Klarinette und Klaviertrio op.109 (1990)
    • Sonaten für Violine solo, Violoncello solo sowie Blockflöte und Orgel
  • Klaviermusik
    • 10 Sonaten (Nr.1 op.3, 1957, rev. 1995 als op.121, Nr.2 op.17, 1960, Nr.3 op.32, 1965, Nr.4 op.53, 1972, Nr.5 op.56, 1973, Nr.6 op.64, 1976, Nr.7 op.85 mit Glocken, 1982, Nr.8 op.99, 1986, Nr.9 op.114, 1992, Nr.10 op.124, 1997)
    • 2 Suiten (Nr.1 op.4, 1957, rev. als Sonate Nr.10, Nr.2 op.6, 1957)
    • kleinere Stücke