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Canto General (Theodorakis)

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Der Canto General ist ein Oratorium für zwei Solostimmen, gemischten Chor und Orchester des griechischen Komponisten Mikis Theodorakis auf Texte aus dem Gedichtzyklus Canto General („Der große Gesang“) des chilenischen Dichters Pablo Neruda aus dem Jahr 1950.

Geschichte

Theodorakis hatte Pablo Neruda in den 1960er Jahren in Paris kennengelernt. 1970 während seines Pariser Exils erhielt Theodorakis von Neruda, der damals chilenischer Botschafter in Frankreich war, und dem chilenischen Präsidenten Salvador Allende die Anregenung, Nerudas Canto General zu vertonen. Bis 1974 lagen die ersten sieben Teile des Werkes vor (1–3, 6, 9, 10, 13). 1976 fügte Theodorakis dem Werk Neruda Requiem Eterna auf einen eigenen, lateinisch-griechischen Text hinzu. 1980–81 komplettierte Theodorakis weitere fünf Sätze, mit denen die Gesamtkonzeption des Oratoriums abgeschlossen ist.

1972 verwendete Theodorakis verschiedene Melodien des Canto General für den Soundtrack des Filmes Der unsichtbare Aufstand. Die Musik wurde dort von der Gruppe Los Calchakis teilweise auf traditionellem lateinamerikanischem Instrumentarium eingespielt.

Für 1973 plante Theodorakis mit dem Oratorium eine Tournee durch verschiedenen Länder Amerikas, Neruda selbst sollte bei den Aufführungen seine Gedichte vortragen. Teile des Werks wurden in rein instrumentaler Gestalt ohne Gesang u.a. in Buenos Aires und Mexiko-Stadt aufgeführt. Die Teilnahme Nerudas scheiterte an dessen Krebserkrankung, die Aufführung in Nerudas Heimatland Chile musste abgesagt werden, weil dort am 11. September die gewählte Regierung durch einen Militärputsch gestürzt wurde. Der geplante Aufführungsort, das Estadio Nacional de Chile, wurde von den Militärs in ein Gefangenenlager umgewandelt. Neruda erlag am 23. September 1973 seiner Krankheit, nur 12 Tage nach dem Putsch.

Das Oratorium konnte dann am 7. September 1974 beim Pressefest der Humanité in Paris uraufgeführt werden, und kurz darauf (1975) nach dem Ende der griechischen Militärdiktatur in Athen. Die Uraufführung des vollständigen Werks fand am 4. April 1981 in Berlin (DDR) statt.

Die geplante Aufführung des Canto General in Chile fand nach dem Ende der Militärdiktatur im April 1993 statt.

Zur Musik

Im Gegensatz zur Filmmusik für Der unsichtbare Aufstand bemüht sich Theodorakis beim Canto General nicht um eine Imitation des südamerikanischen Instrumentalklangs. Vielmehr bedient er sich seiner eigenen, sozial motivierten Tonsprache, die in der traditionellen griechischen Musik wurzelt, was ihren Ausdruck auch in der Verwendung der Bouzouki im Orchester findet. Das Werk ist in einer einfachen, dreiklangorientierten Harmonik gehalten und besticht durch seine Rhythmik, die viele Modelle aus griechischen Tänzen aufnimmt.

Während die großen Texte des „Canto General“ wie die Chöre eines Oratoriums zu betrachten sind und vor allem durch ihre Monumentalität wirken, überwiegt in den später vollendeten, choralartigen kleineren Teilen das lyrische Element.

Aufbau

  1. Algunas bestias – Einige Tiere
  2. Voy a vivir (1949) – Ich werde leben
  3. Los libertadores – Die Befreier
  4. A mi partido – An meine Partei
  5. LautaroLautaro
  6. Vienen los pájaros – Die Vögel erscheinen
  7. SandinoSandino
  8. Neruda Requiem Eternam – Requiem für Neruda (Gedicht von Mikis Theodorakis)
  9. La United Fruit Co. – Die United Fruit Co.
  10. Vegetaciones – Pflanzenreiche
  11. Amor América (1400) – Amerikaliebe
  12. A Emiliano Zapata – Auf Emiliano Zapata
  13. América insurrecta (1800) – Aufständisches Amerika

Aufführungsdauer: ca. 110 Minuten

Besetzung

Mezzosopran, Bariton, Chor, 3 Bouzoukis (oder Flöten), Schlagwerk (5 Spieler), 3 Gitarren, 2 Klaviere, E-Bass (oder Kontrabass)

Bearbeitungen

Sechs Teile des Werkes liegen seit 1998 in einer Bearbeitung für Solisten, Chor und Sinfonieorchester von Jens Naumilkat und Henning Schmiedt vor. Die Uraufführung dieser sinfonischen Fassung fand 1998 in Linz statt. Sie ist bislang noch nicht auf Tonträger erhältlich.

Das Oratorium war auch Grundlage für ein Handlungsballett des Choreografen Harald Wandtke, die am 14. Mai 1989 in Berlin (DDR) uraufgeführt wurde.

Tonträger

Der Canto General liegt in verschiedenen Einspielungen vor:

  • Eine erste Studioeinspielung von 1974 enthielt die vier Teile Vienen los Pájaros, América Insurrecta, Vegetaciones und Los Libertadores. Mitwirkende waren Maria Farantouri und Petros Pandis, Les Percussions de Strasbourg und der Chœur National de France (Leitung Jacques Grimbert). Die Gesamtleitung hatte Mikis Theodorakis.
  • „The original live recording“, mit Maria Farantouri und Petros Pandis am 13. und 16. August 1975 in Piräus und Athen aufgenommen, besteht aus den sieben bis dahin vorliegenden Sätzen plus einer Einführung, gesprochen von dem Schauspieler Manos Katrakis.
  • Der Live-Mitschnitt einer Aufführung vom 14. Februar 1980 beim 10. Festival des politischen Liedes im Palast der Republik, Berlin, mit Maria Farantouri, Heiner Vogt und dem Rundfunkchor Berlin, Dirigent war Theodorakis, besteht aus den selben sieben Sätzen, ergänzt durch die historische Aufnahme einer Lesung von Amor América, gesprochen von Pablo Neruda.
  • Die Ersteinspielung der vollständigen, 13-teiligen Fassung entstand 1981 als Live-Aufnahme in der Olympiahalle in München. Sie wurde eingespielt mit Maria Farantouri, Petros Pandis, dem schwedischen St. Jakobs Chor und dem Stockholm Orchester. Dirigiert hat Mikis Theodorakis: es ist in der Tat die musikalische Integrale, die Theodorakis komponiert hat.
  • Eine Aufnahme des Hamburger Sängerhaufens unter der Leitung von Irmgard Schleier vom 28. und 29. September 1985 mit den Solisten Arja Saijonmaa und Petros Pandis enthält neun Titel.
  • Eine weitere Gesamtaufnahme entstand 1989 als bisher einzige vollständige Studioproduktion in Berlin (DDR) für die Ballettfassung. Es wirkten mit: Alexandra Papadjiakou, Frangiskos Voutsinos, der Rundfunkchor Berlin und ein Instrumentalensemble unter der Leitung von Loukas Karytinos.

Film

  • Canto General – Der große Gesang von Pablo Neruda und Mikis Theodorakis (Länge: 40 Minuten), Regie & Buch: Joachim Tschirner, Fachberatung und Übersetzungen: Asteris Kutulas, Kamera: Rainer Schulz, DEFA Dokumentarfilmstudio 1983. Der Film zeichnet die parallelen Biografien der beiden Künstler nach bis zu ihrer Begegnung und der Entstehung des Oratoriums. (Schwarz-Weiß-Film, künstlerisch aufwändig mit einer 35-mm Kamera gedreht.)

Literatur

  • Peter Zacher: Canto general. In: Hans Gebhard (Hrsg.): Harenberg Chormusikführer. Harenberg, Dortmund 1999, ISBN 3-611-00817-6, S. 883 f.