Lübeck-St. Gertrud
St. Gertrud ist die östliche der drei historischen Vorstädte von Lübeck neben St. Jürgen im Süden und St. Lorenz im Westen und Nordwesten der Stadt vor dem Burgtor zwischen der Trave und der Wakenitz bis zur Grenze mit Mecklenburg-Vorpommern. Bis zum Bau des Elbe-Lübeck-Kanals hatte das Gebiet dieses Stadtteils den einzigen Landzugang zur Stadt. Wie bei den anderen beiden historischen Vorstädten ist eine Kapelle namengebend, die bereits im Mittelalter gebaut wurde. Am ursprünglichen Ort nahe beim Burgtor wurde die Kapelle im 30jährigen Krieg abgerissen, um Platz für die Erweiterung der Festungsanlagen zu schaffen. Die heutige St. Gertrud Kirche wurde am 26. Juni 1910 geweiht.
Der Stadtteil umfasst die Stadtbezirke Karlshof/Israelsdorf/Gothmund (25), Burgtor/Stadtpark (06), Marli/Brandenbaum (07) und Eichholz (08). Der Definition der Verwaltungsbezirke steht gelegentlich ein Sprachgebrauch der Bürger der Stadt gegenüber, die nur das Gebiet zwischen Travemünder Allee, Heiligen-Geist-Kamp und Roeckstraße als das „(alte) St. Gertrud“ bezeichnen.
| Karten | |
|---|---|
| Basisdaten | |
| Fläche: | 26,5 km² |
| Einwohner: | 42 011 (2003) |
| Bevölkerungsdichte: | 1584 Einwohner je km² |
Lage
Historische Umschreibung des Stadtteils aus einer Verordnung vom 23.März 1861:
- "Zur Vorstadt St. Gertrud gehören alle Grundstücke vor dem Burgthore, welche umschlossen werden vom Burgthorzingel
- ab durch die Trave , die Israelsdorfer Feldmark, das Lauerholz, die Feldmarken von Wesloe, Brandenbaum und der
- Hohenwarte, und durch die Wacknitz bis zum Burgthorzingel; so wie ausserdem die Grundstücke der Treidelhütte, der
- Glashütte, des Kaninchenberges, des zweiten Fischerbudens und der Spieringshorst."
Geschichte der Stadtbezirke

Israelsdorf
Hauptartikel: Israelsdorf
Gothmund
Hauptartikel: Gothmund
Karlshof
Hauptartikel: Karlshof
Burgtor/Stadtpark
Marli
Während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) wurde der französische Graf Chasot Oberst der Lübecker Garnison und damit Stadtkommandant (1759). Er erwirbt den Ackerhof an der Wakenitz von der Familie Brömbse und nennt ihn nach einem Lustschloss Ludwigs des XIV. Marly. Dem französischen Vorbild nacheifernd, lässt Chasot große Gärten und Obstplantagen anlegen, die eine Fläche von 13 Hektar umfaßt haben sollen. Es gab dort 6 bis 8 Fischteiche , ca. 5000 Bäume und eine Seidenraupenzucht. Das ehemalige Verwalterhaus stand noch lange an der Ecke Marlistraße/v. Hövelnstraße. Zur Erinnerung an diese Zeiten wurde eine Parallelstraße zur Marlistraße (zwischen Bülowstraße und Gneisenaustraße) nach Chasot benannt.
Chasots Leben wurde später von dem Lübecker Schriftsteller Otto Anthes beschrieben.
Brandenbaum
Aus der Endung -baum ist, ähnlich wie bei Grönauer Baum oder Krummesser Baum, die Grenzsituation ablesbar. Seit dem 16.Jahrhundert befand sich hier eine Grenz-/Zollstation zum benachbarten Mecklenburg. Diese war jedoch bis zum Ende des 2.Weltkrieges (1945) durchlässig. Jenseits dieser Grenze liegt das bei den Lübeckern ehemals sehr beliebte Ausflugsgebiet Palinger Heide, das auch von Otto Anthes ausführlich beschrieben wird. In der Zeit vor und während des 1. Weltkrieges wurde die Palinger Heide auch als Truppenübungsplatz für die Lübecker Garnison benutzt. An diese Zeiten erinnert die Straße An den Schießständen am Ende der Brandenbaumer Landstraße, die Brandenbaum mit Wesloe verbindet (via Kirschenallee).
Ursprung: Als Kolonisationsdorf als nyghendorp (Niendorf) 1256 erstmals erwähnt und 1316 zusammen mit dem Hof Hohewarte zu einem Gutsbezirk vereinigt.Eigentümer war die Stadt Lübeck; später häufige Eigentümerwechsel (Morneweg,Warendorp,Kerkring). Der Name Brandenbaum ist erst seit dem 18.Jahrhundert geläufig; Resthof und Herrenhaus befinden sich heute in Privatbesitz. Während des 2. Weltkriegs wurden Herrenhaus und Hofanlage in eine verdeckte Munitionsfabrik umfunktioniert. (MFM=Maschinen für Massenverarbeitung)
Eichholz
Siedlung zwischen Brandenbaumer Landstraße und der Wakenitz. Durch diese Siedlung führt der Kaninchenbergweg zum gleichnamigen Gutshof mit Herrenhaus auf einer Halbinsel in der Wakenitz.
Bauwerke
Kreuzweg zum Jerusalemsberg

Dem historischen Vorbild nachempfunden führt er genau 1650 m weit von der Kirche St.Jakobi bis zu dem Denkmal am Jerusalemsberg (Travemünder Allee/Ecke Konstinstraße). Der Lübecker Ratsherr Hinrich Konstin reiste 1468 ins heilige Land und hat dort die via dolorosa vermessen. Wieder zurückgekehrt veranlasste er den Nachbau des Weges in seiner Heimatstadt Lübeck. Die Vollendung seiner Idee im Jahr 1493 hat er nicht mehr erlebt. Er starb 1482 und vermachte der Stadt sein Vermögen mit der Auflage, dies für die Fertigstellung des Kreuzweges zu verwenden. Das Ende des Kreuzweges befindet sich auf einem künstlichen Hügel (Kalvarienberg) mit dem gotischen Häuschen in dem sich ein grobes Relief aus gotländischem Kalkstein befindet. Zu seinem Gedächtnis wurde der Weg, der vom Denkmal hinunter zur Trave führt nach ihm benannt (Konstinstraße , später auch die dortigen Kaianlagen an der Trave (Konstinkai)). Dieser Kreuzweg der älteste seiner Art in ganz Deutschland.
Straßenbahn-Depot
Vom ehemaligen Straßenbahn-Depot des Stadtverkehr Lübeck in der Roeckstraße hat sich nur das Kriegerdenkmal für die gefallenen Lübecker Straßenbahner des ersten Weltkrieges und die Pförtnerei des Betriebsgeländes erhalten, auf dem im übrigen derzeit (2007) ein stadtnahes Wohngebiet entsteht.
St. Gertrudkirche
Die Gertrudkirche wurde 1909–1910 nach den Plänen der Berliner Architekten Peter Jürgensen und Jürgen Bachmann für die seit 1902 von St. Jacobi verselbständigte Gemeinde errichtet. Ungewöhnlich ist der mit einem Satteldach gedeckte Turm. Die Architektur ist vom ausgehenden Jugendstil beeinflusst, die Inneneinrichtung wurde 1962 entfernt.
Villa Eschenburg
Die Villa Eschenburg beim Jerusalemsberg wurde von dem Hauptarchitekten des dänischen Klassizismus Christian Frederik Hansen geplant und erbaut, wobei die Fertigstellung (1805) wegen seiner vorherigen Abberufung nach Kopenhagen durch seinen Freund, den späteren Lübecker Stadtbaumeister Joseph Christian Lillie erfolgte. Die Villa ist nach der Lübecker Familie Eschenburg benannt.
Heute befindet sich in dem von dem Eschenburg-Park umgebenen Gebäude das Brahms-Institut der Musikhochschule Lübeck.
Tor der Hoffnung
Zwischen 1936 und 1937 von Rudolf Groth als Rundbau errichteter Wohnblock mit 48 Wohnungen. Die Stadt stellte eines der besten Grundstücke am Ostufer der Wakenitz zur Verfügung. Die öffentliche Grünanlage des Wohnblocks geht über in den Marli-Park.
Schulen
- Grundschulen
- GS Marli , Heinrichstraße
- GS Eichholz , Bohlkamp
- GS Schule am Stadtpark , Schulstraße
- GS Lauerholz , Holzvogtweg (Karlshof) und Zweigstelle Waldstraße (Israelsdorf)
- Grund- und Hauptschulen
- Albert-Schweitzer-Schule , Albert-Schweitzer-Str.
- Anna-Siemsen-Schule , Dieselstraße
- Realschulen
- Johannes-Kepler-Schule , Am Ährenfeld
- Gymnasium/Integrierte Gesamtschule (IGS)
- Gymnasium Thomas-Mann-Schule (Lübeck)
- IGS Geschwister-Prenski-Schule , Travemünder Allee
Siehe auch
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St. Gertrud
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Villa Eschenburg
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Parkseite
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Tor der Hoffnung
Stadtgrün, Forsten und Naturschutz
St. Gertrud verfügt über mehrere Parks, insbesondere den 1902 nach vierjähriger Bauzeit eröffneten Stadtpark, einen vom Stadtgärtner Langenbuch[1] angelegten, zwölf Hektar großen Landschaftspark mit Teichen und Inseln auf der Galgenbrookswiese im Bereich einer ehemaligen Bucht der Wakenitz. Der Park wurde im Rahmen der Erschliessung des Gesamtareals zwischen der Eschenburg-straße und der Roeckstraße aus den Erlösen der Grundstücksverkäufe finanziert und verfügt über eine Vielzahl einheimischer wie exotischer Baum- und Gehölzarten auf. Er gleicht damit einem kleinen Arboretum. In seiner unmittelbaren Umgebung fallen die palaisartigen Altenstifte auf, die vor dem ersten Weltkrieg aus Vermächtnissen Lübecker Kaufleute errichtet wurden.
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Stele zur Erinnerung an den Stadtgärtner Langenbuch
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Stadtparkteich mit Trauerweide auf der Insel
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Stele an der Fritz Reuter-Eiche im Stadtpark
Aber auch der Draegerpark und der Eschenburgpark mit seinen Skulpturen des Tierbildhauers Fritz Behn sind erwähnenswert. Der Burgtorfriedhof, mit den denkmalgeschützten Grabmälern Lübecker Familien, wie dem von Emanuel Geibel, Emil Possehl, den Eschenburg, Fehling, Overbeck oder der Familie Mann und der anschließende Ehrenfriedhof nach Entwurf von Harry Maasz sind sehenswerter Bestandteil des Stadtgrüns von St. Gertrud, das zugleich mit dem Lauerholz über das größte Waldgebiet der Stadt verfügt. Der Schellbruch an der Trave ist als Lagune ein Naturschutzgebiet zu europäischem Rang.
Siehe auch
Literatur
- Uwe Müller: St. Gertrud. (Kleine Hefte zur Stadtgeschichte, hrsg. vom Archiv der Hansestadt Lübeck, Heft 2) Lübeck 1986. ISBN 3795033004
- A. Höppner: Lübeck - eine Hansestadt macht Geschichte , Weiland-Verlag, Lübeck , ISBN 3-87890-060-0
Quellen und Anmerkungen
- ↑ Theodor August Methaphius Langenbuch (* Eutin 4. September 1842; † 2. Mai 1907 in Lübeck) legte 1897 den Plan für den Stadtpark vor; Durchführung 1898-1902.