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Otto von Gierke

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Otto von Gierke

Otto Friedrich von Gierke (* 11. Januar 1841 in Stettin, † 10. Oktober 1921 in Berlin) war ein deutscher Jurist, Rechtshistoriker und Sozialpolitiker.

Ausbildung und Beruf

Otto Gierke nahm 1857 das Rechtsstudium in Berlin und Heidelberg auf. 1860 wurde er von dem bedeutenden Rechtshistoriker Carl Gustav Homeyer promoviert. Er war Mitglied der Heidelberger Burschenschaft Allemannia.

Familie

Otto von Gierke heiratete 1873 Marie Cäcilie Elise Löning. Seine älteste Tochter Anna von Gierke gilt als Mitbegründerin der modernen Sozialpädagogik.

Wissenschaft

Otto von Gierke war ein bedeutender deutscher Jurist und Rechtshistoriker. Er war ein Vertreter der historischen Rechtsschule (dort ein so genannter Germanist) und gilt als „Vater des Genossenschaftsrechts“.

Theorie der Genossenschaft

Gierke entwickelte seine Theorie der Genossenschaft durch historische Analyse. Die Deutschen waren ursprünglich in Verbänden organisiert. Er unterschied den genossenschaftlichen Verband (Sippe, Familienbund, im Mittelalter dann Körperschaften) von dem herrschaftlichen Verband (Lehensverbänden, später Anstalten, heute Anstalten öffentlichen Rechts, den Staat).

Die Genossenschaft bezeichnet eine auf freier Vereinigung beruhende Körperschaft. Soziologen wie Franz Oppenheimer bezeichneten demzufolge die Genossenschaft als horizontale Sozialbeziehung.

Durch das römische Recht, welches das Individuum und seine Freiheit in den Vordergrund stellte, konnte nach der Zeit des Absolutismus die genossenschaftliche soziale Struktur des deutschen Rechts gebrochen werden. Gierke wurde, indem er den Menschen vornehmlich als soziales Wesen verstand (vgl. Aristoteles' zóon politikón), zu einem frühen Kritiker des Individualismus.

Wirken

Eine Bewertung der rechtswissenschaftlichen Arbeit Gierkes muss uneinheitlich ausfallen. Er hat die deutschen Rechtswissenschaften durch seine Forschungen geprägt. Gleichzeitig gehörte Gierke aber auch zu den größten Verfechtern des deutsch-rechtlichen „Eigentum“-Begriffs (gegenüber dem römisch-rechtlichen), womit er vor allem die Geschichte des Genossenschaftsrechtes erschloss. Dieser Blick auf das Recht findet sich noch im Grundgesetz („Eigentum verpflichtet“), kam aber der national orientierten „Deutschtümelei“ seiner Zeit entgegen.

Der Begriff des Sozialrechts geht auf von Gierke zurück.

Gierke war Anhänger der organischen Staatstheorie, was auch auf seinen Schüler Hugo Preuß abfärbte[1].

Literatur

  • Das deutsche Genossenschaftsrecht, Berlin 4 Bde., 1868, 1873, 1881
  • Deutsches Privatrecht, 3 Bde., Leipzig 1895
  • Naturrrecht und Deutsches Recht, Frankfurt 1883

Quellen

  1. Walter Jellinek: Insbesondere: Entstehung und Ausbau der Weimarer Reichsverfassung, in: Gerhard Anschütz/Richard Thoma (Hrsg.): Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. I, Tübingen 1930, S. 128.