Jom-Kippur-Krieg
Der Jom-Kippur-Krieg war 1973 nach dem Israelischen Unabhängigkeitskrieg (1948), der Suez-Krise (1956) und dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 der vierte israelisch-arabische Krieg. Auf arabischer Seite wird der Krieg auch Ramadan-Krieg genannt, da er in den islamischen Fastenmonat Ramadan fiel.
Vorgeschichte
Nach dem Sechstagekrieg hielt Israel den Sinai, die Golanhöhen, den Gazastreifen, das Westjordanland sowie Ostjerusalem besetzt. Die Vereinten Nationen versuchten vergeblich, Israel zum Rückzug aus diesen Gebieten zu bewegen, zahlreiche kommunistische Staaten brachen die diplomatischen Beziehungen zu Israel ab.
Kriegsausbruch
Am 6. Oktober 1973, dem jüdischen Versöhnungsfest Jom Kippur, eröffneten Syrien und Ägypten einen neuen Krieg (4. Israelisch-arabischer Krieg, Oktoberkrieg).
Kriegsgeschehen
Der Angriff überraschte die unvorbereiteten Israelis und brachte den Angreifern zunächst militärische Anfangserfolge; aus israelischer Sicht wirkte sich der Überraschungsangriff zusätzlich nachteilig aus, weil während des höchsten jüdischen Feiertags Jom Kippur das öffentliche Leben fast vollständig ruhte und daher die Mobilisierung der israelischen Streitkräfte vergleichsweise lange dauerte.
Die Syrer drangen mit über 1400 Panzern in die Golanhöhen ein, die Ägypter durchbrachen die israelischen Verteidigungsstellungen und überquerten den Suezkanal. Mit Ausnahme eines kleinen Gebietes um Port Said an der Mittelmeerküste gelang den Ägyptern die Einnahme der Bar-Lev-Linie und die Besetzung eines Streifen parallel zum Suez-Kanal. In dieser kritischen Phase soll die israelische Regierung sogar den Einsatz von Atomwaffen erwogen haben.
Den Israelis gelang es jedoch relativ bald, die Angreifer zurückzuschlagen. Im Norden führte die Gegenoffensive zu einer Niederlage für die syrische Armee, die in wenigen Tagen - bis zum 10. Oktober - bereits besiegt war und 870 Panzer sowie tausende Fahrzeuge und Geschütze zurücklassen musste. Die Syrer wurden bis 32 km vor Damaskus zurückgedrängt, die syrische Hauptstadt mit vielen zivilen Opfern massiv bombardiert. Ein Durchbruch durch die syrische Front gelang jedoch nicht.
Auf der Sinai-Halbinsel konnten israelische Truppen die Ägypter ebenfalls zurückdrängen und am 16. Oktober den Suezkanal überqueren. Südlich des Bittersees gelang es den Israelis unter Führung von General Ariel Scharon, die auf dem Ostufer verbliebene 3. Ägyptische Armee einzukesseln.
Ergebnis
Am 22. Oktober rief der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der Resolution 338 alle Parteien auf, das Feuer einzustellen. Bei Inkrafttreten des Waffenstillstands am 22. Oktober (Nordfront) bzw. 24. Oktober (Südfront) waren die Syrer besiegt; die eingeschlossene und unversorgte 3. Ägyptische Armee stand vor der Vernichtung.
Die Verluste waren auf beiden Seiten hoch. Mehr als 2500 israelische Soldaten fielen, 7500 wurden verletzt und 300 gerieten in Gefangenschaft. Die israelische Luftwaffe erlitt große Verluste durch den Einsatz von Flugabwehr-Raketen aus sowjetischer Produktion. Auf arabischer Seite gab es 20.000 Tote zu beklagen.
Der Krieg führte zu einer Traumatisierung der israelischen Öffentlichkeit, die die außenpolitische Bedrohung kaum wahrgenommen hatte, weil die israelische Armee bis dahin als unbesiegbar gegolten hatte. Die Vorwürfe aufgrund der massiven Verluste zwangen die israelische Regierungschefin Golda Meir im April 1974 zum Rücktritt.
Für Anwar as-Sadat stellte der militärisch verlorene Krieg politisch dagegen einen Erfolg dar. Mit dem Krieg konnte er Israel zeigen, dass die arabische Welt ein militärisch nicht zu unterschätzender Gegner war. 1977 traf er mit Menachem Begin zusammen und schon 1978 unterzeichneten beide das Friedensabkommen von Camp David.
Durch die Demonstration der Stärke gewannen die arabischen Länder wieder mehr Selbstbewusstsein, was vor allem den Islamismus eindämmte.
Der Jom-Kippur-Krieg war Auslöser der Ölkrise 1973. Die OPEC beschloss, ihre Erdölförderung so lange erheblich einzuschränken, bis die von Israel besetzen Gebiete befreit und die "Rechte des palästinensischen Volkes" wiederhergestellt sind. Dazu hoben die arabischen Länder den Ölpreis kräftig an. Gegen die USA und die Niederlande wurde ein Lieferboykott verhängt.
Siehe auch: Nahostkonflikt, Israelisch-palästinensischer Konflikt (Chronologie), Sechstagekrieg