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Scientology

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Das Symbol Scientologys
Deutschland-Zentrale von Scientology in Berlin

Scientology ist ein Ideensystem, das auf Schriften des US-amerikanischen Schriftstellers L. Ron Hubbard zurückgeht. In ideeller Hinsicht sind Lehre und Praxis Scientologys von szientistischen[1] und psychotherapeutischen Komponenten geprägt, die später um spirituelle und teils esoterisch anmutende Aspekte erweitert wurden.

In der deutschsprachigen Öffentlichkeit ist Scientology seit jeher umstritten. In Deutschland erreichten die Kontroversen Mitte der 1990er-Jahre ihren vorläufigen Höhepunkt mit dem Beschluss der Bundesinnenministerkonferenz zur Beobachtung der Scientology-Kirche durch den Verfassungsschutz.

Etymologie

Der Begriff Scientology ist aus dem lateinischen Verb scire (wissen, PPA sciens, -entis) bzw. dessen nominalisierter Form scientia (Wissen, Wissenschaft) und dem griechischen Wort Logos (u. a. Sinn, Rede, göttliche Weisheit) zusammengesetzt, und wird von der Scientology-Kirche mit Wissen über das Wissen übersetzt.[2]

Geschichte

Datei:L. Ron Hubbard Life & Death.jpg
Portrait des Scientology-Gründers

1950 veröffentlichte L. Ron Hubbard Dianetics (deutsch: „Dianetik“), das ein System von Psychotechniken elaborierte; 1952 erweiterte er dieses System in „Scientology 8–80“ zu einer Weltanschauung mit dem Anspruch einer Religion.[3] In den Jahren zwischen 1950 und 1954 existierten eine Reihe unterschiedlicher Gruppen, teils als kurzlebige formale Organisationen, die versuchten Hubbards Lehren umzusetzen.[4] 1953 liess Hubbard die Church of Scientology als Markenzeichen eintragen, und gründete im Februar 1954 mit der Chuch of Scientology of California die erste Dependance.[4] Im folgenden Jahrzehnt konnte diese Organisation quasi einen Alleinvertretungsanspruch für Scientology erlangen und expandierte in den USA und ins Vereinigte Königreich, Australien, Neuseeland, Südafrika sowie in das damlige Rhodesien.[5]

Nach Machtkämpfen enstanden ab 1982 Gruppen außerhalb der Church of Scientology, insbesondere die Freie Zone.

Mitgliederbasis

Anders als die meisten neuen religiösen Bewegungen ist Scientology nicht aus der Gegenkultur der 1960er entstanden, dementsprechend verfügt es über eine Mitgliederstruktur, die wesentlich von jenen verschieden ist.[6] So werden insbesondere verheiratete Angestellte mit überdurchschnittlichem Bildungsniveau rekrutiert; das Verhältnis von Männern zu Frauen beträgt in etwa drei zu zwei.[6]

Die Zahl der Anhänger Scientologys wird kontrovers diskutiert und ist nicht eindeutig feststellbar, weil unklar ist, wer zu den Mitgliedern der Organisationen oder zu den Anhängern der Idee Scientologys gezählt werden kann.[7]

Scientology sprach 2005 von über 10 Millionen Anhängern.[8] Emprische Schätzungen gehen dagegen von kaum mehr als 100.000 Anhängern aus.[9] Die mit Abstand meisten Anhänger Scientologys kommen aus den USA. Dort wurden bereits Mitte der 1960er 50.000 bis 100.000 Anhänger geschätzt,[10] 1990 schätzte eine repräsentative Umfrage unter US-Amerikanern nur noch 45.000 Scientologen.[11] Schätzungen von 2004 stellen eine Konsolidierung auf 55.000 US-amerkanische Anhänger fest.[12] In Deutschland soll es laut staatlichen Quellen zwischen 5.000 und 7.000 Scientologen geben;[13] Scientology nennt dagegen eine Zahl von 12.000 aktiven Mitgliedern in Deutschland.[14]

Ideologie

Ziel Scientologys ist es, das Leben des Einzelnen zu verbessern;[15] dies geschieht im Rahmen des scientologischen Wirklichkeitsmodells.

Einen wichtigen ideellen Ausgangspunkt der Dianetik-Lehre bildet das physikalische Universum, welches laut Scientology aus MEST, der Abkürzung für Matter, Energy, Space und Time (dt.: Materie, Energie, Raum und Zeit), besteht.[16] Ein lebendiger Organismus setzt sich aus Materie, Energie, Raum und Zeit zusammen und ist vom Thetan belebt. Der Thetan – und somit jeder Mensch – ist unsterblich, jedoch durch vieles negativ beeinflusst und in seiner Entfaltung gebremst. Der Mensch setzt sich laut Scientology aus drei Teilen zusammen:

  • Thetan (unsterblicher Geist)
  • Mind (Verstand)
  • Body (sterblicher Körper)

Der Bestandteil Mind setzt sich nach Hubbard aus dem analytischen und dem reaktiven Teil zusammen. Der analytische Teil nimmt Erfahrungen wahr und behält sie, um Probleme zu lösen. Er denkt in Unterschieden und Ähnlichkeiten. Der reaktive Teil speichert körperliche bzw. emotionale Schmerzen und versucht die Person einzig und allein nach dem Reiz-Reaktions-Prinzip zu lenken. Er setzt alles gleich; Beispiel: Jemand hört die Sirene eines Rettungswagens. Diese Wahrnehmung wird gleichgesetzt mit dem eigenen Unfall = Schmerz = Verlust = Versagen = Angst = Einsam = Wut = das Leben ist schlimm = Schweißausbruch = wegrennen.

Hubbard beschreibt in seinem Buch „Dianetik – die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit“ eine Technik, die er Auditing nennt, um die Auswirkungen des reaktiven Teils des Minds aufzulösen. Es beschreibt die Theorie und Praxis von „Dianetik“, der bis heute praktizierten Grundlage von Scientology, die sich speziell mit den negativen Einflüssen auf den menschlichen Geist befasst.

Der Thetan

Scientology bezeichnet das unsterbliche Wesen eines Menschen als Thetan (in Anlehnung an den griechischen Buchstaben Θ). Laut Hubbard existierten die mindestens 350 Milliarden Jahre alten Thetane bereits vor jeder Schöpfung. Scientologen streben das Wiedererlangen der ursprünglichen Fähigkeiten eines Thetans an.

Zu Beginn seines Lebens sei jede Person ein so genannter Pre-Clear und könne mittels körperlicher und geistiger Reinigungs- und Bearbeitungsprozesse letztlich den Clear-Status erreichen. In diesem anzustrebenden Zustand sei die Person von ihrem „reaktiven Verstand“ befreit, der sie zuvor dazu gezwungen habe, auf der Grundlage erlebter traumatischer Erfahrungen zu reagieren. Der befreite Verstand könne nun alle auftretenden Probleme mit inneren Zuständen, anderen Menschen oder Gegenständen in den Griff bekommen.

Nachdem ein Mitglied den Zustand Clear erreicht habe, führe der Weg zur völligen Befreiung über derzeit acht Operating-Thetan-Stufen (kurz: OT-Stufen) hin zum Ziel des frei operierenden Thetans; dieser sei nicht mehr an Materie, Energie, Raum und Zeit – kurz MEST – gebunden. Die auf diesen Stufen erreichten Fähigkeiten reichen in den esoterischen Bereich und umfassten u. a. auch außerkörperliche Erfahrungen.

Während sich die Clear-Stufen mit der Aufarbeitung traumatischer Ereignisse auf der „Gesamtzeitspur“ eines Wesens auf der Erde befassen (sowohl innerhalb des Lebenszeitraums von der Empfängnis an, aber auch in vorherigen Leben), betreffen die OT-Stufen darüber hinaus Bereiche wie Leben auf anderen Planeten und galaktische Katastrophen (OT III), Beeinflussungen von geistigen Entitäten, inneren Prägungen ("Implant"), oder Astralreisen ("Exterriorisation") u. a.

Im Hintergrund dieser Vorstellungen spielt der von Hubbard geschaffene Xenu-Mythos eine Rolle.[17]

Auditing

Das so genannte Auditing (von lateinisch audire, hören – unterscheide: Auditing) nimmt eine zentrale Rolle in der scientologischen Praxis ein und ist eine besondere Form von Gespräch zwischen Auditor (Zuhörer) und dem so genannten Preclear (die Person, die auditiert wird). Dabei wird oft das E-Meter verwendet.

Während es sich ursprünglich um eine relativ freie Form der Rückführung auf der „Zeitspur“ des Auditierten zu therapeutischen Zwecken (Dianetik) handelte, werden in der Church of Scientology in exakt vorgegebener Form der Scientology-Tech (Fragen oder Fragen-Sets bzw. Scientology-Prozesse) Fragen gestellt, die der Preclear beantwortet.

Das Ziel ist nach Angaben von Scientology, „Geschehnisse“ (emotionaler und körperlicher Schmerz, insbesondere bei Bewusstlosigkeit) aufzufinden, welche den meisten psychischen Schwierigkeiten zu Grunde liegen sollen. Diese Geschehnisse sollen so lange erzählend wiederholt erlebt werden, bis ihre „Ladung“ (emotionale Spannung) verschwindet. Der Auditor soll durch aufmerksames Zuhören und Beobachten der Anzeigen des E-Meters solche „Engramme“ finden und möglichst im Laufe der Rückführung das „Basic“ (das erste, das psychische Problem auslösende Ereignis) finden und „entladen“. [18]

Scientology-Auditoren werden darauf trainiert, zuzuhören und Antworten zu bestätigen, Fragen zu wiederholen und prozessfremde Reaktionen in jedem Fall zum Prozess zurückzuführen.

Einige Psychologen sehen das Auditing als eine psychologische Technik an, die mittel- und langfristig zu Abhängigkeit und Manipulierbarkeit führen kann. [19] Während Hubbard in seinen Schriften Hypnose für seine Methodik ablehnt („In der dianetischen Praxis wird Hypnose nicht angewandt“ [20]), spricht der Anderson-Report von 1971 davon, dass beim Auditing hypnotisierende Techniken eingesetzt werden.[21]

E-Meter

Ein „E-Meter“

Beim Auditing findet oft das E-Meter Anwendung. Dieses Gerät verfügt über eine Spannungsquelle, Elektroden und eine Messeinrichtung. Was das Gerät misst, wenn es Kontakt mit der Haut eines Menschen hat, kann etwa der Hautwiderstand, ein muskuläres oder neuronales Aktionspotential, die Größe der Kontaktfläche zur Haut, ein induktiv eingekoppelter Strom aus nahe liegenden elektromagnetischen Feldern oder auch eine Summe dieser Quellen sein. Das Gerät wurde 1998 von der Church of Scientology als Modell Mark Super VII zum Preis von ca. 4.000 US-Dollar verkauft.[22] Da der Hautwiderstand nach Ansicht von Hubbard von geistigen Bildern und Emotionen beeinflusst werde, würden Gedanken also Reaktionen beim E-Meter verursachen, so dass der Auditor, die das Gerät überwachende Person, mit Hilfe des Gerätes unbewussten und bewussten emotionalen Schmerz beim Auditing eines Probanden aufspüren könne. Da es sich lediglich um eine Messung des Hautwiderstandes handele, sind Kritiker wie unabhängige Wissenschaftler allerdings der Ansicht, dass die Ergebnisse ohne Aussage seien. Ein Lügendetektor berücksichtigt neben der Änderung des Hautwiderstandes durch Schwitzen auch noch andere Parameter, wie Atemfrequenz, Puls und Blutdruck.

Scientology-Feiertage

  • 13. März (Geburtstag von L. Ron Hubbard)
  • 9. Mai (Jahrestag der Herausgabe von Dianetik)
  • 12. September (Tag des Auditors)
  • 7. Oktober (Jahrestag der Gründung der internationalen Vereinigung von Scientologen)

Tätigkeit

Die Tätigkeit von Anhängern Scientologys besteht hauptsächlich darin, das Auditing durchzuführen und weitere Anhänger zu Auditoren auszubilden bzw. weitere Leute für Scientology zu begeistern und so auch neue Geldquellen zur Verbreitung der Lehre und Ideologie zu erschließen.

Manche Scientologen sind in verschiedenen Scientology-Projekten im sozialen Bereich tätig (z. B. Narconon, Criminon, Psychiatriekritik), deren Zweck aber gemäß Kritikern ebenfalls hauptsächlich in der Verbreitung von Scientology liegt.

OCA-Test

Scientology-Stand in einer Fußgängerzone

Zur Mitgliederwerbung bieten Scientologen häufig in Fußgängerzonen einen kostenlosen Persönlichkeitstest an, der OCA-Test oder auch Oxford-Kapazitätsanalyse genannt wird. Ein Zusammenhang des Tests mit der Universität von Oxford besteht nicht. Dieser Test umfasst 200 Fragen, welche auf die Auswertung individueller Schwächen und Probleme abzielen.

Da bei umfassender Fragestellung keine Person als völlig frei von individuellen Problemen zu charakterisieren sein wird, erbringt das Testergebnis regelmäßig zumindest einige wenige Schwächen oder Problempunkte des Probanden. Hiervon ausgehend erfolgen kostenpflichtige Angebote von Scientology bzw. einer Suborganisation an die jeweilige Person hinsichtlich jener Lebensbereiche, die nach Ergebnis des Tests der Verbesserung bedürfen.

Kritiker raten von einer Teilnahme an dem Test, der auch von unter anderem Namen operierenden Scientology-Organisationen angeboten wird, ab. Sie beanstanden zum einen die fehlende Wissenschaftlichkeit des Tests, zum anderen den „Disseminationsdrill“, laut dem der jeweilige Scientology-Mitarbeiter beim Probanden im Auswertungs-Gespräch nach dem persönlichen „Ruin“ suchen solle. Dies sei ein unerwünschter Zustand, welcher der Person als unerwünschter Zustand real ist oder ihr real gemacht werden kann; der Proband soll davon überzeugt werden, dass Scientology diesen gefundenen Zustand handhaben könne. Somit sei der OCA-Test kein Test, sondern eine Verkaufshilfe. Auch sei ein Hilfebedürftigkeit suggerierendes Testergebnis unausweichlich; bei einer weit gefassten Frage wie „Lügen Sie manchmal?“ indiziere die Antwort „ja“ ohne weiteres ein „Problem“, gleiches gelte aber auch für die Antwort „nein“, da dann eben ein typisches Verhalten verdrängt werde.

Kosten

Nicht nur die Ausbildung zum Auditor sondern auch das Auditing, also der geistliche Fortschritt, wird zu fixen Preisen pro Kurs oder pro Stunde verkauft, wobei Anfängerkurse weniger, fortgeschrittene geistliche Stufen sehr viel mehr kosten. Einführungs- und Demonstrationsauditing kostet ca. 200 € für 12½ Stunden, auf einer höheren Stufe kann es 3500 € oder mehr sein. Das Erreichen der Stufe „Clear“ entspricht im Preis ca. dem Gegenwert eines Mittelklassewagens und die OT-Stufen dem eines Einfamilienhauses. Gemäß Scientology-Lehre sind diese Stufen nur in Scientology erreichbar und der einzige Weg zur geistigen Freiheit.[23]

Scientology-Organisationen

Scientologys organisatiorischer Unterbau wird von der Scientology-Kirche dominiert; daneben gibt es einige kleinere Gruppen, insbesondere die Freie Zone, die sich von der Scientology-Kirche abgespalten haben.

Scientology-Kirche

Scientology-Gebäude mit Banner in Los Angeles
Hauptartikel: Scientology-Kirche

Anfang der 1970er Jahre begann die Scientology-Kirche ihre Tätigkeit in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Heute hat die Organisation in Deutschland 8, in der Schweiz 5 und in Österreich 2 Standorte.

Freie Zone

Hauptartikel: Freie Zone

Anfang der 1980er Jahre kam es nach Richtungskämpfen im Management zur Gründung der Freien Zone, die aus Splittergruppen außerhalb der Scientology-Organisation besteht. Diese Gruppen verwenden die gleiche Technik wie die Scientology-Kirche, nehmen aber aus Sicht letzterer falsche Abänderungen der Technik vor. Umgekehrt erklären Vertreter der Freien Zone, dass sie die ursprünglichen Materialien von Hubbard verwenden und werfen den Scientology-Organisationen vor, diese nach seinem Tod geändert zu haben.

Rezeption

Broschüre des bayrischen Staates über Scientology zwischen Broschüren über „islamischen Extremismus“ und „Organiserter Kriminalität“ in einem Münchner Touristenbüro

Das Bild Scientologys in der Öffentlichkeit wird durch seine Gegner geprägt.[24] Dies trifft insbesondere für den deutsch-[24] und französischsprachigen Diskurs zu, aber auch in den Vereinigten Staaten war Scientology neben den Mormonen des 19. Jahrhunderts in den 1970er und 1980er Jahren die weltanschauliche Organisation mit dem schlechtesten Leumund.[25] Auch Mitte der 1990er Jahre zeigte eine Umfrage unter US-Amerikanischen Journalisten, dass diese Scientology generell misstrauen.[26]

Entsprechend mannigfaltig sind die Kritikpunkte an Scientology, die von Totalitarismusvorwürfen bis zur Dubiosität scientologischer medizinischer Praktiken reichen. Neben christlichen Kirchen und staatlichen Akteuren treten dabei private Netzwerken von Gegnern von Alternativreligionen in den Vordergrund das öffentlichen Diskurses; diese Gruppen haben aus der Sicht des Religionswissenschaftlers Hubert Seiwert in den 1990er Jahren Scientology erfolgreich als Epitomie der bedrohlichen Gefahr, die von allen anderen so genannten Sekten ausgehe, inszeniert.[27]

Religionscharakter

Viele christliche Kirchen, drunter die großen deutschen christlichen Kirchen, sowie staatliche Stellen, zum Beispiel von Belgien, Deutschland, Frankreich und Österreich, bezweifeln den Religionscharakter Scientologys.

Ein von Scientology-Gegnern häufig vorgebrachter Vorwurf ist die Gewinnorientierung der Scientology-Organisation.[28] Diese Profitorientierung stünde dem „abendländischen Religionsverständnis“ entgegen.[29]

Alleingültigkeitsanspruch

Obwohl Scientology sich bisweilen als überkonfessionell bezeichnet und dies besonders bei der Rekrutierung neuer Mitglieder herausstreicht, so hat Scientology doch einen Alleingültigkeitsanspruch.[30] Dessen unbenommen werden scientologische Praktiken häufig ausserhalb Scientologys angewandt.[30]

Da die Weltanschauung von Scientology mit der traditionellen Theologie von Christentum, Judentum und Islam nicht vereinbar ist, ist eine Doppelmitgliedschaft aus der Sicht mancher anderer Religionen und Konfessionen nicht möglich.

In Wirtschaft und Verwaltung

Gelderwerb wird von der Organisation stets als wesentliches Ziel propagiert. Dies gilt nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für Firmen, die nach scientologischen Prinzipien arbeiten. Diese werden teils von Mitgliedern der Organisation betrieben, teils werden aber auch gezielt wichtige Positionen in Unternehmen durch Scientologen besetzt, um die Unternehmenspolitik im Sinne der Organisation zu beeinflussen. Auch Behörden und Gliederungen politischer Parteien waren bereits Gegenstand dieser Vorgehensweise. [31] Daher haben zahlreiche Unternehmen und Organisationen in ihre Arbeitsverträge einen Passus aufgenommen, worin der Bewerber zusichert, kein Scientology-Mitglied zu sein; etwa hier [32].

Scientology und Medizin

Eine Besonderheit von Scientology ist der so genannte „touch-assist“, bei dem die betroffene Körperstelle eines Kranken oder Verletzten berührt wird, um diesen wieder in geistigen Kontakt mit dem entsprechenden Körperteil zu bringen. Diese geistige Auseinandersetzung, die vor und während der Erkrankung vernachlässigt worden sei und deshalb letztlich zu dem jeweiligen Problem geführt habe, schaffe deutliche Erleichterung. Diese und ähnliche Methoden werden in Abwandlungen bei verschiedenen Zuständen angewendet, z. B. auch bei Fieber („fever-assist“).

Scientology schreibt dazu etwa: „Somit haben wir das Gebiet der Medizin, das sich an die unmittelbare Verletzung, an chirurgische Angelegenheiten wie Entbindungen und akute Infektionen und dergleichen wendet, und auch an solche Dinge wie Schürfungen und Kratzer, die bei Unfällen entstehen, sowie an Verabreichung von Medikamenten und Antibiotika, um den Tod eines Patienten in einer Notlage zu verhindern. Das ist die Rolle der Medizin.Wo es eine Tendenz für Krankheit und Verletzung gibt, wo Krankheit oder Verletzung verlängert werden oder wo Unglück und Besorgnis geistige und körperliche Verstimmung verursacht, bewegen wir uns im Bereich der Scientology, denn solche Dinge werden am besten geheilt, verhindert oder behoben, indem man dafür unmittelbar und direkt den Thetan und dessen auf den Körper gerichtete Tätigkeit konsultiert.

Kritiker sehen dieses Vorgehen als medizinfeindlich und unter Umständen gefährlich, wenn dadurch wichtige medizinische Hilfe versäumt wird.

Prominente Scientologen

Tom Cruise und Katie Holmes (in der Bildmitte) werden insbesondere im deutschsprachigen Raum als Repräsentanten Scientologys wahrgenommen

Scientology versucht insbesondere Schauspieler und andere Personen des öffentlichen Lebens zu rekrutieren und hat damit in den USA auch Erfolg (z. B. tritt Tom Cruise quasi als Repräsentant von Scientology auf). Weitere Personen des öffentlichen Lebens, die sich zu Scientology bekennen, sind Kirstie Alley und John Travolta. Im deutschsprachigen Raum ist Franz Rampelmanns Scientology-Mitgliedschaft bekannt.[33]

Scientology betreibt für prominente Mitglieder so genannte „Celebrity Center“. Diese unterscheiden sich von den anderen Organisationen nur in der Hinsicht, dass sie sich speziell um Künstler und Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, kümmern. Dies kommt daher, dass L. Ron Hubbard der Ansicht war, dass Künstler die Art von Menschen sind, und schon immer waren, die die Welt von Morgen maßgeblich beeinflussen. Ursula Caberta y Diaz hingegen sieht in diesem „Rezept mit berühmten Namen Reklame zu machen [ein Vorgehen, das] totalitären Systemen entlehnt“[34] sei.

Literatur

Populär

  • Liane von Billerbeck, Frank Nordhausen: Der Sektenkonzern – Scientology auf dem Vormarsch. Knaur-Verlag, 1994, ISBN 3426800519
  • Martin Gardner: Fads & Fallacies in the Name of Science. Dover Publications, New York 1957, S. 267 (eng.) [1]
  • Wilfried Handl: Scientology: Wahn und Wirklichkeit – 28 Jahre in einer Psychosekte, Verlag Mensch vs Scientology, Wien 2005, ISBN 3-200-00394-4
  • Jörg Herrmann (Hg): Mission mit allen Mitteln. Der Scientology- Konzern auf Seelenfang, Rowohlt, 1992, ISBN 3499193418
  • Eberhard Kleinmann: Psychokonzern Scientology. Geschichte – Organisation – Verbreitung. Bietigheim 2004, ISBN 3-93184-307-6
  • Christoph Minhoff, Martina Minhoff: Scientology. Irrgarten der Illusionen. 1998 (PDF)
  • Kin, L.: Scientology – Mehr als ein Modetrend – Die Entwicklung zur monetären Heilslehre. Die Philosophie im Klartext, VAP-Verlag Wiesbaden, 1991, ISBN 3-922367-21-6
  • Renate Hartwig: Scientology. Ich klage an, Pattloch Verlag, Augsburg 1994, ISBN 3-629-00637-x

Staatlich

Juristisch

  • Diringer, Arnd: Scientology – Verbotsmöglichkeit einer verfassungsfeindlichen Bekenntnisgemeinschaft, Schriften zum Staatskirchenrecht Band 9, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-631-39806-9
  • Raik, Werner: Scientology im Spiegel des Rechts. Strukturen einer Subkulturellen Ordnung zwischen Konformität und Konflikt mit den staatlichen Normen. In: Neue kriminologische Studien. Band 24. Wilhelm-Fink-Verlag, München 2002, ISBN 3-7705-3781-5

Soziologisch

  • Gerald Willms: Scientology. Kulturbeobachtungen jenseits der Devianz. transcript verlag, Bielefeld 2005, ISBN 3-89942-330-5 (PDF)

Politologisch

Christlich-theologisch

Pädagogisch

  • Gollnick, Rüdiger: Studien zur Ethik und Pädagogik der Scientology, Academia Verlag, 1998, ISBN 3-89665-066-1
Commons: Scientology – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Willms, Gerald. 2005. Scientology: Kulturbeobachtungen jenseits der Devianz. Bielefeld: transcript, S. 25–40, S. 190f.
    Grünschloss, Andreas. 2007. „Scientology“, Religion in Geschichte und Gegenwart, 5. Auflage, Tübingen: Siebeck & Mohr.
    Beckford, James A. (1985): Cult Controversies: The Societal Response to New Religious Movements. London, England: Tavistock, S.58.
    Wilson, Bryan R. 1970. Religiöse Sekten, München, S. 166–169.
    Bainbridge, William S. 1987. Science and Religion: The Case of Scientology, S. 59–79 in David G. Bromley und Philip E. Hammond. 1987: The Future of New Religious Movements, Macon, GA: University of Georgia Press 1987.
    Flinn, Frank. K. 1987. Scientology as Technological Buddhism, S. 89–110 in Joseph H. Fichter (Hrsg.): Alternatives to American Mainline Churches, New York.
    Keltsch, Jürgen: Was ist Scientology: Die Fabrikation der Mensch-Maschine im kybernetischen Lernlabor. München: Bayerisches Staatsministerium des Innern, S. 17, 33.
    Locke, Simon 2004. „Charisma and the Iron Cage: Rationalization, Science and Scientology“, Social Compass 51(1): 111–131.
    Weiss, Jeffrey: „Scientology: What it is and isn't“, The Dallas Morning News, 3. Juli 2005, (reprinted in the Seattle Times).
    Rhoads, Paul: „38's Crucible“, Cosmopolis 59: 4–18, S. 10.
  2. Was ist Scientology?, scientology.org
  3. Beckford, James A. (1985): Cult Controversies: The Societal Response to New Religious Movements. London, England: Tavistock, S.51f.
  4. a b Willms, Gerald. 2005. Scientology: Kulturbeobachtungen jenseits der Devianz. Bielefeld: transcript, S. 74.
  5. Willms, Gerald. 2005. Scientology: Kulturbeobachtungen jenseits der Devianz. Bielefeld: transcript, S. 75.
  6. a b Beckford, James A. (1985): Cult Controversies: The Societal Response to New Religious Movements. London, England: Tavistock, S.59.
  7. Willms, Gerald. 2005. Scientology: Kulturbeobachtungen jenseits der Devianz. Bielefeld: transcript, S. 90.
  8. Linn, Virginia: „Scientology comes to town“, The Pittsburgh Post-Gazette, 24. Juli 2005.
  9. Willms, Gerald. 2005. Scientology: Kulturbeobachtungen jenseits der Devianz. Bielefeld: transcript, S. 91.
  10. Ahlstrom, Syndney E. (1972): A Religious History of the American People. New Haven, CT: Yale University Press, S. 955.
  11. Lachman, Seymour P. & Barry Alexander (1993): One Nation Under God: Religion in Contemporary American Society. New York, NY: Harmony Books, S. 16.
  12. Lewis, James R. (2004): New Religion Adherents: An Overview of Anglophone Census and Survey Data, Marburg Journal of Religion 9 (1): 14.
  13. REMID: „Religionen in Deutschland: Mitgliederzahlen, <http://www.remid.de/remid_info_zahlen.htm>, letzter Zugriff: 27. Juni 2007.“
  14. Hering, Lars: „Scientology darf weiter beobachtet werden“, Kölnische Rundschau, 12. November 2004.
  15. Harper, Charles L. (1982): „Cults and Communities: The Community Interfaces of Three Marginal Religious Movements“, Journal for the Scientific Study of Religion 21 (1): 26-38, S. 30.
  16. Willms, Gerald. 2005. Scientology: Kulturbeobachtungen jenseits der Devianz. Bielefeld: transcript, S. 159.
  17. Seite 86, 96-101, Arbeitsgruppe Scientology der Hansestadt Hamburg
  18. Eine Beschreibung des Auditings, „Was ist Scientology?“
  19. OVG Münster, Az: 5 B 993/95, vom 31. Mai 1996
  20. „Dianetik“, letzte Seite vom Kapitel 15: „Der Schutzmechanismus des Geistes“
  21. Anderson Report, Chapter 18: „Scientology and hypnosis“
  22. "The cornerstones", St. Petersburg Times online, 28. Oktober 1998, letzter Zugriff: 22. April 2007.
  23. Seite 4,19 Arbeitsgruppe Scientology der Hansestadt Hamburg
  24. a b Willms, Gerald. 2005. Scientology: Kulturbeobachtungen jenseits der Devianz. Bielefeld: transcript, S. 255.
  25. Harper, Charles L. & Bryan F. Le Beau (1993): „The Social Adaptation of Marginal Religious Movements in America“, Sociology of Religion 54 (2): 171-192, S. 187
  26. Richardson, James T. & Barend van Driel (1990): „Journalists' Attitudes toward New Religious Movements“, Review of Religious Research, 39 (2): 116-136, S. 123f.
  27. Seiwert, Hubert (2003): „Freedom and Control in the Unified Germany: Governmental Approaches to Alternative Religions Since 1989, Sociology of Religion 64 (3): 367-375, S. 369.“
  28. Hexham, Irving & Karla Poewe (1999): „"Verfassungsfeindlich": Church, State, And New Religions In Germany“, Nova Religio, 2(2): 208-227, S. 212.
  29. Keltsch, Jürgen (1994): „Reichen die Gesetze aus, um den Konsumenten auf dem Psychomarkt zu schützen?“, S. 15-21 in: Scientology - In den Fängen eines totalitären Psychokonzern, Stuttgart: SPD-Landtagsfraktion Baden Württemberg, S. 16.
  30. a b Bruce, Steve 1998. "Cathedrals to cults: the evolving forms of the religious life", in Paul Heelas (Hrsg.): Religion, Modernity, and Postmodernity, Oxford: Blackwell, S. 19-35, 23.
  31. Stadt Hamburg AG Sct. (PDF),3. Auflage 1998
  32. Bewerbungsbogen des Bayr. Justizminister (PDF), 29. Oktober 1996
  33. N.N.: „Grüne trennen sich von Franz Rampelmann“, die tageszeitung 30.9.2006, S. 1.
  34. Caberta, Ursula. 1997. „Eine Bedrohung nimmt Gestalt an — der lange Kampf gegen Scientology“, in: Der Insider-Report über die unheimliche Macht des L. Ron Hubbard, herausgegeben von Ursula Caberta und Günther Träger, Düsseldorf: Econ, S. 157-270, S. 253.