Berengar von Tours
Berengar von Tours (* Anfang des 11. Jahrhunderts in Tours; † 6. Januar 1088 auf St. Cosmas bei Tours) war ein Dialektiker der Vorscholastik
Er war ein Schüler des Bischofs Fulbert in Chartres, wurde um 1030 Kanonikus von St. Martin in Tours, später Leiter der Domschule. Seit 1040 war er zugleich Archidiakonus am Dom zu Angers.
Er wandte die dialektische Methode auf die traditionalistische Theologie an und geriet damit in Widerspruch zur vorherrschenden Abendmahlslehre. Entsprechend der Wandlungslehre (später auch Transsubstantiation), die auf dem 4. Laterankonzil 1215 zum Dogma erhoben wurde, werden beim kirchlichen Abendmahl Brot und Wein ihrer Substanz nach in Leib und Blut Christi verwandelt. Nach Berengar steht diese Lehre im Widerspruch zur Vernunft, zur älteren Kirchenlehre und auch zur Heiligen Schrift. Berengar vertrat die symbolisch-spiritualistische Abendmahlslehre nach Augustinus, derentsprechend Brot und Wein der Substanz nach bleiben, was sie waren und nur die geistige Bedeutung hinzuträte. Mehrfach wurde Berengar durch verschiedene Synoden der Irrlehre bezichtigt und zur Rücknahme seiner Ansichten gezwungen, die er jedoch ebenso oft widerrief. Im Verlaufe dieses zweiten Abendmahlsstreits verfasste er die Abhandlung »De sacra coena« , in der er seine Abendmahlslehre ausführlich darlegte. Nach darauf folgenden weiteren Demütigungen gab Berengar den Streit schließlich auf, ohne jedoch seine von der traditionellen Abendmahlslehre abweichenden Anschauungen aufzugeben.