Magnus Gäfgen
Magnus Gäfgen (* 11. April 1975 in Frankfurt am Main) wurde 2002 als Entführer und Mörder des elfjährigen Bankierssohns Jakob von Metzler bekannt. Er verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe.
Leben
Gäfgen stammt aus einfachen Verhältnissen, wuchs in Frankfurt auf und engagierte sich dort in einer katholischen Kirchengemeinde. Er legte 1995 das Abitur ab. Anschließend absolvierte er in der Altenpflege seinen Zivildienst. 1996 nahm er an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main ein Studium der Rechtswissenschaft auf.
Am 27. September 2002 lockte er den elfjährigen Bankierssohn Jakob von Metzler unter einem Vorwand in seine Wohnung und tötete ihn dort. Später versteckte Gäfgen die Leiche in der Nähe des osthessischen Birstein. Zuvor hatte er den Eltern des Jungen ein Erpresserschreiben mit einer Lösegeldforderung zukommen lassen.[1]
Gäfgen wurde nach der Übergabe des Lösegeldes beobachtet. Als er auch über Stunden sein – von der Polizei als noch lebend vermutetes – Opfer nicht aufsuchte, sondern stattdessen einen Urlaub buchte, wurde er festgenommen. Nachdem Gäfgen die Erpressung im polizeilichen Verhör fortsetzte und den Verbleib und Zustand seines Opfers verschleierte, wobei er wiederholt unbescholtene Bekannte als Mittäter denunzierte, ordnete der damalige Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner an, durch massive Gewaltandrohungen die aus seiner Sicht mutmaßlich lebensrettende Aussage zu erzwingen. Gäfgen sagte daraufhin aus, so dass die Polizei die Leiche des Entführungsopfers finden konnte. Für dieses Verhalten musste sich Daschner später selbst strafrechtlich verantworten (siehe: Daschner-Prozess).[1]
Am 28. Juli 2003 wurde Gäfgen wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt,[2] wobei die besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde, was eine Strafrestaussetzung zur Bewährung gemäß Vorlage:Zitat de § StGB nach bereits 15 Jahren verhindert. Die Verurteilung beruhte insbesondere auf seinem Geständnis in der Hauptverhandlung. Seine Revision vor dem Bundesgerichtshof wurde verworfen,[3] seine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht hatte keinen Erfolg.[4]
Im Juni 2005 legte Gäfgen Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein, um die Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen. Nach Meinung Gäfgens soll die Behinderung der zunächst geplanten Verteidigungs-Strategie unzureichend berücksichtigt worden sein. Am 10. April 2007 wurde die Beschwerde vom Gericht zur Entscheidung angenommen.[5] Damit kann Gäfgen auf eine Wiederaufnahme seines Verfahrens hoffen, auch ein Freispruch ist nach Expertenmeinung möglich.[6]
Gäfgen verbüßt seine Haftstrafe in der nordhessischen Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt.
In der Haft legte Gäfgen das Erste juristische Staatsexamen ab. 2005 veröffentlichte er das Buch Allein mit Gott – Der Weg zurück, das er als „Versuch der Auseinandersetzung, des Verstehens und des Bewältigens“ bezeichnete.
Im Dezember 2005 machte Gäfgen gegen das Bundesland Hessen Staatshaftungsansprüche in Höhe von 10.000 € aufgrund der Ereignisse, die zur rechtskräftigen Verurteilung der beteiligten Polizeibeamten führten, geltend. Er trug vor, dass ihn das gesamte Geschehen so schwer traumatisiert habe, dass er noch heute unter schweren psychischen Folgen wie Angstphobien, Schlafstörungen und Albträumen leide und psychologischer Behandlung bedürfe. Der von Gäfgen gestellte Antrag auf Prozesskostenhilfe wurde am 28. August 2006 abgewiesen.[7] Das Landgericht Frankfurt am Main begründete dies damit, dass die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe: Gäfgen habe keinen Anspruch auf Schadenersatz gegen das Land Hessen aus Amtspflichtverletzung. Sowohl das Gericht in seinem eigenen Strafverfahren wie auch das im Strafverfahren gegen Daschner hätten die Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Polizei festgestellt. Dadurch habe er bereits einen hinreichenden Ausgleich auf andere Weise als durch eine Geldentschädigung erlangt. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass die behaupteten psychischen Folgen nicht auf die Folterdrohungen, sondern auf die durch seine Tat selbst verursachte Gesamtsituation zurückzuführen sind.
Eine von Gäfgen geplante Stiftung zur Unterstützung von Kindern, die Opfer einer Straftat wurden, wurde von der zuständigen Aufsichtsbehörde im August 2006 abgelehnt, da die Stiftungsgründung gegen „das Anstandsdenken aller gerecht denkenden Menschen“[8][9] und damit gegen die guten Sitten verstoße. Anfang 2007 ließ die Behörde nach einer Vorabprüfung eingereichter Unterlagen, denen zufolge Gäfgen nicht Namensgeber sein wird, die Satzung keinen Bezug auf ihn nimmt und er die Stiftung nicht nach außen vertreten soll, verlauten, dass gegen diese Stiftung keine rechtlichen Bedenken bestünden.[10][11][12] Allerdings hat der zuständige rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch mittlerweile klargestellt, dass die Stiftung nicht genehmigt werde, „wenn die Person Gäfgen irgendeine Rolle dabei spielen“ sollte. Der Spiegel zitiert in seiner Print-Ausgabe Bruch mit den Worten: „Ein Engagement Gäfgens verstößt eindeutig gegen die guten Sitten, und eine solche Stiftung akzeptieren wir niemals. Notfalls müssen sie uns vor das Verwaltungsgericht ziehen.“[13]
Im September 2006 hat Gäfgen Verbraucherinsolvenz angemeldet.
Schriften
- Allein mit Gott – Der Weg zurück. Bendorf: Atlantic-Millenium-Press, 2005. ISBN 3-00-017114-2
Quellen
- ↑ a b Presseinformation LG Frankfurt: Schriftliche Urteilsgründe in der Strafsache gegen Wolfgang Daschner, 15. Februar 2005 (PDF-Datei 196kB)
- ↑ LG Frankfurt am Main, Urteil vom 28. Juli 2003 – 5/22 Ks 2/03 3490 Js 230118/02
- ↑ Pressemitteilung BGH: Urteil gegen Magnus Gäfgen im Entführungsfall Jakob von Metzler rechtskräftig vgl. BGH 2 StR 35/04 – Beschluss vom 21. Mai 2004
- ↑ Pressemitteilung BVerfG: Verfassungsbeschwerde von Magnus Gaefgen erfolglos, vgl. BVerfG 2 BvR 1249/04 – Beschluss vom 14. Dezember 2004 (2. Kammer des Zweiten Senats)
- ↑ EGMR Nr. 22978/05, Zulässigkeitsentscheidung vom 10. April 2007
- ↑ Focus online: Magnus Gäfgen kann auf neues Verfahren hoffen, 22. April 2007
- ↑ LG Frankfurt/Main, 2-04 O 521/05, Beschluss vom 28. August 2006
- ↑ Pressemitteilung des Weißen Rings: Aus Opfersicht nicht nachvollziehbar / Weißer Ring kritisiert zynisches Hick-Hack um Gäfgen-Stiftung, 2. Januar 2007
- ↑ WELT online: Kindesmörder darf Stiftung gründen, 3. Januar 2007
- ↑ Pressemitteilung der ADD Trier: „Magnus-Gäfgen-Stiftung“ durch ADD nicht anerkannt, 2. Januar 2007
- ↑ spiegel.de: Behörde verbietet Gäfgen-Stiftung, 22. August 2006
- ↑ spiegel.de: Kindermörder Gäfgen darf Stiftung gründen, 1. Januar 2007
- ↑ Der Spiegel Nr. 2/2007, 8. Januar 2007, S. 15
Literatur
- Adrienne Lochte: Sie werden dich nicht finden. Der Fall Jakob von Metzler. Droemer/Knaur 2004, ISBN 3426273454
Siehe auch
Personendaten | |
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NAME | Gäfgen, Magnus |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Entführer und Kindermörder |
GEBURTSDATUM | 11. April 1975 |
GEBURTSORT | Frankfurt am Main |