Charta 77
Charta 77 bezeichnet sowohl eine im Januar 1977 veröffentlichte Petition gegen die Menschenrechtsverletzungen des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei als auch die mit ihr verbundene Bürgerrechtsbewegung, die in den 70er und 80er Jahren zum Zentrum der Opposition wurde.
1976 schlossen sich einige Künstler und Intellektuelle — unter ihnen etwa Václav Havel, Jiří Hájek und Jiří Dienstbier — zusammen, um auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen, die mit zwei 1975 von Parteisekretär Gustav Husak in Helsinki unterzeichneten Abkommen im Widerspruch standen. Unmittelbarer Auslöser waren die Repressionen des Regimes gegenüber der Gruppe Plastic People of the Universe.
Zunächst konnte man 242 Unterschriften sammeln, später kamen trotz Repressalien noch etliche dazu.
Einige der Unterzeichner der Charta wurden ausgebürgert. Andere haben aus Angst vor Repression ihre Heimat verlassen. Insgesamt sind ca. 200 ausgewandert, vor allem nach Österreich, wo ihnen damals umstandslos politisches Asyl gewährt wurde. Von dort sind die meisten von ihnen weiter in die USA, nach Kanada und nach Australien emigriert.
Ziel der Bewegung, die von drei jährlich gewählten Sprechern nach außen repräsentiert wurde, war der Dialog mit Vertretern von Politik und Staat. Sie äußerte sich zu verschiedenen gesellschaftlichen Problemen (Diskriminierung im Beruf, Reisefreiheit, Umweltfragen, Rechte der Gläubigen etc.) und forderte mehrmals Amnnestie für politische Gefangene. Sie machte auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam, dokumentierte sie und bot Lösungsvorschläge an. Eines der wichtigen Anliegen war ferner die Vervielfältigung verbotener Bücher oder Texte (Samizdat): z.B. Übersetzungen von Autoren wie Orwell, Köstler, Werke sämtlicher emigrierter oder totgeschwiegener tschechischen und slowakischen Schriftsteller u.a.
1978 begann eine unabhängige Gruppe von Unterzeichnern mit der Herausgabe der Zeitschrift Informationen über die Charta 77.
1992 beendete die Charta 77 ihre Tätigkeit.