Fahrlässigkeit (Deutschland)
Der Begriff der Fahrlässigkeit versteht sich umgangssprachlich als gehobene Form für Tolpatschigkeit; ein Missgeschick oder ein Versehen.
Rechtswissenschaften
Erhebliche Bedeutung kommt der Fahrlässigkeit (lat. luxuria) in der Rechtslehre zu. Sowohl das Bürgerliche Recht als auch das Strafrecht verwenden den Begriff. Die Unterschiede sind bedeutend.
a) Zivilrecht
Das Zivilrecht benutzt den Begriff der Fahrlässigkeit beim Verschulden. Es geht daher um die Haftung bzw. den Haftungsmaßstab. Nach § 276 Abs. 1 Satz 2 ist Fahrlässigkeit das außer Acht lassen "... der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt...". Die Fahrlässigkeit grenzt sich vom Vorsatz insoweit ab, als dass der Handelnde den Erfolg nicht gewollt haben muss. Damit Fahrlässigkeit überhaupt vorliegen kann, bedarf es der Vermeidbarkeit und der Voraussehbarkeit des rechts- bzw. pflichtwidrigen Erfolgs. Das Zivilrecht unterscheidet zwei Arten der Fahrlässigkeit:
- Die bewusste Fahrlässigkeit, wobei der Handelnde mit dem möglichen Eintritt rechnet, aber fahrlässig darauf vertraut, dass der Schaden nicht eintritt. Der Handelnde darf den Erfolg aber nicht billigend in Kauf genommen haben (sonst liegt Eventualvorsatz vor).
- Die unbewusste Fahrlässigkeit, wobei der Handelnde den Erfolg nicht voraussieht, aber ihn doch bei angemessener Sorgfalt hätte voraussehen und verhindern können.
Die Grade der Fahrlässigkeit sind die grobe Fahrlässigkeit, wenn die erforderliche Sorgfalt im besonderen Maße nicht beachtet wurde, und die einfache Fahrlässigkeit.
Sonderfall: Das Arbeitsrecht teilt die einfache Fahrlässigkeit in mittlere Fahrlässigkeit und leichteste Fahrlässigkeit.
c) Strafrecht
Das Strafrecht sieht eine Strafbarkeit für fahrlässiges Handeln nach § 15 StGB nur vor, wenn dies ausdrücklich mit Strafe bedroht wird.
Das Strafrecht übernimmt die Einteilung und Definition der unbewussten und bewussten Fahrlässigkeit vom Zivilrecht; essentielle Bestandteile der Fahrlässigkeitsprüfung im Rechtsgutachten sind daher die Pflichtwidrigkeit, die Vorhersehbarkeit der Tatbestandsverwirklichung und die objektive Zurechnung.
Sonderprobleme und -fälle: Die Leichtfertigkeit (Merkmal mehrerer erfolgsqualifizierter Delikte) entspricht in etwa dem Begriff der groben Fahrlässigkeit. Die leichte Fahrlässigkeit ist immer wieder in der Diskussion über eine Entkriminalisierung; dies ist jedoch rechtssystematisch kaum adäquat lösbar.