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Mary Coughlan

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Hinweis: Den Namen Mary Coughlan gibt es in Irland häufiger, unter anderem die nationale Familien- bzw Landwirtschaftsministerin heißt genauso (1)


Mary Coughlan (* 1956 im irischen Galway) ist eine irische Jazz-Sängerin und Schauspielerin. Sie wird häufig vom Leben und von der Intensität der Stimme her mit Billie Holiday verglichen, der sie 2000 nicht nur eine CD sondern eine selbstgeschriebene, in Dublin und London erfolgreiche Multimedia-Show widmete.

Leben

Als Jugendliche verließ die Älteste von fünf Geschwistern die Klosterschule vorzeitig im Zorn. Depressionen und ein Suizidversuch folgten im zarten Alter von 17 Jahren. Sie verdiente sich den Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs. Als 18-jährige ging sie 1974 weit fort, nach England. Mit 20 folgte das erste Kind. In den nächsten 6 Jahren bekam sie noch zwei weitere Kinder und verließ 1981 ihren Ehemann, um in ihre irische Heimatregion zurückzukehren. Dort traf sie auf den durch die virtuose Folk-Gruppe Flairck bekannten niederländischen Musiker und Produzenten Erik Visser und wurde als Sängerin entdeckt. Ihr 1985er Debütalbum TIRED AND EMOTIONAL verkaufte in kurzer Zeit 100.000 Exemplare.

Mit dem Haifischbecken Musikbusiness, das in Vertragsdingen unerfahrene Musiker gnadenlos bluten lässt, kam sie trotz des von Anfang an beachtlichen Erfolgs nicht zurecht. Sie flüchtete sich in Alkoholexzesse, die ihr annähernd 30 Klinikaufenthalte einbrachten, den Verlust ihres Hauses und ihres Plattenvertrags. Erst 1993 fing sie sich wieder, absolvierte eine Entziehungskur und ging eine neue Partnerschaft ein, der zwei weitere Kinder entsprossen. Das 1997 erschienene Album AFTER THE FALL war der Beginn eines wirklichen Comebacks als Musikerin.

Für den Beginn des 21. Jahrhunderts nahm sich Mary Coughlan ein Großprojekt von Musiktheater vor, mit dem sie sich einen lange gehegten persönlichen Traum erfüllte. Mit dem Show-Programm "The Lady Sings The Blues" erarbeitete sie sich eine Hommage an die große Billie Holiday und brachte diese als multimediales Musiktheater in Dublin und London auf die Bühne. Sie ließ sich dafür extra Kleider in der Art der 1940er Jahre schneidern. Wenn dann alles schief ginge, sagte sie mit viel trockenem Humor, könne sich das Publikum zumindest noch an die Kleider erinnern. Sie feierte einen rauschenden Bühnen-Erfolg.

Ihr vorläufig letztes Album RED BLUES von 2002 erschien auf dem deutschen Plattenlabel "Tradition und Moderne" in Bremen. Dort hatte Mary Coughlan und ihre Band zuvor am renommierten Women in (E)motion-Festival teilgenommen. Da die Musiker eh gerade am Ort waren und Zeit hatten, spielte man in nur vier Tagen ad hoc ein qualitativ dennoch bemerkenswertes Album ein. "Red Blues" entstand unter Beteiligung von Peter O'Brian (Piano), Frank Mead (Saxophon), Bill Rich (Bass) und Kester Smith (Drums) und des Gitarren-Trios "Tri Continental". Randy Newmans "You can leave your hat on", den meisten nur in der Cover-Version von Joe Cocker bekannt, wurde von Mary Coughlan vollkommen rearrangiert, das Tempo verlangsamt und in der Lautstärke gedämpft, was dem Titel eine sehr dichte und intime Atmosphäre verlieh. Billie Holidays Klassiker-Stück "Strange Fruit" in einer A Capella-Version, weil das (Zitat) "einfach kraftvoller" klingt, ist ebenfalls hervorzuheben. Ihre Wahl fiel nicht zufällig auf diesen Titel, denn es hat (Original-Zitat 2002) "einen ernsten Hintergrund. Wir haben in Dublin in letzter Zeit - so in den letzten fünf Jahren - schwere Probleme mit dem Rassismus. Ausländer werden belästigt, zusammengeschlagen, ermordet. Ich habe mich in dieser Richtung engagiert und aus diesem Grunde das Stück wieder aufgegriffen." In dem Jazz-Klassiker aus den USA ging es um Lynchjustiz, die namensgebenden "Strange Fruit" waren im Winde baumelnde Gehenkte.

Auf die Frage nach ihren beruflichen Zukunftsplänen gab Mary Coughlan zuletzt an, sie wolle am liebsten mit dem Bono-Freund Gavin Friday ein neues Album produzieren, das im Musikstil (Zitat) "in Richtung Vaudeville" gehen solle.

Musik

Die Journalisten und Vermarkter tun sich schwer, Mary Coughlan in eine eindeutige Musiksparte einzuordnen. Da ist die Rede von Blues oder Rhythm and Blues - weil sie so emotional singt und ihr letztes Album Blues im Namen führt? Oder ist es Pop, weil z.B. Grace Jones Disco-Hit "Pull up to the bumper" von ihr gecovert wird? Oder ist es Soul, in der Traditionslinie Northern Soul, weil Liebe, Identität und Ego-Probleme Themen für sie sind? Auch als irisches Chanson könnte man sie einordnen, weil sie z.B. Songs von Randy Newman covert und z.B. auf AFTER THE FALL von den begabtesten Songschreibern Irlands mit eigens für sie neu geschaffenen Stücken beliefert wurde. Da sie längst auch selber eigene Songs schreibt, fällt sie zudem in die angloamerikanische Sektion "Singer-Songwriter". "Magdalen Laundry" von 1996 fällt da ein, welches die sozialen Umstände in einer Großwäscherei anprangert. Und gemeinsam mit der irischen Folk-Legende Christy Moore kämpft die einst vom Folk-Produzenten Erik Visser endeckte Sängerin gegen die Aufarbeitungs-Anlage für atomaren Müll im nordenglischen Sellafield an der Irischen See, glaubt, dass Musiker mehr Wirkung erzeugen als die irischen Politiker.

Schaut man sich das Instrumentarium ihrer Begleitmusiker auf ihren Albem und Tournee-Auftritten genauer an, findet man zumeist neben Drums, Gitarren und Bass ein Piano und Saxophon oder andere Bläser, also eine gediegene kleine Jazz-Formation. Als Minimal-Besetzung, nämlich 1996 auf LIVE IN GALWAY dienten Gitarre und Piano als musikalischer Background. Daher kann man sie mit Fug und Recht am ehesten als Jazz-Sängerin bezeichnen. Solange sie international keine Chartserfolge erzielt wie etwa Sinnead O'Connor, wird diese spartensprengende Sängerin mit der enormen Intensität und dem warmen Timbre der Stimme in deutschen Landen trotz ihrer über 10 Alben wohl ein Geheimtipp unter Kennern bleiben.

Diskographie

  • 04/2002 "Red Blues"
  • 04/2001 "Long Honeymoon"
  • 09/2000 "Mary Coughlan Sings Billie Holiday (live)"
  • 03/1997 "After The Fall"
  • 09/1996 "Live In Galway"
  • 07/1995 "Love For Sale"
  • 1994 "Best of"
  • 06/1992 "Sentimental Killer"
  • 03/1990 "Uncertain Pleasures"
  • 1987 "Under The Influence"
  • 1986 "Ancient Rain" (Mini-LP)
  • 1985 "Tired And Emotional"


siehe auch: Überlebenskunst, Billie Holiday, Madeleine Peyroux, Cassandra Wilson, Sinnead O'Connor, Janis Joplin, Edith Piaf