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Justin II.

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Solidus Justins II.

Justin II. (* 520; † 5. Oktober 578) war vom 14. November 565 bis zum 5. Oktober 578 oströmischer Kaiser.

Leben

Justins Eltern waren Dulcidius und Vigilantia, die Schwester Kaiser Justinians I. Dank seiner Stellung bei Hofe und der seiner Frau Sophia, die eine Nichte der Kaisergattin Theodora war, kam er auf recht reibungslose Weise zum Kaisertitel, obwohl er von Justinian nicht durch die Erhebung zum Mitkaiser als Nachfolger designiert worden war. Allerdings wurde ein anderer Kandidat, der ebenfalls den Namen Justin trug und auch gleichfalls ein Neffe Justinians war, kurz darauf beseitigt.

Die ersten Tage der Herrschaft Justins II. waren durchaus vielversprechend: Er zahlte die Schulden seines Onkels ab, kümmerte sich persönlich um die Gerichtsbarkeit und rief zu religiöser Toleranz auf. Er vernachlässigte auch den Westen nicht, sondern war bemüht, die dortigen Gebiete zu halten. Jedoch blieb wegen einer gesetzlosen Aristokratie und aufsässiger Provinzstatthalter seine Reformbemühungen weitgehend wirkungslos. Im Inneren bereitete auch bald seine anti-monophysitische Religionspolitik Schwierigkeiten.

Ein einschneidendes Ereignis in seiner Regierungszeit war die Invasion Italiens durch die Langobarden im Jahr 568 unter ihrem König Alboin. Ursache war die Vernichtung des Reiches der Gepiden durch die Langobarden und Awaren. Da die Langobarden nicht in der Nachbarschaft der damals als unbesiegbar geltenden Awaren leben wollten, flohen sie nach Italien. Die germanischen Langobarden eroberten in wenigen Jahren große Teile des Landes und machten damit das Restaurationswerk Justinians I. fast zunichte. Ihr Einfall gilt allgemein als der letzte Zug der Völkerwanderung und als einer der möglichen Endpunkte der Antike. Justin konnte den Invasoren im Westen wenig entgegensetzen, da seine Aufmerksamkeit auch dem Norden und dem Osten des Reiches gelten musste: An der Donau ließ er mehrere erfolglose Feldzüge gegen die Awaren durchführen, während im Osten im Jahr 572 der Krieg gegen die Sassaniden, die zuletzt 562 mit Ostrom eine Frieden geschlossen hatten, wieder ausbrach (siehe auch Römisch-Persische Kriege).

Anlass waren nicht gelöste Streitigkeiten in der Kaukasusregion, zudem kam es immer wieder zu Übergriffen der mit den Persern verbündeten Araber vom Stamm der Lachmiden. Spätantike Autoren werfen Justin vor, den Krieg leichtfertig provoziert zu haben, indem er eine Rebellion im persisch kontrollierten Teil Armeniens (Persarmenien) unterstützte, dennoch gab es wohl auch Unzufriedenheit über den von Justinian mit Tributen erkauften Frieden von 562. Auch wenn beide Seiten ähnlich schlecht auf den Kampf vorbereitet waren, erzielten die Perser unter Chosrau I. bedeutende Erfolge.

Die Truppen der Sassaniden überrannten Mesopotamien und eroberten im Jahr 573 die wichtige Festung Dara. Auch ein mit den Türken geschlossenes Bündnis, die den Persern in den Rücken fallen sollten, brachte nicht das gewünschte Ergebnis, im Gegenteil, bald wandten sich auch die Türken gegen Ostrom. Die schlechten Nachrichten scheinen Justins geistige Gesundheit angegriffen zu haben. Dennoch erzielten auch die Römer einige Erfolge: Justins Feldherr Justinian, der Bruder des vom Kaiser beseitigten Thronprätendeten Justin, konnte 575 die Perser in der Schlacht bei Melitene vernichtend schlagen. Es war eine der bis dahin schwersten persischen Niederlagen gegen die Römer, und König Chosrau I. konnte nur mit Mühe entkommen. Dennoch erwies sich der Erfolg als nicht kriegsentscheidend; die Perser erholten sich rasch von der Niederlage. Justin sah schließlich gezwungen, einen unsicheren Waffenstillstand durch jährliche Zahlungen zu erkaufen. Dieser galt nur für Mesopotamien; Armenien war von seinen Bestimmungen ausgeklammert, und die Waffenruhe hielt auch nicht lange. Bereits 578 flammten die Kämpfe wieder auf.

Seit 574 zeigte Justin Anzeichen einer Geisteskrankheit. Auf Anraten seiner Gattin Sophia erhob Justin am 7. Dezember 574 den erfolgreichen General Tiberios zu seinem Mitkaiser. Dieser führte von nun an praktisch alle Regierungsgeschäfte. Als Justin, der in der modernen Forschung überwiegend negativ beurteilt wird (im Gegensatz zu manchen Aussagen in den Quellen), 578 starb, wurde Tiberios ohne Schwierigkeiten sein Nachfolger.

Bewertung

Justin II. scheint ein eher mäßiger Kaiser gewesen zu sein. Einer umsichtigen Finanzpolitik steht eine desaströse Aussenpolitik gegenüber. Indem er das Gleichgewicht der Kräfte zwischen Gepiden, Langobarden und Awaren nicht erhielt, löste er den Langobardeneinfall nach Italien und die Etablierung eines awarischen Grossreiches aus. Sein aggressives Auftreten gegenüber den Persern wiederum verwickelte Ostrom in einen langjährigen Krieg, der die meisten Truppen zu einem Zeitpunkt band, als sie auf dem Balkan zur Abwehr der Slawen dringend benötigt wurden. Der Einsatz der Awaren gegen die Slawen wiederum hatte weitere awarische Plünderungsgelüste zur Folge. Erst Maurikios, der zu Zeiten von Justin II. noch Delegationsführer bei Waffenstillstandsverhandlungen und später als Nachfolger von Justinian Feldherr wurde, konnte die von Justin II. verursachten Krisen meistern.

Literatur

Quellen

Wichtige Quellen sind Corippus (panegyrisch), Euagrios Scholastikos (Buch 5 seiner Kirchengeschichte; Justin II. gegenüber eher negativ eingestellt), Theophylaktos Simokates und Theophanes.

Sekundärliteratur

Commons: Justin II – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien


VorgängerAmtNachfolger
Justinian I.Kaiser von Byzanz
565578
Tiberios I.