Hermann Ehrhardt
Hermann Ehrhardt (* 29. November 1881 in Diersburg, heute ein Ortsteil von Hohberg; † 27. September 1971 in Krems an der Donau) war ein deutschnationaler Militär- und Freikorpsführer.
Leben
Ehrhardt war Sohn eines Pfarrers und gehörte seit seiner Jugend deutschnational ausgerichteten Kreisen an. Wegen einer Tätlichkeit wurde er als Primaner des Gymnasiums verwiesen und schlug eine Laufbahn in der Kaiserlichen Marine ein. Von 1905 bis 1906 nahm er als Oberleutnant an der Niederschlagung des Aufstandes der Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika teil.
Im Ersten Weltkrieg kommandierte er als Kapitänleutnant eine Zerstörereinheit im Bereich der Nordsee und Ostsee. Bei der Skagerrakschlacht erlangte Ehrhardt Bekanntheit wegen seines geschickten und energischen Handelns. Nach Kriegsende musste er 1918 die von ihm befehligten Schiffe an Großbritannien übergeben. In Wilhelmshaven sammelte Ehrhardt etwa 300 Marineoffiziere zur Niederschlagung der Räterepubliken; aus dieser Truppe ging die Marine-Brigade Ehrhardt hervor.
Ehrhardt, der bekennender Alldeutscher war, wurde durch seine unmenschliche Brutalität einer der bekanntesten deutschen Freikorps-Führer.
1919 trat er mit seiner Brigade der "Schwarzen Reichswehr" bei. Im selben Jahr kam die Brigade während der Unruhen in Oberschlesien an der Reichsgrenze mit Polen bei Kattowitz zum Einsatz.
Die Brigade Ehrhardt tat sich ebenso als "Notpolizei" bei der Niederschlagung der Münchner Räterepublik und kommunistischer Aufstände in Mitteldeutschland hervor. Hermann Ehrhardt trat in München der militärischen Geheimorganisation "Eiserne Faust" bei. Dort lernte er unter anderem Ernst Röhm und durch diesen auch Adolf Hitler kennen. Röhm hatte zuvor die "Turn- und Sportabteilung der DAP" gegründet, die aber als "Saalschutz" eingesetzt wurde. Röhm und Hitler holten nun die "Brigade Ehrhardt" in die Deutsche Arbeiterpartei (DAP) - die sich am 24. Februar 1920 in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) umbenannte - um die Sportabteilung nun militärisch ausbilden zu lassen. Einer der bekannteren Ausbilder der Sportabteilung war Julius Schreck, der spätere Leibwächter Hitlers.
Als der Reichswehrminister Gustav Noske am 29. Februar 1920 die auf 6.000 Mann angewachsene Brigade Ehrhardt sowie das Freikorps Loewenfeld auflöste, war dies ein Anlass für den Lüttwitz-Kapp-Putsch. In der Nacht vom 12. auf den 13. März 1920 marschierten meuternde Brigademitglieder unter dem Kommando des kurz zuvor abgesetzten Generals Walther von Lüttwitz mit ihren Truppen nach Berlin und besetzten das Regierungsviertel.
Nach dem Scheitern des Putsches unterstellte sich die Brigade Ehrhardt dem Kommando der Reichswehr unter Generaloberst Hans von Seeckt und wurde zur Bekämpfung kommunistischer Unruhen im Ruhrgebiet eingesetzt. Am 12. Mai 1920 wurden Teile der Brigade als Schiffsstammdivision Nordsee in die Reichsmarine eingegliedert. Einem Haftbefehl wegen seiner Beteiligung am Kapp-Putsch entzog sich Ehrhardt durch Flucht nach München.
Dort bildete er 1920 aus den Offizieren der Brigade Ehrhardt die Organisation Consul (O.C.), eine militante Untergrundorganisation, auf deren Konto mehrere politische Morde (u.a. Walter Rathenau und Matthias Erzberger), sowie eine Serie von Bombenanschlägen in Hamburg gehen und aus der später der Bund Wiking entstand. Die O. C. war jedoch nur eine Kernorganisation, neben der ein ganzes Netzwerk von paramilitärischen Gruppierungen, die von Ehrhardt geleitet wurden, bestand. Gemeinsam mit Franz von Stephani gründete Ehrhardt im gleichen Jahr den Verband nationalgesinnter Soldaten.
Am 3. August 1921 hatte Röhm den NSDAP-Versammlungsschutz, die spätere Sturmabteilung (SA), gegründet und Ehrhardt als dessen ersten Führer ernannt. Er betraute jedoch bereits am 8. August einen seiner Leute, den Leutnant Hans Ulrich Klintzsch, mit dieser Aufgabe.
1922 entzog sich Ehrhardt zunächst seiner Verhaftung durch Flucht nach Ungarn. Er kehrte mehrmals mit falschem Pass nach München zurück und arbeitete an Putschplänen für einen Marsch auf Berlin, eine Zusammenarbeit mit Hitler lehnte er jedoch ab. Im November 1922 wurde Ehrhardt in München verhaftet und wegen seiner Beteiligung am Lüttwitz-Kapp-Putsch in das Untersuchungsgefängnis Leipzig verbracht. Er ernannte zunächst Manfred von Killinger zu seinem Nachfolger, der jedoch von Dresden aus sein Amt nicht antreten konnte und an dessen Stelle der Kapitänleutnant Eberhard Kautter die Leitung des Bundes Wiking übernahm. Kautter lehnte die ihm von Hitler angebotene Führung der SA ab.
Nach der Besetzung des Ruhrgebietes durch Frankreich und Belgien im Januar 1923 kam es zum endgültigen Bruch zwischen Ehrhardt und Hitler. Ehrhardt wollte in alter Freikorps-Manier die Besatzer mit Waffengewalt zurückschlagen, doch Hitler verweigerte ihm die Unterstützung und Röhm hielt sich bedeckt. Zusätzlich waren auch Spannungen zwischen dem neuen Führer der SA, Hermann Göring und Ehrhardt entstanden, weil Göring die SA aus der Organisationsstruktur Ehrhardts herauszulösen versuchte.
Ehrhardt suchte andere Wege zur Realisierung seiner Putschpläne und knüpfte dazu Kontakte zur Reichswehr. Als sich zwischen dem Bund Wiking und der SA immer mehr Konkurrenz entwickelte, zog er sich im Mai 1923 mit seinen Anhängern, wie z. B. Hans Ulrich Klintzsch, aus der NSDAP und SA zurück. Es zeigte sich, dass Erhardts Einfluss zu jener Zeit größer als der Adolfs Hitlers war. Die NSDAP stand kurz vor der Auflösung. Am 13. Juli 1923 floh Ehrhardt aus der Untersuchungshaft nach Tirol. Nach der Verhängung des Ausnahmezustandes in Bayern durch den Generalstaatskommissar Gustav Ritter von Kahr holte dieser Ehrhardt als Kommandeur des Grenzschutzes Nord zurück, um befürchtete Übergriffe aus Thüringen abzuwehren.
Der Putschversuch von Major Bruno Ernst Buchrucker in Küstrin vom Oktober 1923 machte ähnliche Pläne Ehrhardts zunichte, weil dieser vorschnell und ohne Abstimmung eingeleitet wurde. Nachdem die Reichswehr sämtliche kommunistischen Landesregierungen wieder gestürzt hatte, war auch dieser für einen "Marsch auf Berlin" vorgesehene Vorwand nicht mehr vorhanden.
Einer erneuten Annäherung an die Nationalsozialisten kam der Hitler-Ludendorff-Putsch vom 8. November 1923 zuvor. Ehrhardt hatte sich von Gustav Ritter von Kahr abgewandt, weil er diesen für zu zögerlich hielt, um die Reichsregierung zu stürzen. Er konzentrierte sich nun hauptsächlich auf den Bund Wiking und übernahm, nachdem er 1925 vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg amnestiert worden war, auch dessen Führung. Zu dieser Zeit war die Organisation bereits im Zerfall und ein Teil der Mitglieder zur NSDAP, SA oder dem Stahlhelm gewechselt. Ehrhardt versuchte nun die Schaffung eines Bündnisses nationalistischer Kräfte auf der Basis der Weimarer Republik, er war bereit jede "nationale Regierung auf christlicher Grundlage gegen den roten Umsturz und das völkische Rowdytum" zu unterstützen. Dies führte zur Abspaltung weiterer Anhänger, die jegliche Zusammenarbeit mit dem Weimarer Staat ablehnten. Am 13. August 1927 heiratete Ehrhardt in Neuruppin Margarethe Viktoria Prinzessin zu Hohenlohe-Öhringen (1894-1976). Aus der Ehe gingen zwei Kinder, Marie Elisabeth und Hermann Georg, hervor.
Am 27. April 1928 löste Ehrhardt den Bund Wiking auf, nachdem er bereits 1927 den Stahlhelm verlassen hatte.
Ehrhardt, der elitäre nationalistische und militaristische Ansichten vertrat, lehnte den Populismus der Nationalsozialisten ab. Er vertrat und veröffentlichte in der Folgezeit verschiedene, teils skurrile Traktate, in denen er auch eine Zusammenarbeit mit den Kommunisten nicht mehr strikt ablehnte.
Finanziell unterstützte Ehrhardt die "Revolutionären Nationalsozialisten" und die von seinem Freund Otto Strasser begründete Schwarze Front, ein völkisch-konservatives Sammelbecken mit sozialrevolutionären Vorstellungen, das sowohl Nationalkonservative als auch einzelne Strömungen der Nationalsozialisten und der Kommunisten vereinte.
Die von Ehrhardt gemeinsam mit Hartmut Plaas im Jahre 1931 gegründete "Gefolgschaft" vereinigte noch einmal 2.000 seiner Anhänger sowie enttäuschte Nationalsozialisten und Kommunisten, die eine Machtübernahme Hitlers verhindern wollten und vor allem die Demagogie der NSDAP anprangerten.
Nach dem Machtantritt Hitlers nahm Ehrhardt dessen Herrschaft als gegebenen Umstand hin und die "Gefolgschaft" wurde zunächst dem Reichsführer-SS unterstellt, bis sie 1934 der SA angegliedert wurde. Er selbst zog sich völlig aus der Politik zurück. Seiner im Rahmen des so genannten Röhm-Putsches am 30. Juni 1934 vorgesehenen Ermordung entzog sich Ehrhardt und floh in die Schweiz. 1936 siedelte er nach Österreich über, wo er in Krems an der Donau eine Landwirtschaft betrieb. Als Hartmut Plaas im Februar 1944 gemeinsam mit Wilhelm Canaris verhaftet wurde, setzte sich Ehrhardt für eine Begnadigung ein. Ehrhardt wurde ebenfalls verhaftet und vorübergehend in Wien, Berlin und Neuruppin inhaftiert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte er zurückgezogen als Landwirt in Krems an der Donau.
Publikationen
- Deutschlands Zukunft. Aufgaben und Ziele, 1921
- Kapitän Ehrhardt. Abenteuer und Schicksale, Hrsg. von Friedrich Freska, Berlin 1924
Literatur
- Ernst von Salomon: Die Geächteten, 1930.
- Ernst von Salomon: Der Fragebogen, 1951, ISBN 3499104199
- Armin Mohler: Die Konservative Revolution in Deutschland 1918-1932. Ein Handbuch, 1949, ISBN 3-7020-0863-2
- Gabriele Krüger: Die Brigade Ehrhardt, Hamburg 1971.
Weblinks
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Ehrhardt, Hermann |
| KURZBESCHREIBUNG | deutschnationaler Militär- und Freikorpsführer |
| GEBURTSDATUM | 29. November 1881 |
| GEBURTSORT | Diersburg |
| STERBEDATUM | 27. September 1971 |
| STERBEORT | Krems an der Donau |