Rechtsberatungsgesetz
Basisdaten | |
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Titel: | Rechtsberatungsgesetz |
Abkürzung: | RBerG |
Art: | Bundesgesetz |
Geltungsbereich: | Bundesrepublik Deutschland |
Rechtsmaterie: | Berufsrecht der Rechtspflege |
Fundstellennachweis: | 303-12 |
Erlassen am: | 13. Dezember 1935 (RGBl. I, S. 1478) |
Inkrafttreten am: | 18. Dezember 1935 |
Letzte Änderung durch: | Art. 21a Gesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010, 2072) |
Inkrafttreten der letzten Änderung: |
1. Juli 2002 (Art. 23 Gesetz vom 21. Juni 2002) |
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten. |
Die Rechtsberatung wird in Deutschland durch das Rechtsberatungsgesetz (RBerG) (bis 1958 Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung genannt) sowie in fünf Verordnungen zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes geregelt. Danach dürfen neben Rechtsanwälten, Patentanwälten, Steuerberater und Notaren nur solche Personen fremde Rechtsangelegenheiten - einschließlich des Einziehens von Forderungen (Inkasso) - geschäftsmäßig besorgen, denen eine entsprechende behördliche Erlaubnis erteilt ist. Andere Personen dürfen beispielsweise die Bezeichnung Rechtsbeistand nicht führen oder legal ein Inkassounternehmen betreiben.
Hintergrund
Während der Zeit der Weimarer Republik gab es keine gesetzliche Regelung, die den Personenkreis beschränkte, der Rechtsberatung durchführen durfte. Dies änderte sich einige Zeit nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten.
Als Folge der Nürnberger Gesetze und des dort verabschiedeten Reichsbürgergesetzes wurden alle diejenigen jüdischen Richter und Staatsanwälte, die bislang durch die Ausnahmeregelung des § 3 im Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums geschützt waren, zum 31. Dezember 1935 zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Diese aus dem Justizdienst entlassenen Juden verfügten über eine volljuristische Ausbildung und hätten rechtsberatend tätig werden können. Um sie daran zu hindern, wurde die Rechtsberatungstätigkeit genehmigungspflichtig. Zudem wurde der § 5 der Ersten Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes (vom 13. Dezember 1935, RGBl I S. 1481) eingefügt: "Juden wird die Erlaubnis nicht erteilt." – Nur diese Ausführungsbestimmung wurde 1945 aufgehoben; darüber hinaus ließ der Alliierte Kontrollrat das Gesetz in Kraft.
Weiterführung nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg verstand man die gesetzliche Grundintention dahin, dass das rechtssuchende Publikum davor geschützt werden sollte, unqualifizierten Rechtsrat zu erhalten.
Kritik am RBerG
Das Gesetz erfährt zunehmende Kritik als ein dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Rechtsanwaltschaft dienendes Regulierungsinstrument und als Bevormundung des Bürgers, durch das auch altruistische Tätigkeiten unangemessen stark eingeschränkt würden. Insbesondere die fehlende Definition einer Rechtsberatung im Sinne des Gesetzes erschwert die Abgrenzung erlaubter von unerlaubter Beratung durch Nicht-Anwälte. Hierzu gehören beispielsweise Beratungen über Fördermittel, welche nach derzeitiger Auslegung ausschließlich Rechtsanwälten vorbehalten bleiben soll.
Jedoch ermöglichte eine öffentliche Stellungnahme der Bundesregierung zum Thema Insolvenzberater Unternehmensberatern in diesem Bereich schon jetzt tätig zu sein.
Am 29. Juli 2004 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Strafvorschriften des RBerG im Lichte seiner Schutzzwecke auszulegen sind. Im konkreten Verfahren wurde die Verurteilung eines pensionierten Richters aufgehoben. Dieser hatte sich wegen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten selbst angezeigt und angekündigt, das auch weiterhin zu tun, ohne eine entsprechende Zulassung zu besitzen. Die Ratsuchenden seien in diesem Sonderfall aufgrund der erheblichen Berufserfahrung des ehemaligen Richters nicht gefährdet. Seine Verurteilung zu einer Geldstrafe sei deshalb unverhältnismäßig und verletze ihn in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). (BVerfG 1 BvR 737/00) Hiermit wurde zugleich die Verbraucherschutzfunktion des Gesetzes angesprochen. Bei juristischen Laien besteht für deren Rechtsrat im Regelfall keine Haftpflichtversicherung. Bei Versicherungen, Banken etc. ist im Regelfall die Fachkunde vorhanden, es besteht aber das Risiko, dass das eigene Interesse der Versicherung oder der Bank vor dem des Rechtssuchenden steht.
Reformbestrebungen
Die Bundesregierung hat im Frühjahr 2004 in einem Vortrag des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium der Justiz Alfred Hartenbach angekündigt, eine grundlegende Reform des Gesetzes vorschlagen zu wollen.
Der Deutsche Anwaltverein hat hierzu im Februar 2004 seinen Entwurf für ein neues Rechtsberatungsgesetz vorgelegt. Danach soll die rechtliche Beratung grundsätzlich der Anwaltschaft vorbehalten bleiben, um die Verbraucher vor unqualifiziertem Rechtsrat zu schützen. Soziale Organisationen sollen jedoch unentgeltlichen Rechtsrat erteilen können, ebenso wie nahestehende Personen aus Gefälligkeit. Begründet wird diese Position damit, dass der Bürger in einem Rechtsstaat stets erwarten können muss, dass er kompetent Rechtsrat erhält und das Recht korrekt angewendet wird. Dies könne nur von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die sachlich kompetent sind, eine umfassende Ausbildung absolviert haben, in unabhängiger Weise das Recht bewerten, und verschwiegen sind, geleistet werden. Allerdings ist eine umfassende Beratung auch seitens der Anwaltschaft kaum noch möglich (vgl. 16. Hauptgutachten der Monopolkommission, S.394; Zitat: Der Referentenentwurf (der Bundesregierung; Anm d. Verf.) vertritt die Ansicht, dass eine qualifizierte Rechtsberatung nur bei einer umfassenden Kenntnis des geltenden Rechtes erfolgen könne. Das Problem bei dieser Anforderung ist, dass sie auch von Volljuristen mit zweitem Staatsexamen nicht erfüllt werden kann. Angesicht des Umfangs und der Komplexität der heutigen Rechtsordnung – einschließlich des Europarechts und möglicherweise anwendbarer ausländischer Rechtsnormen – können auch gute Juristen nur noch Teilbereiche des Rechts beherrschen. Auch die klassische juristische Ausbildung besteht zwar zu fast 100 Prozent aus juristischen Inhalten, aber sie lehrt – innerhalb des Pflichtfachbereiches – nicht 100 Prozent der Rechtsordnung; Zitat Ende).
Am 13. April 2005 hat das Bundesministerium der Justiz einen Referentenentwurf für ein Rechtsdienstleistungsgesetz veröffentlicht, der das Rechtsberatungsgesetz ablösen soll. Das Gesetzgebungsverfahren hätte im Sommer 2005 eingeleitet werden sollen. Dazu kam es aufgrund der Vertrauensfrage und der vorgezogenen Neuwahl nicht mehr. Im neuen Koalitionsvertrag steht, dass am status quo festgehalten werden solle.
Auf dem 57. Deutschen Anwaltstag vom 25. bis 27. Mai 2006 in Köln hat die Bundesministerin der Justiz Zypries betont, dass ein modernes Rechtsdienstleistungsgesetz ausgehandelt worden sei. Nach ihren Angaben ist das Ziel der Reform, den Markt der Rechtsberatung an seinen Randbereichen zu öffnen, bei der unentgeltlichen, karitativen Beratung und dort, wo die Rechtsberatung nur eine Nebenleistung ganz anderer Dienste ist. Rechtsdienstleistungen in den Kernbereichen des Rechts, einschließlich der Vertretung vor den Gerichten, sollen jedoch weiter der Anwaltschaft vorbehalten bleiben.
Das Bundeskabinett hat am 23. August 2006 die Neufassung der Rechtsberatung beschlossen. Der von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) eingebrachte Entwurf lockert das Monopol der Anwälte und erlaubt auch Nicht-Juristen in begrenztem Umfang die Rechtsberatung. Das nicht zustimmungspflichtige Gesetz soll nach Zypries' Vorstellung Mitte 2007 in Kraft treten. Mit dem neuen Gesetz will Zypries eine zeitgemäße, europafeste Regelung für nichtanwaltliche Rechtsdienstleistungen schaffen. Der Kernbereich der rechtlichen Beratung, wie die Vertretung vor Gericht, bleibt weiterhin den Anwälten vorbehalten.
Am 1. Februar 2007 wurde das neue Rechtsdienstleistungsgesetz in Erster Lesung im Bundestag beraten.
RBerG und EU-Recht
Eine Abschottung des deutschen Markts vor ausländischen Anbietern aus dem Bereich der EU, die im Ausland erlaubnisfrei Rechtsrat erteilen dürfen, wird von Kritikern unter dem Gesichtspunkt der Freiheit, Dienstleistungen europaweit anbieten zu dürfen, als Verstoß gegen EU-Recht angesehen.
Weblinks
- Text des RBerG
- Text des Referentenentwurfs für ein Rechtsdienstleistungsgesetz
- Informationen zum Rechtsdienstleistungsgesetz
- Die Entstehung des Rechtsberatungsgesetzes im NS-System und sein Fortwirken
- Originalfassung aus dem Jahr 1935
- Rede des Parlamentarischen Staatssekretärs
- Telepolis 21.10.2004: Kommt eine Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes?
- Forschungsprojekt Rechtsberatungsgesetz
- Forum Justizgeschichte zum Rechtsberatungsgesetz
- BVerfG 1 BvR 737/00 - Volltext
- BVerfG 2 BvR 951/04 und 2 BvR 1087/04
- Pressemittelung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. März 2006
- Die entgeltliche und unregistrierte Erstattung wissenschaftlicher Gutachten in allen Bereichen des Rechts
- Themenseite des Deutschen Anwaltvereins zur Neuordnung der Rechtsberatung