Spiegel

Ein Spiegel ist eine reflektierende Fläche die glatt genug ist, dass die reflektierten Lichtstrahlen im Ergebnis ein Bild formen. Die Rauigkeiten der Fläche müssen dafür kleiner sein als die Wellenlänge der Lichts.
Das Spiegelbild ist in der Regel ein virtuelles Bild: Gegenstände, die sich vor dem Spiegel befinden, erscheinen zusätzlich hinter dem Spiegel; dort ist jedoch nichts, was Lichtstrahlen aussenden könnte.
Das Abbild richtet sich nach der Beschaffenheit (plan, konkav, konvex, wellig), der Lage (oben, unten oder schräg) sowie der Transparenz (halbtransparent, nicht-transparent) des Spiegels. Unter Umständen können so Zerrbilder entstehen.
Eine weiße Fläche remittiert ebenfalls nahezu alles Licht - das jedoch ungeordnet in alle Richtungen streut, ohne (Spiegel-)Bild.
Eigenschaften des Spiegelbildes
Das Spiegelbild in einem ebenen Spiegel gibt sowohl Längen als auch Winkel wahrheitsgetreu wieder. Der Spiegel vertauscht allerdings die ihm zugewandte mit der ihm abgewandten Seite. Dadurch wechselt die Händigkeit. Wenn sich der Beobachter in die Lage seines Spiegelbildes versetzen möchte, so erscheint es ihm, als ob rechts und links vertauscht wären. Dies liegt allerdings nur daran, dass oben durch den Kopf und vorne durch das Gesicht deutlich angezeigt werden, während sich die rechte und die linke Seite eines Menschen stark ähneln. Es liegt also nahe, die falsche Händigkeit nicht als eine Vertauschung von oben mit unten oder vorne mit hinten, sondern als eine Vertauschung von rechts mit links zu interpretieren.
Fällt der Blick über zwei Spiegel auf das Objekt, erscheint es wieder mit richtiger Händigkeit. Man kann nur durch Verwendung von zwei Spiegeln sich selbst so betrachten, wie andere einen sehen.
Wenn der Spiegel nicht eben ist, ist das Spiegelbild verzerrt. Bei konvexen Spiegeln, zum Beispiel bei einer Kugel, erscheint das Spiegelbild verkleinert, durch Hohlspiegel kann ein vergrößertes Spiegelbild erzielt werden.
Verwendung
Die bekannteste Verwendung von zweckmäßigerweise ebenen Spiegeln sind wohl Garderoben- oder Badezimmerspiegel im Haushalt.
In unverzichtbaren Rück- und Seitenspiegeln beim Auto kann man den Verkehr hinter dem Fahrzeug beobachten, ohne sich umzudrehen.

Konvexe Spiegel stehen im Straßenverkehr an unübersichtlichen Kreuzungen bzw. Hausausfahrten. Ihre Verkleinerungswirkung ermöglicht, die Straße trotz der geringen Spiegelfläche gut zu überblicken. Ihre Wirkungsweise entspricht der einer konkaven Linse.
Konkave Spiegel oder Hohlspiegel werden zum Beispiel für Spiegelteleskope verwendet. Sie erzeugen von weit entfernten Objekten ein reelles Bild, ähnlich wie konvexe Linsen. Gegenüber Linsenteleskopen besteht aber der Vorteil, dass keinerlei chromatische Aberration auftritt. Zudem sind große Spiegel leichter herzustellen als große Linsen. Daher sind alle großen Teleskope Spiegelteleskope.
Auch Rasierspiegel sind meist Hohlspiegel. Hier befindet sich der Betrachter innerhalb der Brennweite und sieht deshalb von sich selbst ein vergrößertes virtuelles Bild, ähnlich wie bei einer Lupe. So sind dann die Bartstoppeln besser zu erkennen.
Hohlspiegel für solche einfache Ansprüche sind stets Teile einer Hohlkugel (Kugelkalotten). Ihre Abbildungseigenschaften verschlechtern sich mit zunehmendem Abstand vom Spiegelmittelpunkt. Sollen dagegen die Strahlen von der gesamten Spiegeloberfläche einwandfrei fokussiert werden, so muss ein Parabolspiegel verwendet werden.
Solche werden meist in solarthermischen Anlagen verwendet, um das Sonnenlicht perfekt zu konzentrieren und so höhere Temperaturen zu erreichen. Auch hochwertige Autoscheinwerfer enthalten heutzutage oft Parabolspiegel.

Bei optischen Tricks auf der Bühne in der Zauberkunst können Spiegel Gegenstände scheinbar verschwinden lassen. Unterhaltsame Beispiele dazu: siehe Unsichtbarkeit.
In Spiegelkabinetten verzerren verformte Spiegel die Betrachter bizarr.
Spiegel stecken auch in Geräten der medizinischen Diagnostik, Beispiel: Magenspiegelung.
Einwegspiegel
Halb- bzw. einseitig durchlässige Spiegel (auch Einwegspiegel genannt) beruhen auf einer Fortentwicklung einer Eigenschaft, die bereits normale Glasscheiben besitzen: Sie sind sowohl durchsichtig als auch reflektierend. (In der Fotografie kann ein Polarisationsfilter im Kameraobjektiv die oft unerwünschte Reflexion an glatten Oberflächen eliminieren.)
Halbdurchlässige Spiegel haben auf einer Glasscheibe eine reflektierende Schicht (Silberbelag) aufgebracht, die viel dünner ist als bei einem normalen Spiegel, so dass nur noch ein Teil des auftreffenden Lichts reflektiert wird und der Rest ungehindert durchgeht.
Ein Einwegspiegel ist in Wirklichkeit gar kein "Einwegspiegel"; so etwas ist physikalisch gar nicht möglich - gibt es nicht. Diese Spiegel wirken in der einen Richtung ganz genauso wie in der anderen: Man kann immer nur von der dunkleren Seite auf die hellere blicken, während man von der helleren Seite aus fast nur sein eigenes Spiegelbild sieht, weil das von der dunkleren Seite hindurchtretende Licht sehr viel schwächer ist. Wenn sich die Lichtverhältnisse auf den beiden Seiten umkehren, dann kehrt sich auch die Seite um, von der man durchsehen kann: Es geht immer nur, von der dunkleren auf die hellere Seite zu blicken!
Halbdurchlässige Spiegel sind auch als "Spionspiegel" oder Teilerspiegel bekannt und dienen als Strahlteiler: Ein einfallender Lichtstrahl wird teilweise reflektiert und passiert teilweise den Spiegel. Wie viel Prozent des Lichts reflektiert und wie viel durchgelassen wird, lässt die Stärke der aufgetragenen Reflexionsschicht einstellen.
Symbolik
Der Spiegel ist ein äußerst zweideutiges Symbol. Einerseits gilt er als Zeichen der Eitelkeit und der Wollust. Andererseits symbolisiert er auch Selbsterkenntnis, Klugheit und Wahrheit: Ursprung für die heute noch gebräuchliche Redensart "Jemandem einen Spiegel vorhalten" bzw. "Spiegelbild der Seele". In den Augen mancher Christen ist der Spiegel auch ein Attribut Marias, weil sich in ihr gewissermaßen das Ebenbild Gottes, nämlich Jesus, spiegelt.
In antiken Kulturen stand der Spiegel als Abbild der Seele einer Person, in dem – je nach mythologischer Vorstellung – die Seele auch eingefangen und festgehalten werden konnte. Im Alten Ägypten waren die Worte "Spiegel" und "Leben" identisch. Keltinnen wurden aus demselben Grund mit ihrem Spiegel begraben. In der griechischen Mythologie wird Dionysos Seele von den Titanen in einem Spiegel gefangen. Die Reflexion seines Selbstbildes hielt Narziss auf dem Wasser fest.
In E.T.A. Hoffmanns Sammlung "Phantasiestücke in Callots Manier", Unterkapitel: "Die Abenteuer der Sylvesternacht" verkauft in der Erzählung "Die Geschichte vom verlorenen Spiegelbild" der Protagonist Erasmus Spikher seiner im Bund mit dem Teufel stehenden Geliebten Giulietta sein Spiegelbild und damit seine Seele. (In der Oper "Hoffmanns Erzählungen" von Jacques Offenbach tut dieses Hoffmann selbst). In einer Erzählung mit dem Titel "Spiegelgeschichte" erzählt Ilse Aichinger das Leben einer Frau rückwärts, beginnend mit dem Tod bis hin zur Geburt.
Im Buddhismus wird die Existenz des Menschen mit der Reflexion in einem Spiegel verglichen; eine Idee ebenfalls im Christentum (Korinther ([[Vorlage:Bibel: Angabe für das Buch ungültig!|1_Kor]] 13,12 EU) ).
In der jüdischen Überlieferung dient der Spiegel zur Erläuterung der überragenden Rolle von Moses als Prophet. Maimonides vergleicht die göttliche Offenbarung mit der Erhellung einer Nacht durch den Blitz. Einigen Propheten wurde nur ein einziges Mal die Gnade eines solch blitzartigen Aufleuchtens gewährt, anderen wiederum des öfteren, während Moses einer dauernden, ununterbrochenen Erleuchtung teilhaftig war. Die Rabbiner erklären, dass seine Seele die göttliche Botschaft wie von einem klaren Spiegel zurückwarf.
In vielen Kulturen, so auch in der mitteleuropäischen Sagenwelt, gehören Spiegel und übersinnliche Erkenntnis (Weissagen, Wahrsagen) zusammen. Laut dem Volkskundler Trachtenberg haben noch im Mittelalter jüdische Gelehrte geglaubt, dass Spiegel beim Hineinsehen die Kraft der Augen wiedergeben und sie auf diese Weise stärkten. Gelehrte hätten deshalb während des Schreibens einen Spiegel vor sich hingestellt (spiegelnde Oberflächen herzustellen hatte auch noch etwas Magisches an sich).
In Klöstern waren Spiegel eher verboten.
Geschichte
Der Spiegel ist so alt, wie die Menschheit selbst, genau genommen sogar älter. Neben ruhenden Wasseroberflächen in der Natur dürften die ersten künstlichen Spiegel flache Schalen mit Wasser gewesen sein. Schmuck und Körperbemalung gehören seit der Steinzeit zum Menschen und damit auch das Bedürfnis, das Resultat des Schmückens und Bemalens an sich selbst zu sehen.
Die ersten von Menschen erschaffenen Spiegel entstanden möglicherweise schon in der Kupfersteinzeit oder in der Bronzezeit, indem man nun verfügbare Metalle zu diesem Zweck polierte. Um 8000 v. Chr. gab es bereits in Mesopotamien solche Bronzespiegel.
In Catal Höyük fand James Mellaart Spiegel aus Obsidian. Diese bestanden aus einer konisch grob behauenen Rückseite und einer flachen Vorderseite. Diese wurde glatt poliert und ist ein wenig konvex. Nach den herstellungstechnischen Experimenten wurde die Spiegelfläche zunächst grob zugehauen und dann mit groben und feinen Schleifsteinen, dann mit Sand, Lehm und Wasser poliert. Der Arbeitsaufwand aus einer Obsidiankugel einen Spiegel so herzustellen wurde auf 8 Stunden geschätzt.
Die erste schriftliche Überlieferung metallischer Spiegel findet sich in der Bibel, Exodus 38,8 (Und machte ein Handfaß von Erz und seinen Fuß auch von Erz aus Spiegeln der Weiber, die vor der Tür der Hütte des Stifts dienten). Auch aus dem alten Ägypten sind durch archäologische Funde Spiegel aus polierten Bronze- und Kupferplatten bekannt.
Im 14. Jahrhundert entstanden erstmals Spiegel, indem man Glaskugeln blies, und in sie hinein noch während sie glühten Metalllegierungen einbrachte. Nach dem Erkalten zerteilte man diese Kugeln in Abschnitte und erhielt so konvexe Spiegelflächen. Zum Ende des Mittelalters wurde die Technik der Glasspiegel weiterentwickelt, man stellte so genannte Quecksilber-Spiegel her. Die Metalllegierung bestand jedoch zu etwa 75 Prozent aus Zinn und nur zu etwa 25 Prozent aus Quecksilber. Da sich Zinn und Quecksilber zu Zinnamalgam verbinden, wäre Zinnamalgam-Spiegel die korrekte Bezeichnung. Die Herstellung dieser Spiegel war ungleich aufwändiger, als die Spiegelherstellung durch einblasen der Legierung in Glaskugeln - wurde jedoch fast vier Jahrhunderte lang angewandt.
Im 19. Jahrhundert schließlich entstand der Silberspiegel. 1835 publizierte Justus von Liebig die Zeilen: "...wenn man Aldehyd mit einer Silbernitratlösung mischt und erhitzt, scheidet sich Silber auf der Wand des Glases ab und es entsteht ein brillanter Spiegel.". Aber erst als Amalgamspiegel 1886 wegen ihrer Giftigkeit verboten wurden, ging man allgemein zur Silberspiegelfabrikation über. Heute presst man unter Vakuum Aluminiumfolie auf glatte Glasscheiben.
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- Ein optisches Kinderspielzeug ist das Kaleidoskop.
- Die rechtwinklige Anordnung mehrerer Spiegel reflektiert Lichtstrahlen zurück zur Quelle, siehe Retroreflexion.
- Als toten Winkel bezeichnet man einen Bereich, der beispielsweise durch Rückspiegel nicht eingesehen wird.
- Das Spiegelstadium ist die Entwicklungsphase, in der sich ein Kind erstmals selbst wahrnimmt.
- Ein Heliograph nutzt einen Spiegel zur Reflexion von Sonnenlicht zu einem entfernten Beobachter.